OGH 9ObA243/98w

OGH9ObA243/98w11.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz Paul und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Olympia G*****, Bedienstete der Wiener Staatsoper, ***** vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich (Österreichischer Bundestheaterverband), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17 - 19, 1011 Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. April 1998, GZ 10 Ra 76/98i-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4. März 1997, GZ 18 Cga 178/96v-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

13.725 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Nichtverlängerungserklärung der beklagten Partei nicht zur Beendigung des Bühnendienstvertrages der Klägerin führte. Insoweit kann auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hingewiesen werden (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Revisionsausführungen der Beklagten ist folgendes entgegenzuhalten:

Welches Motiv der Verwendung der Klägerin im neu geschaffenen Referat "Marketing" zugrundelag, ist hier nicht entscheidend. Die Unterlassung der Erörterung der diesbezüglichen als obiter dictum geäußerten Ansicht des Berufungsgerichtes begründet daher keinen Verfahrensmangel.

Da eine Nichtverlängerungserklärung als Ablehnung des Abschlusses eines neuen Dienstvertrages nach Ablauf der laufenden Befristung (9 ObA 10/91) unter Anbot eines geänderten Vertrages im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 des Zusatzabkommens zum Bundestheater-Orchester-Kollektivvertrag (im folgenden Zusatz-KV genannt) von der Beklagten nicht einmal behauptet wurde, ist nicht darauf einzugehen, ob die Klägerin die Voraussetzung des damit im Zusammenhang stehenden § 8 Zusatz-KV, sohin 120 Bezugsmonate zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatz-KV aufgrund der damals noch nicht abgelaufenen Befristung ihres Dienstvertrages bis 31. 8. 1986 erfüllt hatte. Die Verlängerungsautomatik des § 11 des Bundestheater-Orchester-Kollektivvertrages oder § 16 Bühnenkollektivvertrag hätte ja erst mit Ablauf der Befristung und nicht zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatz-KV mit 13. 2. 1986 eintreten können. Erst in diesem Zeitpunkt muß die Voraussetzung des Entlohnungsanspruches (Bezugsmonate) für den in § 8 Zusatz-KV genannten Zeitraum erfüllt sein (ecolex 1991, 192).

Das Berufungsgericht hat aber zutreffend die Voraussetzung des § 4 Zusatz-KV bejaht. Diese Bestimmung bezieht sich im Gegensatz zu § 1 Abs 1 Zusatz-KV nicht auf individuelle (nicht schematisierte) Bühnendienstverträge, sondern macht ihre Anwendung nur von der Zugehörigkeit entweder zu den Mitgliedern der künstlerischen Gruppen oder zu den in Abs 5 individualisierten Personengruppen, wie unter anderem Bedienstete in Direktions- oder Betriebsbüros, sofern mindestens 120 Bezugsmonate zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Nichtverlängerungserklärung erreicht wurden, abhängig.

Der Unterschied der Regelung des § 4 Zusatz-KV und § 1 Abs 1 Zusatz-KV liegt darin, daß § 1 Abs 1 Zusatz-KV die Nichtverlängerungserklärung im Sinne einer Verpflichtung zur Vertragsverlängerung allerdings unter geänderten Verhältnissen, vergleichbar mit einer sogenannten "Änderungskündigung" im Auge hat und das Dienstverhältnis erst bei Nichtannahme eines angebotenen dem wesentlichen Inhalt nach vorgegebenen Dienstvertrages mit Ablauf der Befristung endet. Im Fall des § 4 Zusatz-KV führt die Nichtverlängerungserklärung wegen in der Person des Mitgliedes gelegenen Gründen nicht zu einer Verlängerung des befristeten Vertragsverhältnisses. Das Dienstverhältnis endet dann mit Ablauf der Befristung. Der weitere Unterschied besteht darin, daß § 1 Abs 1 Zusatz-KV auf sogenannte "leitende Angestellte", wie Theaterdirektoren, leitende Mitarbeiter, die maßgebliche Entscheidungsbefugnisse bei der Betriebsführung haben (vergleichbar § 36 Abs 2 ArbVG) nicht anwendbar ist und diese Personen nur den eingeschränkten Bestandschutz nach § 3 Abs 2 Zusatz-KV oder keinen genießen.

§ 4 Zusatz-KV schließt hingegen seine Anwendung auf die in § 3 Zusatz-KV angeführten Personen nicht aus. Es ist daher gar nicht entscheidend, ob die Klägerin eine im § 3 Zusatz-KV beschriebene Stellung innehatte. Dabei ist jedoch zu beachten, daß bloße Abteilungsleiter ohne rechtliche Einflußmöglichkeiten auf die Betriebsführung, die einem Hauptabteilungsleiter unterstehen, kein Budget zur Verfügung haben und sogar wie im Falle der Klägerin das Marketingkonzept nicht frei und eigenverantwortlich durchsetzen können, sicherlich nicht als Personen anzusehen sind, denen maßgeblicher eigenverantwortlicher Einfluß auf die Betriebsführung zukommt (Cerny/Haas-Laßnig/Schwarz ArbVG Band 2, 166).

Die Klägerin hatte bis 31. 8. 1991 einen Bühnendienstvertrag als Leiterin des Direktionsbüros und persönliche Referentin des Musikdirektors mit vorwiegend künstlerischen Aufgaben, zuletzt war sie ohne die Zulässigkeit der von der Klägerin hingenommenen Verwendungsänderung untersuchen zu müssen, "Referatsleiterin" für Marketing. Da ihr nicht maßgebliche Entscheidungsbefugnis im Sinne des § 3 Zusatz-KV zustand, ist es nur naheliegend, sie als Bedienstete in Direktions- oder Betriebsbüros einzustufen, da sie letzten Endes nur im Rahmen der Hauptabteilung unter der Letztverantwortung P***** tätig war. Dies ist einer Stellung im Direktions- oder Betriebsbüro vom Zweck der Regelung her durchaus gleichzuhalten.

Die Nichtverlängerungserklärung der beklagten Partei zum 31. 8. 1997 traf daher die Klägerin zu einem Zeitpunkt, als sie bereits 120 Bezugsmonate aufwies, so daß sie nur unter der Voraussetzung des § 4 Zusatz-KV zulässig war. Das vom Kollektivvertrag geforderte Gutachten des Inhalts, daß die Weiterverwendung des Mitglieds aus Gründen, die in seiner Person gelegen sind, vom Standpunkt der Betriebsführung als nachteilig anzusehen sind, wurde weder eingeholt noch wurden personenbezogene Gründe behauptet. Die Nichtverlängerungserklärung war daher nicht zulässig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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