OGH 9ObA100/98s

OGH9ObA100/98s2.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Barbara Hopf und Franz Becke als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria H*****, Vertragsbedienstete, ***** vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Stadt L*****, vertreten durch Dr. Gottfried Eypeltauer ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Streitwert S 250.000,‑ ‑), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 10. Dezember 1997, GZ 11 Ra 233/97g‑22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 18. April 1997, GZ 7 Cga 3/97i‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

Beschluß

gefaßt:

Die Eingabe der Klägerin vom 29. 7. 1998 (Datum des Poststempels) wird zurückgewiesen;

II. zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1998:009OBA00100.98S.0902.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.195,‑- (darin S 2.032,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Rechtliche Beurteilung

Nach Erhebung einer Revision durch den ihr beigegebenen Verfahrenshelfer brachte die Klägerin eine handschriftliche, offensichtlich als Ergänzung der Revision gedachte handschriftliche Eingabe ein, der auch Beilagen angeschlossen sind. Das im Rechtsmittelverfahren geltende Einmaligkeitsprinzip steht einer Berücksichtigung dieser späteren Eingabe jedenfalls entgegen, sodaß auch eine Verbesserung durch Beifügung einer Anwaltsunterschrift zu unterbleiben hatte.

Zu II.:

Das Berufungsgericht hat die Rechtsfrage, ob die klagende Partei den Entlassungsgrund nach § 31 Abs 2 lit b der VBO der Stadt Linz gesetzt hat und ihre Entlassung daher gerechtfertigt war, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß die erhebliche Ehrverletzung, so wie jeder andere Entlassungsgrund auch, vom Arbeitgeber zu beweisen ist, für Rechtfertigungs‑ und Schuldausschließungsgründe aber den Arbeitnehmer die Beweislast trifft (Kuderna, Entlassungsrecht2 124 f). Der Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit wurde von der Klägerin, wie von den Vorinstanzen zutreffend erkannt, nicht vorgebracht, sondern erst im Berufungsverfahren ‑ und somit unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot - konkretisiert. Die allgemein gehaltenen Wendungen, "die Klägerin habe sich in einer depressiven Grundstimmung befunden" (AS 10) sowie "der krankheitsbedingte Leidenszustand der Klägerin habe sich zunehmend verschlechtert und im Sinne einer Einengung der Wahrnehmungs‑ und Handlungsfähigkeit verstärkt, sodaß ihr nach ihren individuell am Vorfallstag vorhanden gewesenen Dispositions‑ und Diskretionsmöglichkeiten kein Schuldvorwurf gemacht werden könne" (AS 27), erweisen sich als für eine Beweisführung unzureichende Tatsachenbehauptungen.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen scheidet insbesondere ein sogenanntes "Mobbing" durch Vertreter des Dienstgebers oder andere Mitarbeiter als objektive Ursache für eine Beeinträchtigung des psychischen Zustandes der Klägerin aus. Nach der zu § 27 Z 6 AngG ergangenen Judikatur, die infolge vergleichbarer Rechtslage auch auf den Entlassungsgrund der erheblichen Ehrverletzung im Sinne des § 31 Abs 2 lit b VBO der Stadt Linz angewendet werden kann, können erhebliche Ehrverletzungen dann den Charakter eines Entlassungsgrundes verlieren, wenn die Umstände des Falles die Beleidigung als noch entschuldbar erscheinen lassen, und zwar insbesondere dann, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers durch unangemessenes, unmittelbar vorhergehendes Verhalten des Dienstgebers oder dessen Stellvertreters provoziert wurde (RIS‑Justiz RS0029653). Von einer solchen Provokation kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein. Wie schon das Berufungsgericht erkannt hat, fügt sich die Ehrenbeleidigung ("Götzzitat") der Klägerin gegenüber Mitarbeitern, die im Auftrag des Dienstgebers den Krankenstand der Klägerin kontrollieren sollten, nahtlos in das Gefüge vorangegangener verbaler Entgleisungen ("Nazimethoden", "Horrormethoden, die beim Magistrat herrschen") und die unverhohlene Ankündigung ein, die Dauer künftiger Krankenstände im Zusammenhang mit der Wiedererlangung ihrer früheren Dienstzeit (3‑Tage‑Woche) sehen zu wollen. Das bedeutet, daß selbst dann, wenn man der Klägerin zubilligen wollte, daß ihre Zurechnungsfähigkeit, wenn auch nicht ausgeschlossen, aber doch vermindert und somit die Fähigkeit, das Pflichtwidrige eines bestimmten Verhaltens einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, stark herabgesetzt gewesen wäre (Kuderna, aaO, 70), dem Dienstgeber im Hinblick auf das vorangegangene Verhalten der Klägerin eine Weiterbeschäftigung dennoch unzumutbar ist. Dafür, daß die Beschimpfung der vom Dienstgeber beauftragten Mitarbeiter durch die Klägerin von den beleidigten Personen nicht auf sich bezogen werden konnte und nur als allgemeine Unmutsäußerung aufzufassen gewesen wäre, finden sich in den Feststellungen keinerlei Hinweise, zumal auch nicht unterstellt werden kann, daß am Arbeitsplatz der Klägerin ein derart rauher Umgangston geherrscht hätte, welcher Äußerungen wie das "Götzzitat" als belanglos und nicht ehrverletzend erscheinen ließe.

Die Kostenenetscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.

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