OGH 4Ob170/98y

OGH4Ob170/98y30.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Johann D*****, 2. Marianne D*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in Mauthausen, wider die beklagte Partei Martin R*****, vertreten durch Moringer & Moser Rechtsanwälte OEG in Linz, infolge Revisionsrekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 6. Februar 1998, GZ 12 R 169/97z-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Mauthausen vom 5. Juni 1997, GZ 1 C 673/96p-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit S 5.358,14 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin S 893,02 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit "Pachtvertrag" vom 15.9.1986 überließen die Kläger dem Beklagten die Liegenschaft EZ 1368 KG S*****, auf der sich das ehemalige Büroleiterhaus der "K*****" AG befindet. Die Kläger hatten das Objekt 1984 gekauft; bis zum Abschluß des "Pachtvertrages" war das Gebäude leer gestanden.

Der "Pachtvertrag" lautet auszugsweise:

"III.

Der gegenständliche Pachtvertrag wird rückwirkend mit 1.7.1986 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 31.12. eines jeden Jahres mittels eingeschriebenem Brief aufgekündigt werden.

IV.

Die Verpächter erklären, auf ihr Kündigungsrecht gemäß Punkt III. für die Dauer von 10 Jahren zu verzichten, so daß der gegenständliche Vertrag erstmals am 1.7.1996 zum 31.12.1996 aufgekündigt werden kann.

...

VI.

Dem Pächter ist es untersagt, die Pachtliegenschaft ganz oder teilweise, entgeltlich oder unentgeltlich dritten Personen zu überlassen, in Afterpacht oder in welcher Rechtsform immer weiterzugeben.

Der Pächter ist auch nicht berechtigt, irgendwelche Rechte aus diesem Vertrag dritten Personen abzutreten.

Ausgenommen vom Afterbestandsverbot ist der 1. Stock des ehemaligen 'Büroleiterhauses' der 'K*****', wo bei einer Afterbestandsgabe dieser Räumlichkeiten, der Verpächter dafür zu sorgen hat, daß vom Afterbestandsnehmer sämtliche Verpflichtungen, welche aus dem gegenständlichen Pachtvertrag resultieren, zur Gänze eingehalten werden.

Ein Verstoß gegen die in den obigen Absätzen normierten Weitergabeverbote seitens des Pächters würde die Verpächter berechtigen, das gegenständliche Pachtverhältnis in Abweichung vom Vertragspunkt IV. mit sofortiger Wirkung aufzulösen.

...

VIII.

Der Pächter verpflichtet sich, die Pachtliegenschaft nicht zu parteipolitischen Aktivitäten, insbesondere zu Versammlungen, Kundgebungen etc. zu nutzen und auch keine Druckerei bzw. sonstige Vervielfältigungsanlagen, welche den Agitationen einer parteipolitischen Gruppe, welcher Richtung auch immer, dienen würden, zu installieren.

Dem Pächter ist es jedoch ausdrücklich gestattet, eine Siebdruckanlage für die von ihm beabsichtigte gewerberechtliche Nutzung der Pachtliegenschaft zu installieren.

..."

Der Vertrag regelt nicht, welcher Art die in Art VIII Abs 2 genannte gewerberechtliche Nutzung sein und zu welchem Zweck das Bestandobjekt verwendet werden sollte. Zwischen den Parteien war aber besprochen, daß der Beklagte Stereoanlagen erzeugen und ausprobieren und im Bestandobjekt auch wohnen würde. Ob bei der Vertragserrichtung darüber gesprochen wurde, daß im Bestandlokal Veranstaltungen geplant seien, ist nicht feststellbar. Neben seinem Wohnsitz im Bestandlokal - der Beklagte ist in S***** polizeilich gemeldet - hat der Beklagte auch einen Wohnsitz in B*****. Als freischaffender Künstler ist der Beklagte fünf bis sieben Monate im Jahr unterwegs; in S***** macht er immer wieder Zwischenstation.

Ende 1986/Anfang 1987 wurde der Kulturverein K***** gegründet. Der Beklagte ist Gründungsmitglied; er gehört auch jetzt noch dem Verein an. Der Kulturverein K***** veranstaltet im Bestandlokal mit Zustimmung des Beklagten immer wieder Lesungen, Konzerte usw; der Beklagte erhält dafür vom Verein kein Entgelt.

Das Bestandlokal besteht zum überwiegenden Teil aus Räumen, die nicht für Wohnzwecke verwendet werden. Sein Zeitwert ist gleich null; eine Sanierung nach heutigem Standard wäre unwirtschaftlich. Statische Mängel sind zwar nicht vorhanden; die etwa 80 Jahre alte Dacheindeckung ist jedoch aufgrund natürlicher Abnützung am Ende der Funktionsfähigkeit angelangt.

Zeitweise haben Besucher die Wände des Bestandobjektes übermalt. Der Beklagte und der Kulturverein K***** haben die Übermalungen immer wieder beseitigt und die Besucher aufgefordert, derartige Aktivitäten zu unterlassen.

Am 18.12.1990 brachten die Kläger zu C 999/90 des Erstgerichtes eine Räumungsklage ein. Sie machten geltend, daß der Beklagte das Bestandobjekt dem Kulturverein K***** in Afterbestand gegeben habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit rechtskräftigem Urteil vom 15.4.1992 ab. Daß der Kulturverein K***** Teile des Bestandlokales verwende, berechtige die Kläger nicht, den Vertrag nach § 1118 ABGB aufzulösen.

Im vorliegenden Verfahren kündigen die Kläger dem Beklagten den "Pachtvertrag" für den 31.12.1996 auf und beantragen, dem Beklagten aufzutragen, das Bestandobjekt geräumt zu übergeben. Der Beklagte sei polizeilich zwar noch in S***** gemeldet, er wohne aber schon seit geraumer Zeit in B*****. Der Beklagte habe das Bestandobjekt entgegen dem "Pachtvertrag" in Afterbestand gegeben. Es liege aber nicht nur vertragswidriger, sondern auch erheblich nachteiliger Gebrauch vor. Das Bestandobjekt sei baulich verändert und entwertet worden. Die Kläger benötigten das Bestandlokal für Lagerzwecke.

Der Beklagte beantragt, die Kündigung aufzuheben. Die Kläger hätten die Kündigungsgründe nicht dem Gesetz entsprechend angegeben. Das Bestandobjekt sei bereits während des Vorverfahrens in gleicher Weise genutzt worden. Ein nachteiliger Gebrauch liege nicht vor. Die Kläger hätten kein Ersatzlokal angeboten. Die nunmehr geltend gemachten Umstände seien den Klägern seit langer Zeit bekannt. Sie könnten sie auch aus diesem Grund nicht als Kündigungsgründe geltend machen.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Klagebegehren ab. Das Bestandobjekt habe überwiegend zu geschäftlichen Zwecken genutzt werden sollen. Eine Betriebspflicht sei nicht vereinbart worden; es sei kein lebendes Unternehmen übergeben worden. Demnach sei ein Pachtvertrag auszuschließen; die Streitteile hätten einen Mietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten abgeschlossen. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG sei daher nicht heranzuziehen; den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG hätten die Kläger nicht geltend gemacht. Der Kulturverein K***** sei schon seit 1988 im Objekt tätig; soweit darin überhaupt ein Kündigungsgrund zu erblicken sei, scheitere seine Berücksichtigung daran, daß er nicht unverzüglich geltend gemacht worden sei. Die baulichen Veränderungen und der daraus abgeleitete nachteilige Gebrauch seien bereits Gegenstand des rechtskräftig beendeten Verfahrens C 999/90 des Bezirksgerichtes Mauthausen gewesen. Bemalungen eines wertlosen Gebäudes seien kein nachteiliger Gebrauch; es sei auch nicht erwiesen, daß der Beklagte oder Leute des Kulturvereins das Bestandobjekt oder das Nachbarobjekt beschmiert oder beschädigt hätten. Die Kündigung wegen Eigenbedarfs scheitere daran, daß die Kläger kein Ersatzlokal angeboten und sich auch kein entsprechendes Anbot vorbehalten hätten.

Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Erheblich nachteiliger Gebrauch liege nicht vor. Das Vorbringen der Kläger in der Kündigung könne sowohl unter § 30 Abs 2 Z 4 MRG als auch unter § 30 Abs 2 Z 6 oder Z 7 MRG subsumiert werden. Es genüge eine schlagwortartige Angabe. Nicht geltend gemacht sei jedoch der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG. § 30 Abs 2 Z 4 MRG unterscheide bei gänzlicher Weitergabe nicht zwischen Wohnungs- und Geschäftsraummiete; § 30 Abs 2 Z 4 Satz 2 MRG erfasse hingegen nur die teilweise Weitergabe einer Wohnung. Die teilweise Weitergabe von Geschäftsräumen in Verbindung mit der Nichtbenutzung der vorbehaltenen Räume könne nur nach Maßgabe der Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG zur Kündigung berechtigen. Werde ein Bestandlokal sowohl für Wohn- als auch für Geschäftszwecke vermietet, so sei § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Satz MRG bei teilweiser Weitergabe analog anzuwenden. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts könne noch nicht verläßlich beurteilt werden, ob der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG verwirklicht sei. Ausmaß und Häufigkeit der Benützung des Bestandlokals durch den Kulturverein K***** stünden nicht fest. Daß der Kündigungsgrund nicht unverzüglich geltend gemacht worden sei, schade nicht, weil es sich um einen Dauertatbestand handle. Es stehe auch nicht fest, daß die Kläger in Kenntnis aller Umstände auf ihr Kündigungsrecht verzichtet hätten. Bei teilweiser Weitergabe des Mietgegenstandes sei der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG nur gegeben, wenn die nicht weitergegebenen Teile nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder Eintrittsberechtigter verwendet werden. Bei regelmäßiger Verwendung zu Wohnzwecken sei das Wohnbedürfnis des Mieters nicht mehr gesondert zu prüfen. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts könne nicht beurteilt werden, ob der Beklagte das Bestandlokal regelmäßig oder nur als Absteigquartier benütze. Eine Nutzung als bloßes Absteigquartier sei keine regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken. In diesem Fall sei zu prüfen, ob der Beklagte offenbar in naher Zeit einen dringenden Bedarf an dem Mietgegenstand habe. Die Weitergabe einer Wohnung sei nur nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG und nicht auch nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG zu beurteilen. Das müsse auch für die Weitergabe von Geschäftsräumen gelten; § 30 Abs 2 Z 7 MRG sei nur anzuwenden, wenn das Bestandobjekt nicht weitergegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs des Beklagten ist zulässig, weil keine Rechtsprechung zum Verhältnis von § 30 Abs 2 Z 4 MRG zu § 30 Abs 2 Z 7 MRG besteht; der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, daß die Kläger in der Aufkündigung nur den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG geltend gemacht hätten. Die teilweise Weitergabe von Geschäftsräumen sei kein Kündigungsgrund. Das Bestandobjekt sei in erster Linie zu Geschäftszwecken vermietet worden; die Wohnräume habe der Beklagte erst nachträglich und notdürftig geschaffen. Eine Weitergabe von geschäftlich genutzten Objekten im Sinne des § 30 Abs 2 Z 4 MRG liege auch nur vor, wenn die selbständige Verwertung des Bestandgegenstandes im Vordergrund steht. § 30 Abs 2 Z 7 MRG sei nicht anzuwenden, weil ein Fall der Weitergabe vorliege. Dieser Kündigungsgrund sei vom Vorbringen der Kläger in der Kündigung auch nicht umfaßt. Demnach sei es unerheblich, ob der Kulturverein K***** den Mietgegenstand regelmäßig oder nur sporadisch nutze. Auch bei Dauertatbeständen sei die Unterlassung der Kündigung durch längere Zeit trotz Kenntnis ein stillschweigender Verzicht. Die Kläger hätten den nunmehr behaupteten Sachverhalt zumindest seit 1990 gekannt.

Zu diesen Ausführungen hat der erkennende Senat erwogen:

Die Vorinstanzen haben den zwischen den Streitteilen zustandegekommenen Vertrag zu Recht als Mietvertrag beurteilt, der den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes unterliegt. Nach § 30 Abs 1 MRG kann der Vermieter den Mietvertrag nur aus wichtigen Gründen kündigen. Als wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig große Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden (§ 30 Abs 2 Z 4 MRG). Nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG liegt ein Kündigungsgrund vor, wenn die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet wird, es sei denn, daß der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist; der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG ist verwirklicht, wenn die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalt abwesend ist.

Den drei genannten Kündigungsgründen ist gemeinsam, daß der Mieter den Mietgegenstand nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr allein regelmäßig nutzt; sie unterscheiden sich darin, daß § 30 Abs 2 Z 4 MRG die (gänzliche oder teilweise) Weitergabe des Bestandgegenstandes erfaßt, § 30 Abs 2 Z 6 MRG für nicht regelmäßig verwendete Wohnungen und § 30 Abs 2 Z 7 MRG für nicht regelmäßig zur vereinbarten oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung genutzte Räumlichkeiten, jeweils ohne Weitergabe, gilt, diese beiden Tatbestände also die Nichtbenützung (oder nicht regelmäßige Benützung) erfassen. Nach ständiger Rechtsprechung ist § 30 Abs 2 Z 4 MRG im Verhältnis zu § 30 Abs 2 Z 6 MRG lex specialis. Jede Weitergabe einer Wohnung muß daher nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG als der lex specialis beurteilt werden und darf nicht § 30 Abs 2 Z 6 MRG als der lex generalis unterstellt werden (ua MietSlg 42.314; 45.383; 47.364; 47.365/28). Das gilt unabhängig davon, ob der Dritte den Mietgegenstand regelmäßig oder nur sporadisch verwendet (MietSlg 47.363; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 30 MRG Anm 27).

Die Regelung der gänzlichen Weitergabe gilt sowohl für Wohnungen als auch für Geschäftsräume; die auf das Mietrechtsänderungsgesetz BGBl 1967/281 zurückgehende Regelung der teilweisen Weitergabe in § 30 Abs 2 Z 4 MRG erfaßt hingegen nur Wohnungen. Den Materialien ist nicht zu entnehmen, warum das Gesetz nur auf Wohnungen Bedacht nimmt; aus dem Schweigen des Gesetzes kann jedenfalls nicht geschlossen werden, daß die teilweise Weitergabe von Geschäftsräumen nicht zur Aufkündigung berechtigen soll. Die teilweise Weitergabe von Geschäftsräumen in Verbindung mit der Nichtbenützung des restlichen Teiles muß vielmehr, wie ganz allgemein die teilweise Weitergabe vor dem Mietrechtsänderungsgesetz 1967/281, als wichtiger Kündigungsgrund nach § 30 Abs 1 gewertet werden (Würth in Rummel, ABGB**2 § 30 MRG Rz 25 mwN; Würth/Zingher aaO § 30 Rz 33; MietSlg 42.318 = WoBl 1992/13). Auch insoweit ist demnach für eine Anwendung des § 30 Abs 2 Z 7 MRG kein Raum; diese Bestimmung ist nur anwendbar, wenn die Geschäftsräume - durch wen immer - nicht oder nicht in einer gleichwertigen Weise benützt werden (Würth/Zingher aaO § 30 MRG Rz 44 mwN).

Eine Weitergabe nach § 30 Abs 1 Z 4 MRG liegt nur vor, wenn die selbständige Verwertung des Bestandrechts im Vordergrund steht (SZ 41/96 = EvBl 1969/40 = MietSlg 20.431/27). Die mit der Veräußerung eines Unternehmens verbundene Überlassung der Benützung der gemieteten Geschäftsräume ist daher nur dann eine Weitergabe, wenn sie nur zum Zweck erfolgt, dem Erwerber die Ausnützung der Bestandrechte zu ermöglichen (MietSlg 26.276; 39.433; Würth/Zingher aaO § 30 Rz 30). Weitergabe ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, die nicht bloß in einer unregelmäßigen Mitbenützung durch einen Dritten besteht (Würth/Zingher aaO § 30 Rz 32 mwN); wird das Bestandobjekt zur Gänze überlassen, so kommt es nicht darauf an, ob der Übernehmer das Bestandobjekt regelmäßig oder nur sporadisch nützt.

Die Kläger haben in der Aufkündigung vorgebracht, daß der Beklagte schon seit geraumer Zeit in B***** wohne. Er habe das Bestandobjekt entgegen dem "Pachtvertrag" in Afterbestand gegeben. In der Folge haben sie ihr Vorbringen dahin präzisiert, daß der Beklagte das Bestandobjekt dem Kulturverein K***** in Afterbestand gegeben habe. Die Kläger haben damit behauptet, daß der Beklagte das Bestandobjekt - sei es zu Wohn- oder Geschäftszwecken - nicht mehr regelmäßig verwende und auch nicht dringend benötige und daß er es weitergegeben habe. Mit diesem Vorbringen haben sie all jene Kündigungsgründe im Sinne des § 33 Abs 1 MRG geltend gemacht, unter die der behauptete Sachverhalt, sei es zur Gänze oder teilweise, subsumiert werden kann. Dem Berufungsgericht ist demnach zuzustimmen, daß die Kläger nicht nur den Kündigungsgrund der Weitergabe (§ 30 Abs 2 Z 4 MRG), sondern auch den der Nichtbenützung (§ 30 Abs 2 Z 6 MRG) und, soweit es sich um Geschäftsräume handelt, den der nicht entsprechenden Verwendung (§ 30 Abs 2 Z 7 MRG) geltend gemacht haben.

Dem Berufungsgericht ist auch insoweit zu folgen, als es einen stillschweigenden Verzicht der Kläger auf die geltend gemachten Kündigungsgründe verneint. Kündigungsgründe sind ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen, da sie sonst nicht mehr als "wichtig" angesehen werden können; im längeren Zuwarten trotz Kenntnis aller Tatbestandsmerkmale kann daher ein stillschweigender Verzicht liegen (Würth/Zingher aaO § 30 Rz 2 mwN). Der von den Klägern behauptete Sachverhalt ist ein Dauertatbestand, der noch dazu umso gewichtiger wird, je länger er andauert. Je länger der Zeitraum, in dem der Bestandnehmer den Bestandgegenstand ganz oder teilweise weitergegeben hat oder ihn, auch ohne Weitergabe, nicht mehr benützt, desto deutlicher wird, daß er ihn nicht (mehr) benötigt. In einem solchen Fall kann demnach aus dem Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung nicht auf einen stillschweigenden Verzicht geschlossen werden, der ja nur angenommen werden darf, wenn das Verhalten des Vermieters bei Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig läßt, daß er den ihm bekannten Sachverhalt nicht aus Auflösungsgrund geltend machen will (MietSlg 36.399; 45.403 mwN; Würth/Zingher aaO § 30 Rz 2 mwN). Die Entscheidung SZ 61/42 = MietSlg 40.465 steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um die Verwendung eines als Verkaufsraum gemieteten Gassenlokals als Lager- und Schauraum; in einem solchen Fall kann im Zuwarten des Vermieters durch einen langen Zeitraum hindurch eine schlüssige Zustimmung zur Änderung der ursprünglich vereinbarten Verwendungsart liegen (so auch MietSlg 40.467 bei einem Zuwarten durch 17 Jahre hindurch). Die Annahme einer schlüssigen Zustimmung ist gerechtfertigt, weil die Änderung der Verwendungsart die Interessen des Vermieters im Regelfall weniger berühren wird als die Weitergabe eines Bestandlokales oder seine Nichtbenützung ohne Weitergabe. Das Verstreichen eines längeren Zeitraumes führt - anders als bei der Weitergabe oder der Nichtbenützung ohne Weitergabe - bei der Änderung der Verwendungsart auch nicht dazu, daß das vertragswidrige Verhalten gravierender oder offenkundiger würde.

Für die Entscheidung ist daher wesentlich, ob der Beklagte das Bestandlokal ganz oder teilweise dem Kulturverein K***** weitergegeben hat; liegt keine oder nur eine teilweise Weitergabe vor, dann ist auch zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß der Beklagte das Bestandobjekt, sei es für Wohn- oder Geschäftszwecke, nutzt. Eine teilweise Weitergabe liegt nur vor, wenn der Kulturverein K***** das Bestandobjekt regelmäßig nutzt und nicht nur sporadisch mitbenützt. Auch eine nur teilweise Weitergabe ist aber, ebenso wie eine gänzliche Weitergabe, unabhängig davon von Bedeutung, ob der Bestandgegenstand überwiegend zu Wohn- oder Geschäftszwecken vermietet wurde. Entgegen der Auffassung des Beklagten berechtigt, wie oben ausgeführt, nicht nur die teilweise Weitergabe von Wohnungen, sondern auch jene von Geschäftsräumen zur Aufkündigung, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Hat der Beklagte das Bestandobjekt dem Kulturverein K***** weitergegeben, so ist für eine Prüfung, ob die selbständige Verwertung der Bestandrechte im Vordergrund stand, kein Raum, weil der Beklagte gar nicht behauptet hat und auch jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, daß der Beklagte dem Kulturverein K***** ein Unternehmen übertragen hätte.

Der Rekurs mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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