OGH 16Ok8/98

OGH16Ok8/9818.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Birgit Langer als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr.Fidelis Bauer, Dkfm.Joachim Lamel, Dkfm.Alfred Reiter und Dr.Thomas Lachs als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, ***** wider die Antragsgegnerin Bundesinnung der B*****, wegen Feststellung nach § 8a KartG (Empfehlungskartell), infolge Rekurses der Antragsstellerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 18.März 1998, GZ 25 Kt 356/97-25, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Kartellregister ist seit 1978 zur Kartellzahl V 20 eine unverbindliche Verbandsempfehlung der nunmehrigen Antragsgegnerin unter der Bezeichnung "Honorarordnung der Baumeister" eingetragen. Dieser vorangegangen war eine als "Entgeltordnung des konzessionierten Baugewerbes" bezeichnete unverbindliche Verbandsempfehlung. Die Bundesinnung zeigte mit Schriftsatz vom 22.5.1997, 25 Kt 230/97-1, die Erhöhung des Zeitgrundhonorars auf S 740,--/Stunde als unverbindliche Verbandsempfehlung an. Die Amtsparteien erstatteten zu der ihnen zugestellten Anzeige innerhalb der dafür gesetzten Frist keine Äußerung. Aufgrund des erstgerichtlichen Beschlusses vom 11.7.1997 (ON 4), der mit keinem Rechtsmittel bekämpft wurde, wurde die angezeigte unverbindliche Verbandsempfehlung betreffend den Punkt "Zeitgrundhonorar" in das Kartellregister eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 21.7.1997, 25 Kt 356/97-5 beantragte die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte hinsichtlich der Verbandsempfehlung die Feststellung, daß ein Empfehlungskartell im Sinn des § 12 KartG vorliege. Aus der zu berücksichtigenden Rechtsprechung der Europäischen Gemeinschaften ergebe sich, daß jede Art von Preiskartellen verboten sei und Freistellungsanträge nach Art 85 Abs 3 EGV fast ausnahmslos abgewiesen würden. Für den mangelnden Willen klarzustellen, daß es sich um unverbindlich empfohlene Preise handle, spreche die gesamte Gestaltung des angemeldeten Preisregelungswerkes. Zunächst werde auf der Umschlagseite von Honorarordnung gesprochen, wodurch beim Leser der Eindruck erweckt werde, es handle sich - wie bei Rechtsanwälten, Notaren etc - um eine Verordnung zur Regelung der in der Branche zu verrechnenden Preise. Daran vermöge auch die winzige Textzeile am unteren Rand nichts zu ändern. Aufgrund der gesamten Textierung des vorgelegten Kalkulationswerkes sei ein vorne eingelegtes Beiblatt mit einem Unverbindlichkeitshinweis nicht ausreichend, um den Willen des Verbandes klarzustellen, daß es sich bei den genannten Preisen nicht um ein Preiskartell, sondern um unverbindlich empfohlene Preise handle. Vielmehr sei eine Revision des gesamten Kalkulationswerkes notwendig, um klarzustellen, daß kein wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck zur Einhaltung der Honorarordnung ausgeübt werden solle.

Die als unverbindliche Verbandsempfehlung angezeigte "Honorarordnung für Baumeister" bot ursprünglich folgendes Bild: Auf dem Deckblatt ist die Bezeichnung der Empfehlung als "Honorarordnung der Baumeister" deutlich zu lesen, wobei die Abkürzung der Bezeichnung "HOB" in großem Schriftbild noch zusätzlich herausgehoben ist. Am unteren Ende des Deckblattes fand sich in äußerst kleiner Schrift ein Unverbindlichkeitshinweis.

Inhaltlich ist die umfangreiche Textempfehlung weitgehend wie ein Regelwerk formuliert (näheres siehe die im erstgerichtlichen Beschluß S 5 f genannten Beispiele, auf die die antragstellende Amtspartei hinwies).

Im Jänner 1998 stellte die Antragsgegnerin einen auf dem Deckblatt der Verbandsempfehlung anzubringenden Aufkleber her, auf dem in hervorgehobener Schriftgröße - und farblich abgehoben - steht:

"Unverbindliche Empfehlung gem § 31 des Kartellgesetzes 1988 für das konzessionierte Baumeistergewerbe". Sie wies mit Schreiben vom 15.1.1998 alle Landesinnungen an, den Aufkleber bei der Ausgabe von Honorarordnungen aufzukleben sowie im Rundschreibeweg die betroffenen Mitglieder davon zu informieren, daß dieser Aufkleber auf der Honorarordnung anzubringen und unentgeltlich bei der Bundesinnung erhältlich sei.

Das Erstgericht wies den Antrag der Amtspartei auf Feststellung nach § 8a KartG, daß mit der "Honorarordnung der Baumeister" ein Empfehlungskartell vorliege, ab und stellte fest, daß sie eine unverbindliche Verbandsempfehlung iSd § 31 KartG darstelle. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß die Erfüllung des Tatbestandes eines Empfehlungskartelles (§ 12 KartG) ua vom Vorliegen zweier alternativer Kriterien abhängig sei: Entweder es werde zur Durchsetzung der Empfehlung ein Druck ausgeübt bzw es bestehe die Absicht dazu oder der Empfehlende unterlasse es, in der Empfehlung selbst ausdrücklich auf ihre Unverbindlichkeit hinzuweisen. Die angezeigte Verbandsempfehlung sei auf dem Deckblatt als unverbindliche Empfehlung bezeichnet. Damit werde hinreichend zum Ausdruck gebracht, daß die einzelnen Bestimmungen, und zwar auch soweit sie als Mindestsätze bzw ganz allgemein in anordnenden Formulierungen, wie sie einem Regelwerk entsprechen, formuliert seien, die Adressaten in ihrer Preisgestaltung in keiner Weise behinderten. Somit könne nicht vom Fehlen eines ausdrücklichen Unverbindlichkeitshinweises ausgegangen werden. Da auch keine Beweise angeboten oder auch sonst keine Anhaltspunkte dafür bestünden, daß der empfehlende Verband auf die Einhaltung seiner Empfehlung wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Druck ausübe, liege kein Empfehlungskartell vor. Indes lägen die gesetzlichen Voraussetzungen einer unverbindlichen Verbandsempfehlung (§ 31 KartG) vor, als welche die Anzeigerin ihre Empfehlung auch selbst verstehe. Vom Tatbestand eines Verhaltenskartells (§ 11 Abs 1 KartG) seien Verhaltensweisen ausgenommen, die auf einer unverbindlichen Verbandsempfehlung beruhten; es könne daher dahingestellt bleiben, ob und inwieweit die empfohlenen Preise von den Empfehlungsadressaten eingehalten würden.

Von der Frage der Erfüllung des Tatbestandes einer unverbindlichen Verbandsempfehlung sei die Frage zu unterscheiden, ob die Verbandsempfehlung inhaltlich eindeutig sei und ob und wie Mängeln in der Eindeutigkeit rechtlich begegnet werden könne. Darauf werde bei der für den Fall der Rechtskraft der Feststellung des Nichtvorliegens eines Empfehlungskartells vorzunehmenden Behandlung des bedingt - für den Fall, daß kein Empfehlungskartell festgestellt werde - gestellten Antrages, dem empfehlenden Verband den ausdrücklichen Widerruf der Empfehlung aufzutragen (ON 12), einzugehen sein.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinn ihres Feststellungsantrages ON 5 abzuändern.

Die Antragsgegnerin beantragt der Sache nach, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin meint, der Unverbindlichkeitsnachweis, an den strenge Anforderungen zu stellen seien, sei auch durch den Aufkleber nicht eindeutig geworden. Dem flüchtigen Betrachter, der lediglich zB Seite 2 - nämlich die allgemeinen Bestimmungen - aufschlage, werde in keiner Weise bewußt, daß es sich bei der Bestimmung, die angegebenen Honorarsätze stellen übliches Entgelt im Sinn des § 1152 ABGB dar, um eine unverbindliche Empfehlung handle. Durch die anordnenden Formulierungen, welche nicht mehr als Empfehlungen verstanden werden könnten, die Wortwahl "Honorarordnung", welche schon von der Bedeutung des Wortes dem Unverbindlichkeitsgebot entgegenstehe, und den Hinweis auf das übliche Entgelt, werde somit gegensätzliches, sich einander ausschließendes unter dem Deckmäntelchen "unverbindliche Ver- bandsempfehlung" geregelt. Da die gegenständliche Verbandsempfehlung nicht den Voraussetzungen des § 31 Z 1 KartG entspräche, weil die inhaltlichen Ausführungen dem Unverbindlichkeitsgebot des § 12 KartG nicht gerecht würden, wäre der angefochtene Beschluß im Sinn ihres Feststellungsantrages abzuändern.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß jedenfalls in der nunmehr vorliegenden Form der angezeigten Verbandsempfehlung (deutlicher Aufkleber am Deckblatt mit dem Unverbindlichkeitshinweis) deutlich zum Ausdruck gebracht wird, daß die Bundesinnung eine Verbandsempfehlung im Sinne des § 31 KartG aussprechen will. Das Erstgericht ist von einer solchen Verbandsempfehlung ausgegangen, als welche die Anzeigerin ihre Empfehlung auch selbst versteht, sodaß das Vorliegen des Tatbestandes eines Empfehlungskartells zu Recht verneint wurde.

Von der Frage der Erfüllung des Tatbestandes einer unverbindlichen Verbandsempfehlung im Sinne des § 31 KartG ist die Frage zu unterscheiden, ob diese inhaltlich eindeutig ist. Dies wird aber vom Erstgericht erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses aufgrund des zu ON 12 bedingt gestellten Antrages geprüft (siehe letzter Absatz des angefochtenen Beschlusses), sodaß hiezu derzeit vom Rekursgericht inhaltlich nicht Stellung zu nehmen ist. Ist sie dies nicht, kommt inbesondere die Unverbindlichkeit nicht hinreichend eindeutig zum Ausdruck und kommt die Anzeigerin Verbesserungsaufträgen nicht zeitgerecht nach, ist nach § 33 KartG mit einem Widerrufsauftrag vorzugehen.

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