OGH 7Ob241/98m

OGH7Ob241/98m30.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Graf, Dr. Schalich und Dr. Tittel als weitere Richter in den Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Karsten B*****, und 2. Karl B*****, beide vertreten durch Dr. Othmar Slunsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Fachverband der Versicherungsunternehmungen Österreichs, Wien 3., Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Dr. Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1. S 30.000,-- und 2. S 99.600,-- je sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei und des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs unter der gleichen Adresse wie die beklagte Partei und ebenso von Dr. Hans Kreinhöfner vertreten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 29. Jänner 1998, GZ 21 R 336/97b-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Stockerau vom 17. Juni 1997, GZ 2 C 327/97y-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs hinsichtlich des Erstklägers wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Auch der Revisionsrekurs hinsichtlich des Zweitklägers wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Revisionsrekursgegner auf Kostenzuspruch wird abgewiesen.

Text

Begründung

Nach dem Klagsvorbringen habe Marcus J***** am 12. 10. 1993 den von Eckard B***** in Reparatur gegebenen PKW mit dem Kennzeichen W *****, ohne im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung zu sein, in Betrieb genommen und sei damit auf den PKW des Zweitklägers, in dem der Erstkläger als Beifahrer saß, aufgefahren. Beide Kläger seien dabei verletzt worden. Während der Erstkläger nur ein Schmerzengeld von S 30.000,-- begehrt, verlangt der Zweitkläger neben einem Schmerzengeld in dieser Höhe auch noch den Fahrzeugschaden, An- und Abmeldespesen sowie einen Verdienstentgang von insgeamt S 99.600,--. In der Klage des Zweitklägers wurde die Haftung der beklagten Partei auf § 2 Abs 1 Z 3 des Bundesgesetzes über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer gestützt.

Der als beklagte Partei von beiden Klägern belangte Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs wandte die mangelnde Passivlegitimation mit der Begründung ein, daß aufgrund des geltend gemachten Titels allein der Fachverband der Versicherungsunternehmungen zu beklagen sei. Bei dieser Rechtsperson handle es sich um eine Körperschaft öffentlichen Rechts im Sinne des Handelskammergesetzes.

Das Erstgericht verband die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Es wies den Antrag der klagenden Parteien, die Parteibezeichnung der beklagten Partei vom Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs auf den Fachverband der Versicherungsunternehmungen zu berichtigen mit der Begründung ab, daß § 235 Abs 5 ZPO keinen Austausch einer zu Unrecht geklagten Rechtsperson zugunsten einer bisher am Verfahren nicht beteiligten Rechtspersönlichkeit erlaube.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung mit dem angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die Parteibezeichnung der beklagten Partei von "Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs" auf "Fachverband der Versicherungsunternehmungen" richtigstellte. Es sprach aus, daß die Rekurskosten weitere Verfahrenskosten bilden. Über Antrag der nunmehr als Fachverband der Versicherungsunternehmungen beklagten Partei und des ursprünglich beklagten Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs nach § 508 Abs 1 ZPO erklärte es die Erhebung des ordentlichen Revisionsrekurses für zulässig. Aus beiden Klagserzählungen ergebe sich, daß sich die jeweiligen Ansprüche aus dem Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer ableiteten. Daraus folge, daß nur der Fachverband der Versicherungsunternehmungen als passiv legitimiert anzusehen sei, weshalb die Richtigstellung der Parteibezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO zutreffe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der vom Verband der Vesicherungsunternehmen Österreichs und vom Fachverband der Versicherungsunternehmungen erhobene Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

Im Zwischenverfahren über die Identität der vom Kläger gewollten beklagten Partei und der nach seinen Klagsangaben tatsächlich als geklagt anzusehenden Person ist grundsätzlich jede vom Gericht erster oder zweite Instanz als Partei behandelte Person verfahrensbeteiligt und unter der Voraussetzung des Vorliegens eines rechtlichen Interesses rechtsmittellegitimiert (vgl 6 Ob 182/97a). Das Rechtsmittel ist jedoch hinsichtlich der erstklagenden Partei jedenfalls unzulässig, hinsichtlich der zweitklagenden Partei im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, sofern nicht die Ausnahmen nach § 502 Abs 4 und 5 ZPO vorliegen, S 52.000,-- nicht übersteigt. Trotz Verbindung mit einem Verfahren, dessen Streitwert über diesem Wert liegt, behält das Verfahren der erstklagenden Partei mit einem Begehren von nur S 30.000,-- sein eigenes Rechtsmittelschicksal. Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist daher, da der Entscheidung des Rekursgerichtes keine verfahrensbeendende Bedeutung zukommt, der gegen sie erhobene Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (vgl Kodek in Rechberger ZPO § 502 Rz 1 mwN).

Hinsichtlich der zweitklagenden Partei ist jedoch der Revisionsrekurs aus einem anderen Grund unzulässig:

Nach § 235 Abs 5 ZPO stellt es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei dar, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung des Unternehmens, das Klagebegehren erhoben wird. Die Änderung der Parteibezeichnung darf nur nicht dazu führen, daß der Mangel der Sachlegitimation des als beklagte Partei bezeichneten Rechtssubjektes saniert wird (vgl Rechberger in Rechberger ZPO § 235 Rz 12 mwN sowie Fasching LB2 Rz 323 mwN). Die Rechtsprechung hat eine Berichtigung auch in jenen Fällen als zulässig angesehen, in denen der als Partei gemeinte Rechtsträger eindeutig aus der Klage hervorging, die unkorrekte Parteibezeichnung jedoch - zufällig - auf eine eindeutig nicht gemeinte andere Person paßte, etwa den gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter des als Partei in Anspruch genommenen Rechtsträgers. Voraussetzung einer Berichtigung ist, daß die Prozeßpartei in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar ist (ÖBl 1985, 82, ecolex 1992, 243, EvBl 1996/129 sowie zuletzt 4 Ob 2340/96p). Ergibt sich also aus der Klagserzählung, wer der Beklagte sein sollte, liegt bei einer entsprechenden Beziehung auf der Beklagtenseite zu der Rechtsperson, die belangt werden soll, selbst in der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjektes keine Klagsänderung (vgl 3 Ob 506/86). Gemäß § 1 Abs 1 des Verkehrsopferschutzgesetzes BGBl 1977/322 idF BGBl 1995/258 ist zur Erbringung von Leistungen nach diesem Bundesgesetz allein der Fachverband der Versicherungsunternehmungen verpflichtet.

Da bereits in der Klagsschrift vom Zweitkläger die Haftung der in Anspruch genommenen beklagten Partei auf das Verkehrsopfergesetz gestützt worden ist, war es in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise von vornherein klar, daß nur der Fachverband der Versicherungsunternehmungen Österreichs belangt werden konnte (vgl SZ 57/64) und sollte. Der Klage war unzweifelhaft zu entnehmen, daß dem Zweitkläger bei der Bezeichnung bloß ein Versehen unterlaufen war und in Wahrheit nur die letztzitierte Rechtsperson in Anspruch genommen werden sollte. Unter diesen Voraussetzungen läßt die Judikatur auch eine Einbeziehung eines anderen als des ursprünglich belangten Rechtssubjekts im Rahmen einer Berichtigung der Parteibezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO zu. Da das Rekursgericht dies zutreffend erkannt und auf entsprechende Judikatur gestützt hat, war auch der Revisionsrekurs hinsichtlich des Zweitklägers zurückzuweisen.

Da die beiden Kläger nicht auf die Unzulässigkeit des erhobenen Revisionsrekurses verwiesen haben, stehen ihnen keine Kosten für die Rechtsmittelgegenschrift zu (§§ 40 und 50 ZPO).

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