OGH 4Ob237/98a

OGH4Ob237/98a29.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Bichler und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Höhne und Mag. Thomas in der Maur, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 450.000,--), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 14. Juli 1998, GZ 6 R 121/98a-23, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Mai 1998, GZ 4 Cg 41/98p-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin besitzt eine Konzession nach § 4 BWG. Sie führt über ein Tochterunternehmen sämtliche grenzüberschreitenden Euroscheckabrechnungen durch, sie ist österreichische Lizenznehmerin für die Kreditkarte "Mastercard-Eurocard" und betreibt damit das Kreditkartengeschäft. Die Klägerin betreibt darüber hinaus das gesamte Bankomatsystem, das Bankomatkassengeschäft sowie eine elektronische Geldbörse.

Die Klägerin läßt im Auftrag der Banken Euroscheckkarten durch die A***** GmbH herstellen und versieht die Euroscheckkarten mit dem im Magnetstreifen gespeicherten Datensatz. Sie verrechnet den österreichischen Geldinstituten für die Herstellung einer Euroscheckkarte derzeit zwischen S 83,80 und S 180,40 je Stück; der Preis hängt von der Auflage und vom Design ab. Ende Februar 1998 waren in Österreich rund 2,436.000 EC-Karten ausgegeben. Bankkunden zahlen für die Möglichkeit, die Scheckkarte zu nutzen und Schecks auszustellen, jährlich zwischen S 200,-- bis S 250,--. Nach den Scheckkartenbedingungen bleibt die Karte Eigentum der ausgebenden Bank.

Die Klägerin läßt durch die A***** GmbH auch die Kreditkarte "Mastercard-Eurocard" herstellen, für deren Benützung der Kunde eine Jahresgebühr zu entrichten hat. Ende Februar 1998 waren in Österreich rund 610.000 "Mastercard/Eurocard"-Kreditkarten ausgegeben. Die Vertragsunternehmen der Klägerin haben ein umsatzabhängiges Disagio von 3 bis 5 % zu entrichten. Wird mit Kreditkarte gezahlt, so werden die Vertragsunternehmen für einige Sekunden online mit der Klägerin verbunden, um die Autorisierung einzuholen. 20 % der Vertragsunternehmen besitzen keine online-Verbindung; sie können bis zum festgelegten Limit Abrechnungen vornehmen. Überschreitungen sind nur nach telefonischer Anfrage zulässig. War ein Vertragsunternehmen ermächtigt, eine Abrechnung vorzunehmen, so erhält es von der Klägerin den Rechnungsbetrag abzüglich Disagio unabhängig davon, ob die Klägerin den Betrag einbringlich machen kann.

Die Beklagte hat ein Stammkapital von S 1,500.000,--. Sie ist berechtigt, das Gewerbe eines Inkassobüros gemäß § 247 GewO auszuüben. Die Beklagte wirbt damit, eine Alternative zu Kreditkartenunternehmen zu bieten. Ihre Form des bargeldlosen Zahlungsverkehrs beruht auf dem Bankeinzugsermächtigungsverfahren. Der Kunde des jeweiligen Vertragsunternehmens unterschreibt an der Kassa eine Einziehungsermächtigung zugunsten der Beklagten. Er muß über eine österreichische, deutsche oder niederländische Euroscheckkarte verfügen, von der mit Hilfe eines im Eigentum des Vertragsunternehmens stehenden Terminals die Bankdaten des Kunden abgelesen werden. Während von deutschen und niederländischen Scheckkarten die gesamten Bankdaten abgelesen werden, ist es bei österreichischen Scheckkarten jedenfalls die Kontonummer, teilweise auch die Bankleitzahl. Wird die Bankleitzahl nicht abgelesen, so muß sie händisch eingeben werden. Das Vertragsunternehmen hat die Unterschrift des Kunden auf der Einziehungsermächtigung mit jener auf der Scheckkarte zu vergleichen. Die vom Terminal erfaßten Daten und der Rechnungsbetrag werden an ein Rechenzentrum weitergeleitet, in der Folge von den Partnerbanken der Beklagten übernommen, die die Zahlungen abwickeln. Die Partnerbank der Beklagten zieht den Rechnungsbetrag vom Konto des Kunden ein und überweist ihn abzüglich Disagio an das Vertragsunternehmen, auf dessen Konto der Betrag in der Regel 5 bis 8 Banktage später einlangt. Das Disagio verbleibt auf dem Konto der Beklagten.

Die vom Kunden zu unterfertigende Einzugsermächtigung enthält neben den Bankdaten und dem Rechnungsbetrag noch folgenden Text:

"Ich ermächtige hiermit H*****, den angegebenen Betrag von meinem genannten Konto durch Lastschrift einzuziehen. Für den Fall der Nichteinlösung der Lastschrift oder des Widerspruchs gegen die Lastschrift weise ich meine Bank unwiderruflich an, H***** auf Anforderung meine Adresse vollständig mitzuteilen."

Die Beklagte schließt mit ihren Vertragsunternehmen eine Vereinbarung, die mit "Einzugsermächtigungsverfahren" überschrieben ist und auszugsweise wie folgt lautet:

"1. Vertragsgegenstand

ist die Inkassierung von unbestrittenen Forderungen und die Organisation der technischen Abwicklung. Kunden mit österreichischen, deutschen und holländischen Bankkonten können an diesem Verfahren teilnehmen.

...

4. Pflichten des Vertragspartners

Der Vertragspartner verpflichtet sich:

...

...

5. H*****-Leistungen

6. Vorteile des Vertragspartners

Betrugs- und Nichtbezahlrisiko sind versichert.

7. Schlußbestimmungen

...

...

..."

Partnerbanken der Beklagten sind der R***** und die S*****. In den mit den Partnerbanken geschlossenen Vereinbarungen verpflichtete sich die Beklagte, dem Zahlungspflichtigen die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb von 42 Kalendertagen ab Abbuchungstag ohne Angabe von Gründen die Rückbuchung zu veranlassen. Macht der Kunde von diesem Recht Gebrauch, so liegt für die Beklagte eine bestrittene Forderung vor und sie veranlaßt eine entsprechende Belastung des Kontos des jeweiligen Vertragsunternehmens. Demgegenüber lassen Kreditkartenunternehmen den Rechnungsbetrag - abzüglich Disagio - ihrem Vertragsunternehmen unabhängig von der Einbringlichkeit und vom Verhalten des Kunden zukommen.

Die Beklagte schloß mit der A***** AG eine "Vermögensschadenhaftpflichtversicherung" ab. Versicherte sind die Partnerunternehmen der Beklagten. Die Versicherungssumme beträgt pro Zahlungsvorgang höchstens S 105.000,--. Die Haftungshöchstsumme wird in den Vereinbarungen mit den Vertragsunternehmen nicht erwähnt; auch die Versicherungsbedingungen sind nicht enthalten.

Die Beklagte wirbt damit, eine Alternative zu Kreditunternehmungen zu bieten:

"Disagio günstiger,

kein Betragslimit,

keine Nebenkosten,

geringfügige Kassenwartezeiten,

unlimitierter Einkauf,

keine Scheckspesen."

Als Nachteil erwähnt die Beklagte gegenüber Interessenten nur die Beschränkung auf österreichische, deutsche und holländische Scheckkarten. Dabei entsteht der Eindruck, daß die Beklagte bei der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs die gleichen Leistungen wie Kreditkartenunternehmen erbringt und die gleichen Garantien übernimmt.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten zu untersagen,

1. den bargeldlosen Zahlungsverkehr im Lastschriftweg ("Zahlungsservice H*****"), insbesondere durch Übernahme des Einbringlichkeitsrisikos für Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen, ohne über die hierfür erforderlichen Konzessionen nach dem Bankwesengesetz zu verfügen, abzuwickeln sowie für dieses Zahlungssystem oder ein ähnliches Zahlungssystem zu werben sowie

2. bei der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Lastschriftwege, insbesondere unter der Bezeichnung "Zahlungsservice H*****", die auf Euroscheckkarten sowie anderen von Banken emittierten Karten enthaltenen Datenträger (Magnetstreifen Chips) ohne Zustimmung der jeweils ausstellenden Bank elektronisch zu erfassen und weiterzuverarbeiten sowie für dieses Zahlungssystem oder ein ähnliches Zahlungssystem zu werben.

Die Beklagte betreibe kein Inkassobüro, sondern ein dem Kreditkartengeschäft ähnliches Geschäft des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und auch das Garantiegeschäft, ohne über die dafür notwendige Konzession zu verfügen. Indem die Beklagte ihr Zahlungssystem mit Hilfe der Euroscheckkarten abwickle, verwende sie fremde Leistungen zu Zwecken des Wettbewerbs. Die Beklagte erspare sich die Kosten einer eigenen Kundenkarte. Sie schmarotze an einer Leistung, die die Klägerin für die jeweilige Ausstellerbank erbringe.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie übernehme keine Haftungen oder Garantien. Die Euroscheckkarte werde ausschließlich für den Unterschriftenvergleich und für das Einlesen der Kontonummer verwendet. Die Bankleitzahl werde vom Vertragsunternehmen eingegeben. Es sei Sache des Kunden, wie er die von ihm bezahlte Scheckkarte für seine Zwecke nutze. Das Unterlassungsbegehren sei zu weit gefaßt. Die Beklagte verwende die Bezeichnung "Zahlungsservice H*****" seit Jahren nicht mehr. Der Vollzug der einstweiligen Verfügung sei vom Erlag einer Sicherheitsleistung von S 1,000.000.000,-- abhängig zu machen.

Das Erstgericht verbot der Beklagten,

1. den bargeldlosen Zahlungsverkehr im Lastschriftweg abzuwickeln, wenn das Einbringlichkeitsrisiko für Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen übernommen wird, ohne über die hierfür erforderlichen Konzessionen nach dem Bankwesengesetz zu verfügen, sowie für dieses Zahlungssystem oder ein ähnliches Zahlungssystem zu werben, sowie

2. bei der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Lastschriftwege die auf Euroscheckkarten sowie anderen von Banken emittierten Karten enthaltenen Datenträger (Magnetstreifen Chips) ohne Zustimmung der jeweils ausstellenden Bank elektronisch zu erfassen und weiterzuverarbeiten, sowie für dieses Zahlungssystem oder ein ähnliches Zahlungssystem zu werben.

Das Erstgericht machte den Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer - von der Klägerin mittlerweile erlegten - Sicherheitsleistung von S 1,000.000,-- abhängig. Die Vereinbarungen zwischen der Beklagten und ihren Vertragsunternehmen seien dahin auszulegen, daß das Vertragsunternehmen den Rechnungsbetrag - abzüglich Disagio - jedenfalls erhalte, wenn der Kunde die Einzugsermächtigung unterfertige. Damit übernehme die Beklagte das Einbringlichkeitsrisiko und führe Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs 1 Z 8 BWG durch, ohne über die notwendige Konzession zu verfügen. Die Beklagte übernehme unmittelbar das ungeschützte Arbeitsergebnis der Klägerin, indem sie ihr Zahlungssystem mit Hilfe der von der Klägerin hergestellten Euroscheckkarten betreibe. Durch den Verzicht auf eigene Karten sei die Beklagte in der Lage, ihr System kostengünstiger anzubieten. Würde die Beklagte die Karten selbst herstellen, müßte sie erhebliche Kosten und Mühen nicht nur für die Produktion, sondern vor allem für den Vertrieb aufwenden. Die Beklagte erspare sich diese Aufwendungen, sichere sich aber durch die Verwendung eines Konkurrenzproduktes die Vorteile. Damit beute die Beklagte fremde Leistungen schmarotzerisch aus. Der Sicherungsantrag der Klägerin sei mit der Einschränkung berechtigt, daß der Begriff "Zahlungsservice H*****" nicht aufzunehmen sei, weil die Klägerin nicht bescheinigt habe, daß die Beklagte diesen Begriff in letzter Zeit verwendet habe. Punkt 1 des Unterlassungsbegehrens sei insofern richtigzustellen gewesen, als ein bargeldloser Zahlungsverkehr (nur) zu untersagen sei, wenn ein Einbringlichkeitsrisiko übernommen wird. Der erhebliche Eingriff in die Interessen der Beklagten durch die einstweilige Verfügung rechtfertige es, der Klägerin eine Sicherheitsleistung nach § 390 Abs 2 EO aufzuerlegen. Eine Sicherheitsleistung von S 1,000.000,-- erscheine derzeit ausreichend.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Beklagte habe nicht bescheinigt, jegliches Verhalten eingestellt zu haben, das den Vorwurf der Übernahme des Einbringlichkeitsrisikos für Forderungen ihrer Vertragspartner begründen könnte. Die Beklagte verstoße planmäßig gegen das Bankwesengesetz; der Verstoß sei ihr im Sinne des § 1 UWG subjektiv vorwerfbar. Die Klägerin sei zwar in der Lage, die Früchte ihrer Arbeit zu realisieren; das ändere aber nichts daran, daß die Beklagte der Klägerin unter Verwendung von deren Euroscheckkarten Konkurrenz mache und sich dadurch erhebliche Aufwendungen erspare. Die Beklagte sei in der Lage, ein wesentlich niedrigeres Disagio zu verrechnen. Sie beute die Leistungen der Klägerin schmarotzerisch aus. Es bedürfe keiner näheren Begründung, daß das Verhalten der Beklagten nicht sittenwidrig wäre, wenn der Schöpfer der übernommenen Leistung zugestimmt hätte. Der entsprechende Hinweis im Unterlassungsgebot habe mit der von der Beklagten übernommenen Verpflichtung nichts zu tun, ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die Emittenten von Bankkarten die Magnetstreifen dieser Karten maschinell nicht zu lesen und zu einem im Einzugsermächtigungsverfahren verwendeten Datensatz zu verarbeiten. Eine Differenzierung zwischen österreichischen und ausländischen Banken sei nicht notwendig.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Bestätigung von Punkt 2 der einstweiligen Verfügung gerichtete ordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin nicht in unbilliger Weise um die Früchte ihrer Arbeit zu bringen. Sie baue mit ihrer Tätigkeit in zulässiger Weise auf fremder Leistung auf. Die Klägerin habe für die von ihr hergestellten Datensätze für die Euroscheck- und Bankomatkarten ohnedies ein Entgelt erhalten. Die Klägerin habe nicht behauptet, entsprechende Leistungen auch für deutsche, niederländische oder sonstige ausländische Kreditinstitute zu erbringen. Das Rekursgericht hätte prüfen müssen, ob auch die Verwendung der auf holländischen oder deutschen Bankkarten gespeicherten Datensätze nur mit Zustimmung der jeweiligen Bank zulässig sei. Die Klägerin habe nicht bescheinigt, daß die ausländischen Banken die Nutzung verboten hätten. Das bekämpfte Verbot sei geeignet, den freien Zahlungsverkehr zwischen Mitgliedstaaten der EG einzuschränken. Das gelte zumindest für die Nutzung ausländischer Bankkarten. Es sei der Beklagten nicht zumutbar, eigene Bankkarten auszugeben, weil ihre Dienstleistung nur akzeptiert werde, wenn sie eine bequeme und rasche Zahlungsabwicklung unter Nutzung der bereits vorhandenen Bankkarten anbiete. Der angefochtene Beschluß beeinträchtige auch die Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Das Nachahmen fremder Leistungen verstößt nur dann gegen § 1 UWG, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (stRsp ua ÖBl 1991, 213 - Cartes Classiques; ÖBl 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel). Solche Umstände liegen (ua) dann vor, wenn ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernommen wird, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen; der Übernehmer des Arbeitsergebnisses macht sich schmarotzerischer Ausbeutung fremder Leistung schuldig (ÖBl 1993, 156 - Loctite; ÖBl 1995, 116 - Schuldrucksorten mwN). Glatt übernommen wird ein Arbeitsergebnis, wenn Vervielfältigungsmethoden eingesetzt werden (SZ 53/35 = ÖBl 1980, 97 - Österreichisches Lebensmittelbuch; ÖBl 1987, 95 - Dentsoft-Computerprogramm) oder wenn die Leistung des Geschädigten - zB mit Mühe und Kosten entwickelte allgemeine Geschäftsbedingungen - einfach durch Abschreiben übernommen wird (ÖBl 1993, 156 - Loctite).

Entscheidend ist nicht, welches Mittel zur Vervielfältigung angewendet wird, sondern ob die Anwendung dieses Mittels unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bewirkt, daß der Schöpfer des Originals in unbilliger Weise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Dies ist zB dann der Fall, wenn der Nachahmer das nachgeahmte Produkt wegen seiner Kostenersparnis preisgünstiger abgeben kann, so daß er dem Erzeuger des Originals schmerzhaft Konkurrenz macht (ÖBl 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel).

Das trifft im vorliegenden Fall zu:

Das Zahlungssystem der Beklagten beruht auf Euroscheckkarten, die die Klägerin im Auftrag der jeweiligen Ausgabebank herstellen läßt und mit den notwendigen Daten versieht. Diese Daten werden - zumindest teilweise - von einem Terminal abgelesen, den die Vertragsunternehmen der Beklagten benötigen, um an deren Zahlungssystem teilnehmen zu können. Die Daten ermöglichen es der Beklagten, die Zahlungen abzuwickeln. Die Beklagte wird durch den Verzicht auf die Ausgabe eigener Karten und die Übernahme der Daten aus den Euroscheckkarten in die Lage versetzt, eine wesentlich preisgünstigere Alternative zur Zahlungsabwicklung mit Kreditkarten anzubieten. Die Beklagte übernimmt demnach das - naturgemäß mit Mühe und Kosten geschaffene - Arbeitsergebnis der Klägerin und macht damit Kreditkartenunternehmen, somit auch der Klägerin, Konkurrenz.

Es ist daher nicht richtig, daß sich die Übernahme der Daten aus den Euroscheckkarten für die Klägerin nicht nachteilig auswirkte, weil sie die Karten ohnehin von ihren Auftraggebern gezahlt erhalten hat. Nachteile bringt der Klägerin aber nicht nur die - durch Kostenersparnis dank Übernahme der Leistungen der Klägerin besonders spürbare - Konkurrenz durch die Beklagte, sondern auch der Entgang von Aufträgen, die sie (möglicherweise) erhielte, wenn die Beklagte eigene Karten ausgäbe.

Als Mitbewerberin der Beklagten ist die Klägerin auch insoweit zur Klage legitimiert, als die Beklagte Daten aus ausländischen Bankkarten übernimmt, die nicht von der Klägerin stammen. Die Übernahme von Daten aus inländischen Bankkarten ist nicht deshalb sittenwidrig, weil die Banken eine derartige Übernahme an ihre Zustimmung binden, sondern weil eine fremde Leistung vorliegt, die nicht ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten übernommen werden darf. Für ausländische Bankkarten gilt nichts anderes: Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob ausländische Banken ausdrücklich bestimmen, daß die Daten ohne ihre Zustimmung nicht übernommen werden dürfen. Das Fehlen der von der Beklagten vermißten Feststellungen schadet daher nicht.

Die Vorinstanzen haben der Beklagten demnach zu Recht ohne Beschränkung auf inländische Bankkarten verboten, Daten aus den Euroscheckkarten oder aus anderen Bankkarten zu übernehmen. Die dagegen erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken der Beklagten sind nicht begründet:

Das Verbot ist keine Beschränkung des Zahlungsverkehrs, wie sie Art 73b EGV erfaßt. Nach dieser Bestimmung sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. Beschränkungen sind staatliche Maßnahmen, die für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr eine gegenüber den Inlandsgeschäften formell oder materiell abweichende Regelung vorsehen (Kiemel in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag5 I/1564).

Das Verbot, bei der Abwicklung ihres Zahlungssystems fremde Leistungen schmarotzerisch auszubeuten, erfaßt inländische und grenzüberschreitende Zahlungsvorgänge in gleicher Weise. Es führt auch nicht dazu, daß der Zahlungsverkehr mit dem Ausland in irgendeiner Weise behindert wäre. Der Beklagten ist nur verboten, Daten aus Bankkarten elektronisch zu erfassen und weiterzuverarbeiten; es ist ihr und ihren Auftraggebern unbenommen, eigene Karten auszugeben oder die Zahlungen auf eine andere Art abzuwickeln. Daß es der Beklagten "kommerziell nicht zumutbar" sein soll, eigene Karten auszugeben und damit gleiche Bedingungen zu haben wie ihre Mitbewerber, ist nicht nachvollziehbar. Ihr Wettbewerbsvorteil ist keine Folge freien Wettbewerbs, sondern folgt aus der schmarotzerischen Ausbeutung fremder Leistungen. Verhielten sich die Mitbewerber gleich, so bräche das auf Karten beruhende Zahlungssystem zusammen, weil kein Unternehmen mehr bereit wäre, die mit der Ausgabe eigener Karten verbundenen Aufwendungen zu tragen.

Inwiefern dem gegen die Beklagte ergangenen Verbot Art 30 EGV entgegenstehen soll, ist nicht nachvollziehbar. Das gleiche gilt für den behaupteten Verstoß gegen Art 59 EGV. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern das Verbot "das Recht ausländischer Nachfrager auf Inanspruchnahme der von der Revisionsrekurswerberin angebotenen Dienstleistung der Abwicklung des (grenzüberschreitenden) bargeldlosen Zahlungsverkehrs" beeinträchtigen soll. Für die von der Beklagten angeregte Vorlage an den EuGH besteht daher kein Anlaß.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO; ein Ausspruch über die Kosten der Klägerin hatte zu entfallen, weil die Klägerin keine Kosten verzeichnet hat.

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