Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß Punkt II) des erstgerichtlichen Beschlusses (lastfreie Abschreibung des Restgrundstückes 1346/6 (Teilfläche 57, 1316 m2) und Zuschreibung zur EZ 179 des Grundbuches 64147 Staudach unter Einbeziehung in das Grundstück 1346/1) ersatzlos aufgehoben wird.
Text
Begründung
Das Erstgericht ordnete die Verbücherung des im Kopf dieser Entscheidung genannten Anmeldungsbogens mit mehreren Beschlüssen (TZ 6217/97 bis TZ 6249/97) an.
Der zu TZ 6228/97 ergangene Beschluß hat die Abschreibung der Trennstücke 53 bis 55 und 58 von Grundstücken der EZ 225 KG 64147 Staudach und Zuschreibung zum öffentlichen Gut (Grundstück 2191/1 Weg) (Punkt I. des erstgerichtlichen Beschlusses), sowie die allein Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildende lastenfreie Abschreibung des Restgrundstückes 1346/6 (= Teilfläche 57, 1.316 m2) und Zuschreibung dieses Restgrundstückes zur EZ 179 des Grundbuches 64147 (Eigentümer Franz und Ilse M*****) unter Einbeziehung in das Grundstück 1346/1 (Punkt II. des erstgerichtlichen Beschlusses) zum Gegenstand.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Liegenschaftseigentümers Alois F***** mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen bezüglich der in Punkt II) des erstgerichtlichen Beschlusses angeordneten lastenfreien Abschreibung ersatzlos aufzuheben.
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Grundbuchsgericht darf das vereinfachte Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG nur dann durchführen, wenn (s NZ 1993, 290)
A) sich die zu verbüchernden Änderungen auf Grundstücke beziehen, die
1.) zur Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung einer Straßen-, Weg- oder Eisenbahnanlage etc verwendet worden sind (§ 15 Z 1 LiegTeilG) oder
2.) Teile eines bei der Herstellung einer solchen Anlage aufgelassenen Straßenkörpers, Weges oder Eisenbahngrundstückes oder eines freigewordenen Gewässerbettes sind (§ 15 Z 2 LiegTeilG) oder
3.) als Grundstückreste durch eine solche Anlage von den Stammgrundstücken abgeschnitten worden sind (§ 15 Z 3 LiegTeilG);
B) die Vermessungsbehörde auf dem Anmeldungsbogen nach Maßgabe der
tatsächlichen Verhältnisse bestätigt, daß es sich um eine Straßen-, Weg-, Eisen- oder Wasserbauanlage handelt ( § 16 LiegTeilG) und
C) der Wert der von jedem Grundbuchskörper abzuschreibenden in § 15 Z 1 und 2 LiegTeilG bezeichneten Grundstücke 50.000 S wahrscheinlich nicht übersteigt (§ 17 Abs 1 LiegTeilG), es sei denn, daß der Mehrbetrag voraussichtlich durch die Wertsteigerung ausgeglichen wird, welche die bei dem Grundbuchskörper verbleibenden Grundstücke durch die Anlage erfahren haben (§ 18 Abs 3 LiegTeilG).
Die unter lit B) und C) genannten Voraussetzungen sind nach dem Akteninhalt erfüllt.
Gemäß § 16 LiegTeilG hat die Vermessungsbehörde auf dem Anmeldungsbogen nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zu bestätigen, daß es sich um eine Straßen-, Weg-, Eisenbahn- oder Wasserbauanlage handelt. Im hier zu beurteilenden Fall wurde bestätigt, daß es sich um eine Weganlage handelt. Dies könnte so verstanden werden, daß entweder
a) diese Bestätigung bedeutet, daß für jedes der im Anmeldungsbogen angeführten Grundstücke die Voraussetzungen des § 15 Z 1 LiegTeilG erfüllt sind (so EvBl 1973/222 mit der Begründung, es entscheide ausschließlich die für die Errichtung der Anlage zuständige Gebietskörperschaft, welche Grundstücksflächen für die Errichtung der Straßenanlage notwendig seien und wie diese Straßenanlage gebaut werde, wogegen die Vermessungsbehörde auf dem Anmeldungsbogen nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zu bestätigen habe, daß es sich bei den abzuschreibenden Teilflächen um eine Straßenanlage handle; eine Überprüfung dieser Bestätigung durch das Gericht sei im Gesetz nicht vorgesehen. Es sei daher auch für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 15 ff LiegTeilG ohne Bedeutung, ob für die Verwendung der Teilflächen als Straße ein Rechtstitel vorhanden sei), oder
b) diese Bestätigung nur den Gesamtcharakter der Anlage (§ 15 Z 1 LiegTeilG) zum Gegenstand hat und daher die selbständige Prüfung der Voraussetzungen des § 15 Z 1 bis 3 LiegTeilG hinsichtlich der im Anmeldungsbogen genannten Grundstücke durch das Gericht nicht ausschließe (so JBl 1985, 368 mit der Begründung, nur so könne beurteilt werden, ob der Anmeldungsbogen seine gesetzliche Grundlage in den §§ 15 ff LiegTeilG habe oder ob er sich nicht etwa auf Grundstücke beziehe, die ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse und ohne Verwendung zur Herstelllung einer in § 15 Z 1 LiegTeilG genannten Anlage mit anderen Grundstücken vereinigt werden sollen, sodaß die vom Rekursgericht damals angenommene weitergehende Bedeutung der Bestätigung der Vermessungsbehörde nicht gegeben sei).
Der erkennende Senat schließt sich aus folgenden (schon in 5 Ob 52/92 = NZ 1993/290 ausgedrückten Erwägungen) der in der letztgenannten Entscheidung geäußerten Rechtsansicht an:
Das Liegenschaftsteilungsgesetz hat die grundbücherliche Teilung, Ab- und Zuschreibung von Grundstücken zum Gegenstand und regelt deren Voraussetzungen, deren Vorliegen - mangels anderer gesetzlicher Anordnung - ausschließlich von den zur Durchführung berufenen Grundbuchsgerichten zu beurteilen ist. Dies gilt auch für die Sonderbestimmungen für die Verbücherung von Straßen-, Weg-, Eisenbahn- und Wasserbauanlagen (§§ 15 ff LiegTeilG). Aus der Anführung der zu- und abzuschreibenden Flächen im Anmeldungsbogen allein könnte nicht entnommen werden, um welche Anlage es sich dabei handelt. Im Grundbuchsverfahren, einem Urkundenverfahren, bedarf es daher auch einer beweiskräftigen Urkunde darüber, auf welche Anlage sich die im Anmeldungsbogen angeführten Änderungen beziehen. Anmeldungsbogen und Bestätigung nach § 16 LiegTeilG samt Mappenkopie zusammen bilden die Grundlage für die Beurteilung, ob alle Voraussetzungen des § 15 LiegTeilG gegeben sind: Die Bestätigung der Vermessungsbehörde dafür, um welche Anlage es sich handelt, der Inhalt des Anmeldungsbogens samt Beilagen dafür, ob sich die Änderungen auf die in § 15 LiegTeilG genannten Grundstücke beziehen. Ergibt sich aus diesen Urkunden selbst, daß einzelne darin angeführte Grundstücke nicht zum Kreis der in § 15 LiegTeilG genannten Grundstücke gehören, so ist insoweit die Verbücherung des Anmeldungsbogens mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht durchzuführen. Dies hat nichts damit zu tun, daß das Grundbuchsgericht die Bestätigung des Vermessungsamtes - weil im Gesetz nicht vorgesehen (so EvBl 1973/222) - nicht auf seine Richtigkeit zu prüfen hat: Das Gericht hat lediglich nicht zu prüfen, ob es sich um eine der in § 15 Z 1 LiegTeilG angeführten Anlagen handelt.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die in EvBl 1973/222 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes davon ausgeht, der Anmeldungsbogen enthalte Angaben darüber, daß die abzuschreibenden Teilflächen tatsächlich für die Herstellung einer Straßenbauanlage verwendet wurden. Unklar ist, ob es sich dabei um die Bestätigung der Vermessungsbehörde nach § 16 LiegTeilG handelt oder ob noch konkrete Angaben über die Verwendung der einzelnen Grundstücke im Anmeldungsbogen enthalten waren. Überdies beschäftigt sich die oben wiedergegebene Begründung der genannten Entscheidung nicht im Detail mit dem hier aufgeworfenen Problem, sondern zieht aus der Bindung des Gerichtes an die Bestätigung des Vermessungsamtes den Schluß, es sei für das vereinfachte Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG ohne Bedeutung, ob für die Verwendung der Teilflächen als Straße ein Rechtstitel vorhanden ist.
Der Oberste Gerichtshof hat auch keine Bedenken, die Verbücherung eines Anmeldungsbogens nur hinsichtlich einzelner Grundbuchskörper durchzuführen, wenn die Voraussetzungen hiefür für andere Grundbuchskörper nicht gegeben sind. Das Gesetz selbst sieht in § 18 Abs 1 die nur teilweise grundbücherliche Durchführung der sich aus dem Anmeldungsbogen und seinen Beilagen ergebenden Änderungen vor. Auch die Rechtsprechung ist von der Zulässigkeit einer bloß teilweisen Verbücherung des Anmeldungsbogens ausgegangen (siehe den der Entscheidung JBl 1985, 368 zugrundeliegenden Sachverhalt).
Ist aber die Verbücherung bloß eines Teiles des Anmeldungsbogens zulässig, so folgt daraus, daß im Falle der Anfechtung bloß einer lastenfreien Abschreibung von mehreren durch einen davon betroffenen Buchberechtigten die übrigen Teile des Verbücherungsbeschlusses rechtskräftig werden und vom Rechtsmittelgericht bei Erledigung des bloß einen bestimmten Grundbuchskörper betreffenden Rekurses eines Buchberechtigten nicht in die Entscheidung einbezogen werden dürfen.
Wendet man diese Grundsätze auf die hier zu beurteilende Rechtssache an, so ergibt sich folgendes:
Nach dem Inhalt des Anmeldungsbogens soll die Teilfläche 56 (4 m2) vom seinerzeitigen Greithweg abgeschrieben und dem nach den Vorstellungen des Anmeldungsbogens nunmehr angrenzenden Grundstück 1346/1 (EZ 179) zugeschrieben werden. Durch die Nichtverbücherung des Anmeldungsbogens bezüglich des Restgrundstückes 1346/6 (nach unbekämpfter Abschreibung der Teilflächen 54 und 58 in das öffentliche Gut, jedoch Ablehnung der Einbeziehung der Restfläche des Grundstückes 1346/6 in das Nachbargrundstück 1346/1 der EZ 179) grenzt die Teilfäche 56 nicht mehr an das Grundstück 1346/1 und kann daher unter Beachtung der Vorschrift des § 12 Abs 1 Z 1 VermG nicht in dieses Grundstück einbezogen werden. Da jedoch der Verbücherungsbeschluß des Erstgerichtes insofern unangefochten blieb, kann diese Irregularität vom Obersten Gerichtshof nicht aufgegriffen werden.
Im übrigen sind bezüglich das Restgrundstück 1346/6 die Voraussetzungen des § 15 Z 1 oder Z 3 LiegTeilG nicht gegeben. Dieses Restgrundstück des Rechtsmittelwerbers wurde weder zum Wegebau verwendet noch handelt es sich um einen vom Stammgrundstück durch den Wegebau abgeschnittenen Grundstücksrest. Es handelt sich vielmehr um ein wenn auch kleiner gewordenes Grundstück des Rechtsmittelwerbers, das nach wie vor südlich des Weges liegt; auch an seinen Grenzverhältnissen zum Nachbargrundstück 1346/1 hat sich nichts geändert. Demnach sind die Voraussetzungen für eine Eigentumsänderung an dem Restgrundstück 1346/6 im Wege der Verbücherung des Anmeldungsbogens dergestalt, daß dieser Grundstücksrest nunmehr den Eigentümer der Liegenschaft EZ 179 zugeschrieben wird, nicht gegeben.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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