OGH 9ObA236/98s

OGH9ObA236/98s25.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny und Dr. Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt R*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L***** Warenhandel Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 500.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Mai 1998, GZ 10 Ra 88/98d-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. September 1997, GZ 9 Cga 157/96i-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.375,-- (darin S 3.562,50 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob die Selbstkündigung des Klägers nach erklärter Bereitschaft der Beklagten, die Entlassung bei seiner Selbstkündigung rückgängig zu machen, unter sittenwidrigem Druck erfolgte, zutreffend verneint, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Die dem Kläger mit § 9 seines Dienstvertrages überbundene Verpflichtung, keine Bestechungsgelder, Provisionen oder sonstige Zuwendungen von Dritten entgegenzunehmen, stellt eine Ausdehnung des schon in § 13 Abs 1 AngG enthaltenen Grundsatzes dar, wonach ein mit dem Abschluß oder der Vermittlung von Geschäften betrauter Angestellter ohne Einwilligung des Dienstgebers von dem Dritten, mit dem er für den Dienstgeber Geschäfte abschließt oder vermittelt, eine Provision oder sonstige Belohnung nicht annehmen darf. Dies entspricht auch der besonderen, mit seiner Funktion als Leiter der Werbeabteilung verbundenen Vertrauensstellung des Klägers, mit der strengere Anforderungen verknüpft sind (vgl Kuderna Entlassungsrecht2 86).

Da der Kläger von sich aus keinerlei Anstalten zur Rückgabe der entgegen dieser Verpflichtung empfangenen Warengutscheine im Wert von S 8.000,-- machte und auch anläßlich des Vorhaltes durch den Geschäftsführer, eine unrechtmäßige Zuwendung empfangen zu haben, keinerlei Bereitschaft zur Rückgabe signalisierte, mußte für die beklagte Partei wie für jeden anderen Arbeitgeber in dieser Situation der Eindruck entstehen, daß der Beklagten diese Zuwendung von dritter Seite für sich behalten wollte. Seinem Eingeständnis, die Zuwendung empfangen zu haben, kann daher kein besonderer Wert beigemessen werden, zumal, wie dem Kläger bekannt war, die Geschäftsführung schon über konkrete Beweise in Form der Angaben anderer beteiligter Personen verfügte.

Nicht überzeugend ist das weitere Argument, die angedrohte bzw ausgesprochene Entlassung des Klägers hätte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, weil ein früherer Geschäftsführer einer Jagdeinladung eines Geschäftspartners der Beklagten Folge geleistet, diesen bei einer Auftragsvergabe bevorzugt habe, seitens der Beklagten jedoch nicht entlassen, sondern nur gekündigt worden sei. Gestaltungsrechte wie Kündigungen und Entlassungen unterliegen nämlich nicht dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Werden nicht alle Arbeitnehmer, die Anlaß zur Kündigung gegeben oder einen Entlassungsgrund gesetzt haben, gekündigt oder entlassen, so können sich die Betroffenen nicht darauf stützen, daß alle anderen auch entlassen werden müßten bzw die Lösung des Dienstverhältnisses deswegen unwirksam sei (Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht6 389 f). Selbst dann, wenn man annehmen wollte, ungleichmäßiges Vorgehen indiziere die Annahme, daß die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung doch nicht in zureichendem Maße gegeben sei (Schwarz/Löschnigg aaO), vermag dies im vorliegenden Fall dem Kläger nicht zum Vorteil zu gereichen, weil sein diesbezügliches Vorbringen (AS 87) keinerlei konkrete zeitliche oder sachliche Zusammenhänge mit dem eigenen Verstoß und somit auch keinerlei Hinweise darauf erkennen läßt, daß das vom Kläger gesetzte Verhalten von der Beklagten nicht als unzumutbar empfunden worden wäre. Die Vorinstanzen haben ein dazu erstattetes Beweisvorbringen zutreffend für unzulässig erachtet, weil eine solche Beweisaufnahme in einen unzulässigen Erkundungsbeweis (RIS-Justiz RS0039973) münden würde. Es ist den Vorinstanzen daher auch darin beizupflichten, daß die Beklagte an sich berechtigt gewesen wäre, den Kläger zu entlassen. Demzufolge können Erwägungen über die Möglichkeit der Anfechtbarkeit der Entlassung im Sinne des § 106 ArbVG auf sich beruhen.

Daraus folgt weiters, daß sich der Kläger nicht darauf berufen kann, seine Selbstkündigung sei durch "ungerechte und gegründete Furcht" im Sinne des § 870 ABGB veranlaßt worden. Die Drohung mit einem Übel, durch dessen an sich erlaubte Zufügung der Drohende sein Interesse wahrt, ist im allgemeinen nicht widerrechtlich. Rechtswidrig ist eine solche Drohung nur dann, wenn sie als Mittel zur Herbeiführung eines Erfolges dient, auf den der Drohende keinen Anspruch hatte oder wenn Mittel und Zweck für sich betrachtet zwar nicht rechtswidrig sind, aber das Mittel zur Erreichung gerade dieses Zweckes nicht angemessen ist (Arb 9644; Arb 11.342; 9 ObA 180/98f). Hier bestand für die Beklagte im Hinblick auf den offensichtlichen Vertrauensbruch des Klägers ein plausibler Grund, von ihrem Recht, den Kläger zu entlassen, auszugehen. Berücksichtigt man ferner, daß dem Kläger nach Androhung der Entlassung faktisch ein Tag Überlegungsfrist eingeräumt und ihm vor Aushändigung des Entlassungsschreiben ausdrücklich nochmals eine einstündige Überlegungsfrist gewährt wurde, lag in der Ankündigung der Beklagten, die Entlassung zurückzunehmen bzw dem Kläger zu "ersparen", wenn er die Selbstkündigung unterschreibe, keine rechtswidrige Drohung im Sinne des § 870 ABGB.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Stichworte