OGH 1Ns19/57

OGH1Ns19/5719.6.1957

SZ 30/35

Normen

JN §37 Abs3
JN §37 Abs3

 

Spruch:

Auch dann, wenn für die Zweckmäßigkeit der Rechtshilfe die Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung eine Rolle spielt, kann der ersuchte Richter das Ersuchen nicht ablehnen.

Entscheidung vom 19. Juni 1957, 1 N 19/57.

Text

Das Bezirksgericht Villach verweigerte dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in einer Prozeßsache die Rechtshilfe.

Der Oberste Gerichtshof sprach aus, daß das Bezirksgericht Villach verpflichtet ist, dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die erbetene Rechtshilfe zu leisten.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 37 Abs. 3 JN. hat der ersuchte Richter das Ersuchen um Rechtshilfe abzulehnen, wenn er zu der betreffenden Handlung örtlich unzuständig ist. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 3 Ob 408/50 ausgesprochen hat, ist zwar der angeführte Ablehnungsgrund nicht der einzige; die Zweckmäßigkeit des gestellten Ersuchens zu prüfen, ist dem ersuchten Richter jedoch auf jeden Fall verwehrt. Auch dann, wenn dabei die Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung (hier die des § 375 Abs. 2 dritter Satz ZPO.) eine Rolle spielt und strittig ist, ob der gesetzliche Tatbestand im konkreten Fall erfüllt ist, kann der ersuchte Richter das Ersuchen nicht ablehnen. Im vorliegenden Fall steht das ersuchende Gericht offensichtlich auf dem Standpunkt, daß die Zureise des in Villach wohnenden Beklagten nach Wien zur Parteienvernehmung unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Dem kann das ersuchte Gericht nicht entgegensetzen, daß die Fahrt nur 159 S 10 g ausmache. Denn die Beurteilung, ob im vorliegenden Fall für die nicht wohlhabenden Parteien der Fahrtkostenaufwand unverhältnismäßig sei, ist eine Frage des Ermessens und der Zweckmäßigkeit, deren Beurteilung nur dem ersuchenden Gericht zusteht.

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