OGH 9ObA98/98x

OGH9ObA98/98x10.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernd Poyßl und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Ewald B*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Robert Palka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Österreichischer Rundfunk, 1136 Wien, Würzburggasse 30, vertreten durch Dr. Gottfried Korn und Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 263.171,- und Feststellung (S 51.000,-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Oktober 1997, GZ 9 Ra 249/97x-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. Oktober 1996, GZ 21 Cga 57/96x-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.490,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.415,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

1984 wurde zwischen dem zuletzt seit 1975 beim Beklagten tätigen Kläger und dem damaligen Intendanten besprochen, daß der Kläger unter Verwendung (vorhandener) eigener, der Beklagten damals nicht zur Verfügung stehender videotechnischer Geräte die "Auslandsbeobachtung" wahrnehmen und für die Nutzung der Geräte sowie für allfällige aus der ins Auge gefaßten Tätigkeit entstehende Mehrleistungen eine Abgeltung erhalten solle. Eine juristisch verbindliche Vereinbarung sollte mit der zuständigen Administratorin erstellt werden. Der Intendant hatte die Abgeltung von Überstundenleistungen deshalb in seine Überlegungen einbezogen, weil er davon ausgegangen war, daß der Kläger die "Auslandsbeobachtung" zusätzlich zu seinen sonstigen Aufgaben wahrnehmen sollte (S 18 des Ersturteils). Er beauftragte die Administratorin lediglich mit dem Abschluß einer Vereinbarung über eine Abgeltung für die Gerätenutzung, während er die Frage der Abgeltung allfälliger Mehrleistungen der Regelung durch die Administratorin überlassen wollte (S 19 des Ersturteils). Der Kläger sollte jedoch in der Folge ausschließlich für die "Auslandsbeobachtung" eingesetzt werden, weshalb sich für die Administratorin die Notwendigkeit der Abgeltung von Überstunden nicht mehr stellte (S 18, 19 des Ersturteils). Die dem Kläger neben seinem Bezug gewährte Abgeltung wurde daher aufgrund einer Kalkulation des Wertes des Geräteeinsatzes des Klägers ermittelt. Die dabei errechneten S 3.894,- wurden auf S 4.000,- aufgerundet. Diesen Betrag erhielt der Kläger zweimal als Haushonorar mit der Gehaltsabrechnung ausgezahlt. In weiterer Folge wurde der Auszahlungsmodus aus steuerlichen Gründen geändert. Nunmehr legte der Kläger monatliche Honorarnoten über S 4000,- zuzüglich S 800,- Umsatzsteuer. Ersuchen des Klägers in den Jahren 1985 und 1987 um Auszahlung einer Überstundenpauschale blieben erfolglos. Obwohl der Kläger in der Folge mehrmals anderen Abteilungen zugeordnet wurde, blieb seine Tätigkeit, in deren Rahmen er sich nur 30 Minuten täglich im Haus der beklagten Partei aufhielt, inhaltlich im wesentlichen unverändert. 1989 wurde er zusätzlich mit Arbeiten im Archiv (Feststellung der Besucherfrequenz) beauftragt. Nachdem ihm mitgeteilt worden war, daß infolge Fertigstellung des Archivs seine Tätigkeit in seinem Privatstudio nicht mehr erforderlich sei, wurde er aufgrund einer mit dem Abteilungsleiter getroffenen Vereinbarung ab 1. 6. 1990 vermehrt mit Archivarbeiten betraut, weshalb er nunmehr nicht mehr 30 Minuten, sondern 2 Stunden täglich in den Räumlichkeiten der beklagten Partei anwesend war. Anfang des Jahres 1991 wurde ihm mitgeteilt, daß die von ihm bis dahin vorgenommenen "Mitschnitte" nicht mehr benötigt werden, weshalb keine Notwendigkeit mehr bestand, für die "Auslandsbeobachtung" eigene Geräte zu verwenden. Ab diesem Zeitpunkt wurde die bis dahin gewährte Abgeltung nicht mehr ausgezahlt. Es steht nicht fest, daß der Kläger, der jedenfalls ab diesem Zeitpunkt auch keine Honorarnoten mehr legte, gegen die Einstellung dieser Zahlungen protestierte. Ab Dezember 1991 wurde die Verwendung des Klägers im Archiv eingestellt. Von diesem Zeitpunkt widmete er sich bis zu seiner Pensionierung am 30. 6. 1993 in seiner Wohnung der "Auslandsbeobachtung", nunmehr aber für den Bereich Hörfunk.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß es sich bei der dem Kläger bis 1991 gezahlten Abgeltung von S 4.800,- um einen Aufwandsersatz für die Beistellung der bis dahin benötigten Geräte des Klägers gehandelt habe. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, diese Zahlungen einzustellen. Die Behauptung des Klägers, er sei - mangels Zustimmung des Betriebsrates unwirksam - verschlechternd versetzt worden, sei unzutreffend.

Diese Rechtsauffassung ist zutreffend. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Daß im (dem Abschluß einer verbindlichen Vereinbarung vorangehenden) Gespräch zwischen dem Kläger und dem damaligen Intendanten auch eine Honorierung allfälliger Mehrleistungen des Klägers ins Auge gefaßt wurde, nimmt der letztlich vereinbarten Abgeltung nicht den Charakter einer Aufwandsentschädigung für die Gerätenutzung. Bei diesem Gespräch ging der Intendant noch davon aus, daß der Kläger die "Auslandsbeobachtung" zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben wahrnehmen werde. In der Folge wurde der Kläger jedoch ausschließlich mit der "Auslandsbeobachtung" betraut, weshalb sich für die die Vereinbarung mit dem Kläger schließende Administratorin die Notwendigkeit einer Abgeltung von Mehrleistungen nicht mehr stellte und die dem Kläger gewährte Zahlung unter Mitwirkung des Klägers ausschließlich auf der Grundlage des Wertes der Gerätenutzung ermittelt wurde. Daß dies auch dem Kläger klar war, zeigen seine in den Folgejahren gestellten Ersuchen um Gewährung einer Überstundenpauschale.

Richtig ist, daß eine Teilkündigung, also eine Kündigung einzelner Bestimmungen oder zusammengehöriger Gruppen von Bestimmungen eines Arbeitsvertrages grundsätzlich unzulässig ist (SZ 60/173; Ris-Justiz RS0028730). Wird jedoch eine bestimmte Arbeitsleistung, die gegenüber den anderen Vertragsverpflichtungen des Arbeitnehmers eine gewisse Eigenständigkeit aufweist und auch gesondert entlohnt wird, im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zusätzlich vereinbart, kann sie auch für sich allein aufgekündigt werden (Arb 10.038). Nichts anderes kann im hier zu beurteilenden Fall gelten, in dem im Rahmen des bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde, daß der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abgeltung eigene, bei ihm ohnedies vorhandene, aber dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stehende Geräte für seine Arbeitstätigkeit verwendet. Es handelt sich dabei um eine eigenständige, vom sonstigen Inhalte des Arbeitsverhältnisses objektiv trennbare Vereinbarung, deren Inhalt es nicht erlaubt, den Parteien den Vertragswillen zu unterstellen, daß sie auch dann aufrechterhalten werden muß, wenn der Arbeitgeber über die betreffenden Geräte ohnedies selbst verfügt. Die Vorinstanzen sind daher zu Recht davon ausgegangen, daß die beklagte Partei berechtigt war, diese Vereinbarung zu beenden.

Nicht beizupflichten ist dem Berufungsgericht allerdings insoweit, als es die Behauptung des Klägers, er sei (mangels Zustimmung des Betriebsrates unwirksam) verschlechternd versetzt worden, mit der Begründung verneint, daß eine Umstrukturierung der Arbeit aus wirtschaftlichen Erfordernissen nicht als Versetzung iS § 101 ArbVG anzusehen sei. Daß der Kläger im Zusammenhang mit der Einstellung der ihm bis dahin gewährten Pauschalzahlung nicht verschlechternd versetzt iS § 101 ArbVG wurde, ergibt sich vielmehr aus folgenden Überlegungen:

Eine Versetzung iS § 101 ArbVG, die der Gesetzgeber als "Einreihung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz" definiert, liegt vor, wenn entweder der Arbeitsort oder der inhaltliche oder der zeitliche Arbeitsbereich des Arbeitnehmers verändert wird (Schwarz in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, Arbeitsverfassungsrecht III, 157; Floretta/Strasser, Kommentar zum ArbVG, 590; Ris-Justiz RS0025205; 9 ObA 275/97z). Eine bloße Einschränkung des Tätigkeitsbereiches erfüllt die Voraussetzungen einer Versetzung iS des § 101 ArbVG nicht (Arb 10.500; Ris-Justiz RS0051227; Schwarz, aaO 157; Floretta/Strasser aaO 590).

Die über Jahre vom Kläger ausgeübte Tätigkeit der "Auslandsbeobachtung" blieb bis zur Einstellung der in Rede stehenden Zahlung zu Jahresbeginn 1991 im wesentlichen unverändert. Daß er ab 1. 6. 1990 vermehrt (2 Stunden täglich) für Archivarbeiten herangezogen wurde, ist für dieses Verfahren ohne Bedeutung, weil er die ihm gezahlte Abgeltung für die Gerätenutzung auch über diesen Zeitpunkt hinaus weiter bezog. Auch mit Jahresbeginn 1991 - dem Zeitpunkt der Einstellung der Zahlung - hat sich die Tätigkeit des Klägers im wesentlichen nicht geändert. Er war auch weiterhin - von den schon bisher aufgewendeten zwei Stunden Archivarbeiten täglich abgesehen - mit der "Auslandsbeobachtung" beschäftigt, allerdings mit der Einschränkung, daß er keine Mitschnitte mehr herzustellen hatte. Damit wurde aber seine bisherige Tätigkeit nur eingeschränkt, ohne daß mit dieser Einschränkung eine relevante inhaltliche Änderung seiner Tätigkeit verbunden gewesen wäre. Diese Einschränkung seiner Tätigkeit ist daher nicht als Versetzung iS § 101 ArbVG zu qualifizieren. Daß damit der bis dahin abgegoltene Aufwand und damit der keinen Entgeltanspruch darstellende (SZ 60/112; Ris-Justiz RS0031505) Anspruch auf Aufwandsersatz weggefallen ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Auf den Umstand, daß der Wegfall eines echten (kein Entgelt darstellenden) Aufwandsersatzes eine Versetzung nicht zu einer verschlechternden macht (Schwarz aaO, S 164; vgl auch Ris-Justiz RS0021381), braucht daher nicht mehr näher eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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