OGH 1Ob92/98f

OGH1Ob92/98f24.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in den Rechtssachen der klagenden Partei Josef H*****, vertreten durch DDr.Hanspeter Schwarz, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien V***** eingetragene Genossenschaft mbH, ***** bzw 1. Dr.Otmar G*****, 2. Dr.Wolfgang M*****, 3. Dr.Reinhold S*****, 4. Dr.Erich W*****, 5. Dr.Johannes P*****, 6. Dr.Jakob G*****, 7. Dr.Ludwig R*****, alle ***** 8. Dr.Ernst F*****, 9. Dr.Horst S*****, 10. Dr.Gertraud K*****, alle ***** 11. Dr.Josef F*****, und 12. Dr.Elisabeth L*****, beide ***** wegen Wiederaufnahme von Verfahren des Oberlandesgerichts Linz, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Linz vom 7.Oktober 1997, GZ 5 Nc 155/97a und 5 Nc 156/97y-2, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 25.9.1996 wies das Erstgericht zu 5 Nc 81/96t einen vom Kläger im Verfahren 4 R 60/96 des Erstgerichts erhobenen Ablehnungsantrag gegen die Richter des Oberlandesgerichts Linz Dr.Otmar G*****, Dr.Wolfgang M***** und Dr.Ewald G***** zurück. Am 24.2.1997 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Rekurses gegen diesen Beschluß gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Frankenmarkt zur Erledigung überwiesen. Am 16.4.1997 und am 15.9.1997 brachte der Kläger beim Erstgericht zwei Wiederaufnahmsklagen betreffend das Verfahren 5 Nc 81/96t des Erstgerichts ein, und zwar zu 5 Nc 153/97g gegen die V***** eingetragene Genossenschaft mbH und zu 5 Nc 154/97d unter anderem gegen den Richter des Oberlandesgerichts Linz Dr.Erich W*****. Darüber hinaus behängt zu 5 Nc 84/97k des Erstgerichts ein Verfahren, in welchem der Kläger sämtliche Richter des Oberlandesgerichts Linz mit Ausnahme des Präsidenten Dr.Helmut H***** und der Richter Dr.Edwin G*****, Dr.Andreas M***** und Dr.Andreas N***** wegen Feststellung, Duldung und Unterlassung geklagt hat. Seine Wiederaufnahmsklagen verband der Kläger mit einem Ablehnungsantrag gegen jene Richter des Oberlandesgerichts Linz, die von ihm bereits geklagt wurden. In dem daraufhin eingeleiteten Ablehnungsverfahren erklärten die Mitglieder des nach der Geschäftsverteilung über die beiden Wiederaufnahmsklagen zuständigen Senats (Dr.Alois D*****, Dr.Kurt H***** und Dr.Erich W*****) am 17.9.1997 ihre Befangenheit mit der Begründung, sie seien dem Vorwurf des Amtsmißbrauchs ausgesetzt und daher nicht völlig unbefangen. Darüber hinaus sei Dr.Erich W***** im Verfahren 5 Nc 154/97d selbst beklagt. Am 22.9.1997 erklärte der Richter des Oberlandesgerichts Linz Dr.Andreas N***** seine Befangenheit mit der Begründung, die im Verfahren 5 Nc 84/97h des Oberlandesgerichts Linz beklagte Dr.Ulrike N***** sei seine Ehegattin.

Mit dem angefochtenen Beschluß sprach das Erstgericht aus, daß Dr.Erich W***** im Verfahren 5 Nc 154/97d ausgeschlossen sei und an seiner Stelle der nach der Geschäftsverteilung zur Vertretung berufene Richter Dr.Edwin G***** einzuschreiten habe (Punkt 1), wies den Ablehnungsantrag des Klägers zurück (Punkt 2) und gab den Befangenheitsanzeigen der Richter des Oberlandesgerichts Linz Dr.Alois D*****, Dr.Kurt H***** und Dr.Andreas N***** zur Gänze, jener des Richters Dr.Erich W***** in Ansehung des Verfahrens 5 Nc 193/97g nicht Folge (Punkt 3). Dr.W***** sei ausgeschlossen, weil sich die zu 5 Nc 154/97d erhobene Wiederaufnahmsklage unter anderem gegen ihn richte. Den Befangenheitsanzeigen der Richter komme sonst aber ebensowenig Berechtigung zu wie dem Ablehnungsantrag des Klägers. Grundsätzlich sei zwar bei einer Selbstmeldung eines Richters vom Vorliegen einer Befangenheit auszugehen, doch sei die angezeigte oder geltend gemachte Befangenheit in bezug auf die konkrete Sache zu prüfen. Allein aufgrund der Tatsache, daß Amtshaftungsansprüche gegen einen Richter geltend gemacht werden, könne eine Befangenheit desselben nicht angenommen werden. Ablehnungsregeln sollten einer Partei nicht die Möglichkeit bieten, sich ihr nicht genehmer Richter zu entledigen.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ein Richter ist als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen; dabei genügt schon die Besorgnis, daß bei der Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten (4 Ob 2373/96s; RZ 1984/81; Mayr in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 19 JN). Die Beantwortung der Frage, ob der abgelehnte Richter befangen ist, ist stets in bezug auf die Rechtssache zu prüfen, in welcher er wegen Befangenheit abgelehnt wurde (8 Ob 3/89; 6 Ob 15/89). Eine Mehrzahl von Richtern kann nur durch Ablehnung jedes einzelnen von ihnen sowie durch Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe in Ansehung jedes einzelnen Richters erfolgreich abgelehnt werden (EFSlg 72.770).

Der Kläger hat die Ablehnung der genannten Richter damit begründet, daß er gegen sie bereits Klagen eingebracht habe; diese begründeten ihre Befangenheitsanzeigen damit, sie seien dem Vorwurf des Amtsmißbrauchs ausgesetzt bzw - soweit es Dr.Andreas N***** betreffe - sei dessen Ehegattin vom Kläger in einem anderen Verfahren geklagt worden.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach dargelegt, von einem Richter könne erwartet werden, daß er selbst dann unbefangen entscheiden werde, wenn eine Partei gegen ihn unbegründete Straf- oder Disziplinaranzeigen erstattete, hätte es doch sonst jede Partei in der Hand, durch wiederholte, aber unbegründete und substanzlose Strafanzeigen dennoch ihr Ziel zu erreichen, nämlich ihr mißliebig erscheinende Richter in ihren Rechtssachen im Einzelfall vom Richteramt auszuschließen. Ablehnungsregeln sollten den Parteien keineswegs die Möglichkeit bieten, sich eines ihnen nicht genehm erscheinenden Richters zu entledigen (1 Ob 90/97k; 1 Ob 575/91 mwN). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen, aufgrund der bloßen Tatsache, daß ein Kläger Amtshaftungsansprüche geltend macht, könne grundsätzlich keine Befangenheit von Richtern angenommen werden, könnte doch sonst jeder Richter durch Geltendmachung solcher Ansprüche wegen seiner Amtshandlungen als befangen abgelehnt und damit ausgeschaltet werden. Es müßten vielmehr besondere Umstände hinzutreten, um in solchen Fällen Zweifel an der Unbefangenheit des deshalb abgelehnten Richters annehmen zu können (1 Ob 2/88; 1 Ob 7/88). Aus all dem folgt, daß der vom Kläger allein mit der Klagsführung gegen die von ihm abgelehnten Richter begründete Ablehnungsantrag nicht zureichend begründet ist. Wenngleich die vom Kläger abgelehnten Richter ihre Befangenheit anzeigten und im Fall einer solchen Anzeige grundsätzlich Befangenheit anzunehmen wäre (Mayr aaO), hat das Erstgericht völlig zu Recht erkannt, daß die von den abgelehnten Richtern vorgebrachten Gründe für ihre vermeintliche Befangenheit nicht stichhältig sind. Allein die Tatsache, daß sie dem Vorwurf des Amtsmißbrauchs ausgesetzt seien, stellt keinen tauglichen Befangenheitsgrund dar. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände - solche wurden nicht vorgebracht - kann nicht nur, vielmehr muß von einem Richter erwartet werden, daß er unbefangen Entscheidungen trifft. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände ist in der Tatsache, daß Klagen gegen Richter aufgrund deren Amtsführung eingebracht werden, auch nicht der bloße Anschein einer Voreingenommenheit zu erkennen.

Inwiefern die Entscheidung des Erstgerichts mit Art 6 EMRK nicht in Einklang stehen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Da keine Befangenheitsgründe vorliegen, ist der Kläger in seinem Anspruch darauf, daß seine Sache von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört wird, nicht verletzt.

Dem Rekurs ist nicht Folge zu geben.

Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten ist abzuweisen, weil eine Kostenersatzpflicht im Ablehnungsverfahren als einseitigem Verfahren, an dem der Prozeßgegner nicht beteiligt ist, im Gesetz nicht vorgesehen ist (SZ 63/24).

Stichworte