Spruch:
Dem Rekurs der Nebenintervenientin wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird eine neuerliche Entscheidung über die Berufung der Nebenintervenientin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Der Beklagte verkaufte dem Kläger ein mangelhaftes Kraftfahrzeug. Der Kläger ficht den Vertrag wegen Irrtums und Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes an und stützt sein Zahlungsbegehren auch auf Schadenersatzrecht. Er verkündete ua dem Adolf L*****, Inhaber einer Kfz-Werkstätte in G*****, den Streit (ON 18). Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 53.300 S.
Der Beklagte erhob Berufung, ebenso auch die Firma Leopold A*****, die mit dem Berufungsschriftsatz ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf seiten des Beklagten erklärte (ON 37).
Das Berufungsgericht wies in der gemeinsam ausgefertigten Entscheidung die Berufung der Nebenintervenientin mit Beschluß zurück und gab der Berufung des Beklagten mit Urteil nicht Folge. Das Urteil des Erstgerichtes sei dem Beklagten am 23.6.1997 zugestellt worden. Unter Berücksichtigung der Gerichtsferien habe die Berufungsfrist am 1.9.1997 geendet. Die Nebenintervenientin habe ihre Berufungsschrift am 1.9.1997 zur Post gegeben. Der Schriftsatz sei am 2.9.1997 beim Erstgericht eingelangt und hätte daher den Hauptparteien erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zugestellt werden können. Die Beitrittserklärung eines Nebenintervenienten sei ein prozessualer Akt, der erst mit der Zustellung an beide Parteien wirksam werde. Erst ab diesem Zeitpunkt könne der Nebenintervenient rechtsgültig handeln. Die Berufung der Nebenintervenientin sei als nicht wirksam erhoben anzusehen.
Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung richtet sich der Rekurs der Nebenintervenientin (des Firmeninhabers) mit dem Antrag auf Zulässigerklärung des Beitritts der Nebenintervenientin und auf Entscheidung in der Sache (über die Berufung der Nebenintervenientin).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist rechtzeitig und berechtigt.
Bei der Zurückweisung der Berufung der Nebenintervenientin aus formellen Gründen handelt es sich um einen Beschluß des Berufungsgerichtes nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO, gegen den der Vollrekurs zulässig ist. Das Rekursverfahren ist allerdings mangels Erwähnung im § 521a ZPO einseitig, die Rekursfrist beträgt daher - anders als bei der Zurückweisung der Klage - gemäß § 521 Abs 1 ZPO 14 Tage (Fasching, ZPR2 Rz 1980; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 519; 4 Ob 2063/96b uva). Der angefochtene Beschluß des Berufungsgerichtes wurde der Nebenintervenientin am 6.4.1998 zugestellt. Ihr Rekurs wurde zwar allenfalls (das Postaufgabedatum ist nicht leserlich) in offener Frist zur Post gegeben, er war aber entgegen der Vorschrift des § 520 Abs 1 ZPO an das Berufungsgericht und nicht an das Erstgericht adressiert. Dort langte der Rekurs erst am 23.4.1998, also außerhalb der 14tägigen Rekursfrist, ein. Nach ständiger Rechtsprechung wäre es aber zur Wahrung der Rekursfrist erforderlich gewesen, daß das an das falsche Gericht gerichtete Rechtsmittel noch in der Frist beim zuständigen Gericht eingelangt wäre (Kodek aaO Rz 7 vor § 461; RZ 1990/109 mwN). Trotz der Versäumung der 14tägigen Rechtsmittelfrist ist der Rekurs hier aber dennoch rechtzeitig, weil der angefochtene Beschluß des Berufungsgerichtes gemeinsam mit dem Urteil ausgefertigt wurde. In einem solchen Fall gilt nach Lehre und ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung für die Anfechtung eine einheitliche, und zwar die längere Rechtsmittelfrist (Fasching, ZPR2 Rz 1991; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 521; RZ 1982/40; EvBl 1987/169; 9 ObA 128/94). Dies gilt auch dann, wenn nur jener Teil der Entscheidung angefochten wird, für den an sich eine kürzere Rechtsmittelfrist gelten würde (9 ObA 39/88mwN).
In der Sache selbst ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 18 Abs 1 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreits bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Der Beitritt geschieht durch die Abgabe der Beitrittserklärung. Er wird mit der Zustellung an beide Parteien wirksam. Wohl hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß der Nebenintervenient, wenn er dem Rechtsstreit erst im Rechtsmittelverfahren beitreten und ein Rechtsmittel ergreifen will, nicht bloß das Rechtsmittel innerhalb der dafür bestimmten Frist zu erheben hat, sondern daß die Beitrittserklärung den Parteien auch noch innerhalb dieser Frist zugestellt worden sein muß. Nach der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung RZ 1958, 59 soll dies auch für den Fall gelten, daß die Hauptpartei selbst ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Hauptsache ergriffen hat. Von dieser Ansicht ist der Oberste Gerichtshof aber schon mit der Entscheidung JBl 1962, 156 abgegangen. Seither wird die Auffassung vertreten, daß ein in offener Frist erhobenes Rechtsmittel eines Nebenintervenienten, das auch die Beitrittserklärung enthält und erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist den Parteien zugestellt werden konnte, dann zulässig und meritorisch zu behandeln ist, wenn die Hauptpartei ihrerseits ein Rechtsmittel erhoben hat, sodaß noch ein Beitritt erfolgen konnte, weil das Verfahren noch anhängig blieb und dem Beitritt nicht das Hindernis der rechtskräftigen Beendigung des Prozesses entgegensteht (1 Ob 543/91 mwN). Dieser Fall liegt hier vor, weil der Beklagte, auf dessen Seite die Rekurswerberin in das Verfahren eintreten wollte und durch Zustellung der Beitrittserklärung nunmehr auch eingetreten ist, gegen das erstinstanzliche Urteil eine Berufung erhoben hatte. Das Berufungsgericht wird daher über die Berufung der Nebenintervenientin unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund der Verspätung des Rechtsmittels neuerlich zu entscheiden haben.
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