OGH 8Ob236/98h

OGH8Ob236/98h12.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als Richter in der Zwangsausgleichssache des Schuldners KR Alois R*****, Geschäftsmann, ***** vertreten durch Dr. Werner Masser ua Rechtsanwälte in Wien (Sachwalter Dr. Johannes Honsig-Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg), infolge Revisionsrekurses des Schuldners gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 18. Juni 1998, GZ 2 R 251/97p, 252/97k-283, womit infolge Rekurses des Schuldners die Beschlüsse des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Oktober 1997, GZ 23 S 292/95a-266 und 267, bestätigt wurden bzw der Rekurs des Schuldners teilweise zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Punkt I. 1.) des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über den Rekurs aufgetragen.

Text

Begründung

Das gegen den (Gemein-)Schuldner anhängig gewesene Konkursverfahren wurde mit Beschluß vom 13. 12. 1995 gemäß § 157 Abs 2 KO iVm der Anordnung der Überwachung der Erfüllung des Zwangsausgleiches durch einen Sachwalter, an den der Schuldner sein gesamtes Vermögen (mit Ausnahme einiger Liegenschaften) zu Verwertung übergab, aufgehoben.

In der vorliegenden Zwangsausgleichssache hat das Erstgericht den Antrag des Schuldners vom 26. 5. 1997, dem Sachwalter gegenüber anzuordnen, jegliche Verkaufsverhandlung über Gegenstände seines Vermögens abzubrechen und keine Verkäufe mehr durchzuführen (Punkt 2 a des Beschlusses ON 266, AS 323 f), abgewiesen. Hiezu führte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht aus, der Schuldner habe vereinbarungsgemäß (zur Erfüllung seines Zwangsausgleiches) sein gesamtes Vermögen im Inland und im Ausland an den Sachwalter zur Verwaltung und zur Verwertung zu übergeben gehabt, wobei er diese Ermächtigung nicht mehr widerrufen könne. Die Sachwalterschaft dauere daher solange an, bis der Sachwalter das gesamte Vermögen verwertet habe und der Verwertungserlös an die berechtigte Gläubigerin B***** abgeführt worden sei. Da dies bislang noch nicht erfolgt sei, komme eine Beendigung der Sachwalterschaft nicht in Frage. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn tatsächlich die B***** bereits eine 100 % übersteigende Quote ihrer anerkannten Forderungen erhalten hätte. Diesfalls wäre lediglich eine Bereicherung der Gläubigerin zu prüfen, welche vom Schuldner zurückgefordert werden könnte. Überdies seien die Behauptungen des Schuldners inhaltlich unrichtig, weil die B***** noch nicht in der von ihm behaupteten Höhe befriedigt worden sei. Damit komme aber weder eine Beendigung der Sachwalterschaft, noch eine Anordnung gegenüber dem Sachwalter, sich jeglicher Verkaufsverhandlungen zu enthalten und keine Verkäufe mehr durchzuführen, in Betracht.

Das Rekursgericht wies mit Punkt I. 1.) des angefochtenen Beschlusses den Rekurs des Schuldners - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung ist - gegen Punkt 2 a des Beschlusses zurück (und gab im übrigen den Rekursen keine Folge); weiters sprach es aus, daß der Entscheidungsgegenstand S 52.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte hiezu das Rekursgericht aus, daß nach § 84 Abs 1 KO das Konkursgericht die Tätigkeit des Masseverwalters zu überwachen habe. Nach § 84 Abs 3 KO entscheide über Beschwerden eines Gläubigers, eines Mitglieds des Gläubigerausschusses oder des Gemeinschuldners gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters das Konkursgericht, gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel nicht zulässig sei. So sei insbesondere gegen die Entscheidung des Konkursgerichtes, mit dem ein Antrag eines Konkursgläubigers, dem Masseverwalter eine Weisung zu erteilen, abgewiesen werde, ein Rechtsmittel unzulässig. Nach § 157c Abs 1 KO habe das Konkursgericht den Sachwalter zu überwachen, wobei § 84 KO entsprechend anzuwenden sei. Da das Erstgericht einen Antrag, dem Sachwalter eine Weisung zu erteilen, abgewiesen habe, sei ein Rechtsmittel dagegen unzulässig, weshalb der Rekurs gegen den Punkt 2 a (aus ON 266) zurückzuweisen sei.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine konkrete Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege, inwieweit der Rechtsmittelausschluß des § 84 Abs 3 KO in einem Zwangsausgleichsverfahren mit Überwachung durch einen Sachwalter (analog) anwendbar sei.

Nur gegen die Zurückweisung seines Rekurses richtet sich der Revisionsrekurs des Schuldners aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dem Sachwalter antragsgemäß gegenüber eine Anordnung vorzunehmen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und beantragt, dem Rekursgericht eine Sachentscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht erwähnten Grunde zulässig, er ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Da § 157c Abs 1 KO eine entsprechende Anwendung des § 84 KO vorsieht, kann die zu dieser Bestimmung ergangene Judikatur auch zur Lösung des vorliegenden Falles herangezogen werden.

Zum Rekurs des Gemeinschuldners im Verwertungsverfahren aufgrund der

durch das IRÄG 1982 geschaffenen Rechtslage hat der Oberste

Gerichtshof in den Entscheidungen vom 28. 11. 1991, 8 Ob 26/91 (=

ecolex 1992, 160), vom 16. 9. 1993, 8 Ob 15/93 (= ecolex 1994, 818)

und vom 14. 12. 1995, 8 Ob 34, 35/95 (= ecolex 1996, 363) Stellung

genommen. Während er in der erstgenannten Entscheidung dem Gemeinschuldner ein Rekursrecht in den in den §§ 116 und 117 KO genannten Angelegenheiten nur bei Verletzung seines im § 118 Abs 1 KO normierten Anhörungsrechts zubilligte, leitete der Oberste Gerichtshof in den beiden letztgenannten Entscheidungen aus diesem Anhörungsrecht ein generelles Rekursrecht des Gemeinschuldners in diesen Angelegenheiten ab. Während der Gläubigerausschuß mit der Wahrnehmung der den Gläubigern im Rahmen der Gläubigerautonomie zukommenden Mitwirkungsrechten im Verwertungsverfahren betraut sei, sei die Wahrung seiner Interessen im Rahmen des Verwertungsverfahrens dem Gemeinschuldner selbst überlassen. nur durch Einräumung eines Rekursrechtes könne der Gemeinschuldner auf rechtsstaatlich unbedenkliche Art vor der im Konkurs immer bestehenden Gefahr einer Vermögensverschleuderung geschützt werden.

Ähnliche Erwägungen müssen gelten, wenn es wie im vorliegenden Fall nicht um einzelne Verwertungs- und Verwaltungsmaßnahmen im Sinne des § 84 Abs 3 KO, sondern um die Frage geht, ob die Fortsetzung der Verwertung insgesamt und damit ein weiterer Eingriff in das Eigentum des Schuldners im Hinblick auf eine allfällige volle Deckung der Ausgleichsforderungen durch die bisher erzielten Erlöse noch sachlich gerechtfertigt ist. Hiebei reicht es nicht aus, den Schuldner auf die ihm gegen die Abweisung seines Antrages auf Beendigung der Überwachung gemäß § 157g Abs 1 und 6 KO zustehende Anfechtungsmöglichkeit zu verweisen, weil mit dem Antrag auf Anordnung des Abbruches der Verwertung ein abweichendes Rechtsschutzziel verfolgt wird. Während die Beendigung der Überwachung erst nach Erfüllung des Ausgleiches durch Befriedigung der Ausgleichsgläubiger auszusprechen ist, wäre das Verwertungsverfahren bereits abzubrechen, wenn aus den bis dahin vereinbarten Verwertungserlösen eine Erfüllung des Ausgleiches möglich ist. Unter Bedachtnahme auf die im § 157g Abs 1 und 6 KO zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers ist dem Schuldner nach Auffassung des erkennenden Senats auch diesbezüglich ein Rekursrecht zuzubilligen, da die von den Vorinstanzen erwogene Verweisung auf allfällige Bereicherungsansprüche zur Wahrung der Rechte des Schuldners in rechtsstaatlich unbedenklicher Weise nicht ausreicht.

Eine sachliche Behandlung des Rekurses des Schuldners erscheint daher geboten.

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