OGH 8Ob87/97w

OGH8Ob87/97w11.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Franz F*****, vertreten durch Dr.Estermann, Dr.Wagner, Dr.Postlmayr Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in Mattighofen, wider die Antragsgegnerin Christa F*****, vertreten durch Dr.Gerhard Holzinger, Rechtanwalt in Braunau am Inn, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 14. Jänner 1997, GZ 6 R 479/96z-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 23.Oktober 1996, GZ 2 F 85/95h-24, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Gerichtes erster Instanz wiederhergestellt wird.

Die Parteien haben die Kosten der Verfahren zweiter und dritter Instanz jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die am 6.9.1986 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 6.10.1994 geschieden. Schon ca. ein Jahr vor der Eheschließung bezogen sie ein damals noch großteils unfertiges, im Eigentum der Eltern der Antragsgegnerin stehendes Wohnhaus. Mit Notariatsakt vom 29.5.1991 übertrugen die Eltern der Antragsgegnerin diese Liegenschaft je zur Hälfte ins Eigentum der Parteien. Entgegen dem Plan ihrer Eltern, die neben dem Wohnhaus der Eltern befindliche Liegenschaft allein der Antragsgegnerin zu übertragen, bestand diese darauf, daß auch der Antragsteller Hälfteeigentümer werde. Als Übergabspreis wurde ein Betrag von S 300.000 vereinbart, wovon ein Teilbetrag von S 100.000 bereits im Vertrag quittiert wurde, ohne daß tatsächlich Zahlung erfolgt wäre. Ein weiterer Teilbetrag von S 170.000 war für den weichenden Bruder der Antragsgegnerin ausbedungen. Diese Summe wurde während der Ehe bis auf S 25.000 bezahlt. Der restliche Übergabspreis von S 30.000 haftet noch unberichtigt aus. Im Übergabsvertrag wurde weiters für die Übergeber ein Wohnungsrecht an der Erdgeschoßwohnung bei freier Beheizung und Beleuchtung sowie freiem Strombezug, unter Mitbenützung des Telefons und Alleinbenützung der Garage ausbedungen. Es wurde vereinbart, daß die Übernehmer den Übergebern im Falle von Krankheit oder Gebrechlichkeit die erforderliche Betreuung und Pflege zu leisten haben. Diese Ausgedingsleistungen wurden ebenso wie der restliche Übergabspreis von S 30.000 und der an den Bruder der Antragsgegnerin zu zahlende Betrag von S 170.000 grundbücherlich sichergestellt, wie der Oberste Gerichtshof durch Einholung eines Grundbuchsauszuges im Zwischenverfahren erhoben hat. Sowohl die Antragsgegnerin als auch ihr Bruder verzichteten im Übergabsvertrag auf ihre Pflichtteilsansprüche gegenüber den Übergebern.

Die Eltern der Antragsgegnerin haben bis heute weder ihr Wohnrecht noch Pflege- oder Betreuungsleistungen in Anspruch genommen. Die beiden Übergeber sind 62 bzw 63 Jahre alt, sie sind derzeit nicht pflegebedürftig. Der Vater der Antragsgegnerin mußte sich vor längerer Zeit einer Bandscheibenoperation unterziehen. Er leidet auch fallweise an Durchblutungsstörungen.

In der Folge wurden am Wohnhaus der Parteien umfangreiche Fertigstellungsarbeiten durchgeführt, wobei die Parteien selbst und die jeweiligen Väter mithalfen. Der Beitrag des Vaters der Antragsgegnerin überwog dabei jenen der Angehörigen des Antragstellers. Unter anderem wurden die Räume im Obergeschoß für die Nutzung als Fremdenzimmer adaptiert.

Aus der Vermietung der Fremdenzimmer erzielte die Antragsgegnerin ebenso Einnahmen wie aus (Heim-)Arbeiten als Schneiderin. Der Antragsteller erhielt während der Ehe eine Abfertigung von rund S 160.000. Von seinen Eltern erhielt er als Heiratsgut S 150.000. Aus der Zeit vor der Eheschließung hatte der Antragsteller Schulden in der Höhe von S 125.000, die er während der Ehe zurückzahlte.

Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt rund S 2,604.000. Die während aufrechter Ehe durchgeführten Investitionen stellen einen fortwirkenden Wert von ca. S 241.000 dar. Der Wert der Liegenschaft wird durch die Belastungen mit Wohnungs- und Ausgedingsrechten erheblich vermindert.

Mit seinem am 24.7.1995 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte der Antragsteller die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach §§ 81 ff EheG. Da zwischenzeitig die vorhandenen Fahrnisse und Sparguthaben zwischen den Parteien einvernehmlich aufgeteilt wurden, ist Verfahrensgegenstand nur mehr der Antrag, die Liegenschaftshälfte des Antragstellers unter gleichzeitiger Übernahme der damit verbundenen Lasten an die Antragsgegnerin zu übertragen und dieser eine Ausgleichszahlung von S 1,944.774,62 aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin erklärte sich demgegenüber lediglich zu einer Ausgleichszahlung von S 200.000 bereit und begründete dies damit, daß ihr die Liegenschaft von ihren Eltern großteils schenkungshalber überlassen worden sei.

Das Erstgericht übertrug die dem Antragsteller gehörige Liegenschaftshälfte an die Antragsgegnerin und verpflichtete diese zu einer in bestimmten Raten zu berichtigenden Ausgleichszahlung von S 330.000.

Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte darüberhinaus aus, daß das Wohnrecht mit S 51.600 und die Verpflichtung zur Pflege und Betreuung der Übergeber mit S 2,160.000 zu bewerten sei. Rechtlich folgerte es, daß die Liegenschaft in die Aufteilungsmasse falle. Hinsichtlich der auf der Liegenschaft während aufrechter Ehe vorgenommenen Investitionen sei zu berücksichtigen, daß der Vater der Antragsgegnerin einen gegenüber der Antragstellerseite überwiegenden Beitrag geleistet habe. Es sei daher der größere Teil des Wertes der fortwirkenden Investitionen der Antragsgegnerin zuzusprechen. Dem Antragsteller seien 40 % des vom Sachverständigen ermittelten Wertes, das sind S 100.000, zuzuerkennen. Vom Verkehrswert der Liegenschaft sei zunächst der bereits gesondert berücksichtigte Wert der Investitionen abzuziehen. Weiters seien die Belastungen durch den Übergabsvertrag zu berücksichtigen, wobei allerdings die Tatsache, daß während der rund zweieinhalb Jahre seit Scheidung der Ehe die Rechte der Übergeber nicht in Anspruch genommen worden seien und dafür auch für die nächste Zeit keine Anzeichen bestehen, ein Abschlag von 20 % gerechtfertigt erscheine. Eine Verringerung der Belastungen in größerem Umfang sei nicht vorzunehmen, weil beim Vater der Antragsgegnerin immerhin ein Bandscheibenleiden bestehe, das früher oder später akut werden könnte. Von dem um die Investitionen verminderten Liegenschaftswert von S 2,362.458 sei daher ein weiterer Betrag von S 1,600.128 in Abzug zu bringen, sodaß ein restlicher Liegenschaftswert von S 762.330 verbleibe. Dieser Betrag sei aus Billigkeitserwägungen nicht je zur Hälfte aufzuteilen, weil nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, daß die Liegenschaft von den Eltern der Antragsgegnerin stamme. Dem Antragsteller sei ein Anteil von 30 %, das sind S 230.000 und somit eine Gesamtausgleichszahlung von S 330.000 zuzuerkennen.

Das Rekursgericht änderte mit dem angefochtenen Beschluß diese Entscheidung dahin ab, daß es die von der Antragsgegnerin in bestimmten Raten zu entrichtende Ausgleichszahlung mit S 454.000 bestimmte. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ausgehend von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen erkannte es, daß das Erstgericht bei seinen Berechnungen lediglich den Gegenwert für Pflege und Betreuung, nicht jedoch jenen für das Wohnrecht der Übernehmer berücksichtigt habe. Das Rekursgericht übernahm die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Belastungen lediglich mit 80 % zu veranschlagen seien und gelangte unter Einbeziehung des mit S 51.600 zu bewertenden Wohnrechtes und weiterem Abzug des noch offenen Übergabspreises von insgesamt S 55.000 zu einem verbleibenden Verkehrswert der Liegenschaft (ohne den Wert der fortwirkenden Investitionen) von S

666.592. Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichtes erachtete das Gericht zweiter Instanz einen Aufteilungsschlüssel im Verhältnis 1 : 1 für angemessen, weil gewichtige Umstände, die die Aufteilung in einem anderen Verhältnis angezeigt erscheinen ließen, nicht vorlägen. Dem Antragsteller sei daher sowohl von den werterhöhenden Investitionen als auch dem Restwert der Liegenschaft je die Hälfte, insgesamt daher S 454.000 zuzusprechen.

Die dagegen erhobene Revision der Antragstellerin ist zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Auch für das Aufteilungsverfahren nach §§ 229 ff AußStrG gilt seit der WGN 1989 infolge der Aufhebung des § 232 AußStrG das Revisionsrekursrecht nach §§ 14 ff AußStrG. Demnach ist bei einem S 50.000 übersteigenden Entscheidungsgegenstand der Revisionsrekurs bei Vorliegen der im § 14 Abs 1 AußStrG genannten Voraussetzungen zulässig. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil einerseits der von den Vorinstanzen angenommene Wert des Wohnrechtes aktenwidrig ist (§ 15 Z 3 AußStrG) und es das Gebot der Rechtssicherheit erfordert, auch im Einzelfall korrigierend einzugreifen und andererseits weil der vom Rekursgericht zugrundegelegte Aufteilungsschlüssel von den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erarbeiteten Grundsätzen abweicht.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die beiden Parteien haben das Eigentum an der hier strittigen Liegenschaft durch einen Übergabsvertrag erhalten. Ob es sich hiebei in Anbetracht der Ausgedingsleistungen und des abgegebenen Pflichtteilsverzichtes um einen entgeltlichen Vertrag oder unter Berücksichtigung des relativ geringen und teilweise erlassenen bar zu entrichtenden Preises zumindest um eine gemischte Schenkung handelte (vgl hiezu Schubert in Rummel ABGB2 § 938 Rz 9), ob der Wille der Parteien überhaupt auf Schenkung gerichtet war und ob - wie der Antragsteller vermeint - die grundbücherliche Belastung mit Wohnrecht und Pflege- und Betreuungspflichten nur "formalen" Charakter hatte, muß hier nicht abschließend geklärt werden. Es ist nämlich ständige Rechtsprechung, daß dann, wenn die ganze Liegenschaft als Ehewohnung gedient hat und - wie hier die Antragsgegnerin - ein Ehegatte auf die Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensverhältnisse angewiesen ist, die Liegenschaft in die Aufteilung auch dann einzubeziehen ist, wenn ein Fall des § 82 Abs 1 Z 1 EheG vorliegt, die Liegenschaft somit von einem Ehegatten in die Ehe eingebracht, ererbt oder ihm von einem Dritten geschenkt wurde (7 Ob 794/82; 8 Ob 519/93; ÖA 1996, 91 ua). Es wurde bereits ausgesprochen, daß sich an dieser Betrachtungsweise auch in dem Fall nichts ändern kann, daß der Ehegatte, der ursprünglich Alleineigentümer der Liegenschaft war, ohne eine entsprechende ihn treffende Verpflichtung den Hälfteanteil dem anderen Ehegatten schenkt (ÖA 1996, 91). Diese Rechtsansicht ist zu billigen und auf den Fall auszuweiten, daß die Schenkung an den anderen Ehegatten zwar durch die Eltern des einen Gatten, jedoch auf dessen ausdrücklichen Wunsch erfolgte. In beiden Fällen befindet sich somit die Ehewohnung in der Aufteilungsmasse und ist der Umstand, daß die Liegenschaft von dem einen Ehegatten stammt, im Rahmen der Billigkeitserwägungen bei der Aufteilung entsprechend zu berücksichtigen. Gleiche Überlegungen gelten im Falle geschenkweiser Teilfinanzierung durch einen Dritten. Auch in diesem Fall unterliegt die Sache der Aufteilung, wobei nunmehr nach neuerer Rechtsprechung mangels Vorliegens ausdrücklicher Widmung nicht davon ausgegangen werden kann, die Leistungen Verwandter eines Teiles seien bei Scheitern der Ehe auch als Beitrag des anderen Teiles zu werten (1 Ob 631/88; 1 Ob 2104/96k ua).

Auch wenn man den Liegenschaftserwerb durch die beiden Parteien als entgeltliches Geschäft einstufen wollte, wäre die Liegenschaft gemäß § 81 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen. Auch in diesem Falle können jedoch bei Festlegung des Aufteilungsschlüssels die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht unberücksichtigt bleiben. Hiebei fällt ins Gewicht, daß von dem Übergabspreis von insgesamt S 300.000 ein Teilbetrag von S 100.000 erlassen wurde, welcher Umstand nach der oben dargestellten Rechtsprechung ausschließlich der Antragsgegnerin zugutekommen kann. Während aufrechter Ehe wurde lediglich ein Betrag von S 145.000 von den Ehegatten aufgebracht. Die überwiegende, die Annahme der Entgeltlichkeit überhaupt erst möglich machende Gegenleistung lag jedenfalls einerseits in dem Pflichtteilsverzicht der Antragsgegnerin und andererseits in der Übernahme der vereinbarten Ausgedingsleistungen, welche die Parteien während aufrechter Ehe nicht belastete. Berücksichtigt man weiters, daß es die Antragsgegnerin war, die dem Antragsteller überhaupt erst den Erwerb seiner Liegenschaftshälfte zu den dargestellten günstigen Konditionen ermöglicht und daß sie außerdem zum Familieneinkommen durch Heimarbeit und Vermietung von Fremdenzimmern beigetragen hat, entspricht die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung in jedem Falle den Grundsätzen der Billigkeit.

Abgesehen davon ist das Gericht zweiter Instanz - wie die Revisionsrekurswerberin zu Recht rügt - ohne weitere Begründung von einem Wert des Wohnrechtes von S 51.600 ausgegangen, obwohl dieser nach dem insoweit unbestrittenen Sachverständigengutachten in Wahrheit S 464.400 beträgt. Damit ergibt sich aber, daß selbst dann, wenn man allen rechtlichen Überlegungen des Rekursgerichtes folgen und den von ihm zugrundegelegten Aufteilungsschlüssel 1 : 1 übernehmen wollte, jedenfalls kein höherer Betrag als der vom Erstgericht als Ausgleichszahlung bestimmte errechenbar wäre.

Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG. Anhaltspunkte für einen nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenzuspruch an eine der Parteien fanden sich nicht.

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