OGH 1Ob107/97k

OGH1Ob107/97k28.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** OHG, ***** vertreten durch Dr.Andreas Stepan, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, und 2.) Land Wien, vertreten durch Dr.Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 366.710,-- sA und Feststellung (Streitwert S 233.290,- -) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7.Jänner 1997, GZ 14 R 190/96f-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19.Juni 1996, GZ 31 Cg 31/95x-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei betreibt im Zentrum von Wien ein Hotel. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich eine von einer Kommanditgesellschaft (in der Folge kurz KG) seit 1988 betriebene Diskothek, wobei die Konzession zum Betrieb des Gastgewerbes in der Betriebsart einer Bar deren Komplementärin, einer Gesellschaft mbH (in der Folge GmbH) erteilt worden war. Dieser Bescheid, der auch der klagenden Partei zugestellt worden war, erwuchs am 22.12.1988 in Rechtskraft, ohne daß diese dagegen ein Rechtsmittel erhoben hätte. Bereits am 16.12.1988 hatte die klagende Partei beim Magistratischen Bezirksamt für den 1. und 8. Wiener Gemeindebezirk (in der Folge MBA 1/8) eine detailliert ausgeführte „Lärmbeschwerde“ über die unmittelbar benachbarte Diskothek eingebracht.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zum Ersatz ihres mit S 366.710,-- sA bezifferten Schadens und die Feststellung der Haftung für künftige Schäden, die durch den Betrieb der Diskothek im Hotelbetrieb der klagenden Partei entstehen werden. Infolge des von der Diskothek ausgehenden Lärms und des dadurch bedingten Ausbleibens von Gästen habe die klagende Partei einen Verdienstentgang erlitten, der in den Jahren 1993 bis 1995 S 203.000,-- betragen habe. Für die notwendige Rechtsverfolgung seien der klagenden Partei Kosten von S 163.710,-- entstanden. Da auch in Zukunft Verdienstausfälle zu erwarten seien, sei das Feststellungsbegehren berechtigt. Die Organe der gemäß § 1 Abs 3 AHG solidarisch haftenden beklagten Parteien hätten weder bei der Genehmigung der Betriebsanlage im Jahr 1988 noch bei der Vorschreibung nachträglicher Auflagen ausreichende und dem § 74 GewO entsprechende Maßnahmen gegen die Lärmentwicklung ergriffen. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen sei nicht überprüft worden, insbesondere jener über die verfügte Sperrstunde und die Höchstbesucherzahl. Dadurch hätten die beklagten Parteien schuldhaft rechtswidrig einen Vermögensschaden der klagenden Partei herbeigeführt. In den Jahren 1988 bis 1993 sei die Diskothek aber auch von der KG ohne entsprechende Gewerbeberechtigung betrieben worden, ohne daß die beklagten Parteien geeignete Maßnahmen (Schließung und Verhängung von Verwaltungsstrafen) ergriffen hätten. Zum Antrag auf nachträgliche Vorschreibung zusätzlicher Auflagen (§ 79 GewO) sei die klagenden Partei nicht berechtigt gewesen, weshalb die von der Behörde verfügte Zurückweisung darauf abzielender Anträge unbekämpft geblieben sei. Die Bekämpfung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheids und des Bescheids, mit dem im Jahre 1990 weitere (unzureichende) Auflagen vorgeschrieben wurden, sei infolge Aussichtslosigkeit bzw mangels Parteistellung unterblieben. Die beklagten Parteien wären von Amts wegen verpflichtet gewesen, gegen die Lärmstörungen vorzugehen und diesen vorzubeugen; eines Rechtsmittels bzw einer Antragstellung durch die klagende Partei hätte es gar nicht bedurft. Eine Verletzung der Rettungspflicht im Sinne des § 2 Abs 2 AHG sei der klagenden Partei daher nicht anzulasten.

Die beklagten Parteien wendeten ein, im Zuge der Konzessionserteilung ausreichende Auflagen erteilt zu haben, um die Anrainer vor Lärm zu schützen. Diese Auflagen seien auch eingehalten worden. Schon bei der Konzessionserteilung, aber auch im danach folgenden Verwaltungsverfahren wäre es der klagenden Partei möglich gewesen, durch Rechtsmittel Abhilfe gegen den angeblich unzulässigen Lärm zu schaffen. Durch die Unterlassung der Erhebung von Rechtsmitteln habe sie die ihr obliegende Rettungspflicht verletzt. Die Organe der beklagten Parteien hätten stets im Rahmen vertretbarer Rechtsauslegung gehandelt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, der 1988 ergangene Betriebsanlagengenehmigungsbescheid sei von der klagenden Partei ebenso wenig bekämpft worden, wie der vom Magistrat am 7.8.1990 erlassene weitere Bescheid, mit dem zusätzliche Auflagen zwecks Lärmreduzierung vorgeschrieben worden seien. Die Organe der beklagten Parteien hätten - zumeist infolge von Anrainerbeschwerden - verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den von der Diskothek ausgehenden Lärm im gesetzmäßigen Rahmen zu halten, bzw entsprechende Kontrollen vorgenommen. So habe das MBA 1/8 mit Schreiben vom 25.2.1991 eine andere Magistratsabteilung ersucht, die Betriebsanlage GmbH kommissionell zu überprüfen, insbesondere die Musikanlage (Leistungsbegrenzer), und sei den Lärmbeschwerden wiederholt nachgegangen. Am 21.4.1994 sei im Hotel der klagenden Partei von Beamten der Bundespolizeidirektion Wien eine Schallpegelmessung durchgeführt worden, wobei der Lärm als „erheblich belästigend“ qualifiziert worden sei. Mit Schreiben vom 6.7.1994 seien der GmbH zusätzliche Auflagen angekündigt worden. Den Antrag der klagenden Partei auf sofortige Plombierung der Musikanlage und Vorverlegung der Vergnügungssperrstunde habe das MBA 1/8 mit Bescheid vom 17.8.1994 zurückgewiesen; die klagende Partei habe dagegen kein Rechtsmittel erhoben. Im Zuge der Verhandlung vom 9.8.1994 sei unter anderem auch den Anrainern das Ergebnis der Schallpegelmessung bekannt gegeben und auch die klagende Partei zur Erhebung von Einwendungen aufgefordert worden. Der Grundtenor der Einwendungen sei dahin gegangen, daß wirksame Abhilfe gegen den störenden Lärm bisher weder von der Diskobetreiberin geschaffen noch von der Behörde verfügt worden sei. Das MBA 1/8 habe mit Schreiben vom 18.1.1995 der klagenden Partei mitgeteilt, daß die Gewerbebehörde weitere Schritte wegen der behaupteten Lärmbelästigung ablehne, weil Personen, die sich nur vorübergehend (zB Hotelgäste) in der Nähe der Betriebsanlage der Diskothek aufhielten, nicht die gleichen Rechte wie Nachbarn besäßen, und im Rahmen der Gewerbeordnung keine Möglichkeit bestehe, die Hotelgäste vor Lärmemissionen zu schützen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die klagende Partei habe die ihr gemäß § 2 Abs 2 AHG obliegende Rettungspflicht verletzt. Es sei ihr zumutbar gewesen, die jeweils ergangenen Bescheide zu bekämpfen. Ob die der klagenden Partei möglichen Rechtsmittel erfolgreich gewesen wären, sei nicht zu beurteilen, weil die zur Verfügung gestandenen Rechtsbehelfe abstrakt die Möglichkeit geboten hätten, einen Schadenseintritt zu verhindern.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es gelangte gleichfalls zur Ansicht, daß die klagende Partei der ihr obliegenden Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG nicht Genüge getan habe. Schon gegen die Konzessionserteilung hätte sie ein Rechtsmittel ergreifen müssen; einem solchen Rechtsmittel sei durchaus abstrakte Erfolgsaussicht zuzumessen. Selbst unter Bedachtnahme darauf, daß die klagende Partei im gewerberechtlichen Verfahren zum Antrag auf Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nicht berechtigt gewesen sei, hätte sie gegen die einzelnen Bescheide als Anrainerin Rechtsmittel einbringen können. Ein Schreiben, in dem die Gewerbebehörde die Änderung bzw zusätzliche Anordnung von Auflagen ablehne, sei als Bescheid anzusehen, wogegen die klagende Partei ein Rechtsmittel hätte erheben können. Den von der klagenden Partei im Verwaltungsverfahren erhobenen zahlreichen Beschwerden hätte der von § 2 Abs 2 AHG geforderte Nachdruck gefehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Die Vorinstanzen haben die Klagsabweisung ausschließlich damit begründet, daß die klagende Partei die ihr obliegende Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG vernachlässigt habe. Dieser Ansicht kann indes nicht gefolgt werden:

Gemäß § 2 Abs 2 AHG besteht ein Ersatzanspruch dann nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch Rechtsmittel oder durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hätte abwenden können. Das Gesetz überläßt zunächst dem Betroffenen selbst die Wahrung seiner Interessen und gewährt ihm Amtshaftungsansprüche nur dort, wo er innerhalb des betreffenden Verfahrens alle Anfechtungsmittel vergeblich ausgeschöpft hat. Der Devolutionsantrag nach § 73 Abs 2 AVG sowie die Säumnisbeschwerde an den VwGH gemäß Art 132 B-VG sind Rechtsmittel im Sinne des § 2 Abs 2 AHG (SZ 54/86 mwN).

Die klagende Partei hätte abstrakt den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 17.11.1988 bekämpfen können: Gemäß § 75 Abs 2 GewO genoß sie nämlich als Inhaberin eines Beherbergungsbetriebs Formalparteistellung (JBl 1993, 532; Gerscha/Steuer, Kommentar zur Gewerbeordnung, Rz 6 zu § 75; Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage2, Rz 80, 214, 216; Gladt, Betriebsanlagen und ihre Nachbarn [1992], 85 und behielt diese auch für das Folgeverfahren gemäß § 79 GewO (Stolzlechner aaO Rz 223). Die Tatsache, daß sie gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid kein Rechtsmittel ergriff, ist ihr aber dennoch nicht als Verletzung der Rettungspflicht im Sinne des § 2 Abs 2 AHG anzulasten. Die Diskothek nahm ihren Betrieb erst nach Bescheiderlassung auf, sodaß die klagende Partei nicht dazu verhalten war, aufgrund von noch nicht verifizierten Bedenken gegen die allenfalls zu erwartende übermäßige Lärmentwicklung bereits den Genehmigungsbescheid zu bekämpfen, ohne die sich tatsächlich ergebende Lärmbelästigung abzuwarten. Selbst wenn schon während der noch offenen Rechtsmittelfrist eine Lärmbelästigung von erheblichem Ausmaß aufgetreten sein sollte, hieße es die Rettungspflicht der klagenden Partei als Nachbarin überspannen, wollte man von ihr schon die Bekämpfung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheids fordern, hätte sie sich doch zu diesem Zweck kurzfristig fundierte Grundlagen (in Form von profunden Privatgutachten) verschaffen müssen, wäre doch sonst die Bescheidbekämpfung gewiß von vornherein völlig aussichtslos gewesen (vgl dazu insbesondere Gladt aaO 85). Die klagende Partei durfte vielmehr - zunächst - darauf vertrauen, daß die Behörden gemäß § 79 Abs 1 GewO vorgehen würden, wonach von der Behörde andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben sind, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergeben sollte, daß die gemäß § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, wird doch gerade dadurch, daß ein Nachbar nicht sofort und ohne ausreichende Grundlage die Genehmigung einer Betriebsanlage gemäß § 77 GewO bekämpft (bzw gar nicht mit Aussicht auf Erfolg bekämpfen kann), den von den beklagten Parteien in den Vordergrund gerückten Interessen der Betreiber solcher Anlagen Rechnung getragen, daß die Inbetriebnahme einer Anlage nicht mutwillig verhindert werden soll. Fast immer, wird sich erst im Zuge des Betriebs herausstellen, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 GewO zumutbar sind (§ 77 Abs 2 GewO). Gleiches gilt auch für die unterlassene Bekämpfung des Bescheids vom 7.8.1990, mit dem zusätzliche Auflagen vorgeschrieben wurden. Dem Schreiben einer Behörde, in welchem weitere Schritte zur Vermeidung der Lärmbelästigung abgelehnt werden, kommt im Gegensatz zur Ansicht des Gerichts zweiter Instanz kein Bescheidcharakter zu, sodaß der klagenden Partei eine Anfechtungsmöglichkeit gar nicht offen stand. Aus einem solchen Schreiben ergibt sich nämlich weder der Wille der Behörde, „bindend“ Rechtsverhältnisse zu gestalten oder festzustellen (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 511), noch entspricht ein solches Schreiben den für einen Bescheid erforderlichen (Mindest)Erfordernissen (siehe Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 269).

Erst von der Gewerberechtsnovelle 1997 wurde durch die Neufassung des § 79 a GewO auch soweit es um die Vorschreibung nachträglicher Auflagen geht, eine Antragslegitimation der Nachbarn, die bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung der betreffenden Betriebsanlage Nachbarn waren, eingefügt (Gerscha/Steuer aaO Rz 1 zu § 79 a); diese Bestimmung kann im vorliegenden Fall aber noch nicht Anwendung finden. Nach der durch die Gewerberechtsnovelle 1997 geschaffenen Gesetzeslage hätte die klagende Partei durch Einbringung eines Antrags auf Vorschreibung nachträglicher Auflagen als Nachbarin Parteistellung erlangt (§ 79 a Abs 4 GewO), die davor maßgebliche Gesetzeslage sah dagegen im Zusammenhang mit dem nach § 79 GewO von der Behörde durchzuführenden Verfahren weder eine Antragsstellung seitens des Betriebsanlageninhabers noch auch eine solche von Nachbarn vor, sondern es handelte sich hiebei um ein von der Behörde von Amts wegen durchzuführendes Verfahren. Der klagenden Partei stand demnach auch nicht die Möglichkeit offen, die Entscheidungspflicht der Behörde geltend zu machen, also einen Devolutionsantrag zu stellen (SZ 68/180 mwN; VwGH 24.4.1990, 89/04/0180 = WBl 1991, 131; VwGH 18.10.1988, 88/04/0198; vgl 575 BlgNR 20. GP, 11f; Gladt aaO 116, 125f; Stolzlechner aaO Rz 223 und 302).

Eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung kann nicht schlechthin alle Eingriffe in das Eigentum von Nachbargrundstücken zu rechtmäßigen machen; eine dem entgegenstehende Ansicht würde zu einer Versteinerung der Betriebsanlagengenehmigung führen. Die Gerichte haben vielmehr die Rechtmäßigkeitsprüfung selbständig dahin durchzuführen, daß beurteilt wird, ob die Voraussetzungen nach § 79 GewO vorliegen und eine dann zu erwarten gewesene Änderung der Auflage den eingetretenen Schaden verhindert oder vermindert hätte. Sollte sich herausstellen, daß die Voraussetzungen für die Erteilung weiterer Auflagen nach § 79 GewO vorgelegen wären und diese den Schaden hintangehalten oder vermindert hätten, wird zu prüfen sein, ob die Organe der beklagten Parteien ein Verschulden daran traf, daß sie nicht von sich aus diese Maßnahmen durchführten (SZ 68/180 mit zustimmender Besprechungen von Jabornegg in JBl 1996, 446 [453] und Bußjäger in RdU 1996, 121 [123]). Sowohl § 74 Abs 2 wie auch § 79 GewO sind Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB. Unterläßt die Gewerbebehörde rechtswidrig und schuldhaft die Herstellung des auflagengemäßen und gesetzmäßigen Gewerbebetriebs durch Erteilung der erforderlichen Auflagen oder durch Erlassung von Zwangsmaßnahmen oder Strafbescheiden, dann entsteht Amtshaftung für die dadurch verursachten Vermögensschäden von Anrainern (JBl 1993, 532 mit zustimmender Besprechung von Kerschner; Gerscha/Steuer aaO Rz 13 zu § 74, Rz 4 zu § 79 a; Muzak AnwBl 1997, 30f). Dieser Amtshaftungsanspruch besteht - wie schon ausgeführt - selbst dann, wenn gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid kein Rechtsmittel ergriffen wurde. Die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen einen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid in der Vergangenheit kann keine Verletzung der Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG bei solchen Sachverhalten sein, die erst in der Zukunft gesetzt werden (Gerscha/Steuer aaO Rz 5 und 7 zu § 79a).

Zur Behauptung, die KG habe die Diskothek ohne Konzession betrieben, ist auszuführen:

Wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, begeht gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO eine Verwaltungsübertretung. Nach § 360 Abs 3 GewO hat die Behörde außerdem den gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betrieb an Ort und Stelle zu schließen, wenn eine Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO offenkundig ist. Die klagende Partei hat behauptet, die Diskothek sei in der Zeit von 1988 bis 1993 ohne Gewerbeberechtigung und somit unbefugt betrieben worden (Seite 7 der Klage bzw Seite 10 der Revision). Für diesen Zeitraum wird zu klären sein, ob der Mangel der Gewerbeberechtigung für die Behörde offenkundig war und bejahendenfalls, warum sie nicht mit einer Schließung des Betriebs vorgegangen ist. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei fiele der für die Jahre 1994 und 1995 geltend gemachte Verdienstentgang nicht in den Zeitraum unbefugter Gewerbeausübung. Für diese Zeit könnte der Behörde als auch nicht angelastet werden, daß die Betriebsanlage trotz mangelnder Gewerbeberechtigung nicht geschlossen worden ist.

Da der klagenden Partei eine Verletzung der Rettungspflicht gemäß § 2 Abs 2 AHG nicht anzulasten ist, wird das Erstgericht das Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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