OGH 7Ob234/98g

OGH7Ob234/98g30.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Graf, Dr. Schalich und Dr. Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Hermann R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Prett und Dr. Klaus Fattinger, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Hermann G*****, vertreten durch Dr. Viktor Michitsch, Rechtsanwalt in Villach, wegen S 6,148.284,54 sA, infolge "außerordentlichen" Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 3. Juni 1998, GZ 6 R 108/98v-56, womit der Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 9. April 1998, GZ 5 Cg 53/98b-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Landesgericht Klagenfurt überwies die bei ihm bereits seit 10. 3. 1989 anhängige Rechtssache nach Eintritt eines Richterwechsels - dem gemeinsamen Antrag der Parteien folgend - gemäß § 31a Abs 1 JN dem Landesgericht Leoben. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft.

Das Landesgericht Leoben erklärte sich für unzuständig und lehnte die Übernahme des vom Landesgericht Klagenfurt übermittelten Aktes ab. Die vereinfachte Delegierung gemäß § 31a Abs 1 JN könne nur stattfinden, wenn die Parteien dies spätestens zu Beginn der mündlichen Streitverhandlung übereinstimmend beantragten. An dieser Voraussetzung fehle es im vorliegenden Verfahren. Eine Delegierung gemäß § 31a Abs 2 JN hingegen komme nicht in Frage, weil bei ihm nur eine Klage desselben Klägers gegen die Republik Österreich wegen Amtshaftung, nicht aber ein in § 31a Abs 2 genanntes Verfahren anhängig sei.

Das Rekursgericht bestätigte mit dem angefochtenen Beschluß den Beschluß des Landesgerichtes Leoben und sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Im Fall eines nicht gesetzeskonformen Übertragungsbeschlusses sei dem Adressatgericht die Verweigerung der Zuständigkeitsübernahme gestattet, damit nicht im Zusammenwirken von Parteien und Überweisungsgericht auch noch die - ohnehin geringen - Zulässigkeitsschranken des Gesetzes überschritten werden könnten. Letzteres sei hier der Fall, weil der Delegierungsantrag der Parteien nicht spätestens am Beginn der mündlichen Streitverhandlung gestellt worden sei. Dieses Verfahrensstadium könne der neuerlichen Durchführung der Verhandlung zufolge Richterwechsels nicht gleichgesetzt werden, weil diese gemäß § 412 Abs 2 ZPO unter Benützung der Klage, der zu den Akten genommenen Beweise und des Verhandlungsprotokolls zu erfolgen habe. Der neue Richter solle einerseits aufgrund eigener Wahrnehmung urteilen, andererseits sollten die bisher erzielten Verfahrensergebnisse nicht völlig obsolet werden. Das Landesgericht Klagenfurt habe daher einen nicht gesetzeskonkormen Übertragungsbeschluß gefaßt. Da auch ein Fall des § 31a Abs 2 JN nicht vorliege, sei das Landesgericht Leoben nicht gehalten gewesen, die Streitsache zu übernehmen.

Der dagegen vom Kläger erhobene "außerordentliche" Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurswerber vertritt in seinem Rechtsmittel die Auffassung, daß der Revisionsrekurs entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts nicht jedenfalls unzulässig sei, weil durch den rechtskräftig gewordenen Überweisungsbeschluß und dem angefochtenen Beschluß eine Situation geschaffen würde, die einer endgültigen Verweigerung des Rechtsschutzes gleichkomme, so daß der Ausnahmetatbestand des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO anzuwenden sei. Dem kann nicht gefolgt werden:

Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls (absolut) unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Wurde eine Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen, dann ist demnach der bestätigende Beschluß des Rekursgerichts nicht jedenfalls unzulässig, sondern unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO anfechtbar. Nach der Rechtsprechung ist diese Ausnahme von der Unanfechbarkeit bestätigender Beschlüsse des Rekursgerichtes auch auf Fälle anzuwenden, in denen zwar nicht eine Klage aus formellen Gründen zurückgewiesen, der Rechtsschutz aber sonst endgültig versagt worden ist (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 528 und die dort angeführte Rechtsprechung). Durch die Verweigerung der Übernahme durch das Gericht, an das eine Rechtssache gemäß § 31a JN überwiesen wurde, wird aber der Rechtsschutz nicht endgültig versagt. Erwachsen sowohl der Überweisungsbeschluß als auch der Beschluß, mit dem die Übernahme der Rechtssache verweigert wird, in Rechtskraft, dann ist der dadurch hervorgerufene negative Kompetenzkonflikt gemäß § 47 Abs 1 JN auf Antrag einer Partei, auf Anzeige der beteiligten Gerichte oder aus Anlaß der Entscheidung über einen Rekurs gegen eine Zuständigkeitsentscheidung (§ 47 Abs 2 JN) von dem den beteiligten Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gericht zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung (EvBl 1980/123; RZ 1986/4; 4 Nd 504/88; 2 Nd 8/90; 8 Nd 6/95) ist bei der Entscheidung über einen solchen negativen Kompentenzkonflikt auf eine allfällige Bindungswirkung des ersten Beschlusses Bedacht zu nehmen, auch wenn dieser vielleicht unrichtig war.

Der Ansicht Mayrs (in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 31a JN und JBl 1933, 302), im Falle eines nicht gesetzeskonformen Übertragungsbeschlusses solle dem zweiten Gericht die Verweigerung der Zuständigkeitsübernahme gestattet werden, damit nicht im Zusammenwirken von Parteien und Überweisungsgericht auch noch die (ohnehin geringen) Zulässigkeitsschranken des Gesetzes überschritten werden könnten, kann nicht gefolgt werden, weil sie nicht die Rechtskraft des (allenfalls unrichtigen) Überweisungsbeschlusses berücksichtigt.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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