Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der mit Urteil eines Schöffengerichts vom 24.Mai 1995 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG 1951 (SGG) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilte Kläger begehrte von der Beklagten, seiner Amtsverteidigerin (§ 41 Abs 3 StPO), 624.000 S sA an Schmerzengeld für den vermeidbaren Freiheitsentzug aus dem Titel des Schadenersatzes, weil sie entgegen seinem Ersuchen keinen rechtzeitigen Antrag auf Gewährung eines Strafvollzugsaufschubs nach § 23a SGG gestellt habe.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.
a) Nach den von der zweiten Instanz gebilligten Feststellungen wurde der Kläger sowohl vom Richter (gemeint: vom Vorsitzenden des Schöffensenats) als auch von der Beklagten darauf hingewiesen, daß er einen Antrag nach § 23a SGG stellen könne. Ein Auftrag des Klägers an die Beklagte zu Stellung eines derartigen Antrags wurde aber nicht festgestellt.
b) § 1329 ABGB regelt drei Fälle der Freiheitsentziehung: die gewaltsame Entführung, die Gefangennahme durch eine Privatperson und die vorsätzlich veranlaßte rechtswidrige Freiheitsentziehung durch Hoheitsakt (Harrer in Schwimann2, § 1329 ABGB Rz 1). Nur letzterer Fall könnte hier in Betracht kommen, doch behauptet der Kläger nicht einmal eine vorsätzliche Unterlassung der Beklagten, sodaß das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen gar nicht geprüft werden muß. Fahrlässige Unterlassungen, die indirekt die Verkürzung einer rechtmäßigen Haft verhindern, können zu einer Schadenersatzpflicht nach §§ 1295 ff ABGB unter Ausschluß des § 1329 ABGB führen. In solchen Fällen gebührt aber kein Schmerzengeld (5 Ob 544/90 = JBl 1990, 535 mwN); nur solches wird indes hier begehrt.
c) Aus dem Hinweis in § 23a SGG auf die Voraussetzungen und Bedingungen des § 6 StVG folgt zwar, daß der Verurteilte noch nicht in den Strafvollzug übernommen worden sein darf, doch ist § 23a SGG auch in Fällen anzuwenden, in denen der Verurteilte noch vor Einleitung des Vollzugs der Freiheitsstrafe deren Aufschub beantragt, über diesen Antrag aber nicht sofort entschieden werden kann, etwa weil es zur Feststellung, ob die geltend gemachten Aufschubsgründe vorliegen, noch weiterer Erhebungen bedarf und deshalb die Anordnung des Strafvollzugs gemäß § 7 Abs 3 StVG vorläufig gehemmt wird (JBl 1989, 535). § 23a SGG regelt solche Belange (Aufschub des Strafvollzugs bzw nachträgliche Strafmilderung), die erst nach Urteilsrechtskraft aktuell werden (11 Os 22/93 ua). Im vorliegenden Fall behielten sich sowohl der Kläger als auch der öffentliche Ankläger nach Urteilsverkündigung am 24.Mai 1995 Bedenkzeit vor; laut Endverfügung erwuchs das Urteil am 30.Mai 1995 in Rechtskraft. An diesem Tag wurde der Kläger neuerlich wegen des Verdachts nach den §§ 12 und 16 SGG von der Sicherheitsbehörde festgenommen und trat mit diesem Tag seine Strafe an. Mangels Rechtskraft des Urteils des Schöffengerichts konnte die Beklagte als Amtsverteidigerin des Klägers, die in der Hauptverhandlung eine Bestätigung des "Grünen Kreises" ohnehin vorgelegt hatte, jedenfalls vor dem 30.Mai 1995 keinen Antrag nach § 23a SGG an das Erstgericht stellen; ihr Verhalten war schon deshalb nicht rechtswidrig und kann daher keine Schadenersatzansprüche des Klägers iSd §§ 1295 ff ABGB auslösen.
Erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen sich nicht zur Beurteilung. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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