Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1. 1. 1997 zu deren Witwenpension die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, abgewiesen wird.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 11. 2. 1997 wurde der am 27. 10. 1919 geborenen Klägerin ab 1. 1. 1997 eine Witwenpension nach ihrem am 7. 12. 1996 verstorbenen Ehemann Johann E***** zuerkannt. Im selben Bescheid wurde ihr Anspruch auf Ausgleichszulage ab 1. 1. 1997 zu dieser Witwenpension abgelehnt.
Gegen den ablehnenden Teil dieses Bescheides erhob die Klägerin Klage mit dem Begehren, ihr ab 1. 1. 1997 die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren.
Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei in Stattgebung dieses Klagebegehrens zur Gewährung der Ausgleichszulage ab 1. 1. 1997 im gesetzlichen Ausmaß. Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung der beklagten Partei dieses Urteil mit der Maßgabe, daß die beklagte Partei schuldig erkannt wurde, der Klägerin ab dem 1. 1. 1997 eine Ausgleichszulage von monatlich S 2.760,-- zu bezahlen.
Die Vorinstanzen gingen dabei von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:
Der verstorbene Gatte der Klägerin war gemeinsam mit dieser Eigentümer eines aus land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes sowie ebenfalls gemeinsam mit seiner Gattin Hälfteeigentümer eines Hauses samt Garten in W*****. Ausschließlich der landwirtschaftliche Betrieb wurde von der Klägerin und ihrem Gatten am 24. 11. 1971 an den gemeinsamen Sohn Johann E***** jun verpachtet; mit notariellem Übergabevertrag vom 13. 1. 1977 wurde das genannte Wohnhaus samt Gartenfläche ebenfalls an den gemeinsamen Sohn gegen Ausbedingung eines Ausgedinges übergeben. In der Folge verschlechterte sich allerdings die Beziehung zwischen den Eltern und ihrem Sohn dramatisch und gipfelte jedenfalls am 13. 10. 1996 auch in einer zu einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung führenden Körperverletzung des Sohnes gegenüber seinem Vater, worauf die Klägerin und ihr Ehemann von W***** nach B***** übersiedelten. Der Nachlaß des am 7. 12. 1996 verstorbenen Gatten der Klägerin ist weit überschuldet.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß ein Härtefall gemäß § 140 Abs 8 BSVG vorliege, weil die Klägerin aus Umständen, welche ihr nicht zugerechnet werden könnten (Aufgabe des bisherigen gemeinsamen Wohnsitzes mit dem tätlich gewordenen Sohn), nicht einmal einen Teil der vereinbarten Ausgedingeleistungen erhalte.
Das Berufungsgericht hingegen vertrat die Rechtsansicht, daß - ausgehend vom Stichtag für die Witwenpension am 1. 1. 1997 - eine pauschale Anrechnung eines Nettoeinkommens iSd § 140 Abs 7 BSVG nicht erfolgen könne, weil die Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebes an den Sohn am 24. 11. 1971 und die Übergabe des Hauses samt Garten am 13. 1. 1977, sohin mehr als 10 Jahre gerechnet vom 1. 1. 1997, zurücklägen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern, in eventu den Ausgleichszulagenanspruch der Klägerin auf S 616,80 monatlich zu reduzieren; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Die Revision ist gemäß § 46 Abs 1 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend verweist die Revisionswerberin auf die vom Berufungsgericht übersehene Bestimmung des § 140 Abs 12 BSVG. Nach dieser durch die 6. Novelle zum BSVG, BGBl 1982/649, eingeführten (dort noch als § 140 Abs 11 BSVG) und durch die 14. Novelle BGBl 1989/644 in die nunmehrige Absatzzählung gebrachten Bestimmung bleibt in den Fällen des § 64 Abs 2 1. Satz BSVG für die Anwendung der Absätze 7, 9 und 10 (des § 140 BSVG) der Stichtag der erloschenen Pension weiterhin maßgebend; das gleiche gilt für den Anfall einer Hinterbliebenenpension nach einem Pensionsempfänger, sofern der Anspruchsberechtigte auf Hinterbliebenenpension Eigentümer bzw Miteigentümer eines übergebenen (verpachteten, überlassenen) Betriebes bzw einer solchen Fläche gewesen ist. Auch wenn es sich bei der Klägerin um keine Person handelt, deren Anspruch auf eine laufende Leistung aus eigener Pensionsversicherung mit dem Anfall eines Anspruches auf eine neue, andere laufende Leistung aus eigener Pensionsversicherung durch die Gewährung der Witwenpension seit 1. 1. 1997 iSd § 64 Abs 2 1. Satz BSVG zum Erlöschen kam, so ist doch die besondere stichtagsbezogene Regelung des § 140 Abs 12 1. Satz BSVG deshalb auf sie uneingeschränkt anzuwenden, weil sie eine Hinterbliebenenpension nach der Direktpension eines Pensionsempfängers bezieht, auf welchen nach den wiedergegebenen und für den Obersten Gerichtshof maßgeblichen Tatsachenfeststellungen die weiteren Voraussetzungen des § 140 Abs 12 2. Satz letzter Halbsatz BSVG (Eigentümer bzw Miteigentümer übergebener bzw verpachteter Betriebsflächen) zutreffen. In einem solchen Fall ist daher nicht - wie vom Berufungsgericht angenommen - vom Stichtag für die Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes (§ 104 Abs 1 Z 3, Abs 2 BSVG), sondern von jenem der erloschenen Pension (Erwerbsunfähigkeitspension des verstorbenen Gatten; Stichtag 1. 12. 1971) auszugehen (§ 140 Abs 12 BSVG; vgl hiezu auch die Materialien in der RV 1312 BlgNR 15. GP, 14 zu 6. BSVG-Novelle). Ausgehend von diesem Datum kann daher von einem Zurückliegen der maßgeblichen Übergabehandlungen (Verpachtung, Überlassung) mehr als zehn Jahre iSd § 140 Abs 7 BSVG keine Rede sein. Damit hat aber die pauschalierte Anrechnung eines fiktiven Ausgedinges im Sinne dieser Gesetzesstelle Platz zu greifen, wie dies von der beklagten Partei auch ihrem Bescheid zutreffend zugrundegelegt wurde. Der Senat vermag dabei auch nicht der Auffassung des Erstgerichtes zu folgen, wonach bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Härteklausel im Sinne des § 140 Abs 8 BSVG erfüllt wären, hat diese doch nicht einmal behauptet, daß es ihr (bei unterstellter weiterhin aufrechter Unzumutbarkeit einer Rückkehr ins ehemalige Wohnhaus) diesfalls auch nicht möglich wäre, die Ablöse der seinerzeit mit dem Sohn vereinbarten Naturalleistungen im Ausgedingevertrag in Geld zu verlangen, wie dies nach der Judikatur in solchen Fällen regelmäßig für zulässig erachtet wird (RIS-Justiz RS0022521, RS0022479; zuletzt 4 Ob 199/97m mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Judikatur und Schrifttum).
Auf die in der Revision von der beklagten Partei ebenfalls aufgezeigte Diskrepanz der Höhe des Ausgleichszulagenanspruches (S 616,80 monatlich) gegenüber dem vom Berufungsgericht - im übrigen ohne nähere Begründung - in den Spruch seiner Maßgabeentscheidung aufgenommenen Betrag von S 2.760,-- (wo es sich offenbar am Bescheid der beklagten Partei zum pauschalierten Einkommen aus Betriebsaufgabe orientierte) braucht seitens des Obersten Gerichtshofes nicht mehr weiter Stellung genommen zu werden, weil nach dem Vorgesagten der Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage bereits dem Grunde nach zu verneinen ist.
In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Abweisung ihres darauf gerichteten Klagebegehrens abzuändern.
Eine Kostenentscheidung konnte entfallen, weil sich die Klägerin mangels Erstattung einer Revisionsbeantwortung im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht beteiligte und ihr daher auch keine Kosten erwachsen sind.
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