OGH 2Nd6/98

OGH2Nd6/9830.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerhard Franz W*****, 2. Claudia W*****, 3. mj. Philipp W***** und 4. mj. Sebastian W*****, alle vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*****-AG, ***** vertreten durch Dr. Maximilian Motschiunig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Leistung und Feststellung (Gesamtstreitwert S 1,504.459,32), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien das Landesgericht Klagenfurt bestimmt.

Text

Begründung

Die vier Kläger, die ihren Wohnsitz in Kärnten haben, begehren vom beklagten Haftpflichtversicherer in ihrer an dessen allgemeinem Gerichtsstand in Wien eingebrachten Klage Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, bei dem sie verletzt wurden. Zum Beweis ihres Vorbringens beriefen sie sich unter anderem auf ihre Vernehmung als Partei, zu den geltend gemachten Besuchskosten auch auf sieben Zeugen, von denen je zwei in Kärnten, dem Burgenland und Niederösterreich wohnen und einer in Wien wohnt.

Die Beklagte beantragte zum Beweis ihres Vorbringens unter anderem Einholung von medizinischen und KFZ-Sachverständigengutachten, Durchführung eines Ortsaugenscheins am Kärntner Unfallsort sowie Vernehmung von sechs in Kärnten wohnhaften Unfallszeugen. Im Hinblick auf diese Beweismittel und den Wohnort der Kläger beantragte sie auch die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt.

Die Kläger sprachen sich gegen eine Delegierung aus, weil die Frage, ob eine Zureise nach Wien für sie zweckmäßig sei, die Beklagte nicht zu belasten brauche, und weil fünf von ihr geführte Zeugen ihren Wohnsitz in oder in der Umgebung von Wien hätten.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sprach sich für eine Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßig ist eine Delegierung dann, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann. Ergibt sich kein eindeutiger Schwerpunkt für die Gerichtstätigkeit an einem bestimmten Ort, muß es bei der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung bleiben. Bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist vor allem der Wohnort der Parteien und der Zeugen maßgebend. Eine Delegierung ist in der Regel zweckmäßig, wenn mindestens eine Partei und die überwiegende Anzahl der Zeugen, deren unmittelbare Vernehmung notwendig erscheint, im Sprengel des anderen Gerichts wohnen (2 Ob 19/94 mwN uva).

Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Sowohl die vier Kläger als auch die Mehrzahl der Zeugen (darunter alle Unfallszeugen) wohnen in Kärnten, wo auch der Unfallsort liegt; eine Parteienvernehmung von Vorstandsmitgliedern der beklagten Versicherungsgesellschaft wird kaum in Frage kommen. Daß die Kläger bereit sind, zu ihrer Vernehmung und allenfalls auch zur medizinischen Begutachtung nach Wien anzureisen, ändert nichts am Interesse der Beklagten an einer Verkürzung und Verbilligung des Prozesses und am Interesse der Justiz an einer Vereinfachung der Amtstätigkeit; auch diese Interessen sind zu berücksichtigen.

Da sich ein eindeutiger Schwerpunkt für die Gerichtstätigkeit in Kärnten ergibt, war die beantragte Delegierung an das Landesgericht Klagenfurt zu bewilligen.

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