Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 13.725,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Begründung der Berufungsentscheidung, die Kündigung des Klägers sei sozialwidrig, weil es der Beklagten möglich sei, im Rahmen der sie treffenden sozialen Gestaltungspflicht die Arbeit des Klägers (als Staplerfahrer) so umzuorganisieren, daß Schwerarbeit (insbesondere das Heben und Einschlichten von Getränkekisten) unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung vermieden werden kann, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).
Den Revisionsausführungen ist zu entgegnen:
Rechtliche Beurteilung
In der Mängelrüge wird unzulässig die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft. In Sozialrechtssachen ist es geradezu selbstverständlich, daß mehrere ärztliche Gutachten aus unterschiedlichen Fachgebieten zusammenzufassen sind; das dann ermittelte Gesamtkalkül unter Berücksichtigung der Teilgutachten soll gerade mögliche Unklarheiten bzw Widersprüche im Sinne des § 362 Abs 2 ZPO vermeiden. Der Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich der Pflicht zur Beweiswürdigung entzogen, ist unberechtigt. Mit den weiteren Ausführungen, der Kläger habe eine Behinderung nur vorgetäuscht und dadurch seine Schonung erschlichen, wird unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft.
Die mit der Wiedereinstellung eines vor vier Jahren gekündigten Arbeitnehmers verbundene "Millionenforderung", ist im Rahmen der Interessenabwägung unter Bedachtnahme auf die besondere soziale Gestaltungspflicht gegenüber älteren, gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen.
Im Rahmen der den kündigenden Arbeitgeber treffenden sozialen Gestaltungspflicht (vgl U.R. [Rungaldier]: OGH präzisiert soziale Gestaltungspflicht, RdW 1995, 267 zu 8 ObA 335/94 = RdW 1995, 272 = Arb 11.346; zuletzt etwa 9 ObA 19/98d) - die Kündigung sollte nur die ultima ratio sein - ist der Arbeitgeber auch verpflichtet, die Arbeit eines gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmers hinsichtlich ihres Anteiles von - nur mehr eingeschränkt möglichen - schweren Arbeiten nach Möglichkeit anders zu organisieren. Der Anteil der nicht schweren Arbeit darf nicht etwa mit Nicht-Arbeit gleichgesetzt werden. Auf diese soziale Gestaltungspflicht gegenüber älteren Arbeitnehmern, die im Betrieb langjährig beschäftigt sind, weist das Gesetz in § 105 Abs 3 Z 2 dritter Unterabsatz ArbVG besonders hin, wobei diese Umstände sowohl bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, als auch beim Vergleich sozialer Gesichtspunkte besonders zu berücksichtigen sind. Daher haben ältere und im Betrieb lange beschäftigte Arbeitnehmer Anspruch auf Schonung. Der Arbeitgeber wird daher versuchen müssen, diese Arbeitenehmer auf einem ihren geminderten Kräften entsprechenden Arbeitsplatz zu verwenden (DRdA 1988/10 mit Anm Floretta).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG.
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