OGH 5Ob344/98v

OGH5Ob344/98v26.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller Birgit S*****, vertreten durch Mag. Günther Weber, Funktionär des Mieterschutzverbandes Österreichs, Landesorganisation Steiermark, 8010 Graz, Sparbersbachgasse 61, gegen die Antragsgegner 1. Heinz O*****, und 2. Wolfgang O*****, beide vertreten durch Dr. Josef Peißl und Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwälte, 8580 Köflach, Judenburgerstraße 1, wegen Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. Oktober 1998, GZ 3 R 116/98w-38, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 28. Jänner 1998, GZ 9 Msch 1/95c-31, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Mietrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind Eigentümer des Hauses K*****. Mit Mietvertrag vom 27. 8. 1992 (abgeschlossen mit dem Erstantragsgegner) mietete die Antragstellerin beginnend ab 1. 8. 1992 eine 41,31 m2 große, zentralgeheizte, aus Vorraum, Bad mit WC, Wohnküche und Schlafzimmer bestehende Wohnung in diesem Objekt. Als monatlicher Mietzins gelangte bis zum 30. 6. 1994 ein Betrag von S 4.339,-- zur Vorschreibung; ab 1. 7. 1994 hat sich dieser Betrag zufolge einer Indexsteigerung auf S 4.601,-- erhöht.

Am 18. 4. 1995 stellte die Antragstellerin beim Erstgericht (neben einem anderen, im Rechtsmittelverfahren nicht mehr bedeutsamen Begehren) den Antrag, die Höhe des zulässigen Hauptmietzinses festzustellen und für etwaige Überschreitungsbeträge einen Rückzahlungstitel zu schaffen. Sie begründete dieses Begehren im wesentlichen damit, daß der vereinbarte Mietzins auf Grund der Lage, der Ausstattung und des Erhaltungszustandes des Mietobjektes zum Zeitpunkt der Anmietung zu hoch sei.

Die Antragsgegner wendeten ein, daß das fragliche Wohnhaus nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetzes 1989 umfassend saniert worden sei, weshalb das verfahrensgegenständliche Mietverhältnis hinsichtlich der Mietzinsbildung nicht der Angemessenheitsprüfung nach § 16 MRG unterliege. Sämtliche Mieter des Hauses hätten sich mit einem nach Maßgabe des § 52 Stmk WFG 1989 gebildeten Mietzins einverstanden erklärt.

Das Erstgericht bestimmte die Höhe des zulässigen Hauptmietzinses für die Wohnung der Antragstellerin (offenbar als Differenz zwischen den anteilig auf die Wohnung der Antragstellerin entfallenden Annuitätenzahlungen der Antragsgegner zur Tilgung des geförderten Darlehens abzüglich der Annuitätenzuschüsse des Landes und dem der Antragstellerin vorgeschriebenen Hauptmietzins laut einer Aufstellung der Rechtsabteilung des Landes Steiermark vom 9. 1. 1997 unter Zugrundelegung einer Gesamtnutzfläche des Hauses der Antragsgegner von 387,70 m2) wie folgt:

1. vom 1. 8. 1992 bis 30. 11. 1992 (4 Monate)

monatlich S 3.539,02, Überschreitung S 3.199,20;

2. vom 1. 12. 1992 bis 30. 5. 1993 (6 Monate)

monatlich S 3.389,48, Überschreitung S 5.697,12;

3. vom 1. 6. 1993 bis 30. 11. 1993 (6 Monate)

monatlich S 3.178,39, Überschreitung S 6.963,66;

4. vom 1. 12. 1993 bis 30. 5. 1994 (6 Monate)

monatlich S 3.012,74, Überschreitung S 7.957,56;

5. Juni 1994 (1 Monat)

monatlich S 2.918,38, Überschreitung S 1.419,62;

6. vom 1. 7. 1994 bis 30. 11. 1994 (5 Monate)

monatlich S 2.918,38, Überschreitung S 8.413,10;

7. vom 1. 12. 1994 bis 30. 5. 1995 (6 Monate)

monatlich S 3.337,02, Überschreitung S 7.583,88;

8. vom 1. 6. 1995 bis 30. 11. 1995 (6 Monate)

monatlich S 3.194,50, Überschreitung S 8.439,--;

9. vom 1. 12. 1995 bis 30. 5. 1996 (6 Monate)

monatlich S 3.076,35, Überschreitung S 9.147,90;

10. vom 1. 6. 1996 bis 30. 11. 1996 (6 Monate)

monatlich S 3.014,80, Überschreitung S 9.517,20;

11. vom 1. 12. 1996 bis 30. 5. 1997 (6 Monate)

monatlich S 2.969,36, Überschreitung S 9.789,84;

12. vom 1. 6. 1997 bis 30. 11. 1997 (6 Monate)

monatlich S 2.948,29, Überschreitung S 9.916,26.

Außerdem erkannte das Erstgericht den Erstantragsgegner schuldig, der Antragstellerin den Gesamtüberschreitungsbetrag von S 96.848,77 (inklusive 10 % USt) samt 4 % Zinsen seit 18. 4. 1995 zurückzuzahlen.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Das Haus der Antragsgegner wurde auf Grund einer Förderungszusicherung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. 12. 1991 umfassend saniert. Für die die Rückzahlung eines (hiefür aufgenommenen) Bankdarlehens von S 5,248.000,-- (der Betrag wurde im Zuge der Endabrechnung auf S 5,328.000,-- korrigiert) wird den Antragsgegnern ein 50 %iger Annuitätenzuschuß auf 10 Jahre gewährt. Die Förderungsbedingungen enthalten ua, daß als Hauptmietzins nur die Restannuität des geförderten Darlehens sowie ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (ein Viertel der Kategorie D) verlangt werden darf.

In dem mit der Antragstellerin vereinbarten Mietzins ist ein Betrag von S 579,-- als "Anteil für besondere Aufwendungen" enthalten. Bei diesem Betrag handelt es sich um den nicht geförderten Teil des Mietzinses. Eine genaue Aufklärung der Antragstellerin über diesen Betrag erfolgte nicht.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht sinngemäß aus, daß bei Sanierungen gemäß § 52 Abs 4 StmkWFG zwar eine Erhöhung der Hauptmietzinse möglich sei, doch dürfe dabei das zur Deckung der Kosten notwendige Ausmaß nicht überschritten werden. Bei der Berechnung des Mietzinses der Antragstellerin seien sämtliche Sanierungskosten, also auch nicht geförderte Kosten herangezogen worden. Damit würde das zur Kostendeckung notwendige Ausmaß überschritten. Die (nicht geförderten) Mehrkosten stellten kein notwendiges Ausmaß dar, sondern gingen darüber hinaus. Für den Zeitraum 1. 8. 1992 bis 30. 11. 1997 sei der nach § 52 Abs 4 Stmk WFG ermittelte Mietzins relevant und dem tatsächlich gezahlten Mietzins gegenüberzustellen. Die Bezahlung eines Erhaltungsbeitrages sei vertraglich nicht vereinbart worden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es verneinte den von den Antragsgegnern geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, desgleichen den von den Antragsgegnern gerügten Verfahrensmangel einer unzureichenden Erörterung des als zu Recht bestehend erkannten Rückzahlungsanspruchs der Antragstellerin und führte im übrigen aus:

Auf die von den Antragsgegnern bekämpfte Feststellung, daß nach den Bedingungen der Förderungszusicherung als Hauptmietzins nur die Restannuität des geförderten Darlehens sowie ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (ein Viertel der Kategorie D) verlangt werden dürfe, brauche nicht näher eingegangen zu werden, weil die Mietzinsbildung in erster Linie eine Rechtsfrage sei. Somit könne auch die begehrte Ersatzfeststellung, daß die Mietzinsbildung entsprechend den Bedingungen der Förderungszusicherung .... im Sinne des § 52 Stmk WFG auf der Basis der Sanierungsmaßnahmen gemäß § 24 leg cit erfolgt sei, nicht getroffen werden. Ebenso sei es eine Frage der rechtlichen Beurteilung, ob bzw in welcher Höhe eine Mietzinsüberschreitung vorliegt. Ob der mit der Antragstellerin geschlossene Mietvertrag von der Stmk Landesregierung "genehmigt" wurde, sei nicht entscheidungswesentlich.

Förderungsrechtliche Mietzinsbestimmungen, im vorliegenden Fall § 52 Stmk WFG 1989, überschrieben mit "Mietzinsbildung bei Sanierungen", seien vorrangig anzuwenden. Gemäß § 52 Abs 1 leg cit seien Vereinbarungen über die Erhöhung des Hauptmietzinses (Betrages zur Bildung einer Rückstellung gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WGG) zur Deckung der auf den Mietgegenstand entfallenen Kosten von Sanierungsmaßnahmen gemäß § 24 Stmk WFG zulässig. Nach Abs 4 der genannten Gesetzesstelle dürfe eine Erhöhung der Hauptmietzinse (Beträge zur Bildung einer Rückstellung) gemäß Abs 1 bis 3 unter Berücksichtigung der Mietzinsreserve (Rückstellung gemäß § 14 Abs 1 Z 5 WGG) das zur Deckung der Kosten notwendige Ausmaß nicht übersteigen. Über Antrag eines Mieters habe das Gericht zu entscheiden, inwieweit eine Erhöhung der Hauptmietzinse (Beträge zur Bildung einer Rückstellung) dieser Vorschrift entspricht. Auch bei einer Neuvermietung sei der vereinbarte Mietzins nicht auf seine Angemessenheit im Sinne des § 16 Abs 1 MRG zu überprüfen, er dürfe aber das zur Deckung der Kosten der Sanierungsmaßnahme notwendige Ausmaß (unter Berücksichtigung der Mietzinsreserve) nicht überschreiten (immolex 1997/126).

Als Sanierungsmaßnahmen hätten gemäß § 24 Abs 1 Stmk WFG Erhaltungsarbeiten im Sinne des Mietrechtsgesetzes und Verbesserungsarbeiten zu gelten. Die Sanierung von Wohnhäusern, Wohnungen und Wohnheimen könne gemäß § 23 Stmk WFG unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden. § 25 leg cit bestimme, daß eine Förderung nur dem Eigentümer des Gebäudes gewährt werden darf. Im vorliegenden Fall sei von den im § 26 Stmk WFG geregelten Arten der Förderung die Gewährung von Annuitätenzuschüssen gewählt worden.

Die zulässige Höhe der vereinbarten Erhöhung des Hauptmietzinses werde dadurch festgelegt, daß sie das zur Deckung der Kosten notwendige Ausmaß nicht überschreiten darf. Die Förderung übersteigende Kosten stellten kein "notwendiges Ausmaß" im Sinne des § 52 Abs 4 Stmk WFG dar, weil der Hauptmietzins die "geförderten Arbeiten" (gemeint sind offenbar deren Kosten) nicht übersteigen dürfe (vgl Würth in Rummel2 § 16 MRG Anh. [WSG] Rz 24). Das Erstgericht habe nun die Überschreitungsbeträge so berechnet, daß die tatsächlichen (Haupt-)Mietzinszahlungen der Antragstellerin um die Restannuitäten der Förderungsbeträge, wie sie sich aus der Aufstellung der Stmk Landesregierung (Rechtsabteilung 14) vom 9. 1. 1997 ergeben, gekürzt wurden. Darin sei ein Rechtsirrtum nicht zu erblicken. Die Antragsgegner würden in diesem Umfang gefördert, weshalb sich der vereinbarte Mietzins um dieses "notwendige" Ausmaß verringern müsse. Ansonsten würde der Vermieter die Förderungsbeträge zusätzlich zum vereinbarten Mietzins erhalten, was eine Benachteiligung des Mieters mit sich brächte (vgl LGZ Graz, 3 R 331/97m).

Wenn das Erstgericht feststellte, daß im vorgeschriebenen (Haupt-)Mietzins ein Betrag von S 579,-- als "Anteil für besondere Aufwendungen" enthalten ist, "wobei es sich um den nicht geförderten Teil des Mietzinses handelt", so könne daraus nicht geschlossen werden, daß nur ein monatlicher Überschreitungsbetrag von S 579,-- vorliegen kann. Vielmehr gehe dieser Betrag im jeweiligen (den Hauptmietzins mindernden) Annuitätenzuschuß auf.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß, soweit überblickbar, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, wie "das zur Deckung der Kosten notwendige Ausmaß" im Sinne der §§ 38, 39 WSG, § 52 Abs 1 Stmk WFG 1989 zu berechnen ist.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß haben die Antragsgegner fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn entweder so abzuändern, daß das Mietzinsüberprüfungsbegehren der Antragstellerin abgewiesen wird, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung (offenbar an das Erstgericht) zurückzuverweisen.

Von der Antragstellerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, das Rechtsmittel der Antragsgegner als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund als zulässig; er ist, ohne daß es eines detaillierten Eingehens auf die umfangreichen Rechtsausführungen der Antragsgegner bedürfte, aus folgenden Erwägungen auch im Sinn seines Aufhebungsbegehrens berechtigt:

Auszugehen ist davon, daß die Wohnung der Antragstellerin (als eine von mehreren Wohnungen im Haus der Antragsgegner) mit Mitteln der Wohnbauförderung des Landes Steiermark umfassend saniert wurde. Das entspricht dem Vorbringen der Antragsgegner und wurde auch so festgestellt. Als unstrittig, wenn auch von den Vorinstanzen nicht eigens erwähnt, kann gelten, daß der Abschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages nach Durchführung der geförderten Sanierungsarbeiten erfolgte. Es liegt also der Fall einer Neuvermietung einer Wohnung nach einer umfassenden Sanierung vor. Die den Antragsgegnern hiefür vom Land Steiermark gewährte Förderung dauert noch an.

Schon bisher wurde judiziert, daß die in § 52 Stmk WFG 1989 (wiederverlautbart als Stmk WFG 1993 durch die Kundmachung der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. 3. 1993, LGBl Nr. 25) enthaltene Regelung über die "Mietzinsbildung bei Sanierungen" nicht nur für die im Gesetz ausdrücklich erwähnten Erhöhungsvereinbarungen, sondern auch für Neuvermietungen nach Sanierungsmaßnahmen gilt (5 Ob

2273/96t = EWr I/16/104 = immolex 1997, 231/126 = WoBl 1998, 140/88;

5 Ob 212/97f = EWr I/16/128; 5 Ob 91/98p = EWr I/16/164). Geklärt

wurde in diesen Entscheidungen auch, daß die fragliche Mietzinsregelung jener des § 16 Abs 1 MRG vorgeht, daß mehr als die tatsächlichen Kosten der Sanierungsmaßnahmen durch den Mietzins nach § 52 Stmk WFG nicht abgedeckt werden dürfen und daß die Annuitätenzuschüsse des Landes zu einem für die Sanierungsarbeiten aufgenommenen Darlehen das Deckungserfordernis selbstverständlich reduzieren. Offen geblieben ist nur, wie in Neuvermietungsfällen der zulässige "Basiszins" zu berechnen ist (auf dem die im Gesetz ausdrücklich erwähnte Erhöhungsvereinbarung aufbaut) und ob in den nach § 52 Stmk WFG neu vereinbarten Mietzins nur die Kosten geförderter Sanierungsmaßnahmen einfließen dürfen.

Zu letzterem kann im Einklang mit dem Rekursgericht auf Würth (in Rummel2, Rz 24 zu § 16 MRG Anh) verwiesen werden, der in systematischer Gesetzesinterpretation aus der fast wortgleichen Regelung der §§ 38 und 39 WSG iVm den Gesetzesmaterialien ableitet, daß es nur auf geförderte Arbeiten (deren Kosten) ankommt. Nähere Ausführungen dazu erübrigen sich jedoch, weil bereits eine auf die gegenständliche Mietzinsvereinbarung anwendbare gesetzliche Regelung besteht, die für den zu beurteilenden Fall beide bisher in der Judikatur nicht geklärten Fragen beantwortet:

Rückwirkend mit 10. 6. 1991 (also vor Abschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages) ist Art I Z 2 der Wohnbauförderungsgesetznovelle 1995 des Landes Steiermark (LGBl 1996/11) in Kraft getreten, mit der dem § 52 Stmk WFG 1993 folgender Absatz 6 angefügt wurde:

"(6) Bei der Neuvermietung einer Wohnung nach einer umfassenden Sanierung hat der Vermieter das Recht, unbeschadet der Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, folgende Positionen auf die Dauer des Förderungszeitraumes der Berechnung des Mietzinses zugrunde zu legen:

Diese gesetzliche Regelung haben die Vorinstanzen nicht beachtet. Sie wurde auch von den Parteien nicht bedacht und mit diesen nicht erörtert, sodaß schon aus diesem Grund eine Verfahrensergänzung in erster Instanz unumgänglich ist. Die Parteien dürfen nämlich von einer neuen Rechtsansicht nicht überrascht werden; sie müssen Gelegenheit haben, zur neuen Rechtslage ein Vorbringen zu erstatten (SZ 61/249; SZ 63/67; SZ 64/173; SZ 68/135 ua).

Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Erstgericht seine nur die Annuitäten des geförderten Darlehens (abzüglich der Annuitätenzuschüsse des Landes Steiermark) berücksichtigende Entscheidung mit der beiläufigen Begründung versah, die Parteien des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages hätten die Bezahlung eines Erhaltungsbeitrages nicht vereinbart. Bei Abschluß des Mietvertrages bestand nämlich für die Antragsgegner gar keine Veranlassung, einen Erhaltungsbeitrag zu verlangen oder die über die Abstattung des Förderungsdarlehens hinausgehende Mietzinskomponente (etwa den mit S 579,-- bezifferten "Anteil für besondere Aufwendungen") als Erhaltungsbeitrag zu widmen. Wegen der erst mit der Wohnbauförderungsnovelle 1995 für die Bildung des zulässigen Hauptmietzinses relevant gewordenen Rücklage für die ordnungsgemäße Erhaltung muß ihnen das Recht zugestanden werden, den Anspruch auf Einhebung der Rücklage auch nachträglich geltend zu machen. Tun sie dies, ist die Rücklage als zulässiger Bestandteil des Mietzinses zu behandeln.

Zu erörtern wäre in diesem Fall auch noch die zulässige Höhe der Rücklage. Die von den Antragsgegnern angefochtene, vom Rekursgericht wegen vermeintlicher Irrelevanz ungeprüfte Feststellung des Erstgerichtes, das Land Steiermark habe in seinen Förderungsbedingungen die Höhe der Rücklage mit einem Viertel des Kategorie-D-Zinses limitiert, könnte also doch Bedeutung erlangen. Aufschlüsse über die zulässige Höhe der in § 52 Abs 6 Stmk WFG erwähnten Rücklage für die ordnungsgemäße Erhaltung ließen sich im übrigen aus Abs 4 leg cit (idF des Art I Z 15 Stmk LGBl 1994/38) gewinnen, in dem die Beträge zur Bildung einer Rückstellung mit dem Hinweis auf den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 14d WGG (den in § 14 Abs 1 Z 5 WGG erwähnten Betrag) präzisiert wurden.

Schließlich ist daran zu erinnern, daß sich die vom Erstgericht als zulässig erachteten Mietzinsvorschreibungen (Annuitätenzahlungen abzüglich gewährter Zuschüsse) nur nachvollziehen lassen, wenn man die in der Auskunft der Rechtsabteilung des Landes Steiermark vom 9. 1. 1997 unterstellten Berechnungsgrundlagen (zB Gesamtnutzflächen des Hauses der Antragsgegner, Höhe der Annuitätenzahlungen und -zuschüsse etc) als richtig voraussetzt. Die diesbezüglichen Entscheidungsgründe werden daher zur Vermeidung eines Begründungsmangels zu erweitern sein.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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