OGH 2Ob2201/96g

OGH2Ob2201/96g31.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Oswald O***** und 2. Gertrude O*****, *****, *****, beide vertreten durch Mag. Harald Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1. HB B***** Gesellschaft mbH & Co KG und 2. HB B*****Gesellschaft mbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, wegen Kündigung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5. März 1996, GZ 12 R 30/96g-17, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 22. November 1995, GZ 9 C 661/94v-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mitte der 70-iger Jahre beabsichtigten die beklagten Parteien in H***** ein Flugfeld zu errichten. Das Grundstück Nr.721 der KG H***** im Eigentum der Ehegatten Florian und Maria B***** erschien hiefür geeignet. Der Grenzverlauf dieses Grundstückes ließ aber im Bereich der Landebahn nicht genügend Platz für die erforderlichen Sicherheitsstreifen links und rechts der Piste. Das nördliche Eck des Grundstückes Nr.689 der KG H*****, das sich im Eigentum der Kläger befand, ragte nämlich in das geplante Flugfeld. Am 1. September 1976 schlossen die Ehegatten B***** mit der Rechtsvorgängerin der erstbeklagten Partei (bei der zweitbeklagten Partei handelt es sich um die Komplementärin der erstbeklagten Partei) einen "Pachtvertrag" (zugleich auch "Vorvertrag" genannt) betreffend das Grundstück Nr.721 der KG H***** bzw einen Teil hievon ab. Zur Vertragsdauer enthielt Punkt 3. dieses Vertrages folgende Bestimmung:

"Das Pachtverhältnis beginnt am 1.Jänner 1977 und endet am 31. Dezember 1986. Falls das Pachverhältnis von einem der Vertragspartner nicht drei Monate vor Ablauf des oben angeführten Endtermines gekündigt wird, verlängert sich das Pachtverhältnis jeweils um ein weiteres Jahr. Im Falle einer Kündigung von Seite der Verpächter nach abgelaufener Vertragszeit räumen diese dem Pächter eine Kündigungszeit von einem Jahr ein."

Am 9.Februar 1977 schlossen die beklagten Parteien und die Ehegatten B***** eine Zusatzvereinbarung des Inhaltes, daß die Verlängerung des Pachtvertrages an die Zustimmung der Gemeinde H*****gebunden ist. Der Erstkläger war Mitte der 70-iger Jahre Bürgermeister der Gemeinde H***** und ein Befürworter dieses Flugplatzes, den er später dann auch dazu nützte, um selbst dort zu fliegen. Daher erklärten sich die Kläger bereit, den für den Flugplatz benötigten Teil ihrer Liegenschaft mit dem Grundstück Nr.689 der KG H***** zur Verfügung zu stellen. Etwa im Jahr 1978, jedenfalls nach Abschluß des "Pachtvertrages" samt Zusatzvereinbarung, kamen die Kläger mit den Ehegatten B***** überein, daß ihnen für das dem Flugplatz zur Verfügung gestellte Teilstück ein anderes Grundstück mit etwa dem gleichen Flächenausmaß zur Verfügung gestellt wird, das sie dann bewirtschaften könnten. Dieser "Tausch" der Flächen sollte nach den Vorstellungen der Vertragsparteien (Kläger und Ehegatten B*****) jedenfalls so lange bestehen, als das Bestandverhältnis der Ehegatten B***** mit den beklagten Parteien aufrecht ist. Ob mit dem Tausch der Flächen auch eine Übertragung des Eigentumsrechtes durchgeführt werden sollte, also eine grundbücherliche Durchführung dieses Grundstückstausches bzw der Grenzveränderung beabsichtigt war, konnte nicht festgestellt werden. Ein wechselseitiges Entgelt für die Überlassung der Liegenschaftsteile war nicht vorgesehen. Die Vereinbarung, daß die Kläger den Ehegatten B***** den benötigten Teil für den Flughafen überlassen, stand aber in direkter Verknüpfung mit der Überlassung des Grundstückes südlich des Flugfeldes durch die Ehegatten B*****.

Am 5.April 1979 schlossen die Ehegatten B***** mit der erstbeklagten Partei einen neuen schriftlichen Mietvertrag. Auf wessen Betreiben dies geschah, ist nicht feststellbar. Im Unterschied zum ursprünglichen schriftlichen Vertrag scheint nun ein größeres Flächenausmaß auf, in dem auch die streitgegenständliche Fläche von rund 1.000 m2 enthalten ist. Dieses Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit mit dem Beisatz abgeschlossen, daß die Vermieter frühestens zum 31. Dezember 1986 unter Einhaltung einer jährlichen Kündigungsfrist aufkündigen können. Der Gemeinderat der Gemeinde H***** hat im September 1985 seine Zustimmung zu einer weiteren Verpachtung an die Beklagten widerrufen bzw nicht mehr erteilt. Die beklagten Parteien haben darauf im Hinblick auf den im Jahr 1979 neu abgeschlossenen Mietvertrag, der keine Klausel über das Zustimmungsrecht der Gemeinde zur Weiterverpachtung enthält, nicht reagiert.

Nachdem zehn Jahre um waren, haben die Ehegatten B***** versucht, das Bestandverhältnis mit einer gerichtlichen Kündigung zu beenden, doch ist ihnen dies nicht gelungen. Im August 1989 traten die Kläger an die Ehegatten B***** schriftlich heran und erklärten, daß der ursprünglich abgeschlossene Pachtvertrag mit den beklagten Parteien nunmehr seit geraumer Zeit abgelaufen sei und sie von den späteren Verträgen nicht unterrichtet worden seien. Diese Verträge seien daher auch nicht Grundlage der seinerzeitigen Vereinbarung. Die Kläger ersuchten die Ehegatten B***** daher, der "einvernehmlichen Wiederherstellung des früheren Grenzverlaufes" zuzustimmen, womit sich diese am 10.August 1989 schriftlich einverstanden erklärten. Im Jahr 1990 forderten die Kläger, die nach wie vor grundbücherliche Eigentümer des Grundstückes Nr.689 der KG H***** sind, von den beklagten Parteien die Rückgabe des streitgegenständlichen Streifens mit der Begründung, sie hätten ihn nur als Prekarium für den Flugplatz zur Verfügung gestellt und würden jetzt diesen Streifen zurückverlangen.

Mit Klage vom 5. 12. 1990 begehrten die Kläger die gerichtliche Feststellung, daß den beklagten Parteien ihnen gegenüber keine Mietrechte am Grundstück Nr.689 der KG H***** zustehen, und verlangten außerdem die Räumung dieses Grundstücks. Sie begründeten dies damit, ca. 1.000 m2 des betreffenden Grundstücks der Rechtsvorgängerin der beklagten Parteien lediglich im Wege der Bittleihe zur Verfügung gestellt und die Benützungsbewilligung mittlerweile widerrufen zu haben. Die Ehegatten B***** seien nicht befugt gewesen, den beklagten Parteien Mietrechte am betreffenden Grundstreifen einzuräumen. Das stattgebende Urteil des Landesgerichtes Linz (2 Cg 24/91) wurde vom OLG Linz als Berufungsgericht (6 R 256/92) im Sinne einer Klageabweisung abgeändert. Der Revision der Kläger gab der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 9. 11. 1993, 5 Ob 546/93 (MietSlg 45.020 = MietSlg 45.149) mit der wesentlichen Begründung nicht Folge, den Ehegatten B***** seien fruchtnießerähnliche Rechte am streitgegenständlichen Grundstreifen zugestanden, die sie auch zum Abschluß von Hauptmietverträgen befähigt hätten; in diese Bestandverträge seien die Erwerber des Mietobjektes (hier: die Kläger als Eigentümer nach Beendigung des fremdnützigen Verwertungsrechtes) eingetreten. Um die Beklagten als Bestandnehmer zur Räumung des Bestandobjektes zwingen zu können, bedürfe es daher einer ordnungsgemäßen Aufkündigung oder einer sonst im Gesetz vorgesehenen Auflösung des Bestandverhältnisses. Auf die Frage der Anwendbarkeit des MRG auf das vorliegende Bestandverhältnis ging der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung nicht ein.

Mit Aufkündigung vom 8.6.1994 kündigten die Kläger den Beklagten ohne Geltendmachung von Kündigungsgründen die Teilfläche 4 im Grundstück 689 und die Teilfläche 5 im Grundstück Nr. 692 je KG H*****auf.

Die Beklagten beantragten die Aufhebung der Kündigung. Das Mietverhältnis unterliege dem MRG, eine Teilkündigung sei nicht möglich. Die betroffenen Teilflächen seien Bestandteil des gesamten Mietgegenstandes, weil die Kläger von Anfang an mit der Errichtung eines Zivilflugplatzes einverstanden gewesen seien und mit den Rechtsvorgängern der Kläger ein einheitlicher Mietvertrag abgeschlossen worden sei.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Klagebegehren auf Übergabe der Grundstücksflächen ab. Es stellte fest, daß sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages die Liegenschaft als Feld ohne Aufbauten darstellte, wobei der allen Beteiligten, insbesondere auch den Klägern, bekannte Vertragszweck die Errichtung und der Betrieb eines Werkflugplatzes war. In der Folge wurde auf der Liegenschaft eine Flugzeughalle in Form einer Stahlkonstruktion im Ausmaß von 30,48 x 30,48 m, bestehend aus einem Flugzeughangar und einem Nebentrakt mit Werkstätte, Büro, Lager-, Umkleide- und Aufenthaltsraum sowie Sanitärräumen, errichtet. Zur Anlage gehören weiters ein Betriebsleitungsgebäude, ein Treibstoffbehälter, die Pistenmarkierungen für den Flugbetrieb und das Signalfeld mit Windsack und weiteren Einrichtungen. In der Verhandlungsschrift vom 3. 5. 1979 über den Antrag auf Bewilligung der Errichtung eines Zivilflugplatzes hatte der Erstkläger erklärt, bereit zu sein, einen Teil seiner Parzelle 689 KG H***** zur Einbeziehung in den Sicherheitsstreifen zur Verfügung zu stellen und gegen die Erteilung der Zivilflugplatzbewilligung und die Betriebsaufnahmebewilligung keinen Einwand zu erheben, wobei "diese Zustimmung jedoch nur so lange gelte, als auch ein aufrechtes Pachtverhältnis mit den Ehegatten B***** bestünde". Der Flugplatz wird weiterhin als Werkflugplatz genützt, wobei früher der Schwerpunkt in der Produktion von Flugzeugen lag, nunmehr hingegen im Bereich von Reparatur und Wartung; für die Durchführung derartiger Arbeiten ist ein Werkstattflug erforderlich.

Das Erstgericht ging in rechtlicher Hinsicht davon aus, daß eine Flächenmiete zum Zwecke der Errichtung von Geschäftsräumlichkeiten wie eine nach dem MRG geschützte Raummiete zu behandeln sei, sofern den verbauten Räumlichkeiten samt Zubehör gegenüber der Freifläche selbständige Bedeutung zukomme; letzteres sei hier der Fall. Es liege ein einheitlicher Mietvertrag vor, der in den Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 MRG falle; das Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach diesem Gesetz hätten die Kläger nicht einmal behauptet.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei; zwar bestehe gesicherte höchstgerichtliche Judikatur zu den angesprochenen Rechtsfragen, doch sei der OGH im Vorverfahren der Bemerkung des OLG Linz in seiner Berufungsentscheidung, der Mietvertrag unterliege nicht dem MRG, nicht entgegengetreten, weshalb eine neuerliche Befassung des Höchstgerichtes mit dieser Sache geboten erscheine.

Die Revision ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Das Mietrechtsgesetz beschränkt seinen sachlichen Anwendungsbereich

an sich auf die Raummiete (SZ 68/123 = JBl 1995, 801 = EvBl 1996/15 =

WoBl 1996, 245 [Würth] = JUS Z 1894; RZ 1993/36 = WoBl 1992, 30; SZ

63/14 = RZ 1990/106 = MietSlg 42.281/6; JBl 1990, 725 = WoBl 1990,

158; SZ 58/25 = MietSlg 37.222/13 = HS 16.536 = HS 16.785; SZ 57/194

= RdW 1985, 367 = MietSlg 36.236/48 = HS 14.563; Würth in Rummel,

ABGB**2 Rz 2 zu § 1 MRG). Die generelle Einbeziehung der Miete von Grundflächen zur geschäftlichen Nutzung in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes kraft Analogieschlusses kommt daher nicht in Betracht (SZ 68/123; JBl 1985, 107 = EvBl 1984/161 = RdW 1985, 75 = MietSlg 36.235/28; SZ 57/194; F. Bydlinski, Superädifikate und Kündigungsschutz, JBl 1984, 241 [250]). Werden jedoch Grundflächen zur Errichtung von Superädifikaten für geschäftliche Zwecke vermietet, sind die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes über den Kündigungsschutz dann analog anzuwenden (WoBl 1996, 245 [zustimmend Würth]; JBl 1995, 715 = WoBl 1996, 246; JBl 1990,725 = WoBl 1990, 158; SZ 57/194; Würth in Rummel aaO Rz 2a zu § 1 MRG), wenn der Verwendung der vom Mieter auf den Grundflächen errichteten Geschäftsgebäude für den Gebrauch des gesamten Bestandobjekts selbständige Bedeutung zukommt und diese daher im Verhältnis zur Funktion der unbebauten Grundflächen nicht gänzlich in den Hintergrund tritt (JBl 1990, 725; SZ 57/194; Würth in Rummel aaO Rz 2a zu § 1 MRG).

Im Zeitpunkt der Anmietung des Areals bestand Einigung über den vereinbarten Zweck des Bestandvertrages (Errichtung und Betrieb eines Werkflugplatzes), die später errichteten Gebäude und Flugplatzeinrichtungen dienen erkennbar diesem Vertragszweck und sind nicht im Sinne einer bloßen Hilfsfunktion "bedeutungslos" (vgl. 1 Ob 609/95; 1 Ob 2244/96y). Auf das Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche kommt es nicht so sehr an (WoBl 1995/6; JBl 1990, 725). In der auf den Einzelfall bezogenen rechtlichen Beurteilung durch die Vorinstanzen, daß die Gebäude für die Betreibung des Unternehmens der Beklagten wesentlich und von ihrer Funktion her den weitaus größeren Freiflächen zumindest gleichwertig seien, daß also Raum- und nicht Flächenmiete vorliege, ist demnach keine Fehlbeurteilung zu erblicken. Auch die Annahme eines einheitlichen rechtlichen Schicksals der gesamten für das Flugplatzgelände benutzten Fläche nach dem klaren Vertragswillen der Parteien im Zeitpunkt der Begründung des Bestandverhältnisses (SZ 63/14; MietSlg 42.175) begegnet keinen Bedenken; dem steht auch die Entscheidung des OGH im Vorprozeß nicht entgegen, war doch dort eine Klärung der vom OLG Linz als Berufungsgericht nur am Rande aufgeworfenen Frage einer Anwendbarkeit des MRG nicht erforderlich.

Soweit sich die Revisionswerber auf Bestimmungen des oö Sportstättenschutzgesetzes im Zusammenhang mit Judikatur der EKMR zur Vereinbarkeit von Mieterschutzbestimmungen und dem Eigentumsrecht berufen, sind sie einerseits darauf zu verweisen, daß ihr Hinweis auf die angebliche Existenz eines Sportflugfeldes aktenwidrig ist (nach den Feststellungen liegt nämlich ein Werkflugplatz vor), andererseits darauf, daß auf Vermieterseite keine Gebietskörperschaft auftritt, was einer Anwendbarkeit des genannten Landesgesetzes entgegensteht (vgl. WoBl 1992/120). Eine Eigentumsbeschränkung der Kläger durch mieterschutzrechtliche Bestimmungen des MRG hingegen ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil die in Bestand gegebenen und nunmehr aufgekündigten Flächen seinerzeit gegen wirtschaftlich gleichwertige Flächen eingetauscht worden sind, die nach wie vor den Klägern zur Nutzung zur Verfügung stehen. Die Vorinstanzen haben zuletzt auch zutreffend erkannt, daß der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 MRG deshalb nicht vorliegt, da der Mietgegenstand von keinem der dort genannten Unternehmen auf Vermieterseite im Rahmen seines Betriebes vermietet worden ist (Würth in Rummel ABGB**2 § 1 MRG Rz 7).

Die Revision der Kläger war daher ungeachtet des - nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruches des Berufungsgerichtes, daß die ordentliche Revision zulässig sei, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.

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