OGH 8ObA335/94

OGH8ObA335/9422.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Felix Joklik und Rupert Gnant als Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann W*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager und Dr. Dieter Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Firma R*****Metallwarengesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Peter und Dr.Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Kündigungsanfechtung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.August 1994, GZ 13 Ra 66/94-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6.Dezember 1993, GZ 9 Cga 94/93a/18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.014,40 USt) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Kündigung des Klägers als sozial nicht gerechtfertigt beurteilt, so daß es ausreicht, auf die Richtigkeit dieser Entscheidungsbegründung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Im übrigen ist den Rechtsmittelausführungen der beklagten Partei entgegenzuhalten, daß sie überwiegend den Boden der Feststellungen verlassen hat.

Die von der beklagten Partei geltend gemachten betrieblichen Gründe, infolge Umstellung der Konstruktion von Holz- auf Gas- und Ölöfen sei der Arbeitsplatz des Klägers als Konstrukteur für Holzöfen weggefallen, lassen die Feststellungen außer Acht, daß nach einer "gewissen Anlaufzeit" ein Konstrukteur von Holzöfen auch für Gas- und Ölöfen eingesetzt werden könne (ON 18, AS 99). Im Rahmen der sozialen Gestaltungspflicht (siehe insbesondere SZ 63/119 = Arb 10.874 = WBl 1991, 27 mit zustimmendem Aufsatz von Floretta WBl 1991, 14; uva) und angesichts der erheblichen sozialen Interessensbeeinträchtigung des Klägers, der zufolge seines Alters von über 40 Jahren erhöhte Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche hat und dessen Mobilität auf dem Arbeitsmarkt nach dem Tod seiner Frau als Alleinerzieher von drei heranwachsenden Söhnen im Alter von 11 bis 18 Jahren eingeschränkt ist, hätte die beklagte Partei dem Kläger die Umstellung auf eine andere Brennerkonstruktion bzw das Einarbeiten in ein nur relativ neues Arbeitsgebiet ermöglichen müssen; wenn sie statt dessen einen "Spezialisten" einstellt, für den lediglich die Einarbeitungsphase entfällt, kann sie sich nicht auf den Wegfall des Arbeitsplatzes berufen. Ihr "Recht auf Einstellung eines Spezialisten" wird insoweit eingeschränkt, daß ein vom Arbeitgeber herbeigeführter Personalüberhang keinen betrieblichen Kündigungsrechtfertigungsgrund darstellt. Die dem Kläger unterlaufenen, nicht schwerwiegenden Konstruktionsfehler (daß es sich dabei um Fehler gehandelt habe, die einem Konstrukteur üblicherweise nicht unterlaufen, wurde nicht festgestellt) rechtfertigen die Kündigung ebensowenig wie die Vorbehalte des Klägers gegenüber einer Mitarbeit bei der Erzeugung von Spielautomaten, zumal es in diesem Tätigkeitsbereich nicht soviel Arbeit gegeben hätte, daß der Kläger hätte weiter beschäftigt werden können (AS 102). Die vorübergehenden Einarbeitungsschwierigkeiten bei der Umstellung im Arbeitsgebiet des Klägers und die ihm unterlaufenen, nicht schwerwiegenden Fehler rechtfertigen auch keineswegs einen Schluß auf eine "unterdurchschnittliche Verwendbarkeit". Das von der Rechtsmittelwerberin angeführte Zitat (E 279 zu § 105 ArbVG in Dittrich-Tades ArbR) ist durch die Rechtsprechung (insbesondere Arb 10.771 = WBl 1989, 217 = RdW 1989, 199 = DRdA 1989/24, 389 = ind 1860 infas 1989/A 39 ua) insoweit überholt, als in Abkehr von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine isolierte Berücksichtigung der Kündigungsrechtfertigungsgründe nicht mehr erfolgt (vgl Tomandl, Die sozialwidrige Kündigung).

Eine fehlende Zusammenarbeitsbereitschaft (wie sie unter anderem im Falle der Entscheidung vom 8.9.1993, 9 Ob A 146/93 = DRdA 1994/29, 332 = WBl 1994, 162 = ecolex 1993, 846 erwähnt wird), wurde nicht annähernd festgestellt. Die Meinungsverschiedenheiten beim Urlaubsantritt des Klägers im Sommer 1992 können eine vier Monate später erfolgte Kündigung nicht mehr rechtfertigen, zumal nicht festgestellt wurde, daß der Kläger habituell geneigt war, betriebliche Erfordernisse bei seiner Urlaubsplanung zu vernachlässigen. Vielmehr kommt seinen persönlichen Interessen als Alleinerzieher von drei minderjährigen schulpflichtigen Kindern typischerweise erhöhtes Gewicht zu.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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