OGH 16Ok14/98

OGH16Ok14/9815.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Birgit Langer als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer, Dkfm. Joachim Lamel, Dkfm. Alfred Reiter und Dr. Thomas Lachs als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Einschreiterin C***** Holding AG *****, Schweiz, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anmeldung eines Zusammenschlusses infolge Rekurses der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte,*****, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 7. Juli 1998, GZ 25 Kt 83/98-14, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Einschreiterin, die C***** Holding AG mit Sitz in der Schweiz meldete mit Schriftsatz vom 20. 2. 1998, 25 Kt 83/98-1, den Erwerb sämtlicher Aktien der Charles Vögele Beteiligungen AG, ebenfalls mit Sitz in der Schweiz, an, welche 70 % der Aktien der C***** (Austria) AG hält; die übrigen 30 % an dieser Gesellschaft werden von der P***** Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH (in der Folge P***** GmbH) gehalten, die ihrerseits zur S*****-Gruppe gehört. Diese Anmeldung erfolge vorsichtshalber im Hinblick auf die Anträge der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte vom 26. 1. 1998 im Verfahren 25 Kt 635/97, 42/98-5. Die Amtspartei sei nämlich der Auffassung, daß die Umsätze der S*****-Gruppe aufgrund der 30 %igen Beteiligung der P***** GmbH an der C***** (Austria) AG ebenfalls in die Umsatzberechnung einzubeziehen seien.

Das Erstgericht ordnete an, daß nach Rechtskraft dieses Beschlusses nachstehende Eintragung in das Kartellregister zu erfolgen habe, und zwar zur neu zu eröffnenden Kartellzahl Z 1214 mit der unterscheidenden Bezeichnung "C***** Holding AG/C***** Beteiligungen

AG":

"Spalte 1 1

Spalte 2 7. Juli 1998, 25 Kt 83/98-14

Zusammenschluß betreffend die C***** Holding AG, *****, Schweiz, und die C***** Beteiligungen AG, *****, Schweiz, wie im Schriftsatz 25 Kt 83/98-1 dargelegt."

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, daß gemäß § 42 Abs 1 KartG Zusammenschlüsse, die nicht der Anmeldung (§ 42a KartG) bedürften, binnen einem Monat nach ihrem Zustandekommen anzuzeigen seien, wenn die beteiligten Unternehmer bzw Unternehmen vor dem Zusammenschluß insgesamt Umsatzerlöse von mindestens S 150 Millionen hatten. Diese Voraussetzungen seien nach dem Vorbringen der Einschreiterin gegeben, weil insgesamt die nunmehr verbundenen Unternehmen gemeinsam einen Umsatzerlös von jedenfalls S 150 Millionen erreichten. Der Zusammenschluß sei inzwischen durchgeführt worden. Gemäß § 72 Abs 1 iVm § 171 Z 7 KartG sei daher vom Vorsitzenden des Senates die Eintragung in das Kartellregister anzuordnen.

Neben den Umsatzerlösen der am Zusammenschluß unmittelbar beteiligten Unternehmen seien auch die Umsatzerlöse der verbundenen Unternehmen in die Berechnung der für das Erreichen der Schwellenwerte nach § 42 KartG bzw § 42a Abs 1 KartG maßgeblichen Schwellenwerte einzubeziehen, weil bei der Berechnung der Umsatzerlöse nach § 2a Z 1 KartG Unternehmen, die in der in § 41 KartG erwähnten Art miteinander verbunden seien, als einziges Unternehmen gelten würden. Bei der nach § 1 KartG gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise könne eine relevante Verbindung im Sinne der §§ 2a Z 1, 41 KartG, somit also das Vorliegen einer wettbewerblichen Einheit, dann nicht mehr bejaht werden, wenn der formelle Zusammenhang der Unternehmen eine dauernde Einflußnahme der Spitze der Unternehmensgruppe auf die Geschäftsführung des in Frage stehenden Unternehmens nicht mehr erwarten lasse. Im vorliegenden Fall bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die Anmelderin durch den mittelbaren Erwerb von 70 % der Aktien der C***** (Austria) AG auch eine Einflußmöglichkeit auf die P***** GmbH und damit die S*****-Gruppe erworben habe. Die Umsatzerlöse der P***** GmbH seien somit bei der Frage, welche Schwellenwerte erreicht worden seien, nicht zu berücksichtigen. Der Zusammenschluß sei daher nicht anmeldebedürftig, sondern nach seiner Durchführung nur anzeigepflichtig. Er eigne sich daher nicht zur Eintragung als anmeldebedürftiger Zusammenschluß. Die Eintragungsanordnung gründe sich daher auf § 72 Abs 1 KartG iVm § 71 Z 7 KartG (nicht jedoch § 71 Z 8 KartG).

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Amtspartei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß ausgesprochen werde, daß ein anmeldepflichtiger Zusammenschluß gemäß § 42a KartG vorliege und der angemeldete Zusammenschluß gemäß § 72 Abs 1 iVm § 71 Z 8 KartG als solcher in das Kartellregister einzutragen sei; sollte das Rekursgericht zur Ansicht gelangen, daß ein bloß anzeigepflichtiger Zusammenschluß vorliege, werde in eventu beantragt, den angefochtenen Beschluß ersatzlos zu beheben und den Antrag auf Eintragung der Zusammenschlußanmeldung abzuweisen.

In ihrer Gegenäußerung beantragt die Einschreiterin den Rekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist mangels Rechtsschutzbedürnisses zurückzuweisen.

Die Rekurswerberin bringt vor, die P***** GmbH stehe zu 100 % im Eigentum der S*****-Gruppe. Durch die Hinzurechnung der Umsätze der S*****-Gruppe werde jeder Zusammenschluß, an dem die P***** GmbH beteiligt sei, zum Anmeldefall. Der gegenständliche Fall habe eine längere Vorgeschichte. Bereits im Dezember 1997 sei er zur Zl 25 Kt 635/97 als Zusammenschluß angezeigt worden. Die nunmehrige Rekurswerberin habe schon damals die Ansicht vertreten, daß es sich um einen anmeldebedürftigen Zusammenschlußfall handle. Deshalb sei ein Verbesserungsantrag und ein Antrag auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 8a KartG (25 Kt 42/98) eingebracht worden. Nach einem Gespräch der Parteienvertreter der Anzeigerin mit ihr sei die Zusammenschlußanmeldung vorgenommen worden, die für den vorliegenden Rekurs maßgeblich sei. In weiterer Folge sei die Anzeige zurückgezogen und nur noch die Zusammenschlußanmeldung aufrecht geblieben. Die Rekurswerberin habe ihrerseits den Verbesserungs- und den Feststellungsantrag zurückgezogen und im Hinblick auf die Vermeidung allzu langer Verfahrensdauer einen Prüfverzicht abgegeben. Hierauf habe das Erstgericht mit den nunmehr angefochtenen Beschluß die Eintragung in das Kartellregister gemäß § 71 Z 7 KartG angeordnet. Dagegen richte sich ihr Rekurs. Sie sei als Amtspartei rekurslegitimiert, weil von der Frage, ob ein Zusammenschluß anzeige- oder anmeldepflichtig sei, der Umfang ihrer Parteirechte abhänge und sie somit in ihrer Rechtsposition beeinträchtigt sei. Danach führt die Rekurswerberin in der Sache aus, daß nach ihrer Ansicht die Umsätze der S*****-Gruppe hinzuzurechnen seien, weshalb ein Anmeldefall vorliege. Da die Einschreiterin ihre Anzeige zurückgezogen habe, liege kein dahingehender Antrag mehr vor; das Kartellgericht könne auch den Inhalt eines Antrages nicht von einer Anmeldung in eine Anzeige umdeuten. Dadurch, daß das Kartellgericht in dem angefochtenen Beschluß eine bloße Anzeigepflicht annehme, obwohl eine Anmeldung vorliege, verliere die Rekurswerberin de facto wichtige Kontrollrechte. Sie mache nämlich bei Vorliegen einer Anmeldung keine Erhebungen hinsichtlich der Sachverhaltselemente, die eine Abgrenzung zur Anzeigepflicht beträfen. Sie sei dann - wie im vorliegenden Fall - gezwungen, den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht im Rekurswege zu bemühen.

Die Behauptungen der Rekurswerberin über die Vorgeschichte und den Verlauf dieser Zusammenschlußsache sind, wie sich aus dem vorliegenden Akt und den angeschlossenen verbundenen Akten 25 Kt 635/97, 25 Kt 42/98 ergibt, zutreffend. Die Einschreiterin meldete am 23. 2. 1998 auf Betreiben der nunmehrigen Rekurswerberin den Zusammenschluß gemäß § 42a KartG an, zog in der Folge am 6. 3. 1998 die Zusammenschlußanzeige im Akt 25 Kt 635/97 und ihren in der Zusammenschlußanmeldung enthaltenen Eventualantrag, auszusprechen, daß kein anmeldepflichtiger Zusammenschluß vorliege, zurück, beantragte unter einem die raschest mögliche Ausstellung einer Freigabebestätigung und die Eintragung in das Kartellregister (ON 7), worauf die Rekurswerberin am selben Tag ihren Verbesserungsantrag im Zusammenschlußanzeigeverfahren 25 Kt 635/97 und ihren dort gestellten Feststellungsantrag 25 Kt 42/98 mangels weiteren Feststellungsinteresses zurückzog und im vorliegenden Anmeldeverfahren erklärte, keinen Prüfungsantrag gemäß § 42b KartG zu stellen und somit die gemäß § 42b Abs 1 KartG zustehende Frist von vier Wochen nicht in Anspruch zu nehmen. Dies geschehe vor allem im Hinblick darauf, daß im Vorfeld der gegenständlichen Anmeldung in der selben Sache ein Anzeigeverfahren anhängig gemacht worden sei und sie bereits seit 13. 1. 1998 die Gelegenheit gehabt habe, eine inhaltliche Beurteilung des Zusammenschlusses vorzunehmen, diese aber keine Einwände gegen den Zusammenschluß zu Tage brachte, sodaß sie von einem Prüfungsantrag absehe (ON 8). Hierauf stellte das Erstgericht am 11. 3. 1998 die beantragte Freigabebestätigung gemäß § 42b Abs 1 KartG aus (ON 13). Mit dem angefochtenen Beschluß vom 7. 7. 1998 (ON 14) ordnete das Erstgericht nach Rechtskraft seines Beschlusses - wie oben wörtlich wiedergegeben - die Eintragung des Zusammenschlusses in das Kartellregister an.

Wenn auch das Erstgericht in seiner Begründung darlegte, daß es die Eintragung nach § 71 Z 7 und nicht nach Z 8 anordne, weil nach seiner Ansicht nur ein anzeigepflichtiger Sachverhalt vorliege, ist der Rekurs der Rechtsmittelwerberin mangels Beschwer im konkreten Fall zurückzuweisen.

Es trifft zwar zu, daß der Umfang der Rechte der Amtsparteien im Zusammenschlußverfahren davon abhängt, ob ein anmeldebedürftiger oder nur ein anzeigepflichtiger Sachverhalt vorliegt, weil sie nur im erstgenannten Fall einen Prüfungsantrag nach § 42b KartG stellen können. Hätte daher das Erstgericht beschlossen, einen gemäß § 42 KartG angezeigten Zusammenschluß in das Kartellregister einzutragen, hätten die Amtsparteien gemäß § 44 KartG gegen diesen Beschluß ein Rekursrecht, mit dem sie geltend machen könnten, es liege ein anmeldebedürftiger Zusammenschluß vor, weil ihnen nur dadurch die Möglichkeit gewahrt bliebe, einen Prüfungsantrag nach § 42b Abs 1 KartG zu stellen. Wurde aber - wie hier - ohnedies ein Zusammenschluß angemeldet und nützte die Amtspartei die Frist nicht zur Stellung eines Prüfungsantrages oder erklärte sie sogar - wie im vorliegenden Fall - ausdrücklich, keinen Prüfungsantrag stellen zu wollen und auf die ihr hiezustehende Frist hiezu zu verzichten, fehlt ihr ein rechtliches Interesse an der Rekurserhebung, gleichgültig, ob die Begründung des Erstgerichtes zutreffend ist oder nicht.

Da bei Anzeigen von Zusammenschlüssen nach § 42 KartG keine bestimmte Form vorgeschrieben ist und die Anmeldung eines Zusammenschlusses nach § 42a KartG jedenfalls auch alle für eine Anzeige nötigen Daten enthält, genügt die Anmeldung eines Zusammenschlusses auch den Erfordernissen einer Anzeige eines solchen Zusammenschlusses. Es kann daher nicht gesagt werden, daß die Eintragungsanordnung des Erstgerichtes antragslos erfolgte.

Sowohl dann, wenn ein Zusammenschluß nur gemäß § 42 KartG anzuzeigen ist, als auch dann, wenn eine Zusammenschlußanmeldung nach § 42a KartG erfolgte und entweder - wie hier - kein Prüfungsantrag nach § 42b KartG gestellt oder der Zusammenschluß nach Stellung eines solchen Prüfungsantrages nicht untersagt wurde, ist der Zusammenschluß nach Rechtskraft des jeweiligen Beschlusses in das Kartellregister einzutragen. Unterschiedliche Folgen sind an die Eintragung nach § 71 Z 7 oder Z 8 KartG nicht geknüpft. Aus der Eintragung selbst ist - wie auch der vorliegende Beschluß zeigt - nicht einmal ersichtlich, auf welche Bestimmung sie sich stützt; letzteres ergibt sich nur aus der Begründung des Beschlusses.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Begründung des Erstgerichtes richtig oder falsch ist, und ob der Erstrichter aufgrund der am Ende des Verfahrens allein noch vorliegenden Anmeldung des Zusammenschlusses und des Verzichtes auf einen Prüfungsantrag nicht ohne Eingehen auf die Frage, ob ein anmeldebedürftiger oder nur ein anzeigepflichtiger Zusammenschluß vorliegt, die Eintragung nach § 72 iVm § 71 Z 8 KartG anzuordnen gehabt hätte, weil der Rekurswerber im konkreten Fall im Hinblick auf den von ihm zuvor ausgesprochenen Verzicht auf einen Prüfungsantrag nicht beschwert sein kann. Ein nur theoretisches Interesse an der Klärung der vorliegenden Rechtsfrage, die keinerlei Auswirkungen mehr auf seine Rechtsstellung im konkreten Verfahren mehr haben und indem er daher auch keine "wichtigen Kontrollrechte verlieren" kann, genügt nicht.

Der Rekurs ist daher mangels konkreten Rechtschutzbedürfnisses zurückzuweisen (für alle Fasching Lehrbuch2 Rz 1711 mwN).

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