OGH 9ObA78/98f

OGH9ObA78/98f19.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Zörner und Norbert Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erika A*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Riegler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Brigitte Stampfer, Rechtsanwältin, Stadlergasse 27, 1130 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Franz D*****, Maler- und Anstreichermeister, ***** wegen S 195.365,59 sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse S 165.245,59 brutto sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1.Dezember 1997, GZ 9 Ra 167/97p-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11.Februar 1997, GZ 19 Cga 327/93h-19, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.135,-- (darin S 1.522,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines dem Angestelltengesetz unterliegenden Dienstverhältnisses der Klägerin zum Beklagten genauso zutreffend verneint, wie einen berechtigten vorzeitigen Austritt der Klägerin. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß die vom Berufungsgericht gemäß § 500a ZPO übernommene Rechtsauffassung des Erstgerichtes mit der Judikatur im Einklang steht. Danach hängt die rechtliche Qualifikation eines Vertrages nicht vom Willen der vertragsschließenden Parteien und von der von ihnen allenfalls gewählten Bezeichnung ab, sondern in erster Linie vom Inhalt ihrer ausdrücklich oder schlüssig getroffenen Vereinbarungen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie sich der rechtlichen Tragweite ihres Verhaltens bewußt waren (RIS-Justiz RS0014509). Ein Dienstvertrag im Sinne des § 1151 ABGB ist vor allem durch die persönliche Abhängigkeit des Dienstnehmers, also durch seine Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität des Dienstgebers gekennzeichnet, welche sich in organisatorischer Gebundenheit, insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle, nicht notwendig auch an Weisungen über die Art der Tätigkeit, äußert (RIS-Justiz RS0021332, 0021354). Die Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit müssen nicht alle allgemein vorliegen und können in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen. Entscheidend ist, ob die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (9 ObA 54/97z mwZ). Wenngleich die Klägerin ihre Leistungen wegen der Situierung der von ihr gebrauchten EDV-Anlage an der Betriebsstätte des Gemeinschuldners erbrachte, hatte sie nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen völlig freie Hand in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit und der Anwesenheit an der Betriebsstätte. Das in der Revision erstattete Vorbringen, die Klägerin sei schon wegen ihrer Verkaufs- und Bestelltätigkeit an Arbeitszeiten gebunden gewesen, steht mit den Feststellungen in Widerspruch und ist daher unbeachtlich. Dazu kommt, daß die Klägerin weder Weisungen noch einer laufenden Kontrolle des Klägers unterworfen war, sodaß es auch an diesem für einen Arbeitsvertrag wesentlichen Element mangelt. Die Rechsauffassung der Vorinstanzen, das Vertragsverhältnis der Klägerin zum Gemeinschuldner sei als von den Parteien nicht nur gewollter, sondern als solcher geübter "freier Dienstvertrag" zu beurteilen, erweist sich demnach als richtig.

Ausgehend von den weiteren Feststellungen, daß die Beklagte zwecks Überweisung ihres Honorars für Juni 1993 in Höhe von S 21.000,-- dem Kläger am 12.7.1993 selbst eine Bankanweisung zur Unterschrift vorgelegt hatte, die dieser auch tatsächlich unterschrieben hatte und welche am 14.7.1993 bei der Bank eingelangt war, ist ein Zahlungsverzug, der zur einseitigen vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses berechtigt hätte, nicht zu erkennen. Der erst nachträgliche Widerruf der Überweisung durch den Gemeinschuldner ist insoweit ohne Belang, als zu diesem Zeitpunkt die Klägerin ihren Austritt bereits erklärt und damit das Vertragsverhältnis zur Auflösung gebracht hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte