Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig, die klagende Partei diejenigen der Revisionsrekursbeantwortung einstweilen selbst zu tragen.
Text
Begründung
Über das Vermögen der Sieglinde H***** wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. 11. 1995, 26 S 478/95d der Konkurs eröffnet. Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge: Beklagter) ist Masseverwalter. Die Gemeinschuldnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1049 Grundbuch ***** G***** des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz. Bei dieser Liegenschaft ist die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung angemerkt; die Frist läuft bis 31. 7. 1998. Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge: Kläger) ist im Besitz der einzigen Ausfertigung des Ranganmerkungsbeschlusses.
Der Kläger hat mit der am 26. 9. 1997 eingebrachten Klage (unter anderem) auf Unterfertigung des Kaufvertrages - mit dem aus der Klage ersichtlichen näheren Inhalt - den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden, wonach dem Beklagten bis zur Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers an dieser Liegenschaft, jedenfalls aber bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreites verboten werde, die genannte Liegenschaft zu veräußern und zu belasten, und dieses Verbot im Grundbuch angemerkt werde.
Der Kläger brachte vor, er habe mit dem beklagten Masseverwalter aufgrund des Anbots des Klägers vom 6. 5. 1997, der Annahmeerklärung des Masseverwalters vom 28. 5. 1997 und der Nichtuntersagung des Erwerbsgeschäftes durch den Gläubigerausschuß in der Sitzung vom 23. 6. 1997 einen rechtsverbindlichen Kaufvertrag über den Erwerb der Liegenschaft zum Preis von S 2,350.000,-- abgeschlossen. Der beklagte Masseverwalter habe sich jedoch in der Folge geweigert, den ihm am 25. 6. 1997 übermittelten Kaufvertragsentwurf zu unterfertigen. In einer neuerlichen Gläubigerausschußsitzung am 15. 9. 1997 sei in Gegenwart des Konkursrichters beschlossen worden, die Liegenschaft um S 2,450.000,-- an Karl S***** zu verkaufen. Wegen der beabsichtigten Veräußerung der Liegenschaft an Karl S***** bestehe die Gefahr einer Vereitelung des Anspruchs des Klägers auf Einverleibung seines Eigentumsrechts.
Der Beklagte brachte in der Äußerung zum Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung vor, es sei richtig, daß er mit Schreiben vom 28. 5. 1997 das Anbot des Klägers vom 6. 5. 1997 auf Erwerb dieser Liegenschaft vollinhaltlich angenommen habe. Dem Kläger sei aber von vornherein klar gewesen, daß die Veräußerung von der Zustimmung des Gläubigerausschusses und des Konkursgerichtes abhängig ist. Das Konkursgericht habe den Kaufvertrag mit dem Kläger nicht genehmigt; wegen eines Irrtums sei der Beschluß des Gläubigerausschusses vom 23. 6. 1997 nicht rechtswirksam zustandegekommen. Der Kläger habe daher keinen durchsetzbaren Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der Liegenschaft.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab und führte zur Begründung aus, der Kläger habe nach seinem eigenen Vorbringen einen Beschluß über die Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung in Händen, sodaß eine Anspruchsgefährdung nicht gegeben sei. Darüber hinaus sei eine einstweilige Verfügung, mit der in die Befugnisse des Gerichtes (Konkursgericht), nach seinem Ermessen zu entscheiden, eingegriffen wird, unzulässig. Gemäß § 116 KO bedürfe jeder Vertrag im Konkurs der Genehmigung durch das Konkursgericht; eine solche Entscheidung des Konkursgerichtes könne nicht durch eine Entscheidung des Streitgerichtes ersetzt oder beeinflußt werden. Der Klagsanspruch sei nicht durchsetzbar; darüber hinaus seien einstweilige Verfügungen, um die Prozeßführung zu sichern oder gar erst zu ermöglichen, unzulässig. Jede Vertragsurkunde, wie hier über den Verkauf einer Liegenschaft, bedürfe der konkursgerichtlichen Genehmigung, die durch eine Entscheidung des Streitgerichtes nicht ersetzbar sei. Im übrigen werde ein drohender unwiederbringlicher Schaden nicht behauptet.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß teilweise ab und erließ die einstweilige Verfügung, zur Sicherung des Anspruchs des Klägers auf Unterfertigung eines Kaufvertrags betreffend die nachgenannte Liegenschaft und Übereignung derselben werde dem Beklagten bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Rechtsstreites die Veräußerung der Liegenschaft EZ 1049 Grundbuch ***** G*****, Grundbuch des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, verboten; das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz als Konkursgericht habe dieses Veräußerungsverbot in der bezeichneten Einlage anzumerken und die Beteiligten zu verständigen; das Mehrbegehren auf Erlassung eines bücherlichen Belastungsverbotes wurde rechtskräftig abgewiesen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs wegen der klaren Rechtslage nicht zulässig sei.
Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, der mit der Klage geltend gemachte Anspruch müsse aufgrund der vom Beklagten zugestandenen rechtserheblichen Tatsachen als bescheinigt angesehen werden. Dem Kläger komme kein Einfluß auf die Willensbildung im Konkurs zu; er sei jedoch in eine vertragliche Bindung zur Konkursmasse getreten und habe dieser gegenüber im Fall der Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags, den behaupteten Eigentumsübertragungsanspruch. Daß eine formelle konkursgerichtliche Genehmigung des Erwerbsgeschäftes noch ausstehe, tue dem keinen Abbruch. Ob die Genehmigung vom 23. 6. 1997 (un-)wirksam sei, bedürfe erst der Klärung im Prozeß. Mit Rücksicht auf die nachfolgende Veräußerung derselben Liegenschaft an Karl S***** sei auch die im Antrag behauptete Gefahr bescheinigt, daß der Anspruch des Klägers wegen Eigentumsübertragung an Karl S***** nicht mehr durchgesetzt werden könne. Deshalb lägen die Voraussetzungen für eine Sicherungs-EV nach § 381 Z 1 erster Fall EO vor. Der Anspruch auf Unterlassung der Veräußerung einer Liegenschaft des Gegners der gefährdeten Partei an Dritte - hier im Klagsanspruch auf Unterfertigung des Kaufvertrags zweifellos inkludiert bzw damit intendiert - könne mit einstweiliger Verfügung nach § 381 Z 1 erster Fall EO gesichert werden. Die noch nicht verbücherte Veräußerung der Liegenschaft an einen Dritten hindere nicht ein Veräußerungsverbot. Der Anspruch auf Abschluß eines schriftlichen Kaufvertrags - wenn der Abschluß des mündlichen Vertrags bescheinigt ist und unabhängig davon, ob der Vertrag noch einer Genehmigung (zB durch die Grundverkehrsbehörde, hier durch das Konkursgericht) bedarf - könne mit einstweiliger Verfügung durch Veräußerungs- und Belastungsverbot gesichert werden. Erst wenn das Eigentumsrecht des weiteren Käufers bereits grundbücherlich einverleibt worden wäre, hätte ein Veräußerungsverbot nach § 382 Abs 1 Z 6 EO nicht mehr erlassen werden können. Da der Kläger seinen Eigentumseinverleibungsanspruch voraussichtlich bis zum Ablauf der Ranganmerkungsfrist noch nicht rechtskräftig werde durchsetzen können, bedürfe er der weiteren Sicherung durch ein Veräußerungsverbot. Die Gefahr einer Belastung der Liegenschaft habe er nicht einmal behauptet, weshalb von der Erlassung (auch) eines bücherlichen Belastungsverbotes Abstand zu nehmen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Kläger behauptet, er habe mit dem beklagten Masseverwalter einen gültigen Vertrag über den Erwerb einer Liegenschaft abgeschlossen. Wenn sich der Verkäufer weigert, den mündlich geschlossenen Vertrag in Schriftform abzuschließen, kann eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 6 EO durch Veräußerungs- und Belastungsverbot ergehen. Daß der Vertrag etwa nach der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf, ist kein Hindernis für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, weil vorher der Anspruch des Käufers auf Einverleibung ein bedingter ist (SZ 28/204; Heller/Berger/Stix 2748). Eine derartige Sicherung durch einstweilige Verfügung ist auch bei der freiwilligen Veräußerung einer Liegenschaft im Konkurs möglich. Dieses Geschäft bedarf, wenn es sich - wie hier - um einen Wert von mehr als S 500.000,-- handelt, gemäß § 116 Z 1 KO der Genehmigung des Gläubigerausschusses. Der Beschluß des Gläubigerausschusses ist vom Masseverwalter dem Konkursgericht unverzüglich mitzuteilen (§ 95 Abs 1 KO), das die Ausführung des Beschlusses in bestimmten Fällen (§ 95 Abs 2 und 3 KO) untersagen kann bzw zu untersagen hat. Solange das Konkursgericht die Ausführung eines Beschlusses des Gläubigerausschusses nicht untersagt, ist dieser voll wirksam (SZ 31/27; Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, Rz 14 zu § 95 KO). Der Gläubigerausschuß ist somit der gerichtlichen Aufsicht unterstellt, die seinen Beschlüssen jederzeit ihre Wirksamkeit nehmen kann (JBl 1963, 323).
Der mit dem IRÄG 1997 eingefügte § 95 Abs 5 KO, wonach das Gericht unverzüglich zu entscheiden hat, ob es die Ausführung des Beschlusses des Gläubigerausschlusses (oder der Gläubigerversammlung) untersagt, ist hier auf das laufende Verfahren noch nicht anzuwenden.
Nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hat der Gläubigerausschuß in der Sitzung am 23. 6. 1997 den Liegenschaftsverkauf an den Kläger und sodann am 15. 9. 1997 den Verkauf derselben Liegenschaft an einen Dritten beschlossen. Weiters hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Konkursgericht mit Beschluß vom 24. 11. 1997, 26 S 478/95d-62, den Kaufvertrag vom 30. 9. 1997 zwischen dem beklagten Masseverwalter und dem Dritten betreffend diese Liegenschaft "konkursgerichtlich genehmigt und bestätigt, daß der Masseverwalter berechtigt war, diesen Vertrag für die Masse zu unterfertigen". Damit hat das Konkursgericht (noch) nicht gemäß § 95 Abs 3 KO Beschluß über den - aktenkundigen und ihm bekannten - Vertrag mit dem Kläger gefaßt. Die (§ 95 Abs 3 KO, der nur eine Untersagung, nicht aber eine Genehmigung vorsieht, nicht entsprechende) "Genehmigung" eines anderen Vertrages durch das Konkursgericht kann einen derartigen Beschluß nicht ersetzen. Solange dieser Beschluß nicht vorliegt, wird mit der einstweiligen Verfügung nicht in unzulässiger Weise in die hoheitliche Tätigkeit des Konkursgerichtes eingegriffen, das dadurch nicht gehindert wird, einen Beschluß nach § 95 KO zu fassen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO, §§ 78, 402 Abs 4 EO bzw § 393 EO.
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