OGH 8ObA296/97f

OGH8ObA296/97f30.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr.Johann Meisterhofer und Dr.Peter Fischer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Renate E*****, vertreten durch Olga Makomaski, Sekretär der GPA Rechtsabteilung in Wien, wider die beklagte Partei Verein Wiener K*****, vertreten durch Dr.Otto Ackerl und Dr.Adalbert Laimer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 10.232,81 sA (Revisionsinteresse S 9.291,67 sA) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.Mai 1997, GZ 10 Ra 16/97i-2, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin arbeitete als Lern- und Freizeitclubleiter bei der beklagten Partei. Sie hatte folgende Tätigkeiten zu verrichten: Die Organisation bzw die Leitung des gesamten Lern- und Freizeitclubs, einschließlich der Mittagsaufsicht und der Verpflegung, sowie die damit zusammenhängenden Angelegenheiten, wie beispielsweise Einhebung der Betreuungsbeträge, Beachtung der Sozialstaffel und Abführen der Beiträge an den Verein Wiener K*****. Die gesamte Essensadministration (Bestellung und Inkasso, sowie Abführen der Essensbeiträge) und die Betreuung der Lernmaterialien und Freizeitgeräte. Zuvor war die Klägerin 16 Jahre und 9 Monate als Angestellte bei verschiedenen Unternehmen tätig; zuletzt war sie nicht ganz vier Jahre Betreuerin im Verband der Wiener V*****.

Unstrittig ist, daß die Klägerin nach dem Mindestlohntarif für private Bildungseinrichtungen zu entlohnen ist. Das Berufungsgericht sprach der Klägerin die der Höhe nach nicht mehr strittige Entgeltdifferenz zwischen der von der beklagten Partei vorgenommenen Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 2 im vierten Berufsjahr und der von der Klägerin begehrten Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 4 im 17.Berufsjahr zu und ließ die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der beklagten Partei ist nicht zulässig, weil es zwar richtig ist, daß oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung der hier relevanten Bestimmungen des einschlägigen Mindestlohntarifs fehlen und daß der Entscheidung über den vorliegenden Fall hinaus Bedeutung zukommt, weil die Einstufung auch für zahlreiche andere einschlägig tätige Bedienstete von Bedeutung ist, die Rechtslage aber eindeutig ist.

In § 3 Z 3 des Mindestlohntarifs für private Bildungseinrichtungen vom 7.12.1994, der ab 1.1.1995 in Geltung steht, ist vorgesehen:

a) als Berufsjahre für die Beschäftigungsgruppe 1 gelten die Zeiten, in welchen überwiegend unterrichtende Tätigkeit ausgeübt wurden;

b) als Berufsjahre für die Beschäftigungsgruppen 2 bis 7 gelten die Zeiten der praktischen Angestelltentätigkeit.

In diesem Mindestlohntarif waren und sind sieben Beschäftigungsgruppen vorgesehen. Er wurde am 27.3.1995 (mit Geltung ab 1.5.1995) dahingehend ergänzt, daß in die Beschäftigungsgruppe 4 auch Personen aufgenommen wurden, die Lern- und Freizeitbetreuung im multikulturellen Bereich leisten; zuvor waren derartige Tätigkeiten keiner der genannten Berufsgruppen zuzuordnen.

Die beklagte Partei steht auf dem Standpunkt, es seien für die Einstufung als Lern- und Freizeitbetreuer nur einschlägige Vordienstzeiten und nicht alle Zeiten einer Angestelltentätigkeit anzurechnen; die Tätigkeit eines Kinder- und Jugendbetreuers stehe, auch wenn sie administrative Arbeiten umfasse, der unterrichtenden Tätigkeit näher als derjenigen, die Sekretariatsarbeiten zu verrichten haben, sodaß nur solche Zeiten für die Einstufung heranzuziehen seien. Man habe anläßlich der Novellierung offensichtlich vergessen, auch § 3 Z 3 MLT zu adaptieren.

Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, umfaßt die Tätigkeit der Lern- und Freizeitbetreuung im multikulturellen Bereich

Ein Anhaltspunkt für die Ansicht des Revisionswerbers, daß entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Z 3 lit b MLT Lern- und Freizeitbetreuern nicht alle Zeiten der praktischen Angestelltentätigkeit, sondern nur "einschlägige", dh gleichartige und "unterrichtende" Tätigkeiten als Berufsjahre anzurechnen seien, liegt nicht vor. Ein Versehen - vergessene Adaptierung des § 3 Z 3 MLT - anläßlich der Novellierung ist auszuschließen, weil das Bundeseinigungsamt die Tätigkeit des Lern- und Freizeitbetreuers bewußt in die Beschäftigungsgruppe der Dienstnehmer, die qualifizierte Angestelltentätigkeiten verrichten, und nicht in die Beschäftigungsgruppe 1 (unterrichtende Tätigkeit) eingereiht und auch keine der unterrichtenden Tätigkeit ähnliche Untergruppe geschaffen hat. Hieraus folgt, daß Lern- und Freizeitbetreuern im multikulturellen Bereich alle Zeiten praktischer Angestelltentätigkeit als Berufsjahre anzurechnen sind.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte