Spruch:
Die über den Antragsteller mit Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 30. Jänner 1996, 1 Nd 27/95, verhängte Ordnungsstrafe von S 2.000,- wird infolge Uneinbringlichkeit in Haft in der Dauer von drei Tagen umgewandelt. Die Haftstrafe ist vom Erstgericht in Vollzug zu setzen und nur so weit zu vollziehen, als der Antragsteller die ausständige Geldstrafe nicht erlegt oder Zahlung durch öffentliche Urkunde nachweist.
Text
Begründung
Über den Antragsteller wurde mit dem im Spruch genannten Beschluß wegen dessen in Schriftsätzen enthaltener ausfallender und unsachlicher Äußerungen gegen einen Senatsvorsitzenden des Oberlandesgerichts Wien gemäß § 86 ZPO eine Ordnungsstrafe von S 2.000,- verhängt. Laut Mitteilung der zuständigen Einbringungsstelle vom 28. April 1997 wurde diese Geldstrafe als uneinbringlich gelöscht.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 220 Abs 3 ZPO ist die Geldstrafe im Falle der Zahlungsunfähigkeit in Haft im Höchstausmaß von 10 Tagen umzuwandeln. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist für diese Umwandlung jenes Gericht zuständig, das die Geldstrafe verhängt hat, also etwa auch das Rechtsmittelgericht (SZ 44/117; 5 Ob 168/71; 1 Ob 14/83; 1 Nd 27/95). Art. 2 Ziff. 2 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK nimmt von dem sonst bei Verurteilung wegen strafbarer Handlungen gebotenen zweigliedrigen Instanzenzug (Ziff. 1) ausdrücklich jene Fälle aus, in denen das Verfahren vor dem obersten Gericht in erster Instanz stattgefunden hat. Auch bestehen die von Gitschthaler in Rechberger, ZPO in Rz 5 zu § 220 aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Umwandlung der Ordnungsstrafe in eine Haftstrafe nicht. Die Ordnungsstrafgewalt österreichischer Gerichte fällt nicht unter Art. 6 EMRK und die dort genannten Verfahrensgarantien (EuGRZ 1982, 15.9.). Dies wurde auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in der überwiegenden Zahl der Fälle (vgl. die Zusammenstellung bei Grabenwarter/Geppert, Die Bedeutung des Art. 6 MRK für die Verhängung von Ordnungs- und Mutwillensstrafen, JBl 1996, 159 und 227), zuletzt in seinem in JBl 1996, 305 veröffentlichten Erkenntnis, verneint. Die Haft als Strafe für zivilverfahrensrechtliche "Delikte" findet ihre zureichende Grundlage in den Bestimmungen des Art. 5 Abs 1 lit a EMRK und des Art 2 Abs 1 Ziff 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG), wonach die Freiheit einem Menschen unter anderem dann entzogen werden darf, wenn er rechtmäßig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht in Haft gehalten wird (vgl. Oberhammer, "Verfassungsrechtliche Schranken der Haft in zivilgerichtlichen Erkenntnis-, Exekutions- und Insolvenzverfahren", ÖJZ 1994, 265).
Es ist daher auf Grund der zwingenden Bestimmung des § 220 Abs 3 ZPO in Verbindung mit § 12 Abs 2 GEG spruchgemäß zu entscheiden.
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