OGH 4Nd517/97

OGH4Nd517/9727.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß als Vorsitzende und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der beim Jugendgerichtshof Wien zu 7 P 1442/95s anhängigen Pflegschaftssache des mj.Christian I*****, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems wird die Erledigung des Rechtshilfeersuchens des Jugendgerichtshofs vom 30.Oktober 1997, 7 P 1442/95s-42, aufgetragen.

Text

Begründung

Das Amt für Jugend und Familie 6./7.Bezirk in Wien beantragt als Sachwalter für den Minderjährigen, den außerehelichen Vater Franz D***** schuldig zu erkennen, außer den ihm mit Beschluß des Jugendgerichtshofs Wien vom 18.Dezember 1995 auferlegten Betrag von monatlich S 700 ab 1.3.1997 monatlich noch den weiteren Betrag von S 1.100, insgesamt somit monatlich S 1.800, als Unterhaltsleistung zu zahlen (ON 41).

Der Vater sprach sich gegen diesen Antrag mit der Begründung aus, daß er arbeitslos und infolge starker gesundheitlicher Beeinträchtigung auch berufsunfähig sei.

Am 30.Oktober 1997 ersuchte der Jugendgerichtshof Wien das Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems, einen medizinischen Sachverständigen zu bestellen, der ein Gutachten darüber zu erstatten habe, ob und für welche Arbeiten der Vater aufgrund seines Gesundheitszustandes geeignet sei (ON 42).

Das Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems lehnte dieses Rechtshilfeersuchen wegen Unzuständigkeit ab. Der Wohnort eines Sachverständigen könne die Zuständigkeit nicht begründen. Der unmittelbaren Einholung eines Gutachtens durch das ersuchende Gericht stehe kein Hindernis entgegen. Das ersuchte Gericht ziehe in gleichgelagerten Fällen als Sachverständigen Prim.Dr.Kurt S***** heran (ON 43).

Das ersuchende Gericht legte hierauf den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung vor.

Rechtliche Beurteilung

Für Streitigkeiten zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Gericht über die Verweigerung der Rechtshilfe ist ein gerichtliches Verfahren nicht ausdrücklich vorgesehen. Da es sich aber bei der Gewährung von Rechtshilfe um einen Akt der Gerichtsbarkeit handelt, ist zur Entscheidung über derartige Streitigkeiten in analoger Anwendung des § 47 Abs 1 JN das beiden Gerichten zunächst übergeordnete Gericht berufen (Fasching I 253; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 37 JN; EvBl 1981/99; SZ 57/161; EvBl 1990/36 ua).

Nach § 37 Abs 3 JN ist ein Rechtshilfeersuchen dann abzulehnen, wenn der ersuchte Richter zu der betreffenden Handlung örtlich unzuständig ist. Nach Lehre und Rechtsprechung ist der Rechtshilferichter allerdings auch berechtigt, die Unzulässigkeit des Rechtsweges für die begehrte Rechtshilfehandlung sowie deren Unerlaubtheit und Unbestimmtheit zu beachten. Nur in diesem eingeschränkten Umfang darf das Rechtshilfegericht das Rechtshilfeersuchen überprüfen. Die Prüfung der Zweckmäßigkeit und der prozessualen Richtigkeit des Rechtshilfeersuchens ist dem ersuchten Gericht aber versagt (Fasching aaO 252; derselbe LB2 Rz 317; Mayr aaO Rz 1; SZ 30/35; RZ 1979/44 = RZ 1980/35; EvBl 1981/99 ua).

Im vorliegenden Fall hat sich das ersuchte Gericht nur auf die mangelnde eigene Zuständigkeit berufen. Seiner Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden:

Aus § 37 Abs 2 JN geht hervor, daß für Rechtshilfeersuchen das Bezirksgericht zuständig ist, in dessen Sprengel die Amtshandlung vorgenommen werden soll.

Das Pflegschaftsgericht hat das Ersuchen gestellt, den im Sprengel des Rechtshilfegerichtes wohnhaften Vater des Minderjährigen durch einen zu bestellenden Sachverständigen untersuchen zu lassen. Dieses Ersuchen zielt also auf Vornahme einer Amtshandlung im Sprengel des ersuchten Gerichtes, nämlich die Bestellung und Vernehmung eines Sachverständigen ab. Ob die Voraussetzungen für die Aufnahme des Sachverständigenbeweises durch den ersuchten Richter gegeben sind, hatte das ersuchte Gericht nicht zu prüfen (EvBl 1981/99). Daß aber das Rechtshilfegericht für diese Beweisaufnahme örtlich zuständig ist, kann im Hinblick auf den Wohnort des zu untersuchenden Vaters keinem Zweifel unterliegen. Ob die vom ersuchenden Gericht gewählte Vorgangsweise zweckmäßig ist oder ob es besser daran getan hätte, selbst eine schriftliche Begutachtung in Auftrag zu geben, ist nach dem oben Gesagten im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.

Das Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems hat somit die Erfüllung des Rechtshilfeersuchens zu Unrecht abgelehnt; dessen Erledigung war ihm daher aufzutragen.

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