Spruch:
1. Die Bezeichnung der Klägerin wird in "R***** GmbH & Co KG" richtiggestellt.
2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen
Text
Begründung
zu 1) Die Firma der zu FN 151658 b im Firmenbuch des Landesgerichtes Korneuburg eingetragenen Klägerin wurde laut Firmenbuchauszug am 30.7.1998 von "Dr. A***** Gesellschaft mbH & Co KG" in "R***** GmbH & Co KG" geändert. Die Bezeichnung der Klägerin war antragsgemäß richtigzustellen.
zu 2) Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschriften "B*****" und "T*****"; die Beklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschriften *****. Beide Streitteile werfen einander Verstöße gegen § 26 MedienG vor:
Die Beklagte hat gegen die Klägerin zu 4 Cg 71/98a des Erstgerichtes eine Klage eingebracht, mit der sie begehrt, der Klägerin zu verbieten, periodische Druckschriften herauszugeben oder zu vertreiben oder zu verlegen, wenn darin Ankündigungen, Empfehlungen, sonstige Beiträge oder Berichte enthalten sind, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird und die nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sind, sofern Zweifel über deren Entgeltlichkeit aufgrund ihrer Gestaltung oder ihrer Anordnung nicht ausgeschlossen werden können. Die Klägerin veröffentliche in ihrer periodischen Druckschrift "B*****" bezahlte Artikel der Vereinigung ***** und des Verbandes der *****, ohne auf die Entgeltlichkeit der Einschaltung hinzuweisen. Die Klägerin habe dadurch gegen § 1 UWG iVm § 26 MedienG verstoßen; die Beklagte sei als Mitbewerberin nach § 14 UWG zur Klage legitimiert.
Mit der vorliegenden, als Widerklage bezeichneten Klage stellt die Klägerin ein inhaltlich gleiches Unterlassungsbegehren. Die Zeitschriften der Beklagten enthielten zahlreiche entgeltliche Einschaltungen, die weder entsprechend aufgemacht noch entsprechend gekennzeichnet seien. Das angerufene Gericht sei nach § 96 JN zuständig. Der Unterlassungsanspruch stütze sich auf einen gleichartigen Sachverhalt und auf die gleichen Rechtsnormen; demnach sei sowohl Konnexität als auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben. Es werde beantragt, die beiden Verfahren miteinander zu verbinden.
Da Erstgericht wies die "Widerklage" zurück. Die Beklagte habe ihren Sitz außerhalb des Sprengels des angerufenen Gerichts. Die Voraussetzungen für eine Widerklage seien nicht gegeben. Weder handle es sich um denselben Sachverhalt noch seien die Ansprüche kompensabel.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Gleichartigkeit der wechselseitigen Vorwürfe vermöge zwar den Anschein zu erwecken, daß die Voraussetzungen für eine Widerklage gegeben seien. Es handle sich dabei aber um zeitlich und inhaltlich völlig verschiedene Ereignisse. Der in § 96 JN vorausgesetzte rechtliche Zusammenhang werde nicht dadurch verwirklicht, daß verschiedene - wenn auch im Ablauf ähnliche - Ereignisse außerhalb vertraglicher Beziehungen der Streitteile unter Anwendung derselben gesetzlichen Bestimmung zu beurteilen sind, ohne daß die Entscheidung über die "Widerklage" bindend ist oder die Ansprüche kompensiert werden können.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete ordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß § 96 JN keinen engen Sachzusammenhang fordere. Es genüge, wenn die Klagen in einem Zusammenhang stehen. Die Streitteile seien identisch; beide Klagen würden auf dieselben Rechtsvorschriften gestützt. Die Wettbewerbsverstöße der Beklagten müßten auch im Verfahren 4 Cg 71/98a geprüft werden, weil sie dazu führten, daß das dort erhobene Begehren der Beklagten rechtsmißbräuchlich sei. Die Verfahren könnten miteinander verbunden werden.
Die Klägerin verkennt sowohl die Voraussetzungen für eine Widerklage als auch die Bedeutung des Einwands, der Unterlassungskläger handle selbst wettbewerbswidrig:
Nach § 96 JN kann eine Widerklage bei dem Gerichte der Klage angebracht werden, wenn der mit letzterer geltend gemachte Anspruch mit dem Anspruch der Klage im Zusammenhang steht oder sich sonst zur Kompensation eignen würde, ferner wenn die Widerklage auf Feststellung eines im Laufe des Prozesses streitig gewordenen Rechtsverhältnisses oder Rechtes gerichtet ist, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder zum Teil abhängt. Der Gerichtsstand der Widerklage setzt demnach entweder Konnexität, Kompensabilität oder Präjudizialität voraus. Konnexität ist nicht nur gegeben, wenn sich beide Ansprüche aus dem gleichen Rechtsgrund ableiten, sondern es genügt auch ein tatsächlicher, selbst ein bloß wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen beiden Klageansprüchen (Fasching I 469; s auch ders, Lehrbuch**2 Rz 1304; Mayr in Rechberger, ZPO § 96 JN Rz 1; EvBl 1973/160; EvBl 1979/138; JBl 1989,58 = IPRE 2/211 = RdW 1989, 68).
Der nach § 96 JN geforderte Zusammenhang liegt - ebensowenig wie ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 JN (SZ 63/188 = EvBl 1991/16 = JBl 1992, 256 = ÖBA 1991, 384 mwN) - nicht vor, wenn bloß gleichartige Ansprüche erhoben werden. In einem solchen Fall sind die Ansprüche zwar nach derselben Norm zu beurteilen; sie werden aber weder aus einer gemeinsamen Tatsache noch aus einem gemeinsamen Rechtsgrund abgeleitet.
Das trifft auch für den vorliegenden Fall zu:
Gegenstand beider Klagen sind behauptete Verstöße der jeweiligen Beklagten gegen § 26 MedienG, die sie unabhängig voneinander dadurch begangen haben sollen, daß sie in ihren periodischen Druckschriften entgeltliche Einschaltungen nicht entsprechend gekennzeichnet haben. Die Unterlassungsansprüche der Streitteile stützen sich damit auf voneinander unabhängige Sachverhalte. Der Rechtsgrund, aus dem die Ansprüche jeweils abgeleitet werden, ist verschieden, auch wenn in beiden Fällen § 26 MedienG sowie § 1 UWG und damit dieselben Normen anzuwenden sind. Rechtsgrund ist nicht die isoliert betrachtete Norm, nach der ein Sachverhalt zu beurteilen ist, sondern die Anspruchsgrundlage, die sich aus der Anwendung der Norm auf einen bestimmten Sachverhalt ergibt. Besteht zwischen den jeweiligen Sachverhalten kein (tatsächlicher) Zusammenhang, so schließt dies auch das Vorliegen eines rechtlichen Zusammenhangs aus. Ein rechtlicher Zusammenhang liegt nur vor, wenn mehrere Ansprüche aus einem gemeinsamen Rechtsgrund abgeleitet werden; dies setzt wiederum voraus, daß die Rechtsnorm auf einen einheitlichen Sachverhalt angewendet wird. Es ist daher mißverständlich, wenn ein rechtlicher Zusammenhang auch bei Ansprüchen bejaht wird, die "aus der gleichen Rechtsnorm" abgeleitet werden können, weil damit der Anschein erweckt wird, es genüge die Anwendung derselben Norm auf verschiedene Sachverhalte.
Die Widerklage ist das stärkste aktive Abwehrmittel des Beklagten (Fasching, Lehrbuch**2 Rz 1301). Daß die Voraussetzungen dafür im vorliegenden Fall fehlen, ist aber nicht geeignet, die Verteidigungsposition der Klägerin zu schwächen: Sie kann als Beklagte des Parallelverfahrens 4 Cg 71/98a der dortigen Klägerin nicht entgegenhalten, selbst wettbewerbswidrig zu handeln; daß der Kläger selbst wettbewerbswidrig handelt, nimmt ihm nämlich nicht das Recht, gegen Wettbewerbsverstöße gerichtlich vorzugehen (stRsp ua ÖBl
1977, 33 - Österr. Fernschulrat; SZ 65/122 = MR 1992, 207 [Korn] =
ÖBl 1992, 265 = GRURInt 1992, 503 - Product Placement;
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20 EinldUWG Rz 449 mwN). Die Klägerin kann demnach den gegen sie zu 4 Cg 71/98a erhobenen Unterlassungsanspruch nicht dadurch abwehren, daß sie Wettbewerbsverstöße der dortigen Klägerin behauptet und auch beweist. Ebensowenig kann sie eigenes wettbewerbswidriges Verhalten mit wettbewerbswidrigem Verhalten ihrer Gegnerin rechtfertigen. Das vorliegende Verfahren ist demnach für das Verfahren 4 Cg 71/98a nicht präjudiziell; die jeweils geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind völlig unabhängig voneinander zu beurteilen. Eine Verbindung beider Verfahren würde - von der Prüfung des ohnehin offenkundigen Wettbewerbsverhältnisses abgesehen - den Prozeßaufwand nicht verringern.
Selbst wenn aber eine Verbindung zweckmäßig wäre, könnten dadurch die fehlenden Voraussetzungen für eine Widerklage nach § 96 JN nicht ersetzt werden. § 187 ZPO setzt voraus, daß bei einem Gericht mehrere Rechtsstreite mit zur Gänze oder teilweise übereinstimmenden Parteien anhängig sind, und läßt die Verbindung der Verfahren zu, wenn dadurch deren Erledigung vereinfacht oder beschleunigt oder der Aufwand für die Kosten der Prozeßführung vermindert werden wird; die zuerst genannte Voraussetzung - mehrere Rechtsstreite sind bei einem Gericht anhängig - kann nur erfüllt werden, wenn das Gericht für alle Verfahren zuständig ist. Ob eine Verbindung der Verfahren zweckmäßig oder unzweckmäßig wäre, ist für das Vorliegen des Gerichtsstandes nach § 96 JN ohne Bedeutung. Nur dies ist der Entscheidung EvBl 1965/330 zu entnehmen; daß § 96 JN insoweit einen "weiteren Anwendungsbereich" als § 187 ZPO hat, ist ohne Bedeutung, weil der Regelungszweck der beiden Bestimmungen völlig verschieden ist und ein Zusammenhang nur insoweit besteht, als das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Widerklage im Regelfall auch dazu führt, daß eine Verbindung der Verfahren zweckmäßig ist.
Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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