OGH 6Ob160/98t

OGH6Ob160/98t25.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Patrick B*****, Student, 2. Oliver P*****, Student, 3. Harald S*****, Student, 4. Severin S*****, Student, alle ***** vertreten durch Dr.Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rosemarie K*****, vertreten durch Dr.Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5.Februar 1998, GZ 1 R 781/97b-13, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 3. November 1997, GZ 17 C 405/97p-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien haben der beklagten Partei die mit 4.386,82 S (darin 731,14 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger kündigten am 20.5.1997 mit dem Vorbringen, sie hätten von der Beklagten im Haus Innsbruck, K*****straße *****, die im ersten Geschoß liegende Wohnung gemietet, der abgeschlossene Studentenmietvertrag könne unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 560 ZPO von einem Monat aufgekündigt werden, das Bestandverhältnis zum 30.6.1997 gerichtlich auf und stellten einen Übernahmeantrag.

Die Beklagte wandte ein, das Bestandobjekt befinde sich in einem Haus mit nur zwei abgeschlossenen Wohneinheiten. Im Mietvertrag vom 10.10.1995 und 9.10.1996 sei mit den Klägern vereinbart worden, daß das Bestandverhältnis für beide Teile unkündbar bis zum 30.9.1997 dauere. Eine vorzeitige Aufkündigung sei nicht möglich. Aus dem Umstand, daß die Kläger Studenten seien, könne kein (vorzeitiges) Kündigungsrecht abgeleitet werden.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies den Übernahmsantrag unter Zugrundelegung folgender (aus der Urkunde ergänzter) Feststellungen ab.

Am 10.Oktober 1995 schlossen die Beklagte als Vermieterin und Mag.Franz Alexander W*****, geboren 8.3.1971, Jurist, Andreas M*****, geboren 14.5.1968, Architekturstudent, Katharina P*****, geboren 18.2.1972, Medizinstudentin, und Lisbeth H*****, geboren 25.11.1970, Architekturstudentin, als Mieter einen 21 Punkte umfassenden schriftlichen Mietvertrag über das erste Obergeschoß des Hauses Innsbruck, K*****straße *****, samt Gartenbenützung. Nach Punkt I erklären die Mieter, an der Universität Innsbruck zu studieren. Der gegenständliche Bestandvertrag wird daher für Studienzwecke abgeschlossen und endet spätetsens mit dem Ende des Studiums eines der Mieter. Nach Punkt II beginnt das Mietverhältnis am 1.Oktober 1995 und wird für beide Teile unkündbar abgeschlossen bis zum 30. September 1996. Zu diesem Zeitpunkt endet das Bestandverhältnis, ohne daß es hiezu einer Aufkündigung bedarf.

Auf der Rückseite dieses Mietvertrages finden sich folgende handschriftliche Zusätze:

1. Undatiert: anstelle von Andreas M***** tritt Severin J***** in diesen Mietvertrag ein.

2. Undatiert: anstelle von Katharina P***** tritt Alexander H***** in diesen Vertrag ein.

3. Datiert mit 9.10.1996: "Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen wird verlängert bis 30.10.1997, Ende ohne Kündigung. Die in diesen Mietvertrag eingetretenen Nachmieter unterfertigen zum Zeichen ihres Einverständnisses".

Dieser Zusatz ist von der Beklagten und den ersten drei Klägern, die im übrigen nicht namentlich genannt sind, unterschrieben.

Anfang Juli 1997 wurden dem Beklagtenvertreter die Schlüssel zum Bestandobjekt übersandt, der mit Schreiben vom 2.7.1997 den Klagevertreter um Mitteilung ersuchte, ob er aus der Tatsache der Übermittlung der Schlüssel und deren Verwahrung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsverfahrens auf die Behauptung einer konkludenten Beendigung des Mietverhältnisses verzichte, widrigenfalls er die Schlüssel auf Kosten der Kläger gerichtlich hinterlegen müßte. Mangels einer Antwort übermittelte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter die Schlüssel mit dem Hinweis, daß das Bestandverhältnis erst am 30.9.1997 ende.

Alle Kläger sind Studenten und hatten ihr Studium jedenfalls bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung noch nicht beendet. Das Wohnhaus, in dem sich das Bestandobjekt befindet, weist nur zwei selbständige Wohnungen auf.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, nach § 29 Abs 1 Z 3 a MRG bewirke die zwischen den Streitteilen (mit 30.9.1997) vereinbarte Befristung des Bestandverhältnisses zwingend dessen Unkündbarkeit bis zum Ablauf der Befristung, weil eine gesetzliche Kündigungsmöglichkeit, wie sie § 29 Abs 1 Z 3 c MRG vorsehe, nicht bestehe. Selbst wenn man den gegenständlichen Mietvertrag als "Studentenmietvertrag" behandle, wäre ein solcher nach § 29 Abs 2 MRG nur mit Beendigung oder Abbruch der Ausbildung bzw nach dem Ablauf von fünf Jahren beendet. Eine Möglichkeit zur vorzeitigen Aufkündigung bestehe auch bei Studentenmietverträgen nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger keine Folge. In Punkt I des schriftlichen Mietvertrages sei ausdrücklich festgehalten, daß "die Kläger (?)" an der Universität Innsbruck ein Studium betrieben und der Bestandvertrag für Studienzwecke abgeschlossen werde (und darüber hinaus mit dem Ende des Studiums eines der Mieter ende). Damit ergebe sich schon aus der Terminologie des Mietvertrages, daß die Absicht der Streitteile auf den Abschluß eines Studentenmietvertrages nach § 29 Abs 2 MRG gerichtet gewesen sei. Diese Bestimmung räume die Möglichkeit ein, einen Mietvertrag zu Ausbildungszwecken des Mieters über Wohnungen oder bloße Wohnräume auf die Dauer der Ausbildung abzuschließen. Die Auflösungsvereinbarung (Beendigung oder Abbruch der Ausbildung) müsse schriftlich erfolgen. Werde ein solcher Studentenmietvertrag abgeschlossen, bleibe für § 29 Abs 1 Z 3 MRG kein Raum, das weitere Schicksal des Vertrages unterliege ausschließlich § 29 Abs 2 MRG. Sei ein Mietvertrag als Ausbildungsmietvertrag anzusehen, schade auch eine kürzere als die im Gesetz genannte Befristung nicht. Es sei zulässig, innerhalb der gesetzlich festgelegten Dauer eines Studentenmietvertrages weitere Befristungen zu vereinbaren, die allerdings nur die Wirkung der mangelnden Durchsetzbarkeit seitens des Vermieters habe, während sie dem Mieter die Möglichkeit gebe, durch Erklärung, das Bestandverhältnis nicht mehr fortsetzen zu wollen, dieses aufzulösen. Die im vorliegenden Mietvertrag vorgesehene Befristung mit 30.9.1996 und erfolgte Verlängerung bis 30.9.1997 bewirke, daß bis zu diesem Zeitpunkt auch die Mieter eines Studentenmietvertrages ohne Aufkündigungsmöglichkeit gebunden seien. Prinzipiell sei ein Ausbildungsmietvertrag kraft Gesetzes einer Auflösung durch Kündigung seitens des Mieters nicht zugänglich, eine ausdrückliche Vereinbarung müßte (nach Mecenovic in WoBl 1992, 93 f) aber zumindest zugunsten der Mieter möglich sein. Ein ausdrücklich vereinbartes Kündigungsrecht hätten die Mieter aber nicht behauptet.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der Kündigungsmöglichkeit eines Ausbildungsvertrages, ohne daß eine solche ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart sei, höchstgerichtliche Judikatur fehle.

Die Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In die Erlöschenswirkung auf bestimmte Zeit abgeschlossener Mietverträge greifen die Bestimmungen des § 29 Abs 1 und Abs 2 MRG insoferne ein, als es bei Mietverhältnissen mit unbedingtem Endtermin, die die Voraussetzungen des § 29 Abs 1 Z 3 oder des Abs 2 MRG nicht erfüllen, zur Durchsetzbarkeit einer den Bestimmungen der §§ 30 bis 33 MRG entsprechenden Kündigung bedarf. In der Vereinbarung einer bestimmten Vertragsdauer liegt jedenfalls ein Kündigungsverzicht (6 Ob 534/91 ua).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß aus dem Abschluß eines Mietvertrages auf bestimmte Zeit notwendig die Bindung beider Vertragsteile für die vereinbarte Dauer folgt. Mangels gegenteiliger Vereinbarung kann weder der Vermieter noch der Mieter das Mietverhältnis vor der vereinbarten Zeit auflösen, eines besonderen Kündigungsverzichtes bedarf es in diesem Fall nicht (7 Ob 665/83; 1 Ob 72/98i ua).

Für Wohnungen in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen gelten die §§ 14, 29 (!) bis 36, 45, 46 und 49 MRG, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des I. und II.Hauptstückes (§ 1 Abs 4 Z 2 MRG). Solche Mietobjekte erlöschen durch Zeitablauf ohne Kündigung durch den Ablauf der bedungenen Zeit (§ 29 Abs 1 Z 3 a MRG). Im Gegensatz zu Bestandverträgen, die § 29 Abs 1 Z 3 b, c und Abs 2 MRG unterliegen, fehlt es hier an einer gesetzlich zulässigen zeitlichen Obergrenze, so daß die Vereinbarung einer beliebig langen Dauer und beliebige Verlängerungen möglich sind. Der in einer bestimmten Vertragsdauer liegende Kündigungsverzicht ist ebenso wie bei anderen befristeten Mietverhältnissen für beide Teile wirksam.

Dies gilt auch für Ausbildungsmietverträge nach § 29 Abs 2 MRG, die eine Mischform darstellen, weil der Endtermin einerseits auf ein unbestimmtes Ereignis - Abschluß oder Abbruch der Ausbildung - abgestellt ist, andererseits aber auch nach dem Lebensalter und damit verbundener Höchstdauer kalendermäßig festgelegt wird. Dabei ist es zulässig, in Mietverträge, die durchsetzbar nur bis zu einer bestimmten Höchstdauer abgeschlossen werden können, sei es von vornherein oder durch Verlängerung (Kettenverträge) kürzere Endzeitpunkte festzulegen. Dies hat nicht die Ungültigkeit der vereinbarten Befristung, sondern nur zur Folge, daß der Vermieter die kürzere Befristung nicht durchsetzen kann. An die Unkündbarkeit während der kürzeren Befristung ist aber mangels gegenteiliger Vereinbarung auch der Mieter gebunden.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegt hier aber kein gültiger Ausbildungsvertrag vor. Dafür wäre zumindest die schriftliche Vereinbarung erforderlich, daß er mit Beendigung oder Abbruch der aus dem Vertragsinhalt erkennbaren konkreten Ausbildung des Mieters erlischt (1 Ob 109/97p, Würth in Rummel2 Rz 8 zu § 29 Abs 2 MRG). Diesem Erfordernis entsprach zwar noch der ursprüngliche Mietvertrag vom 1.10.1995 mit den dort genannten Mietern, keineswegs aber jener der "zu den gleichen Bedingungen" mit den nunmehrigen Klägern abgeschlossen ("bis 30.9.1997 verlängert") wurde. Die schriftliche Vereinbarung enthält lediglich die - unleserlichen - Unterschriften der Vertragsparteien, aber keinen Hinweis auf deren Alter und vor allem nicht auf deren konkretes Studium, wohl aber die schriftliche Vereinbarung eines bestimmten Endtermines, zu dem das Mietverhältnis ohne Kündigung enden und bis zu welchem es unkündbar sein soll. Diese Vereinbarung ist, da die Mietwohnung nur eine von nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen des Wohnhauses darstellt, § 29 Abs 1 Z 3 a MRG zu unterstellen und kann während der Dauer der vereinbarten Befristung, wie ausgeführt, auch durch die Mieter nicht aufgelöst werden. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die innerhalb des unkündbaren Zeitraumes liegende Aufkündigung zum 30.6.1997 aufgehoben.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Stichworte