OGH 4Ob332/98x

OGH4Ob332/98x26.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf und Dr. Tittel, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Bazil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hansjörg Mader und Dr. Christian Kurz, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 385.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. September 1998, GZ 2 R 171/98h-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. April 1998, GZ 6 Cg 116/96m-19, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern. Dieser Vorteil muß mit der Hauptware (Hauptleistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware (Hauptleistung) zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein. Die Zuwendungen müssen neben Hauptangeboten gemacht oder in Aussicht gestellt werden, für die sich der Kunde um ihretwillen entschließen soll; auf die Förderung des Einzelgeschäftes und nicht der allgemeinen Geschäftstätigkeit kommt es dabei an (stRsp ua ecolex 1993, 252 = WBl 1993, 128 = MR 1993, 69 = ÖBl 1993, 24 - Welt des Wohnens; ecolex 1996, 379 [Wiltschek] = MR 1996, 80 [Korn] = RdW 1996, 409 = WBl 1996, 331 [Schumacher] = ÖBl 1996, 183 - CA-Tausender mwN).

Ob eine Zuwendung vom Abschluß eines Hauptgeschäftes abhängt, richtet sich nicht danach, was der Werbende bezweckt; vielmehr kommt es darauf an, ob für die beteiligten Verkehrskreise der Eindruck der Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug erweckt wird, also darauf, was der Kunde, an den sich die Werbung richtet, bei verständiger

Würdigung annehmen muß (stRsp ua ecolex 1993, 252 = MR 1993, 69 = ÖBl

1993, 24 = WBl 1993, 128 - Welt des Wohnens; MR 1997, 227 = ÖBl 1997, 287 = WBl 1997, 400 - Krone Aktion, jeweils mwN). Entscheidend ist daher nicht, ob für den Gegenstand der Zugabe tatsächlich ein Entgelt bezahlt wird, sondern ob der Kunde nach der Art des Anbotes und der Verrechnung den Eindruck hat, es handle sich um eine unentgeltliche Zugabe (ÖBl 1982, 135 - Digital-Quarzuhr; ÖBl 1985, 108 - Fußball-EM-Aktion; SZ 60/30 = ÖBl 1987, 130 - Rabattrundschreiben;

RdW 1989, 192; ÖBl 1993, 235 - 777-Jubel-Abo). Ob eine Zugabe

angekündigt oder angeboten wird, ist somit nach objektiven

Grundsätzen zu beurteilen. Wie nach § 2 UWG entscheidet auch hier

regelmäßig die Verkehrsauffassung, also der Eindruck, den der

Durchschnittsinteressent bei auch nur flüchtiger Wahrnehmung der

betreffenden Werbebehauptung gewinnt; dabei muß der Ankündigende im

Fall der Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung immer die für ihn

ungünstigere Auslegung gegen sich gelten lassen (SZ 49/12 = EvBl

1976/239 = ÖBl 1976, 108 - Autowaschen gratis; MR 1991,164 - Club

D.-Creativ; MR 1992,169 [Korn] = ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt; ÖBl

1994, 20 - Casino-Gewinn).

Das gleiche gilt für die Frage, ob die beiden Waren (Leistungen) zueinander im Verhältnis von Hauptware(-leistung) und unentgeltlicher Zusatzleistung stehen. Auch insoweit ist nicht entscheidend, was der Werbende bezweckt, sondern maßgebend ist, ob nach der Verkehrsauffassung eine Nebenleistung vorliegt. Da die Verkehrsauffassung entscheidet, kommt es grundsätzlich auch nicht auf ein bestimmtes Wertverhältnis zwischen Hauptware und Nebenleistung an. Der Wert der Nebenleistung kann demnach durchaus den Wert der Hauptleistung übersteigen (ecolex 1996, 379 [Wiltschek] = MR 1996, 80 [Korn] = ÖBl 1996, 183 = RdW 1996, 409 = WBl 1996, 331 [Schuhmacher] - CA-Tausender mwN; MR 1998, 161 - m-Gutscheine).

Ein Verstoß gegen § 9a UWG liegt auch dann vor, wenn die Unentgeltlichkeit der Zugabe durch Gesamtpreise für Waren oder Leistungen, durch Scheinpreise für eine Zugabe oder auf andere Art verschleiert wird (4 Ob 241/98i), so etwa, wenn der Gesamtpreis kein vollwertiges Entgelt für die Warenverbindung darstellt, weil er dem Einzelpreis der Hauptware (Hauptleistung) entweder gleichkommt oder ihm so nahe kommt, daß der Aufschlag nur ein geringfügiges Scheinentgelt darstellt (MR 1992, 169 [Korn] = ÖBl 1992, 56 - Super-T-Shirt). Ist der Preis der Nebenware(n) kein bloßer Scheinpreis, so wird gegen § 1 UWG verstoßen, wenn der Gesamtpreis so niedrig ist, daß in den Augen der Konsumenten der auf die Nebenware entfallende Preis geeignet ist, zum Erwerb der Hauptware ohne jede sachliche Prüfung zu verleiten (MR 1997, 49 [Korn] = WBl 1997, 128 = ÖBl 1997, 75 - OÖN-Hochzeitspaket). Daß unter diesen Voraussetzungen auch die Ankündigung eines "Gesamtfahrpreises" für Autobus-Tagesfahrten, deren Teilnehmer Handelswaren als Andenken versprochen werden, gegen das Zugabenverbot verstoßen kann, hat der Oberste Gerichtshof schon wiederholt erkannt (ÖBl 1982, 135 - Digital-Quarzuhr; 4 Ob 302/82, wo anläßlich einer Tagesfahrt von Linz nach München mit Nebenleistungen wie Gabelfrühstück und Mittagessen zu einem Gesamtpreis von 195 S jedem erwachsenen Teilnehmer eine dreiteilige Schreibgarnitur "in Luxusgeschenketui" als Andenken versprochen wurde; ÖBl 1983, 144 - Tagesausflug nach München).

Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wenn sie davon ausgegangen sind, daß die Ankündigung einer Autobus-Tagesfahrt von Salzburg an den Chiemsee mit Eisenbahnfahrt, Schiffahrt, Fahrt mit der Pferdekutsche und Mittagessen um einen Gesamtpreis von 139 S verbunden mit der Zusage, jede einzelne Dame erhalte als Reiseandenken eine dekorative Kuckucks-Uhr und eine elektrische Freiarm-Nähmaschine, jeder einzelne Herr eine elektronische Heimorgel und eine Heim-Stereo-Anlage, jedes Ehepaar ein 33teiliges Kaffee- und Tafelgeschirr, auch dann als Verstoß gegen das Zugabenverbot beurteilt haben, wenn in der Ankündigung der Wert der Nebenleistungen mit 109 S angegeben ist. Entgegen der in der Revision vertretenen Meinung handelt es sich bei den beworbenen Reiseandenken keineswegs um modeabhängige Waren, die sofort als kurzlebige Wirtschaftsgüter von bescheidener Qualität zu erkennen und leicht auch anderswo günstig zu erwerben sind; sie sind vielmehr zweifellos geeignet, potentielle Kunden aus unsachlichen Gründen zu einer Teilnahme an der Autobusfahrt zu bewegen und stehen damit in Widerspruch zum Leistungswettbewerb. Daß sich - angesichts der zunehmenden Häufigkeit von Werbeverkaufsveranstaltungen - die Verkehrsauffassung der beteiligten Verkehrskreise über den Anlockeffekt in diesem Zusammenhang geändert habe, wurde von der Beklagten in erster Instanz nicht vorgebracht.

Der Inhaber eines Unternehmens haftet gem § 18 UWG dann auch für wettbewerbswidriges Handeln seiner Geschäftspartner, wenn der Wettbewerbsverstoß mit einer Tätigkeit des Geschäftspartners zusammenhängt, die (auch) im geschäftlichen Interesse des Inhabers des Unternehmens entfaltet worden ist und dem Unternehmer zugutekommt, sofern der Unternehmer rechtlich die Möglichkeit hat, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Der Unternehmer kann in solchen Fällen für das Verhalten eines Geschäftspartners sogar dann in Anspruch genommen werden, wenn er vom Verstoß dieser Person zunächst nichts wußte; das Einstehenmüssen für die Unterlassungsverpflichtung nach § 18 UWG ist eine reine Erfolgshaftung, die lediglich voraussetzt, daß der Unternehmensinhaber die Möglichkeit hat, kraft seiner Beziehung zu der anderen Person für die Abstellung der wettbewerbswidrigen Handlung zu sorgen (stRsp ua ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille mwN;

ÖBl 1990, 124 - Gemeinschaftswerbung; JBl 1993, 535 = WBl 1993, 198 =

ÖBl 1993, 106 - Perlweiß mwN; SZ 68/78 = ÖBl 1996, 80 - Städtische

Bestattung; ÖBl 1998, 26 - Entec 2500). Wer an Werbefahrten anderer Unternehmer dadurch mitwirkt, daß er die Anmeldung von Teilnehmern entgegennimmt, einen Autobus zur Verfügung stellt und zuläßt, daß für solche Fahrten unter alleiniger Verwendung seines Namens geworben wird, muß auch einen in der Werbung begangenen Zugaben-Verstoß gegen sich gelten lassen (ÖBl 1983, 144 - Tagesausflug nach München; 4 Ob 302/82).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte ihrer Auftraggeberin, einem deutschen Reiseveranstalter, Autobusse um einen Pauschaltagespreis zur Verfügung gestellt; sie sollte vereinbarungsgemäß auch als Anmeldestelle im Inland tätig werden. Die Beklagte wußte, daß ihre Auftraggeberin die Tagesfahrten mit Postwurfsendungen bewirbt, in welchen die Beklagte als Anmeldestelle genannt ist. Ihr gingen die Anmeldekarten im Postwege zu, auf denen ein Gesamtpreis von 139 S angepriesen war. Die Beklagte als branchenangehöriges Busunternehmen mußte aus diesem (unter den Gestehungskosten liegenden) Preis erkennen, daß es sich um Werbe- oder Verkaufsfahrten handelt, die häufig mit der Ankündigung der Gewährung von Zugaben beworben werden. Auf den Anmeldekarten waren auch Waren mit dem Vermerk abgebildet: "Jedes Ehepaar erhält ...". Eine Nennung der Firma der Auftraggeberin der Beklagten erfolgt in den Postwurfsendungen nicht. Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Beklagte habe sowohl ihren eigenen Wettbewerb als auch jenen ihrer Auftraggeberin gefördert, sie hafte aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen ihr und ihrer Auftraggeberin für deren Zugabenverstoß, findet in der zitierten Rechtsprechung ihre Deckung. Die Beklagte hatte zweifellos die Möglichkeit, auf ihre Vertragspartnerin einzuwirken, die wettbewerbswidrige Ankündigung ihrer Werbefahrten einzustellen; ließ sie es aber zu, als (alleinige) Veranstalterin der Tagesfahrten ihrer Auftraggeberin beworben zu werden, hat sie sich deren Werbemaßnahmen auch zurechnen zu lassen.

Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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