OGH 9ObA77/98h

OGH9ObA77/98h29.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Kabelka und Mag.Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien

1. Dr.Zulfokar A*****, Assistenzarzt, *****, 2. Dr.Josef A*****, Oberarzt, ***** 3. Dr.Reinhard B*****, Facharzt, ***** 4. Dr.Christine B*****, Oberärztin, ***** 5. Dr.Wolfgang B*****, Oberarzt, ***** 6. Dr.Alexander B*****, Assistenzarzt, *****, 7. Dr.Wolfgang B*****, Assistenzarzt, ***** 8. Dr.Andreas C*****, Oberarzt, ***** 9. Dr.Meinhard E*****, Assistenzarzt, ***** 10. Dr.Sybille G*****, Fachärztin, ***** 11.Wolfgang G*****, Oberarzt, ***** 12. Dr.Martin H*****, Assistenzarzt, ***** 13. Dr.Peter J*****, Oberarzt, ***** 14. Dr.Sieglinde K*****, Oberärztin, ***** 15. Dr.Nicolas K*****, Facharzt, ***** 16. Dr.Arno K*****, Oberarzt, ***** 17. Dr.Dieter L*****, Facharzt, ***** 18. Dr.Martha L*****, Assistenzärztin, ***** 19. Dr.Thomas L*****, Assistenzarzt, ***** 20. Dr.Thomas M*****, Assistenzarzt, ***** 21. Dr.Barbara R*****, Assistenzärztin, ***** 22. Dr.Hubert S*****, Oberarzt, ***** 23. Dr.Helma S*****, Assistenzärztin, ***** 24. Dr.Edgar S*****, Assistenzarzt, ***** 25. Dr.Ursula T*****, Assistenzärztin, ***** 26. Dr.Maria V*****, Assistenzärztin, ***** 27. Dr.Paul W*****, Assistenzarzt, ***** 28. Dr.Vera W*****, Assistenzärztin, ***** 29. Dr.Elmar W*****, Assistenzarzt, ***** alle vertreten durch Dr.Clement Achammer ua, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Land Vorarlberg, Landhaus, 6900 Bregenz, vertreten durch Dr.Reinhard Pitschmann und Dr.Rainer Santner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Dezember 1997, GZ 15 Ra 156/97x-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 9.Mai 1997, GZ 34 Cga 54/97y-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

Beschluß

gefaßt:

Der Antrag der beklagten Partei, eine mündliche Revisionsverhandlung anzuberaumen, wird abgewiesen.

Die mit der Revisionsbeantwortung der klagenden Parteien erfolgte Urkundenvorlage (Urlaubsblätter) wird zurückgewiesen.

Die Revision wegen Nichtigkeit wird verworfen.

II. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird im übrigen nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, welches in seinen Kostenaussprüchen unberührt bleibt, wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es in der Hauptsache zu lauten hat:

"Es wird festgestellt, daß den Klägern als am Landesnervenkrankenhaus V***** in ***** beschäftigten Dienstnehmern der beklagten Partei für jeden geleisteten Sonn- und/oder Feiertagsdienst ein Tag zusätzlicher Zeitausgleich (im Sinne eines zusätzlichen Urlaubstages, ohne Anrechnung auf das Überstundenpauschale, neben dem freien Werktag im Anschluß an den Dienst) gebührt."

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 9.129,60 (darin S 1.521,60 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die 29 klagenden Ärzte und Ärztinnen sind im Landesnervenkrankenhaus V***** in ***** beschäftigt und stehen in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zur beklagten Partei, das dem (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetz (LBedG), LGBl Nr 1/1988, unterliegt.

Mit ihrer am 26.3.1997 eingebrachten Klage begehrten die Kläger,

1. die beklagte Partei zu verpflichten, den Klägern (als Dienstnehmern und angestellten Ärzten des Landeskrankenhauses V***** in *****) für jeden geleisteten Sonn- und/oder Feiertagsdienst einen Tag zusätzlichen Zeitausgleich (im Sinne eines zusätzlichen Urlaubstages) zu gewähren, so wie dies allen Klägern bis April 1996 gewährt worden sei;

2. hilfsweise die Feststellung, daß den Klägern als Dienstnehmern der beklagten Partei und Spitalsärzte am Landeskrankenhaus V***** in R***** für jeden geleisteten Sonn- und/oder Feiertagsdienst ein Tag zusätzlich Zeitausgleich im Sinne eines Urlaubstages gebühre.

Die Kläger hätten aufgrund der bestehenden Gesetzeslage und der seit mindestens 1983 geübten Praxis der Spitalsverwaltung pro geleistetem Sonn- oder Feiertagsdienst einen Tag Zeitausgleich (dienstfrei) - unabhängig von allen anderen Regelungen wie Überstundenpauschale, Überstundenverrechnungsmodus etc - erhalten, der auch jeweils in den Urlaubsblättern vermerkt worden sei. Im April 1996 habe sich die beklagte Partei bzw die V*****-GmbH auf den Standpunkt gestellt, daß dem Spitalsarzt für jeden Sonn- und Feiertagsdienst zwar ein Tag dienstfrei gebühre, wobei jedoch keine Anrechnung auf das wöchentliche bzw monatliche Arbeitszeitausmaß zu erfolgen habe; eine darüber hinausgehende Zeitgutschrift von 8 Stunden gebühre nicht.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Gemäß der seit 1.1.1997 geltenden "Zulagenordnung für Spitalsärzte" gebühre den Spitalsärzten für jeden Sonn- und Feiertagsdienst ein Tag Zeitausgleich. Ein zusätzlicher Tag Zeitausgleich im Sinne eines Urlaubstages sei nie vereinbart worden und finde im Gesetz keine Deckung. Die beklagte Partei hätte von einer diesbezüglichen Praxis im Landeskrankenhaus V***** keine Kenntnis gehabt und dieser Praxis auch nicht zugestimmt. Dienste an Sonntagen und Feiertagen erfolgten im Rahmen eines Dienstplanes und seien "normale Arbeitsstunden", die mit Zeitausgleich und einer besonderen Zulage, nicht jedoch mit Überstundenvergütungen und zusätzlichen Urlaubstagen abzugelten seien. Nur Überstunden, die das Pauschale von 24 Überstunden übersteigen, seien durch Zeitausgleich abzugelten, und zwar in der Form, "daß diese Zeitausgleichsstunden (Tage) an den Urlaub angehängt werden könnten".

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren der Kläger statt, wobei es den zuerkannten Zeitausgleich durch die in der Klammer enthaltene Ergänzung, die zur Verdeutlichung durch Unterstreichung hervorgehoben wird, präzisierte:

"Die beklagte Partei (als Dienstgeberin der Kläger) ist schuldig, den Klägern (als Dienstnehmer und angestellten Ärzten des Landeskrankenhauses V***** in *****) für jeden geleisteten Sonnund/oder Feiertagsdienst einen (1) Tag zusätzlichen Zeitausgleich (im Sinne eines zusätzlichen Urlaubstages, ohne Anrechnung auf das Überstundenpauschale, neben dem freien Werktag im Anschluß an den Dienst) zu gewähren, so wie dies allen Klägern bis April 1996 gewährt wurde."

Dabei ging das Erstgericht von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Mit Ausnahme der Turnusärzte haben alle am Landesnervenkrankenhaus V***** in ***** (im folgenden kurz LKH V*****) tätigen Ärzte - sohin alle Kläger - ein Überstundenpauschale, welches monatlich bis zu 24 Überstunden abdeckt. Im LKH V***** werden von den Ärzten aufgrund praktisch permanenter Personalnot stets mehr als 24 Überstunden monatlich geleistet.

Der Sonntagsdienst (analog dazu der Feiertagsdienst) dauert grundsätzlich 24 Stunden, und zwar vom Sonntag 8.00 Uhr bis Montag 8.00 Uhr. Am Montag hat der Arzt, der Sonntagsdienst verrichtet hat, dienstfrei. Im LKH V***** wurde den Spitalsärzten seit 1979 zusätzlich ein freier Tag im Sinn eines Urlaubstages gewährt. Die Bediensteten des Personalbüros trugen diesen zusätzlichen freien Tag auf der Rückseite des Urlaubsblattes des jeweiligen Arztes ein. Dieser Tag konnte vom betroffenen Arzt nach Rücksprache mit dem zuständigen Primararzt konsumiert werden.

Am 2.5.1996 richtete Dir.Luis P*****, Mitglied des Präsidiums der Vorarlberger Landesregierung in Personalangelegenheiten und Geschäftsführer der V*****gmbH, die den Betrieb der der beklagten Partei unterstellten Krankenhäuser zu koordinieren hat, folgendes Schreiben an das LKH V***** zu Handen des Leiters Dipl.Vw. Josef W*****:

"Regelung für Sonn- und Feiertagsdienste der Ärzte

Sehr geehrter Herr W*****!

Zu Ihrer Anfrage betreffend der Anwendung des Punktes 7 der Zulagenordnung für Spitalsärzte können wir Ihnen folgendes mitteilen:

Für jeden Sonn- und Feiertagsdienst gebührt dem Spitalsarzt ein Tag dienstfrei, wobei für diesen Tag keine Anrechnung auf das wöchentliche bzw monatliche Arbeitszeitausmaß zu erfolgen hat. Dienstfrei ist daher so zu verstehen, daß dieser Tag im Dienstplan mit null Stunden Arbeitszeit anzurechnen ist (Zeitausgleich).

Eine andere Auslegung dieser Regelung ist unrichtig und müßte entsprechend geändert werden."

Diesem Schreiben folgte ein weiteres Schreiben der V*****gmbH vom 10.6.1996 mit folgendem Inhalt:

"Regelung für Sonn- und Feiertagsdienste der Ärzte

Sehr geehrter Herr W*****!

Als Ergänzung zu unserem Schreiben vom 2.5.1996 können wir Ihnen folgendes mitteilen:

Für jeden Sonn- und Feiertagsdienst gebührt dem Spitalsarzt ein Tag dienstfrei, wobei für diesen Tag keine Anrechnung auf das wöchentliche bzw monatliche Arbeitszeitausmaß zu erfolgen hat. Dienstfrei ist daher so zu verstehen, daß dieser Tag im Dienstplan mit null Stunden Arbeitszeit anzurechnen ist.

Beispiel: Sonntagsdienst von 8.00 Uhr bis 8.00 Uhr des Folgetages, Anrechnung auf das monatliche Arbeitszeitausmaß 16 Stunden. Dies bedingt, daß im Anschluß an den Hauptdienst der sonst übliche Tagdienst (8 Stunden) entfällt und an einem weiteren Tag (8 Stunden) dienstfrei ist.

Eine darüber hinausgehende zusätzliche Zeitgutschrift von 8 Stunden pro geleistetem Sonn- oder Feiertagsdienst entspricht nicht der an den Landeskrankenanstalten geübten Praxis und wäre somit unrichtig.

Zu erwähnen ist noch, daß jene Ärzte mit Überstundenpauschale von 24 Überstunden, diese auch nachzuweisen haben, als Nachweis gilt auch der Dienstplan."

Es kann nicht festgestellt werden, daß die Vorarlberger Landesregierung, die Personalabteilung beim Amt der Vorarlberger Landesregierung oder Dir.P***** schon vor der zum Schreiben vom 2.5.1996 führenden Anfrage Kenntnis von der Handhabung der Sonn- und Feiertagsdienste im LKH V***** hatten.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der in § 1 der Landesbediensteten-Nebenbezügeverordnung (LBed-NBV) verwendete Ausdruck "Zeitausgleich" für Dienstleistungen, die über das vorgeschriebene Ausmaß der Arbeitszeit hinaus gehen, als Abgeltung von geleisteten Überstunden im Sinne einer bezahlten Freizeit zu verstehen sei. Derselbe Inhalt komme diesem Begriff auch im allgemeinen Sprachgebrauch zu. Dies habe auch für die Zulagenordnung für Spitalsärzte des Amtes der Vorarlberger Landesregierung zu gelten, in der im Punkt 7 für jeden Sonn- und Feiertagsdienst ein Tag Zeitausgleich vorgesehen sei. Hätte die beklagte Partei lediglich das Ziel verfolgt, ausreichend Freizeit im Anschluß an einen Sonn- oder Feiertagsdienst sicherzustellen, so wäre wie im Schreiben vom 10.6.1996 der Ausdruck "dienstfrei" verwendet worden. "Zeitausgleich" sei hier daher ein Anspruch auf bezahlte Freizeit im Ausmaß eines Arbeitstages für jeden Sonn- und Feiertagsdienst. Dem Klagebegehren sei daher stattzugeben, wobei zur Klarstellung im Urteilsspruch zum Ausdruck zu bringen sei, daß der Anspruch auf Zeitausgleich ohne Anrechnung auf das Überstundenpauschale bestehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß dessen Spruch zu lauten hat:

"Es wird festgestellt, daß den Klägern als am Landeskrankenhaus V***** in ***** beschäftigten Dienstnehmern der beklagten Partei für jeden geleisteten Sonn- und/oder Feiertagsdienst zusätzlich zu allenfalls daraus resultierenden Ansprüchen auf Überstundenentgelt oder ersatzweisen Zeitausgleich sowie ohne Anrechnung auf die mit dem Überstundenpauschale abgedeckten Überstunden ein Zeitausgleich im Ausmaß eines Tages mit einer Normalarbeitszeit von 8 Stunden gebührt."

Die ordentliche Revision sei gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den hier zu lösenden Fragen fehle.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß nach der Abgeltung der Nachtstunden (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) eines Sonn- oder Feiertagsdienstes durch die in Punkt 1 der "Zulagenordnung für Spitalsärzte" enthaltene Nachtdienstzulage noch 16 Arbeitsstunden übrigblieben. Unter der Voraussetzung, daß es sich bei der im Rahmen eines Sonn- oder Feiertagsdienstes geleisteten Arbeitszeit um Überstunden im Sinne des § 32 Abs 2 LBedG handle und die Überstunden laut Überstundenpauschale bereits verbraucht seien, gebühre für diese 16 Stunden gemäß § 1 Abs 2 lit a LBed-NBV ein Überstundenzuschlag im Ausmaß von 50 % des Grundbetrages oder - eine entsprechende Anordnung vorausgesetzt - Zeitausgleich, der selbstverständlich auf die Normalarbeitszeit jener Woche, in der er tatsächlich gewährt und konsumiert werde, voll anzurechnen sei, in folgenden Varianten (§ 32 Abs 3 LBedG):

a) Entweder "im Verhältnis wie eine Abgeltung durch Überstundenvergütung (§ 69 Abs 1 lit a LBedG) zu erfolgen hätte", sohin im Ausmaß von 16 x 1,5 = 24 (Normal)Stunden,

oder

b) "im Verhältnis 1:1, sohin im Ausmaß von 16 Stunden, zuzüglich einer Überstundenvergütung" deren Ausmaß in Anlehnung an die in § 1 Abs 2 lit a LBed-NBV vorgesehenen Überstundenzuschlagsregelung zu ermitteln wäre.

Fraglich sei nun, ob den Klägern über die Zeitausgleichsansprüche, die aus im Zuge von Sonn- oder Feiertagsdienst erbrachter Überstundenarbeit resultieren, hinaus ein (selbständiger) Anspruch auf (zusätzlichen) Zeitausgleich zukomme. Dies sei gemäß Punkt 7 lit a der "Zulagenordnung für Spitalsärzte", wonach dem Spitalsarzt für jeden Sonn- und Feiertagsdienst ein Tag Zeitausgleich gebühre, zu bejahen. Diese Verordnung sei zwar nicht im Vorarlberger Landesgesetzblatt kundgemacht worden, habe aber dennoch gemäß den Bestimmungen des § 2 Abs 1 lit e Kundmachungsgesetz (LGBl Nr 35/1989), des § 17 der Geschäftsordnung der Landesregierung (LGBl Nr 3/1985 idF LGBl Nr 86/1994) sowie des Punktes 17 der Anlage zu dieser Geschäftsordnung den Charakter einer allgemeinen Rechtsverordnung. Zutreffend habe das Erstgericht dem in dieser Bestimmung verwendeten Begriff "Zeitausgleich" den Bedeutungsinhalt von "bezahlter Freizeit" beigelegt. Durch die Bestimmung des Punktes 7 lit a der "Zulagenordnung für Spitalsärzte" sei ein eigenständiger Anspruch auf Zeitausgleich im Ausmaß eines Arbeitstages mit einer Normalarbeitszeit von 8 Stunden für jeden Sonn- und Feiertagsdienst normiert worden, der unabhängig von und neben dem (etwa bestehenden) Anspruch auf Abgeltung von Überstunden durch Zeitausgleich bestehe. Ob der Verordnungsgeber durch diese Bestimmung im Wege einer arbeitszeitrechtlichen Abgeltung die mit dem Sonn- und Feiertagsdienst verbundenen Erschwernisse unabhängig von einem etwaigen (originären oder abgeleiteten) Überstundenentgeltsanspruch habe entlohnen wollen oder ob diese Bestimmung lediglich eine legistische Fehlleistung darstelle, könne dahingestellt bleiben.

Aus dem Klagevorbringen, das mit dem Klagebegehren eine Einheit bilde und dieses charakterisiere, ergebe sich mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß die Kläger nicht die Verpflichtung ihres Arbeitgebers zu einer bestimmten Leistung, sondern die Feststellung eines Anspruches anstreben. Das Berufungsgericht sei daher berechtigt und verpflichtet, dem Spruch eine dem tatsächlich gestellten Feststellungsbegehren adäquate deutlichere Fassung zu geben, wobei mit einer Maßgabebestätigung vorzugehen gewesen sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, "unrichtiger Sachverhaltsfeststellung" und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht bzw Erstgericht begehrt.

Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als verspätet, hilfsweise als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist rechtzeitig und zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Für die Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung, die im Ermessen des Obersten Gerichtshofes liegt (§ 509 Abs 2 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 509) besteht nach den Umständen des vorliegenden Falles, zu dem mündliche Verhandlungen der Vorinstanzen stattgefunden haben, keine Veranlassung; der diesbezügliche, nicht näher begründete Antrag der Revisionswerberin war daher abzuweisen.

Neue Beweise können in der Revisionsinstanz nur zur Unterstützung oder Bekämpfung der Behauptung vorgebracht werden, daß das Urteil des Berufungsgerichtes wegen eines der in § 477 ZPO bezeichneten Mängel nichtig sei, oder daß das Berufungsverfahren an einem Mangel leide, welcher die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern vermochte (§ 504 Abs 2 ZPO). Diese Voraussetzungen treffen auf die Urkundenvorlage der Revisionsgegner in der Revisionsbeantwortung nicht zu.

Eine Nichtigkeit will die Revisionswerberin aus einem Verstoß des Erstgerichtes und des Berufungsgerichtes gegen die Bestimmung des § 405 ZPO ableiten. Die Meinungsdivergenz zwischen herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung, ob ein Verstoß gegen § 405 ZPO einen nicht im § 477 ZPO genannten Nichtigkeitsgrund oder lediglich einen wesentlichen Verfahrensmangel bewirkt (vgl zum Meinungsstand Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 6 zu § 405), kann hier jedoch auf sich beruhen, weil kein Verstoß gegen § 405 ZPO vorliegt.

Das zur Nichtigkeit Ausgeführte gilt auch für die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens. Diese kann in der Revision nicht gerügt werden, wenn sie schon vom Berufungsgericht verneint wurde (Kodek aaO Rz 3 zu § 503). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gemäß § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Soweit die Revisionswerberin das Vorliegen einer "unrichtigen Sachverhaltsfeststellung" (Punkt II 2 der Revision) als Revisionsgrund geltend macht, ist sie darauf zu verweisen, daß die Aufzählung der Revisionsgründe in § 503 ZPO erschöpfend ist und auch nicht durch Analogie erweitert werden kann. Angebliche Fehler, die unter keinen der Revisionsgründe fallen, können demnach nicht geltend gemacht werden (Kodek aaO Rz 1 zu § 503). Die Überprüfung der Tatsachenfeststellungen ist dem Obersten Gerichtshof entzogen.

Unbegründet ist auch der der Rechtsrüge zuzurechnende Vorwurf der Revisionswerberin, es wären nicht alle erforderlichen Feststellungen getroffen worden (Kodek aaO Rz 4 zu § 496 bzw Rz 5 zu § 503). Der festgestellte Sachverhalt reicht - nach Maßgabe des Vorbringens der Parteien - aus, um die Sache abschließend zu beurteilen. Wurde ein bestimmter Sachverhalt gar nicht behauptet, dann bedeutet die Unterlassung entsprechender - wenn auch aufgrund von Beweisergebnissen allenfalls möglicher - Feststellungen keinen Verfahrensmangel.

Das Schwergewicht der Revision liegt auf dem Vorwurf der unrichtigen rechtlichen Beurteilung; auch er ist unbegründet:

Durch Verordnung der Landesregierung kann bestimmt werden, daß angeordnete Dienstleistungen, die über das vorgeschriebene Ausmaß der Arbeitszeit hinausgehen, durch Zeitausgleich in dem Verhältnis in Freizeit ausgeglichen werden können wie eine Abgeltung durch eine Überstundenvergütung (§ 69 Abs 1 lit a LBedG) zu erfolgen hätte, oder im Verhältnis 1:1 in Freizeit ausgeglichen und zusätzlich durch eine Überstundenvergütung abgegolten werden können (§ 32 Abs 3 LBedG). Eine derartige Verordnung erblickte die beklagte Partei - in erster Instanz - in der von ihr vorgelegten "Zulagenordnung für Spitalsärzte an den Krankenanstalten im Lande Vorarlberg aufgrund des Landes- bzw Gemeindebedienstetengesetzes sowie der Landes- bzw Gemeindebediensteten-Nebenbezügeverordnung" des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 10.12.1996 (Beil./5). Verordnungen der Landesregierung sind allerdings im Vorarlberger Landesgesetzblatt kundzumachen, sofern sie nicht ausschließlich an unterstellte Verwaltungsbehörden gerichtet sind (§ 2 Abs 1 lit e Kundmachungsgesetz, LGBl Nr 35/1989); alle Rechtsvorschriften treten erst mit Ablauf des Tages, an dem das Stück des Landesgesetzblattes, das die Kundmachung enthält, herausgegeben worden ist, in Kraft, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist (§ 7 Kundmachungsgesetz).

Das Berufungsgericht wies zutreffend darauf hin, daß die "Zulagenordnung für Spitalsärzte" vom 10.12.1996 entgegen der Anordnung im Kundmachungsgesetz nicht im Vorarlberger Landesgesetzblatt kundgemacht wurde (S. 23 oben des Berufungsurteils = AS 165). Dies wird auch von der Revisionswerberin nicht in Abrede gestellt. Richtig weist die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang darauf hin, daß sich die "Zulagenordnung für Spitalsärzte" vom 10.12.1996, die diverse Zulagen und Vergütungen der Spitalsärzte an den Landeskrankenanstalten im Lande Vorarlberg regelt, nicht ausschließlich an unterstellte Verwaltungsbehörden richtet. Die Kundmachung ist daher unverzichtbar (§ 2 Abs 1 lit e, § 7 Kundmachungsgesetz). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der "Zulagenordnung für Spitalsärzte" dennoch der Charakter einer Rechtsverordnung zukomme, kann nicht erfolgreich auf § 17 der Geschäftsordnung der Landesregierung, LGBl Nr 3/1985, bzw Punkt 17 der Anlage der Geschäftsordnung gestützt werden. Aus letzterer folgt, daß Allgemeine Personalangelegenheiten der Landesbediensteten der kollegialen Beschlußfassung der Landesregierung vorbehalten sind.

Allgemein gilt, daß nur Rechtsvorschriften, die sich an Rechtsunterworfene richten, Verordnungen ("Rechtsverordnungen") sind; verwaltungsinterne Normen mit generellem Adressatenkreis werden zwar irreführend als "Verwaltungsverordnungen" bezeichnet, sind jedoch keine Verordnungen im Sinne des B-VG, sondern Weisungen (Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8 Rz 594 mwN). Die Verfassung enthält keine ausdrückliche Vorschrift darüber, wie Verordnungen kundzumachen sind. Daß eine "gehörige" und "gesetzmäßige" Kundmachung zu erfolgen hat, ergibt sich aus Art 89 Abs 1 und Art 139 Abs 3 lit c B-VG. Herrschende Lehre und Rechtsprechung haben eine Kundmachungspflicht stets angenommen; bestehen diesbezüglich einfachgesetzliche Regelungen, so sind sie einzuhalten. Da Rechtsverordnungen kundzumachen sind, liegt ohne eine Kundmachung eine Rechtsverordnung nicht vor. "Nicht gehörig" kundgemachte Verordnungen sind von den Gerichten nicht anzuwenden (Walter/Mayer aaO Rz 603 f; Mayer, B-VG2 Art 18 IV 1 und 2; VwSlg NF 9283 A mit zust Besprechung von Morscher, JBl 1977, 660; Pichler, JBl 1978, 561;

VfSlg 8997, 7375 ua; ÖBl 1986, 160; ÖBl 1985, 153; JBl 1984, 373;

EvBl 1983/159). Fehlt also eine gehörige (dh gesetzmäßige Kundmachung), liegt keine Norm vor; eine Antragstellung nach Art 89 Abs 2 B-VG ist diesfalls unzulässig (Mayer aaO Art 89 I. 1).

Die "Zulagenordnung für Spitalsärzte" vom 10.12.1996 ist daher mangels Kundmachung als Norm nicht anzuwenden. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die von den Vorinstanzen und den Parteien damit im Zusammenhang angestellten Überlegungen und erörterten Auslegungsfragen.

Auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen gilt - wie bereits oben zur Urkundenvorlage der Revisionsgegner erwähnt - grundsätzlich das Neuerungsverbot des § 482 ZPO; sowohl die Kläger als auch die beklagte Partei waren ab Prozeßbeginn qualifiziert vertreten (§ 63 Abs 1 ASGG; Kuderna, ASGG2 Anm 1 und 3 zu § 63). Das Neuerungsverbot soll eine Erweiterung oder Änderung des dem Erstgericht vorgelegenen Entscheidungsstoffes im Rechtsmittelverfahren verhindern. Das Rechtsmittelgericht hat daher eine kontrollierende Funktion; es hat zu überprüfen, ob das Untergericht aufgrund der ihm im Zeitpunkt der Fällung seiner Entscheidung (Verhandlungsschluß) vorliegenden Entscheidungsgrundlagen richtig entschieden hat (Kuderna aaO Anm 2 zu § 63). Wie bereits bei Wiedergabe des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien dargestellt, war in erster Instanz nur strittig, ob den am LKH V***** tätigen Klägern für jeden geleisteten Sonn- und/oder Feiertagsdienst ein zusätzlicher Zeitausgleich im Sinne eines zusätzlichen Urlaubstages gebührt. "Zusätzlich" bedeutet im vorliegenden Fall zuzüglich zu jenem "Zeitausgleich", den die beklagte Partei bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu gewähren bereit war. Nach den der Klageführung vorausgehenden Schreiben vom 2.5. und 10.6.1996 war die V*****gmbH, die für die beklagte Partei den Krankenhausbetrieb koordiniert, nur bereit, den Klägern Zeitausgleich ohne Anrechnung auf das wöchentliche bzw monatliche Arbeitszeitausmaß zu gewähren. In ihrem erstinstanzlichen Vorbringen distanzierte sich die beklagte Partei nie von ihrem vorprozessualen Standpunkt, sondern unterstrich diesen noch durch Vorlage des Schreibens vom 2.5.1996 (Beil./3). Im übrigen trug die beklagte Partei selbst nicht zur Klarstellung bei, soweit sie den Klägern unterstellte, sie wollten aufgrund eines Sonntagsdienstes drei Tage frei haben (ON 1, AS 13).

Mit ihrer Ansicht, Zeitausgleich wäre nicht auf die Normalarbeitszeit anzurechnen, entfernt sich die beklagte Partei - ohne nähere Begründung - vom Standpunkt der Lehre und Rechtsprechung, wonach Zeitausgleich nicht bloß das Synonym für eine "entgeltsneutrale Ruhezeit" darstellt, sondern vielmehr eine bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht (in der Diktion der Kläger: "ein zusätzlicher Urlaubstag") ist (Grillberger, AZG Anm 5 zu § 10; Heinrich, RdW 1994, 45 [46]; Arb 10.543; RdW 1989, 106; Arb 11.015; ARD 4579/8/94 ua).

Erst in ihrer Berufung gegen das dem Klagebegehren stattgebende Urteil des Erstgerichtes gab die beklagte Partei ihren diesbezüglichen Standpunkt auf und führte (überraschend) aus, daß das Erstgericht den Klägern ohnehin nur das zugesprochen habe, was die beklagte Partei "bereits tatsächlich immer schon gewährte", sofern man davon ausgehe, daß bereits die 24 Überstunden des Pauschales geleistet worden seien (AS 111). "Eigentlich..... wäre die beklagte Partei an und für sich gar nicht beschwert, da nicht mehr zugesprochen wurde, als die beklagte Partei immer schon gewährte und wäre das Urteil lediglich im Kostenzuspruch falsch....." (AS 112).

Auch in der Revision führte die beklagte Partei aus: "Sollte die klagende Partei begehren - siehe Urteil LG Feldkirch - daß für einen Sonn- und/oder Feiertagsdienst ein Tag zusätzlich Zeitausgleich zu einem bereits gewährten Tagzeitausgleich (am Folgetag) gewährt wird, wäre dies unstrittig und auch richtig und wurde durch die beklagte Partei niemals bestritten, hätte keinerlei Anlaß zur Klageführung bestanden, da dies bereits bis dato "usus" an sämtlichen Krankenhäusern ist (unter Berücksichtigung der erwähnten 24 Überstunden gemäß vereinbarter Pauschale)" (AS 181) und bekannte, daß die Begriffe "Zeitausgleich" und "dienstfrei" von ihr unscharf und geradezu synonym verwendet worden seien (AS 183).

Es kann daher - ohne daß die beklagte Partei nach dem von ihr eingenommenen Standpunkt in der Hauptsache beschwert ist - bei der Stattgebung des Klagebegehrens bleiben. Auf Fragen der Geltung einer Betriebsübung braucht im Revisionsverfahren nicht mehr eingegangen werden, nachdem die beklagte Partei selbst einräumte, daß den Klägern vom Erstgericht ohnehin nur das zugesprochen wurde, was die beklagte Partei nie bestritten habe, sohin auch ihrer Ansicht nach ohnehin richtig und unstrittig sei.

Was die Frage betrifft, ob der Anspruch der Kläger richtigerweise in ein Leistungs- oder ein Feststellungsbegehren zu fassen ist, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes (S. 29 f der Berufungsentscheidung = AS 171 f) verwiesen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes bedarf es jedoch nicht der insbesondere auf Anwendung der nie kundgemachten "Zulagenordnung für Spitalsärzte" vom 10.12.1996 beruhenden (weiteren) Verdeutlichung des Urteilsspruches. Es kann daher bei der bereits vom Erstgericht zulässig und richtig vorgenommenen Verdeutlichung des Anspruches der Kläger bleiben, der jedoch nicht in einen Leistungsbefehl, sondern wie das Berufungsgericht richtig ausführte und wie aus dem Spruch der Revisionsentscheidung ersichtlich ist, in eine Feststellung zu kleiden war. Daß die Kläger ohnehin stets mehr als 24 Überstunden monatlich leisten, steht laut Ersturteil bindend fest. Auch die beklagte Partei räumte in der Berufung ein, stets davon ausgegangen zu sein, daß die 24 Überstunden gemäß Pauschale schon geleistet wurden (AS 111). Im Kostenpunkt kann sich die beklagte Partei durch die Feststellung einer Verpflichtung, die sie ohnehin immer erfüllen wollte, schon deshalb nicht beschwert erachten, weil sie sich in erster Instanz weder dem Klagebegehren unterwarf, noch bestritt, Veranlassung zur Klageführung gegeben zu haben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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