OGH 4Nd504/98

OGH4Nd504/9822.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf und Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roswitha F*****, vertreten durch Dr.Christian Puswald, Rechtsanwalt in St.Veit/Glan, wider die beklagte Partei Dr.Werner F*****, wegen Ehescheidung, über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Bezirksgerichtes Innsbruck das Bezirksgericht Villach zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind verheiratet; ihr Wohnsitz liegt im Sprengel des Bezirkgerichtes I*****. Die Klägerin begehrt die Scheidung aus dem Alleinverschulden des Beklagten; die Ehe sei infolge Lieb- und Interesselosigkeit des Beklagten derart zerrüttet, daß die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft ausgeschlossen sei. Sie beantragt die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht V*****. Als Vertragsbedienstete am Landesgericht I***** hätte sie ebenso wie der Beklagte als Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in L***** ein großes Naheverhältnis zu den Gerichten im Sprengel des Oberlandesgerichtes I*****; da mit einer Ehescheidung naturgemäß die Preisgabe von "intimen Details" verbunden sei, liege es im Interesse beider Streitteile, die Rechtssache außerhalb dieses Oberlandesgerichtssprengels zu verhandeln und zu entscheiden. Eine Delegierung an das Bezirkgericht V*****, in dessen Sprengel sie die Ehe geschlossen hätten, erscheine deshalb zweckmäßig, weil die Streitteile seit Beginn ihrer Ehe ein Naheverhältnis zu Kärnten hätten und auch allenfalls maßgebliche Zeugen im Sprengel des Bezirksgerichtes V***** wohnten.

Der Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Ein Naheverhältnis eines der Streitteile zur zuständigen Richterin bestehe nicht. Nur ein einziger Zeuge sei im Gerichtssprengel V***** wohnhaft, eine große Anzahl von Zeugen müßte hingegen von I***** nach V***** zureisen. Mit einem noch viel höheren Kostenaufwand müßte dann ein Aufteilungsverfahren in V***** durchgeführt werden.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßigkeitsgründe bilden etwa der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage eines Augenscheinsgegenstandes (4 Nd 2/95; 4 Nd 502/98 uva); Zielsetzung der Delegation ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszuganges oder der Amtstätigkeit (Mayr in Rechberger, Rz 4 zu § 31a JN; 7 Nd 508/97 uva). Nach dem Vorbringen der Parteien hat nur ein einziger Zeuge seinen Wohnsitz im Sprengel des Bezirkgerichtes V*****, während die Parteien und mehrere andere Zeugen in Tirol wohnen; ein eindeutiger Schwerpunkt für die Gerichtstätigkeit beim Bezirksgericht V***** liegt demnach nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Delegierungsantrag nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden (EvBl 1968/144 mwN); umso weniger kann eine Delegierung aus Zweckmäßigkeit mit Umständen gerechtfertigt werden, die gar keine konkrete subjektive Befangenheit eines Organträgers besorgen lassen (4 Nd 512/88; 7 Nd 505/89). Es erübrigt sich daher, auf jene Umstände einzugehen, die nach dem Vorbringen im Delegierungsantrag ein "Naheverhältnis" der Streitteile zum Sprengel des Oberlandesgerichtes I***** begründen.

Die Delegierung muß ein Ausnahmefall sein, weil eine allzu großzügige Anwendung des § 31 JN zu einer unvertretbaren Lockerung der Zuständigkeitsordnung führen würde (EvBl 1966/380; 1 Nd 16/95; 10 Nd 501/98 uva). Spricht demnach hier die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig für die Durchführung des Verfahrens vor dem Gericht, das zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden soll, so ist der Partei, die der Delegierung widerspricht, der Vorzug zu geben (Arb 9.589). Es hat daher bei der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bleiben.

Stichworte