OGH 9ObA384/97d

OGH9ObA384/97d1.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Elmar A.Peterlunger und Herbert Hannig als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sonja D*****, derzeit ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Richard S***** AG, *****, vertreten durch Beck & Dörnhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, wegen S 189.860,88 brutto sA, infolge Revision (Revisionsinteresse S 186.550,50 brutto sA) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.September 1997, GZ 8 Ra 212/97y-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 6.März 1997, GZ 16 Cga 135/96b-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teiles zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 189.860,88 brutto samt 5 % Zinsen aus S 3.310,38 seit 5.10.1996 sowie 4 % Zinsen aus S 145.962,10 seit 5.10.1996 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Ein 4 % p.a. übersteigendes Zinsenmehrbegehren aus S 145.962,10 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die Pauschalgebühr von S 6.890,-- sowie der Gewerkschaft der Privatangestellten als freiwilliger kollektivvertragsfähiger Interessenvertretung den mit S 5.400,-- bestimmten Aufwandersatz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der Gewerkschaft der Privatangestellten als freiwilliger kollektivvertragsfähiger Interessenvertretung den mit S 3.600,-- bestimmten Aufwandersatz für das Berufungsverfahren sowie der klagenden Partei S 10.600,-- an Pauschalgebühr des Berufungsverfahrens sowie S 23.150,-- (darin S 1.650,-- USt und S 13.250,-- Barauslagen) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 22.10.1990 bis 5.10.1996 bei der beklagten Partei als Verkäuferin beschäftigt, davon seit 1.1.1994 als Stellvertreterin der Leiterin der Filiale O*****. Das Arbeitsverhältnis endete durch Entlassung; die Klägerin war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (6.3.1997) noch ohne Beschäftigung. Zuletzt bezog sie ein monatliches Bruttogehalt von S 17.395 14mal jährlich. Der Höhe nach außer Streit stehen ferner die auf dieser Basis ermittelte Kündigungsentschädigung von drei Monatsgehältern (bis einschließlich 31.3.1997) von S 60.882,51 brutto, die Abfertigung von S 60.882,51 brutto, Urlaubsentschädigung für 31 Werktage von S 24.196,90 brutto und die Entlohnung für 15 Überstunden von S 3.310,38 brutto.

Mit ihrer Klage vom 16.12.1996 begehrte die Klägerin vorerst den Zuspruch von S 149.272,48 brutto samt den gesetzlichen Zinsen seit 5.10.1996, bestehend aus Abfertigung, Kündigungsentschädigung für drei Monate, Urlaubsentschädigung und Entlohnung für 15 Überstunden, mit dem Vorbringen, daß sie am 5.10.1996 unberechtigt von der Beklagten entlassen worden sei. In der Folge (AS 51) dehnte die Klägerin ihr Begehren um den Betrag von S 40.588,40 brutto an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 6.1. bis 5.3.1997 aus.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und hinsichtlich der um zwei weitere Monatsbeträge ausgedehnten Kündigungsentschädigung auch der Höhe nach und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. In jeder Filiale der beklagten Partei gebe es ein eigenes Buch, in das Personaleinkäufe mit Namen, Artikelnummer und Preis eingetragen würden. Es gelte das "Vieraugenprinzip", d.h., es müsse eine Mitarbeiterin, die Waren einkauft, den Einkauf von einer anderen Mitarbeiterin abwickeln lassen. Die Bezahlung habe dann bar in die Kassa zu erfolgen. Diese Regelung gelte auch dann, wenn im Rahmen eines Personaleinkaufes erworbene Waren umgetauscht würden. Bereits getragene Kleidungsstücke dürften jedoch nicht mehr umgetauscht werden. Am 3.10.1996 habe die Klägerin in Abwesenheit der Filialleiterin M***** bei der Verkäuferin Andrea F***** einen getragenen Pullover umgetauscht, eine weitere Verkäuferin, Sonja S*****, habe diesen Vorgang beobachtet. Weil dieser Umtausch unzulässig gewesen sei, habe die Klägerin diese Mitarbeiterinnen angewiesen, der Filialleiterin nichts davon zu erzählen. Am 4.10.1996 hätten die beiden anderen Verkäuferinnen dennoch die Filialleiterin informiert, welche ihrerseits die Klägerin zur Rede gestellt habe. Diese habe vorerst erklärt, daß der Pullover von einer Kundin umgetauscht worden wäre. In einem weiteren Gespräch vom 5.10.1996 habe sie ihre Aussage dahin geändert, daß eine Kundin den Pullover zum Geschenk erhalten und dann umgetauscht habe. Über Vorhalt des in Händen der Filialleiterin befindlichen Umtauschbeleges habe die Klägerin dann zugegeben, einen eigenen Pullover umgetauscht zu haben. Durch diese Vorfälle sei das Vertrauensverhältnis zur Klägerin derart beeinträchtigt, daß es der Beklagten nicht zumutbar gewesen sei, die Klägerin auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Als Filialleiterstellvertreterin habe sie eine besondere Vertrauensposition eingenommen, der sie in keiner Weise gerecht geworden sei. Sie habe sogar von ihr untergebenen Mitarbeiterinnen verlangt, die eigene unkorrekte Vorgangsweise zu decken. Die Entlassung sei daher im Hinblick auf § 27 Z 1 und 4 AngG gerechtfertigt. Hinsichtlich der Kündigungsentschädigung für die ersten zwei Monate des Jahres 1997 sei der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenunterstützung zu berücksichtigen.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte für schuldig, der Klägerin S 3.310,38 brutto samt 5 % Zinsen seit 5.10.1996 (an Überstundenentlohnung) zu zahlen, wies jedoch das restliche Klagebegehren ab. Zusätzlich zum unstrittigen Sachverhalt stellte es fest: Die Beklagte hat im österreichischen Bundesgebiet 93 Filialen. Für Personaleinkäufe besteht eine in allen Filialen einzuhaltende und jeder Mitarbeiterin bekannte Regelung, wonach bei jedem Einkauf Name der Käuferin, Nummer des Artikels und der Preis in ein aufliegendes Buch einzutragen sind und die Käuferin den Einkauf jeweils von einer anderen Beschäftigten abwickeln lassen muß. Die Bezahlung erfolgt bar. Die gleiche Regelung gilt, wenn Waren, die im Rahmen eines Personaleinkaufes erworben wurden, umgetauscht werden. Mitarbeitern wird bei derartigen Einkäufen ein Preisnachlaß von 20 % gewährt. Es ist gestattet, daß eine Mitarbeiterin einen Artikel zum Probieren mit nach Hause nimmt, sie kann so den Erwerb überlegen. Spätestens zum nächsten Monatsersten muß der Artikel aber bezahlt werden und darf während dieser Zeit nicht getragen werden. Getragene Kleidungsstücke werden grundsätzlich nicht zurückgenommen oder umgetauscht. Im September 1996 nahm die Klägerin einen Pullover zu einem Kaufpreis von S 299 mit nach Hause und bezahlte ihn zunächst nicht. Sie brachte ihn einige Tage später wieder zurück. In der Folge entschloß sie sich doch zum Kauf, bezahlte den Pullover und nahm ihn wieder mit. Diese Vorgänge wurden der allgemeinen Regelung entsprechend im aufliegenden Buch festgehalten. Als die Filialleiterin M***** am Donnerstag, dem 3.10.1996, arbeitsfrei hatte, brachte die Klägerin den schon bezahlten und auch getragenen Pullover zurück und tauschte ihn um. Sie wies die beiden Verkäuferinnen F***** und S***** an, der Filialleiterin von diesem Umtausch nichts zu erzählen. Als die Filialleiterin am nächsten Tag ins Geschäft kam, fiel ihr der Pullover auf, weil nach diesem Artikel große Nachfrage bestanden hatte, jedoch die Bestände zur Gänze verkauft waren. Sie nahm den Pullover aus dem Regal und merkte, daß das Preisschild fehlte und der Pullover getragen worden war. Sie fragte nach, was mit dem Pullover sei und erhielt von der Verkäuferin F***** die Auskunft, daß der Pullover umgetauscht worden sei. Einen Namen nannte die Verkäuferin nicht. Zu Mittag desselben Tages setzten die Verkäuferinnen F***** und S***** trotz der Anordnung der Klägerin die Filialleiterin vom wahren Sachverhalt in Kenntnis. Sie hatten ein schlechtes Gewissen, weil sie zunächst auf die Frage der Filialleiterin verschwiegen hatten, wer den Pullover zurückgebracht hatte. Die Filialleiterin stellte daraufhin die Klägerin zur Rede und erhielt die Antwort, daß der Pullover von einer guten Kundin umgetauscht worden sei. Später sagte die Klägerin, daß die Kundin den Pullover geschenkt erhalten hatte und nicht behalten wollte. Zu diesem Zeitpunkt war die Filialleiterin schon in Kenntnis davon, daß die Klägerin die Unwahrheit sagte. Über den Umtausch vom 3.10.1996 war ein Nachbon ausgestellt worden, aus dem aufgrund einer Codenummer hervorging, daß die Klägerin einen von ihr mitgenommenen Artikel zurückgebracht hatte. Diesen Bon hielt die Filialleiterin der Klägerin vor, welche daraufhin zugab, selbst den Pullover zurückgebracht zu haben. Die Filialleiterin war über das Verhalten der Klägerin "schockiert" und informierte sofort telefonisch die zuständige vorgesetzte Sachbearbeiterin über das Vorgefallene. Diese kam in die Filiale, befragte die Verkäuferinnen über die Vorgänge, was handschriftlich festgehalten wurde, und sprach daraufhin gegenüber der Klägerin, die sich damit zu rechtfertigen suchte, daß sie nicht geglaubt habe, die Sache sei so tragisch, die Entlassung aus.

Ausgehend von diesen Feststellungen vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, daß die Klägerin ein Verhalten gesetzt habe, welches sie des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen ließ. Bei objektiver Beurteilung des Sachverhaltes sei der Beklagten nicht zumutbar gewesen, die Klägerin während der Kündigungszeit weiter zu beschäftigen. Die Klägerin habe die ihr als Filialleiterstellvertreterin im besonderen und darüber hinaus auch als Verkäuferin zukommenden Pflichten gröblich vernachlässigt. Das Zurückbringen eines getragenen Kleidungsstückes zwecks Weiterverkaufs schade dem Ansehen der beklagten Partei als Textilhandelsunternehmen. Darüberhinaus habe die Klägerin bei ihrer Einvernahme als Partei vor Gericht keine Einsicht gezeigt, vielmehr habe sie versucht, glaubhaft zu machen, daß ein ganz normaler Umtausch vorgelegen habe. Neben einem Verstoß gegen § 27 Z 1 AngG sei der Klägerin auch ein solcher gegen § 27 Z 4 AngG anzulasten, weil sie versucht habe, Mitarbeiterinnen zu einem pflichtwidrigen Verhalten zu veranlassen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nicht der Verstoß der Klägerin gegen die vom Arbeitgeber aufgestellten Regeln für Personaleinkäufe für die Entlassung maßgeblich gewesen sei, aber ihr weiteres Vorgehen als Entlassungsgründe nach § 27 Z 1 und 4 AngG zu werten seien. In der Anweisung gegenüber Mitarbeitern, der Filialleiterin nichts von der Warenrückgabe zu erzählen, liege der Versuch, andere Bedienstete zum Ungehorsam zu verleiten. Dadurch, daß sie die Filialleiterin mehrfach belogen habe, habe sie das Vertrauensverhältnis derart gravierend erschüttert, daß der Beklagten die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses bis zum nächsten Kündigungstermin nicht zugemutet werden könne.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Für den ersten Entlassungstatbestand des § 27 Z 1 AngG kommt es darauf an, daß objektiv berechtigte, sachliche Interessen des Arbeitgebers verletzt werden. Der Arbeitsvertrag ist die Grundlage für die Verpflichtung des Angestellten, alles zu unterlassen, was diese Interessen des Arbeitgebers zu gefährden geeignet ist. Das für die Tatbestandsmäßigkeit notwendige Gewicht dieser Interessen - unbedeutende, geringfügige Interessen reichen nicht aus - und die Intensität ihrer Verletzung oder Gefährdung ergeben sich aus der Vertrauensverwirkung. Voraussetzung hiefür ist eine Handlung - oder wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht - eine Unterlassung des Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen läßt, weil dieser befürchten muß, daß der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde. Hiebei kommt es nicht auf die subjektive Einstellung des Arbeitgebers, sondern darauf an, ob das Verhalten des Angestellten nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise eine solche Befürchtung rechtfertigt und daher objektiv Vertrauensunwürdigkeit bewirkt. Bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit ist auch auf das bisherige Verhalten des Angestellten Bedacht zu nehmen. Ein Angestellter, der sich immer wohl verhalten hat, wird einen größeren Vertrauensvorschuß erwarten dürfen als ein Angestellter, der das Vertrauen seines Arbeitgebers bereits auf die Probe gestellt hat (Kuderna, Entlassungsrecht2 82 mwN; ZAS 1993/19; Arb 11.407). Eine bloße Vertrauenserschütterung oder -beeinträchtigung reicht nicht aus (Kuderna aaO).

Im vorliegenden Fall wurde nun nicht einmal behauptet, daß die Klägerin vor dem konkreten Ereignis je einen Verstoß gegen Dienstpflichten gesetzt hätte, sodaß von einem bisherigen Wohlverhalten der Klägerin ausgegangen werden kann, worauf die Beklagte auch noch in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich hinweist (AS 123). Im Hinblick auf ein fast sechsjähriges Wohlverhalten der Klägerin muß daher die Rückgabe des nicht nur probierten, sondern getragenen Pullovers zwecks Weiterverkaufs zwar als nicht zu befürwortende Pflichtverletzung beurteilt werden, doch kommt diesem Vorgehen bei objektiver Betrachtung noch nicht das Gewicht einer Vertrauensverwirkung zu.

Die Voraussetzungen des Entlassungstatbestandes nach § 27 Z 4 AngG, dritter Tatbestand (Anstiftung zum Ungehorsam und der Versuch einer solchen Anstiftung), werden im allgemeinen erfüllt, wenn ein Angestellter andere Bedienstete zu solchen Handlungen oder Unterlassungen auffordert, deren Verwirklichung durch den auffordernden Angestellten zu dessen Entlassung berechtigen würde (Kuderna aaO 118 mwN). Die Geringfügigkeit des Verstoßes, von dem die anderen Verkäuferinnen nach dem Willen der Klägerin der Filialleiterin nicht Mitteilung machen sollten, hindert die Annahme dieser typischen Voraussetzungen. Darüber hinaus ist auch die Intensität der Beeinflussung nicht bedeutungslos (Kuderna aaO 117; Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, Angestelltengesetz7 Anm 25 zu § 27). Da sowohl den anderen Verkäuferinnen als auch der Klägerin bewußt sein mußte, daß aufgrund des ordnungsgemäß ausgestellten Rückgabebons die Identität der Klägerin als umtauschender Mitarbeiterin jederzeit offengelegt werden konnte, muß die grundsätzlich unkorrekte "Anweisung" der Klägerin dahin gewichtet werden, daß die Mitarbeiterinnen lediglich von sich aus keine Mitteilung machen sollten, eine ausdrückliche Aufforderung zur Lüge bei Befragung durch die Filialleiterin ist daraus aber nicht zwingend erschließbar. Diese mangelnde Intensität der versuchten Beeinflussung schließt die Annahme des dritten Entlassungstatbestandes des § 27 Z 4 AngG aus.

Es verbleibt daher die zunächst unwahre Information der Filialleiterin durch die Klägerin selbst. Auch hier ist das bisherige Wohlverhalten der Klägerin mitzuberücksichtigen. Dazu kommt, daß die Filialleiterin aufgrund der Mitteilungen der beiden anderen Verkäuferinnen und aufgrund des Inhalts des bereits in ihren Händen befindlichen Rücktauschbons darüber Bescheid wußte, daß die Klägerin es gewesen war, die einen getragenen Artikel zurückgegeben hatte. Auch für die Filialleiterin mußte daher bei ihrer Befragung der Klägerin bereits klar sein, daß diese mit ihrer zunächst leugnenden Verantwortung ihr pflichtwidriges Verhalten, welches ihr offenbar unangenehm war, zu decken versuchte. Diese Deckungshandlung war daher objektiv nicht geeignet, das Vertrauen des Arbeitgebers noch weiter zu beeinträchtigen, zumal daraus ein nennenswerter Schaden nicht entstanden ist (ZAS 1993, 223). Zieht man ferner in Betracht, daß die Filiale, in der die Klägerin als Filialleiterstellvertreterin beschäftigt war, relativ klein ist (nach den Feststellungen waren dort nur vier Personen beschäftigt), kann von einer "besonderen Vertrauensstellung" nicht gesprochen werden. Wenngleich die Enttäuschung der Filialleiterin über das Verhalten der Klägerin ihr gegenüber verständlich sein mag, kommt unter Beachtung der oben genannten Kriterien des bisherigen Wohlverhaltens der Klägerin, der geringen Intensität des Verstoßes und der Qualifizierung des späteren Verhaltens der Klägerin als versuchter Deckungshandlung, die einen besonderen Schaden nicht bewirkt hat, dem Verstoß der Klägerin nicht das Gewicht eines derartigen Vertrauensverlustes beim Arbeitgeber zu, der eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin unzumutbar erscheinen ließe.

Infolge der unberechtigten Entlassung hat die Klägerin daher Anspruch auf Abfertigung, Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung.

Da der von der Klägerin zuletzt verdiente Bruttolohn der Höhe nach außer Streit steht, ist die Bestreitung der daraus errechneten Kündigungsentschädigung für die Monate Jänner und Februar 1997 durch die beklagte Partei nicht verständlich. Auch der nicht näher konkretisierte Einwand der Beklagten, der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenunterstützung sei zu berücksichtigen (AS 53), vermag insoweit nicht zu überzeugen, als gemäß § 16 Abs 1 lit k AlVG während des Zeitraumes, für den Kündigungsentschädigung gebührt, der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Sollte hingegen der Klägerin Arbeitslosengeld als Vorschuß auf eine strittige Kündigungsentschädigung gewährt worden sein, geht der Anspruch nach Verständigung des Arbeitgebers wohl auf den Bund zugunsten der Arbeitslosenversicherung in der Höhe der als Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) gewährten Vorschusses über, doch bleibt auch in diesem Fall das Recht auf gerichtliche Durchsetzung dieses Anspruches beim Arbeitnehmer (§ 16 Abs 2 Satz 1und 2 AlVG). Auch dieser Einwand ist demnach unerheblich.

Zum Zuspruch von Zinsen ist auszuführen, daß die Klägerin für den ausgedehnten Betrag von S 40.588,40 brutto (Kündigungsentschädigung für die Monate Jänner und Februar 1997) ein Zinsenbegehren nicht gestellt hat, sodaß im Umfange dieses Teilbetrages Zinsen nicht zuerkannt werden können. Während der Zuspruch von 5 % Zinsen zum Teilkapitalbetrag von S 3.310,38 in Rechtskraft erwachsen ist, können aus dem restlichen Kapitalbetrag Zinsen nicht nach § 49a erster Satz, sondern nur im Ausmaß nach § 49a zweiter Satz ASGG zugesprochen werden, weil, wie schon die unterschiedliche Rechtsansicht der Vorinstanzen zeigt, die Verzögerung der Zahlung durch die Beklagte auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO iVm § 58a Abs 1 und 4 ASGG und § 50 ZPO.

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