OGH 8NdA1/98

OGH8NdA1/987.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dietmar H*****, vertreten durch Dr.Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1010 Wien, Hohenstaufengasse 10-12, vertreten durch Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kündigungsanfechtung (Streitwert S 300.000,--) über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Der in Graz wohnhafte und beschäftigte Kläger ficht die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die beklagte Partei, die ihren Sitz in Wien hat, beim Arbeits- und Sozialgericht Wien an.

Mit Schriftsatz ON 5 beantragt der Kläger die Überweisung der Arbeitsrechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht aus Gründen der Zweckmäßigkeit, weil ansonsten eine Vielzahl von Zeugen nach Wien anreisen müßten.

Die beklagte Partei spricht sich gegen die Delegierung aus.

Das angerufene Gericht meint, der Kläger hätte die Klage bereits beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht einbringen können; die auswärtigen Zeugen könnten im Rechtshilfeweg einvernommen werden, sodaß nur der Kläger nach Wien zur Parteienvernehmung anreisen müßte; es spricht sich daher offensichtlich gegen die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist begründet.

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit kann gemäß § 31 Abs 1 JN eine Rechtssache an ein anderes Gericht überwiesen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zu jenem die offenbar engste Beziehung besteht und die Delegierung zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens, der Erleichterung des Gerichtszuganges oder der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Verfahrens beitragen kann; das ist insbesondere dann zu erwarten, wenn beide Parteien oder zumindest eine von ihnen und die überwiegende Zahl der Zeugen im Sprengel des begehrten Gerichtes wohnen (Fasching LB**2 Rz 209).

Letzteres ist hier der Fall. Es ist zwar richtig, daß der Kläger gemäß § 4 Abs 1 lit a und c ASGG die Klage bereits beim nun begehrten Gericht hätte einbringen können und daß nicht ganz verständlich ist, warum er von diesem Wahlgerichtsstand (Kuderna ASGG**2 78) nicht Gebrauch gemacht und am Gericht des Sitzes der beklagten Partei (§ 4 Abs 1 lit b ASGG) die Klage anhängig gemacht hat, obwohl er voraussehen hätte können, daß der Großteil der Zeugen, insbesondere die von ihm namhaft gemachten Zeugen, im Sprengel des nun begehrten Gerichtes wohnen. Das ändert aber nichts daran, daß es dennoch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu überweisen, weil im Sprengel dieses Gerichtes der Großteil der zu vernehmenden Zeugen und der Kläger wohnen und bisher mit den Beweisaufnahmen noch nicht begonnen wurde. Es gibt keinen Grundsatz, daß nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können; maßgeblich ist vielmehr gemäß § 31 JN ausschließlich die Zweckmäßigkeit, die hier eindeutig gegeben ist.

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