OGH 9ObA187/98k

OGH9ObA187/98k19.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Zörner und Norbert Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Darinka B*****, Thekenkraft, *****, vertreten durch Dr. Andreas Löw und Dr. Ingo Riß, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei C*****KG, *****, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. März 1998, GZ 9 Ra 9/98d-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. Oktober 1997, GZ 30 Cga 49/97p-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.655,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 609,28 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte im Hinblick auf eine zwischen den Parteien bestehende vertragliche Regelung, nach der die Klägerin nur an Wochentagen zu arbeiten habe, nicht berechtigt sei, einseitig die Leistung von Sonntagsarbeit anzuordnen. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodaß es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß Regelungen über die Sonn- und Feiertagsarbeit gegenüber sonstigen Arbeitszeitregelungen besonderes Gewicht zukommt. Die vom damaligen Geschäftsführer der Beklagten beim Einstellungsgespräch im Jahre 1980 gegenüber der Klägerin "zur Arbeitszeit" abgegebene Erklärung, daß der Betrieb an Sonn- und Feiertagen geschlossen sei, kann daher nicht als unverbindliche Wissenserklärung abgetan werden. Vielmehr wurde damit ein wesentlicher Aspekt des Arbeitsverhältnisses einer (zwischen den Streitteilen mehr als 15 Jahre eingehaltenen) Festlegung unterworfen, die von den Vorinstanzen zu Recht als Bestandteil des Arbeitsvertrages betrachtet wurde (9 ObA 145/93 = ARD 4509/23/93; die in der Revision zitierte E. RdW 1995, 109 betrifft nicht den vertraglichen Ausschluß der Sonntagsarbeit und ist daher von vornherein nicht vergleichbar). Da somit im dargelegten Zusammenhang eine bindende Vereinbarung über die Lage und die Verteilung der Arbeitszeit vorliegt, war die Beklagte nach der bis zum 1.5.1997 maßgebenden Rechtslage nicht berechtigt, einseitig für die Klägerin die künftige Sonntagsarbeit anzuordnen (ARD 4509/23/93; RdW 1997, 293).

Durch das mit 1.5.1997 (und damit während des Verfahrens) erfolgte Inkrafttreten der in der Revision ins Treffen geführten Bestimmung des § 19c AZG idF der Nov. BGBl I Nr. 46/1997 ergibt sich für den hier zu beurteilenden Fall kein anderes Ergebnis. Die Abs 1 und 2 dieser Bestimmung haben folgenden Wortlaut:

"(1) Die Lage der Normalarbeitszeit und ihre Änderung ist zu vereinbaren, soweit sie nicht durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung festgesetzt wird.

(2) Abweichend von Abs 1 kann die Lage der Normalarbeitszeit vom Arbeitgeber geändert werden, wenn

1. dies aus objektiven, in der Art der Arbeitsleistung gelegenen Gründen sachlich gerechtfertigt ist,

2. dem Arbeitnehmer die Lage der Normalarbeitszeit für die jeweilige Woche mindestens zwei Wochen im vorhinein mitgeteilt wird,

3. berücksichtigungswürdige Interessen des Arbeitnehmers dieser Einteilung nicht entgegenstehen und

4. keine Vereinbarung entgegensteht."

Der Revisionswerberin ist zuzugestehen, daß die in Abs 2 Z 4 der zitierten Bestimmung angeführte Voraussetzung, wonach der Änderung keine Vereinbarung entgegenstehen darf, im Hinblick darauf, daß nach Abs 1 die Lage der Arbeitszeit prinzipiell zu vereinbaren ist, nicht wünschenswert deutlich formuliert wurde. Von der Lehre wurde aber überzeugend nachgewiesen, daß der Gesetzgeber damit zum Ausdruck bringen wollte, daß selbst bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 19c Abs 2 AZG der Arbeitgeber an die vertragliche Grundlage gebunden ist und eine Änderung der Lage der Arbeitszeit auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nur zulässig ist, wenn dies in der Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit ausdrücklich vorgesehen ist (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 400 und "Arbeitsrecht aus trüber Quelle", ÖJZ 1994, 220 [zur wortidenten, damals nur die Teilzeitarbeit betreffenden Bestimmung des § 19c Abs 3 AZG idF vor der Novelle BGBl I Nr. 46/1997). Dieser Meinung schließt sich auch der erkennende Senat an, weil nur sie mit der deklarierten Absicht des Gesetzgebers in Einklang zu bringen ist, mit der Schaffung des nunmehrigen § 19c AZG das Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber der bisherigen Rechtslage einzuschränken (622 BlgNR 20. GP 7). Damit steht aber auch nach der nunmehrigen Rechtslage die zwischen den Parteien zustandegekommene Vereinbarung, nach der die Klägerin an Sonntagen nicht zu arbeiten hat, der einseitigen Anordnung von Sonntagsarbeit durch die Beklagte entgegen. Mit ihrem Einwand, es sei betriebsbedingt unbedingt erforderlich, an Sonntagen zu arbeiten, ist daher die Beklagte - wie schon vom Berufungsgericht - auf ihr Kündigungsrecht zu verweisen. Es ist ihr aber verwehrt, der Klägerin eine vom Arbeitsvertrag abweichende Verpflichtung aufzuzwingen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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