Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.112,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.352 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 1. 6. 1995 wurde der Kläger von der Erstbeklagten bei der Kärnter Gebietskrankenkasse als Angestellter mit einem monatlichen Bruttolohn von S 5000,- und einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden angemeldet.
Die Zweit- und die Drittbeklagte sind persönlich haftende Gesellschafter der Erstbeklagten.
Der Kläger begehrt von den Beklagten S 120.222 netto sA. In seiner Klage brachte er vor, bei der Erstbeklagten von Juni 1995 bis Juni 1997 (25 Monate) als gewerberechtlicher Geschäftsführer angestellt und auch tätig gewesen zu sein. Für seine Tätigkeit sei ein Entgelt von S 5.000,- brutto monatlich vereinbart aber nicht gezahlt worden, sodaß sich - unter Einschluß von Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration für 1996 und 1997 - der Klagebetrag (endgültige Aufschlüsselung in ON 13) errechne.
In der Tagsatzung vom 16. 10. 1997 brachte der Kläger vor, ihm sei in der Klage insofern ein Fehler unterlaufen, als richtig sei, daß er "seine Konzession für die Zahlung von S 5.000,- zur Verfügung stellte"; eine Arbeitsleistung sei nicht erbracht worden.
Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Mit dem Kläger sei vereinbart worden, daß dieser seine "Gewerbekonzession" (für ein Detektivunternehmen) zur Verfügung stelle und dafür sämtliche Vertretungsfälle der Beklagten erhalte. Ferner sei vereinbart worden, daß der Kläger als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der "Konzession" "für ein Monatsentgelt von S 5.000,- brutto eine gesetzliche Krankenversicherung erhält"; die Auszahlung eines Entgelts von S 5.000,- sei niemals vereinbart worden. Bei der Vereinbarung über die Arbeitsleistung des Klägers von 20 Stunden handle es sich um ein Scheingeschäft, weil Arbeitsleistungen von vornherein nicht erbracht werden sollten und auch nicht erbracht worden seien.
Auch der Kläger hatte bereits in erster Instanz erklärt, daß er keine Tätigkeit als Angestellter der Beklagten hätte verrichten sollen (S 4 in ON 12).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die "Feststellung", daß der Kläger zwischen 1. 6. 1995 und 2. 7. 1997 als Angestellter zu einem Monatslohn von brutto S 5.000,- beschäftigt war. Ferner ging es davon aus, daß der Kläger der Erstbeklagten und deren Gesellschaftern seine Konzession für ein Detektivunternehmen zur Verfügung stellte und daß zwischen den Streitteilen nicht vereinbart war, daß als Abgeltung hiefür der Kläger (nur) krankenversichert sein sollte. Auf dieser Grundlage vertrat es die Rechtsauffassung, daß dem Kläger das begehrte Nettoentgelt von S 4.119,- monatlich zuzüglich der Sonderzahlungen zustehe.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Es ging aufgrund des Vorbringens beider Parteien davon aus, daß vom Kläger eine Arbeitsleistung nicht erbracht worden sei und auch nicht hätte erbracht werden sollen, sodaß - ungeachtet der gegenteiligen, der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden "Feststellung" des Erstgerichtes - in Wahrheit kein Arbeitsverhältnis habe begründet werden sollen. Vielmehr sei Gegenstand des Vertrages die entgeltliche Überlassung einer "Gewerbekonzession" ohne zugrunde liegende Arbeitsleistung gewesen. Die von den Parteien gewählte Konstruktion widerspreche den §§ 9 Abs 3, 39 Abs 2 Z 2 GewO, wonach als gewerberechtlicher Geschäftsführer nur ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer bestellt werden dürfe. Da eine Arbeitsleistung des Klägers im Betrieb nicht habe erbracht werden sollen, sei davon auszugehen, daß der Vertrag ausschließlich geschlossen worden sei, um den Beklagten die Gewerbeausübung zu ermöglichen und dem Kläger sozialversicherungsrechtliche Vorteile zu verschaffen; der Gebietskrankenkasse sei das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vorgespiegelt worden. Der Vertrag sei daher seinem gesamten Zweck nach gemäß § 879 ABGB nichtig, wobei kein Raum bleibe, ihn mit einem bestimmten Teil aufrecht zu lassen. Da der Kläger nur einen Entgeltanspruch durchsetzen wolle ("Gehalt"), könne sein Begehren daher keinen Erfolg haben.
Die Revision sei zuzulassen, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der Nichtigkeit von Arbeitsverträgen infolge Verstoßes gegen die §§ 9, 39 GewO noch nicht Stellung genommen habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das Berufungsurteil iS der Bestätigung des Ersturteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, daß zwischen den Streitteilen, nach deren Vereinbarungen der Kläger keine Arbeitsleistung erbringen sollte und auch nicht erbracht hat, kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, wird im Revisionsverfahren nicht mehr in Frage gestellt. Beide Seiten gehen nunmehr davon aus, daß die in der Klage geforderten Beträge - wie vom Kläger letztlich schon in erster Instanz geltend gemacht - das Entgelt für die "Zurverfügungstellung der Konzession" (richtig: der Gewerberechtigung) des Klägers darstellen (Kläger: S 129 u. 132 des Aktes; beklagte Parteien S 236 des Aktes).
Diese "Zurverfügungstellung der Gewerberechtigung" bestand nach den Verfahrensergebnissen darin, daß der Kläger von der Beklagten mit seinem Einverständnis bei der Gebietskrankenkasse als mit 20 Stunden beschäftigt angemeldet und der Gewerbebehörde als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht wurde, womit der Beklagten die "Erfüllung" ihrer entsprechenden, aus den §§ 9, 39 GewO resultierenden Verpflichtung ermöglicht werden sollte.
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, daß diese Vorgangsweise den zitierten Bestimmungen der GewO widerspricht, ist zutreffend:
Nach § 127 Z 26 der GewO 1994 in der bis 30. 6. 1997 geltenden Fassung (nunmehr § 127 Z 18) ist das Gewerbe der Berufsdetektive ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe, also ein Gewerbe, für das - neben einer Bewilligung - ein Befähigungsnachweis erforderlich ist (§ 5 Abs 2 Z 2 GewO 1994). Nach den §§ 9 Abs 1 und 3, § 39 Abs 2 Z 2 und Abs 3 GewO 1994 war daher die beklagte OEG verpflichtet, einen den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen Voraussetzungen entsprechenden (gewerberechtlichen) Geschäftsführer zu bestellen. Dabei muß es sich entweder um einen vertretungsbefugten persönlich haftenden Gesellschafter oder um einen "mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigten, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtigen Arbeitnehmer" handeln, der sich - so § 39 Abs 3 GewO 1994 - "im Betrieb entsprechend betätigt".
Die Vereinbarung der Parteien, wonach der Kläger zwar keine Arbeitsleistung erbringen, wohl aber bei der Gebietskrankenkasse mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden als beschäftigt und als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt werden sollte (und auch wurde), bedeutet daher inhaltlich nichts anderes als die Übereinkunft, die wiedergegebenen Anordnungen durch Vortäuschung eines den zitierten Normen entsprechenden Beschäftigungsverhältnisses zu umgehen. Diese Vereinbarung verstößt daher gegen das Gesetz.
Gemäß § 879 Abs 1 ABGB ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Nichtigkeit infolge Gesetzwidrigkeit ist nach Lehre und Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn diese Rechtsfolge ausdrücklich normiert ist oder der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäftes notwendig verlangt (Apathy in Schwimann, ABGB**2 V, Rz 3 zu § 879; Krejci in Rummel, ABGB**2 Rz 26 ff zu § 879; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht10 I, 142; jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Bei Verstößen gegen Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Rechtsfolge der Nichtigkeit eine absolute. Sie ist von Amts wegen wahrzunehmen und hat die Nichtigkeit des gesamten Geschäftes zur Folge. Auf die Nichtigkeit kann sich dann auch der Vertragspartner berufen, der diese beim Vertragsabschluß gekannt hat, weil anders der Zweck solcher Verbotsnormen kaum zu erreichen wäre (SZ 52/52; JBl 1988, 35; RdW 1990, 374; Apathy, aaO, Rz 34 zu § 879; Koziol/Welser, aaO, 147).
Mit der Frage, ob eine Vereinbarung, die auf die Umgehung des Fehlens einer Erlaubnis zur Ausübung eines Gewerbes durch einen vorgetäuschten Anstellungsvertrag abzielt, iS § 879 ABGB gesetzwidrig ist, hat sich der Oberste Gerichtshof - soweit überblickbar - nur in der Entscheidung GesRZ 1982, 178 auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung vertrat der Oberste Gerichtshof ebenfalls die Auffassung, daß eine Gesellschaft (dort eine GesmbH), die sich eines Geschäftsführers bedient, der zwar die für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen Voraussetzungen mitbringt, sich aber nicht entsprechend im Betrieb betätigt, weil ihn die Gesellschaft vertraglich von dieser Tätigkeit befreit, gegen die einschlägigen Anordnungen der GewO verstoße, dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 6 GewO (nunmehr § 376 Z 7 GewO 1994) begehe und dafür mit Strafen zu belegen sei. Der Schutzzweck der Gewerbeordnung sei aber nicht die Bewahrung der juristischen Person vor den Auswirkungen derartiger Vereinbarungen, sondern die Sicherung der Allgemeinheit und besonders der mit der Gesellschaft abschließenden Besteller vor den nachteiligen Folgen des Fehlens eines sich entsprechend im Betrieb betätigenden gewerberechtlichen Geschäftsführers. Die Gesellschaft könne daher aus dem von ihr und dem dort beklagten Geschäftsführer bewußt gewollten Verstoß die Nichtigkeit der Vereinbarung nicht ableiten, weil die Gewerbeordnung diese Rechtsfolge weder normiere noch zwingend nach ihr verlange.
Demgegenüber sind nach der in Bundesrepublik Deutschland herrschenden Auffassung Verträge, die auf die Umgehung des Erfordernisses der Gewerbeberechtigung durch Vortäuschung eines Anstellungs- oder Pachtvertrages abzielen und damit die Führung eines Betriebes durch unbefugte Personen ermöglichen sollen, nach § 134 BGB als gesetzwidrig nichtig (Mayer-Maly im Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch I3 Rz 19 zu § 134; Sack in Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch I Rz 158 zu § 134; Hefermehl in Kohlhammer-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch12 Rz 69 zu § 134; jeweils mit Nachweisen aus der deutschen Rechtsprechung).
Für das österreichische Recht vertritt Krejci (aaO, Rz 43 zu § 879) offenbar ebenso diesen Standpunkt, indem er darauf hinweist, daß die Umgehung des Fehlens einer Erlaubnis zur Ausübung eines Gewerbes durch einen vorgetäuschten Anstellungs- oder Pachtvertrag den Zielen der Gewerbeordnung widerspricht.
Auch der erkennende Senat vermag sich der oben zitierten Entscheidung GesRZ 1982, 178 nicht anzuschließen. Wenngleich es richtig ist, daß die hier verletzte Norm nicht den Schutz der Beklagten vor den Auswirkungen ihrer Vereinbarung bezweckt, verlangt gerade der auch in der zitierten Entscheidung hervorgehobene Normzweck - die Sicherung der Allgemeinheit und besonders der mit der Gesellschaft abschließenden Besteller vor den nachteiligen Folgen des Fehlens eines sich entsprechend im Betrieb betätigenden gewerberechtlichen Geschäftsführers - die Nichtigkeit der in Rede stehenden Vereinbarung. Die vom Kläger angestrebte Durchsetzbarkeit seines aus der gesetzwidrigen Vereinbarung resultierenden Entgeltanspruches würde der Vereitelung dieses Normzweckes Vorschub leisten. Durch die Behauptung des Klägers, daß vergleichbare Vorgangsweisen üblich seien, wird dieses Ergebnis nur unterstrichen. Die in Rede stehende Vereinbarung ist daher iS § 879 ABGB nichtig, wobei sich iS der oben dargestellten Rechtslage - da das übertretene Gesetz den Schutz der Allgemeinheit bezweckt - auch die Beklagte auf diese Nichtigkeit berufen kann.
Das nur auf diese Vereinbarung gestützte Klagebegehren muß daher der Abweisung verfallen. Auf die erstmals in der Revision geltend gemachten weiteren Rechtsgründe ist wegen des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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