OGH 4Ob216/97m

OGH4Ob216/97m12.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Graf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang S*****, vertreten durch Dr.Bernd Fritsch und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Steiermark, ***** vertreten durch Mag.Dr.Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert S 200.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 27.Mai 1997, GZ 6 R 15/97s-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28.November 1996, GZ 11 Cg 271/96p-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Klägers aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer das nicht protokollierte Unternehmen "c*****". Gegenstand seiner Tätigkeit sind der Betrieb einer Notrufzentrale und der Import als Generalimporteur sowie der Vertrieb des dazu eingesetzten elektronischen Gerätes "C*****". Mit Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom ***** wurde ihm die Bewilligung zur Ausübung des Bewachungsgewerbes, eingeschränkt auf den Betrieb einer Notrufzentrale für Erste-Hilfe-Leistungen, auf den Standort in E***** erteilt. Er besitzt weiters den Gewerbeschein der Bezirkshauptmannschaft G***** vom ***** für das Handelsgewerbe gemäß § 124 Z 11 GewO 1994, eingeschränkt auf den Handel mit sicherheitstechnischen Produkten.

Das vom Kläger vertriebene Alarmwahlgerät "c*****" besteht aus einem am Armgelenk getragenen Sender und aus einer entsprechenden Sendeeinrichtung, die als Zusatzeinrichtung zum Telefon betrieben wird und auch über eine Freisprechanlage verfügt. Im Notfall kann durch einen Tastendruck auf die am Handgelenk oder um den Hals getragene Sendeeinrichtung ein Signal in der zentral betriebenen Notrufstelle ausgelöst werden. Das Bedienungspersonal in der Notrufzentrale nimmt daraufhin mit dem Kunden Kontakt über die Freisprecheinrichtung oder auf sonstige Art auf und kann die erforderlichen Maßnahmen veranlassen. Die einzelnen Dienstleistungen, die auf diese Art und Weise erbracht werden, umfassen die Hilfestellung in Notsituationen, wie gesundheitlichen Problemen, Unfall, Einbruch, Feuer usw, die Verständigung von Vertrauenspersonen oder Nachbarn, Ärzten, Pflegedienst, Rettungsdienst oder Verwandten, die Durchführung eines täglichen Meldealarms usw. Dabei handelt es sich um eine besonders leistungsfähige Alarmanlage. Diese Einrichtung kann auch bei Brand, Überfällen und einer Reihe sonstiger Vorkommnisse verwendet werden. Eine Unterscheidung zwischen Rettungseinsatz, Einsatz von Arzt, Polizei, Feuerwehr, Vertrauenspersonen, verschiedenen Handwerkern oder Notdiensten im vorhinein ist nicht möglich.

Der Kläger bietet diese Leistung sowohl in einer Leih- als auch in einer Kaufvariante an. Im Fall der "Variante Kaufgerät" hat der Kunde einen Kaufpreis von S 3.990 und eine weitere monatliche Gebühr von S 220 zu entrichten, bei der "Variante Leihgerät" sind bei Beginn des Vertragsverhältnisses eine einmalige Leihgebühr von S 1.200 und sodann monatliche Gebühren von S 240 zu zahlen.

Der Kläger importiert die Geräte als Generalimporteur aus dem Herstellerland I*****. Im Inland übt er neben dem Betrieb der Notrufzentrale auch den Vertrieb der Geräte über zahlreiche Einzelhändler (etwa der Funkberatergruppe, Post-Shop usw) sowie den Verkauf und Verleih der Geräte aus.

Die Beklagte betreibt nun eine Notruftelefonzentrale für Senioren, Kranke und Behinderte ("Geborgenheitstelefon") bei ihrer Bezirksstelle F***** um ein Entgelt von S 15 je Tag und Teilnehmer. Sie verwendet dazu Geräte der Marke "L*****" der K***** GmbH (im folgenden kurz K***** GmbH), die nicht in ihrem Eigentum, sondern in demjenigen der K***** GmbH stehen. Sie zahlt der K***** GmbH für jedes Gerät eine einmalige Bereitstellungsgebuhr von S 600 und ein monatliches Miet- und Nutzungsentgelt von S 180.

In der Notrufzentrale der Beklagten, Bezirksstelle F*****, ist auch das Notruftelefonsystem installiert. Die Beklagte betreute mit Stichtag 12.November 1996 durch ihre Bezirksstelle F***** insgesamt 104 Anschlüsse (Teilnehmer) aus der ganzen Steiermark mit Ausnahme der Stadt G*****. Auch in den angrenzenden Bundesländern wird an dieses Notruftelefonsystem angeschlossen.

Die Bezirksstelle F***** erhält innerhalb von 24 Stunden rund acht Anrufe über dieses Notruftelefonsystem. Ungefähr 2 % der Anrufe machen die Durchführung eines Krankentransportes oder des Einsatzes eines Notarztwagens erforderlich. Die Kosten der Transporte werden von der jeweiligen Krankenversicherung des Patienten getragen. Etwa 5 % der Anrufe erfordern einen sozialen Einsatz; entweder wird von der nächsten Rot-Kreuz-Dienststelle ein Fahrzeug losgeschickt oder ein freiwilliger Mitarbeiter der Beklagten, der im gleichen Ort wohnt, fährt zum Anrufer und hilft diesem zB beim Anziehen, Aufstehen udgl.

Weiters werden auch Leistungen wie das Besorgen von Medikamenten, Lebensmittel udgl angeboten. Kontakt muß auch aufgenommen werden, wenn keine telefonische Verbindung zustande kommt oder keine Bezugsperson erreichbar ist.

In der Zeit vom 24. bis zum 27.Oktober 1996 fand auf dem Gelände der Grazer Messe International in der Halle 12 die "Paracelsus-Messe Graz" statt. Der Kläger beteiligte sich als Aussteller und hat dazu den Messestand Nr ***** angemietet.

Auch die Beklagte nahm an der Messe teil und hatte den Stand Nr ***** gemietet und durch ihre Mitarbeiter betreut. Sie hat auf ihrem Stand Werbezettel aufgelegt, die folgendes Aussehen haben:

Die Teilnehmer des Notruftelefonsystems sind durchwegs Personen, bei denen die Gefahr besteht, daß sie das Telefon nicht mehr erreichen und einen Arzt, die Rettung oder nahestehende Personen nicht mehr verständigen können.

Die Beklagte besitzt keine verwaltungsbehördliche Bewilligung zum Betrieb des Notruftelefonsystems.

Die Beklagte ist ein Verein, dem nach seiner Satzung die sich aus dem § 3 der Satzungen des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) ergebenden Aufgaben obliegen, soweit sie nicht ausschließlich dem ÖRK vorbehalten sind. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben erfolgt gemäß § 4 Abs 1 der Satzungen gemeinnützig und ist nicht auf Gewinn gerichtet. Die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben erfolgt im Sinn der Bestimmungen des § 23 dieser Satzung (also neben dem Vermögen des Verbandes und dessen Ertrag, den Beiträgen der Mitglieder, Subventionen öffentlicher Körperschaften, Erbschaften, Vermächtnissen, Widmungen, Stiftungen, Spenden und sonstigen Zuwendungen auch aus Erträgen aus Sammlungen, Lotterien, Tombolas, Ausstellungen, sonstigen Veranstaltungen und Unternehmungen sowie den Erträgnissen aus den Tätigkeiten des Roten Kreuzes).

Zu den in § 4 Abs 2 der Satzung beispielsweise aufgezählten Aufgaben der Beklagten gehören neben dem Rettungsdienst auch die Durchführung des Hauskrankenpflegefachdienstes und begleitender sozialer Dienste sowie die freiwillige Hilfeleistung auf allen Gebieten der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege.

Mit einer am 17.12.1993 zu ***** des Landesgerichtes für ZRS Graz überreichten Klage hatte der Kläger beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, den Betrieb eines Notruftelefonssystems im Bundesland Steiermark ohne gewerberechtliche Deckung zu unterlassen. Gleichzeitig hatte er die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung dieses Unterlassungsanspruches gestellt. Damals hatte er vorgebracht, er habe erstmals durch das Schreiben des Magistrats Graz vom 14.Oktober 1993 davon Kenntnis erlangt, daß die Beklagte beabsichtige, ab Beginn des Jahres 1994 ein für das gesamte Bundesland Steiermark flächendeckendes Notruftelefonsystem zu installieren. Das solle in Absprache mit dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung sowie dem Magistrat Graz erfolgen, wobei die gesamte Anlage für die Beklagte von der öffentlichen Hand unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde. Die Beklagte sei mangels einer gewerberechtlichen Deckung zur Ausübung dieser Tätigkeit nicht legitimiert. Die Übertretung der gewerberechtlichen Vorschriften verstoße gleichzeitig gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Dazu komme, daß die Beklagte infolge der Unterstützung durch die öffentliche Hand einen massiven Wettbewerbsvorteil besitze und auch finanzrechtlich begünstigt sei. Sie würde daher selbst bei dem von ihr in Aussicht gestellten monatlichen Entgelt von S 150 wesentlich höhere Erträge erzielen als der Kläger mit dem von ihm verrechneten Betrag von S 498 je Monat. Diese Tätigkeit stünde auch nicht mit den satzungsgemäßen Grundsätzen der Gemeinnützigkeit und der nicht auf Gewinn ausgerichteten Tätigkeit im Einklang. Der Betrieb des Notruftelefonsystems falle auch nicht in den Rahmen des allgemeinen Rettungsdienstes. Da Vertreter der Beklagten im Zuge eines Gesprächs bei Landesrat T***** am 17.November 1993 ausdrücklich erklärt hätten, daß sie den Betrieb des Notruftelefonsystems ab Jänner 1994 ohne gewerberechtliche Deckung aufnehmen werde, bestehe die konkrete Besorgnis einer drohenden Rechtsverletzung, zu deren Hintanhaltung der Kläger zur Einbringung einer Unterlassungsklage legitimiert sei.

Mit Beschluß vom 5.Jänner 1994, ***** wies das Landesgericht für ZRS Graz den Sicherungsantrag aus der Erwägung ab, daß die Beklagte aufgrund des steiermärkischen Gesetzes vom 7.Dezember 1989 über die Rettungsdienste, LGBl 1990/20, als einzige anerkannte Organisation des allgemeinen Rettungsdienstes verpflichtet sei, Personen, die sich in Lebensgefahr oder in einer akuten gesundheitsgefährdenden Lage befinden, Erste Hilfe sowie Sanitätshilfe zu leisten. Die technische Abwicklung des Notrufsystems sei eine Tätigkeit im Sinne des steiermärkischen Rettungsdienstgesetzes. Die Beklagte bedürfe daher keiner gewerberechtlichen Deckung.

Das Oberlandesgericht Graz bestätigte mit Beschluß vom 11.März 1994, ***** diesen Beschluß. Das Notruftelefonsystem stehe den in § 2 Abs 1 Z 1 und 2 des steiermärkischen Rettungsdienstgesetzes genannten Personen zur Verfügung; darauf, ob es nur in den dort umschriebenen Situationen in Anspruch genommen werde, komme es nicht an. Die Beklagte handle mit dem Betrieb des Notruftelefonsystems zwar zweifellos im geschäftlichen Verkehr; es sei aber auszuschließen, daß sie darüber hinaus auch zu Zwecken des Wettbewerbes handle. Vereinigungen, die keinerlei wirtschaftliche Zwecke verfolgten, wie politische Parteien, Rotes Kreuz, Caritas ua handelten nicht zu Zwecken des Wettbewerbes, es sei denn, sie betätigten sich gewerbswirtschaftlich besonders. Idealvereine dürften, ohne eine Wettbewerbswidrigkeit zu begehen, zur Erreichung ihrer idealen Ziele unternehmerische Tätigkeiten entfalten, wenn diese dem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck zu- und untergeordnet seien, vorausgesetzt, daß die wirtschaftliche Hilfstätigkeit durch die Vereinssatzung gedeckt sei. Letzteres müsse beim Betreiben eines Notruftelefonsystems durch die Beklagte im Hinblick auf den Inhalt der Satzung und des steiermärkischen Rettungsdienstgesetzes bejaht werden. Wenn auch die Möglichkeit eines objektiven Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Streitteilen zu bejahen sei, so fehle es doch angesichts des Umstandes, daß die Beklagte beim Betrieb des Notruftelefonsystems in Wahrung der ihr gesetzlich und satzungsmäßig anvertrauten Interessen und Aufgaben handle und daß sie von den Kunden für diese Serviceleistung auch nur ein geringes, zur Deckung ihrer Selbstkosten notwendiges Entgelt verlange, im konkreten Fall an einer Wettbewerbsabsicht der Beklagten; zumindest trete diese gegenüber den sozialen Beweggründen der Beklagten völlig zurück. Damit sei aber dem auf § 1 UWG gestützten Unterlassungsanspruch der Boden entzogen. Im übrigen vertrete das Rekursgericht die Ansicht, daß der Betrieb einer Notrufzentrale keiner gewerbebehördlichen Bewilligung bedürfe. Der Begriff der Notrufzentrale gemäß § 249 GewO (aF) müsse im Zusammenhang mit den übrigen dort aufgezählten Bewachungstätigkeiten auf den Objektschutz bezogen werden. Der Personenschutz sei dem Gewerbe der Berufsdetektive vorbehalten, wobei der von der Beklagten verfolgte Personenschutz schon begriffsmäßig nicht der Tätigkeit eines Berufsdetektives unterstellt werden könne. Der Betrieb einer Notrufanlage, die ausschließlich dem Personenschutz diene, unterliege daher nicht der gewerbebehördlichen Bewilligungspflicht. Dazu komme, daß bei einem Verein, der soziale oder gemeinnützige Zwecke verfolge, die Absicht fehle, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, wenn der Verein von vornherein so angelegt sei, daß er nur durch den Empfang von Subventionen seine Funktionsfähigkeit aufrechterhalten könne. Die wirtschaftlichen Vorteile träten bei derartigen Vereinen nur als Nebeneffekt einer Tätigkeit auf, der im übrigen keine eigenständige Bedeutung gegenüber der Verfolgung und der Pflege des Vereinszwecks zukomme.

Im Hauptverfahren entschieden beide Vorinstanzen gleichfalls auf Abweisung des Klagebegehrens. Der Oberste Gerichtshof wies die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes vom 6.Oktober 1995, ***** erhobene außerordentliche Revision mit Beschluß vom 5.Dezember 1995, 4 Ob 1105/95, zurück. Die Rechtsansicht, daß die Beklagte bei dem beanstandeten Betrieb eines Notruftelefonsystems nicht zu Zwecken des Wettbewerbs handle, halte sich im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Selbst wenn man der Beklagten unterstellen wollte, daß sie doch auch in Wettbewerbsabsicht handle, würde das am Ergebnis nichts ändern, weil diese Absicht gegenüber dem eigentlichen Beweggrund ja auch völlig in den Hintergrund getreten sein könne. Die Ansicht, daß die Beklagte das Notruftelefonsystem ohne Gewerbeberechtigung nach § 254 GewO jedenfalls in erster Linie deshalb betreibe, weil ihr gemäß § 4 ihrer Satzung die gemeinnützige und nicht auf Gewinn gerichtete Wahrnehmung gewisser Aufgaben obliege, zu denen ua die freiwillige Hilfstätigkeit auf den Gebieten der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege gehöre, stehe mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Wettbewerbsabsicht in Einklang.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt nun der Kläger - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung - , der Beklagten mit einstweiliger Verfügung für die Dauer des Rechtsstreites zu untersagen:

1. das Anbieten, Bewerben und den Vertrieb, Verkauf, Verleih oder jedes sonstige Inverkehrbringen von Alarmwahlgeräten, insbesondere solchen der Marke K*****, Type "L*****" auf Messen, Verkaufsveranstaltungen und sonstigen der Requirierung von Kunden, der Förderung des Absatzes oder der Verbreitung des Anbotes dienenden Veranstaltungen und Anlässen, wie etwa Pressekonferenzen;

2. das Installieren von Alarmwahlgeräten in den Räumlichkeiten von Personen, welche die Dienstleistung "Betrieb einer Notrufzentrale" mit angeschalteten Notrufwählgeräten im Sinn des § 254 Abs 1 GewO der Beklagten in Anspruch nehmen;

3. die Wartung von Alarmwählgeräten und die technische Überwachung von Alarmwählgeräten über die Notrufzentrale;

4. das Anbieten der Dienstleistung "Betrieb einer Notrufzentrale" mit angeschalteten Notrufwählgeräten im Sinn des § 254 Abs 1 GewO auf Messen, Verkaufsveranstaltungen und sonstigen der Requirierung von Kunden, der Förderung des Absatzes und der Verbreitung der angebotenen Dienstleistung dienenden Veranstaltungen und Anlässen, wie etwa Pressekonferenzen, oder in diesem Zweck dienenden Aussendungen, sofern die Beklagte nicht über die hiezu erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigungen verfügt.

Die Beklagte betreibe für ihr Notruftelefonsystem mit Flugblättern und Prospekten Werbung. Die im Rahmen der Notrufzentrale erbrachten Leistungen gingen fast zur Gänze über die satzungsgemäßen Aufgaben der Beklagten hinaus, erforderten doch nur 1 bis 2 % der Notrufe tatsächlich ärztliche Hilfe oder Hilfe durch Rettungspersonal. Zum Betrieb einer Notrufzentrale sei eine Bewilligung zur Ausübung des Bewachungsgewerbes gemäß § 254 Abs 1 GewO 1994 erforderlich. Die Beklagte besitze jedoch keine solche Genehmigung. Sie handle nicht nur im geschäftlichen Verkehr, sondern auch zu Zwecken des Wettbewerbes. Sie wende sich an denselben Kundenkreis wie der Kläger. Unter diesen Voraussetzungen sei die Wettbewerbsabsicht nach der Lebenserfahrung zu vermuten. Tatsächlich sei das Verhalten der Beklagten von der Absicht getragen, Kunden für ihr Notruftelefonsystem zu werben. Das Ausstellen auf einer Fachmesse unter den geschilderten Bedingungen könne nur dahin gedeutet werden. Die Beklagte handle dabei auch in Gewinnerzielungsabsicht, was sich aus der Höhe des begehrten Entgeltes ergebe, sei doch ihr System teurer als dasjenige des Klägers. Daß die Beklagte den erzielten Betrag allenfalls einem gemeinnützigen Zweck widme, schließe die Gewinnerzielungsabsicht nicht aus. Die Tätigkeit der Beklagten bedeute eine artfremde Leistung außerhalb ihrer Satzungen. Ihre Wettbewerbsabsicht trete gegenüber den sozialen Beweggründen weit in den Vordergrund; sie verlange von den Kunden ein die eigenen Kosten bei weitem übersteigendes Entgelt. Mit dem Verstoß gegen gewerberechtliche Vorschriften handle sie auch gegen die guten Sitten im Wettbewerb.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Im Hinblick auf die rechtskräftige Erledigung des Verfahrens zu ***** des Landesgerichtes für ZRS Graz werde der Einwand der entschiedenen Rechtssache erhoben. Der Antrag sei aber auch sachlich nicht berechtigt. Die Beklagte erbringe die Leistungen im Rahmen des Notruftelefonsystems nicht in Gewinnerzielungsabsicht. Sie erziele weder derzeit aus diesem Betrieb einen Gewinn noch wolle sie in Zukunft einen Gewinn erzielen. Ihr Interesse liege nur in der Gemeinnützigkeit und nicht im Profit. Sie betreibe das Notruftelefonsystem als die einzige in der steiermark gesetzmäßig anerkannte Organisation des allgemeinen Rettungsdienstgesetzes in Ausübung der gesetzlichen Verpflichtung nach dem steiermärkischen Rettungsdienstgesetz LGBl 1990/20. Mit dem Betrieb der Notrufzentrale gewährleiste die Beklagte ihre ständige Erreichbarkeit für hilfsbedürftige Personen im gesamten Landesgebiet; damit erfülle sie einen Teil der ihr gesetzlich auferlegten Aufgaben. Sicherungsmittel aber, die mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften unvereinbar erscheinen, seien unzulässig. Der Betrieb des Notruftelefonsystems gehöre unter die satzungsmäßigen Aufgaben der Beklagten. Zu diesen zähle nach § 4. 20 auch die Werbung sowie die Durchführung von hiezu zweckmäßigen Aktionen und Veranstaltungen. Die Beklagte handle - wie schon im vorangegangenen Verfahren festgestellt - nicht in Wettbewerbsabsicht. Sie stehe außerhalb der Gewerbeordnung; der Betrieb einer Notrufzentrale bedürfe im übrigen keiner gewerbebehördlichen Bewilligung nach § 254 GewO. Die Tätigkeit der Beklagten weise nicht das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aus; sie sei weder mittelbar noch unmittelbar auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für ihre Vereinsmitglieder gerichtet. Sämtliche Einnahmen dienten nur der Abgeltung der Spesen der vielfältigen Aufgaben der Beklagten. Da § 254 Abs 1 GewO sich nur auf Objektschutz beziehe, könne das Notruftelefonsystem der Beklagten nicht darunter fallen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es nahm noch als bescheinigt an, daß die Beklagte die beanstandeten Leistungen nicht gewinnbringend erbringe; eine Gewinnerzielung liege nicht im Interesse der Beklagten, "da ihr Interesse in der Gemeinnützigkeit liegt". Rechtlich vertrat das Erstgericht die Meinung, daß materielle Rechtskraft als Einmaligkeitswirkung dann vorliege, wenn die Begehren deckungsgleich oder identisch seien. Mit rechtskräftigem Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 5.Jänner 1994 sei aber der Antrag des Klägers, der Beklagten die Ausübung eines Notruftelefonsystems im Land Steiermark ohne gewerbliche Deckung zu untersagen, abgewiesen worden. Grundlage jedes solchen Telefonsystems sei es, daß Informationsmaterial an Interessenten gelange, weil ohne Kenntnis von der Existenz des Systems dieses nicht betrieben werden könnte. Das im vorangegangenen Verfahren gestellte - abgewiesene - Begehren reiche bedeutend weiter als das nunmehr geltend gemachte und schließe somit dieses in sich. Es liege daher entschiedene Streitsache vor. Überdies habe der Kläger sein Begehren nicht ausreichend bescheinigt. Das gelte insbesondere für die behauptete Wartung und technische Überwachung von Alarmgeräten. Punkt 2 des Sicherungsbegehrens wäre noch dazu sinnwidrig. Der Betrieb eines Notruftelefonsystems für sich selbst, ohne Installation von Alarmgeräten in den Räumlichkeiten von Personen, die das System in Anspruch nehmen wollen, sei undenkbar. Mangels Installation entsprechender Geräte könnte kein Notruftelefonsystem bestehen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ob sich die materielle Rechtskraft der im vorangegangenen Verfahren ergangenen Entscheidungen als die Zurückweisung des vorliegenden Antrages bedingende Einmaligkeitswirkung äußere, könne offenbleiben. Die materielle Rechtskraft einer Entscheidung wirke nämlich auch dann, wenn der rechtskräftig entschiedene Anspruch nur Vorfrage für den neuen Anspruch sei, somit der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der vom neuen Antrag verlangten Rechtsfolge gehöre, also über den neuen Anspruch nur entschieden werden könne, wenn gleichzeitig als Voraussetzung hiefür über den Bestand des bereits rechtskräftigen Anspruchs erkannt werden müßte. Hievon sei - ungeachtet der Einmaligkeitswirkung - jedenfalls auszugehen, weil nach den Ergebnissen des Verfahrens ***** des Landesgerichtes für ZRS Graz rechtskräftig feststehe, daß der Beklagten die Ausübung eines Notruftelefonsystems im Land Steiermark auch ohne gewerbliche Deckung gestattet sei. Die materielle Rechtskraft wirke als Bindungswirkung, die eine Sachentscheidung über das - in Wahrheit lediglich qualitativ geringere - Sicherungsbegehren nicht ausschließe, aber bei der Sachentscheidung bindend zugrundezulegen sei. Demnach sei aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 1105/95 davon auszugehen, daß die Beklagte das Notruftelefonsystem (ohne Gewerbeberechtigung nach § 254 GewO) - jedenfalls in erster Linie - deshalb betreibe, weil ihr gemäß § 4 ihrer Satzung die gemeinnützige und nicht auf Gewinn gerichtete Wahrnehmung gewisser Aufgaben obliege, zu denen ua die freiwillige Hilfstätigkeit auf den Gebieten der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege gehöre (§ 4 Z 4) und daß ihr deshalb die Wettbewerbsabsicht fehle oder diese doch zumindest völlig in den Hintergrund trete, so daß schon aus diesem Grund ein Verstoß gegen § 1 UWG zu verneinen sei. Es erübrige sich die Prüfung, ob die Beklagte gegen die Gewerbeordnung verstoße. Sofern sich der Kläger darauf berufe, daß die Beklagte das Notruftelefonsystem in Gewinnerzielungsabsicht betreibe und demnach "artfremde Leistungen außerhalb ihrer Satzungen" anbiete, übersehe er, daß nach § 4 der Satzung der Beklagten die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung der gemeinnützigen, nicht auf Gewinn gerichteten Aufgaben im Sinn des § 23 der Satzung zu erfolgen habe. Nach dessen Z 6 seien Erträgnisse aus den Tätigkeiten des Roten Kreuzes ausdrücklich als Mittel zur Erreichung des Verbandszweckes genannt, so daß selbst im Fall der Erzielung von Gewinnen aus dem Betrieb des Notruftelefonsystems das Verhalten der Beklagten jedenfalls nicht satzungwidrig wäre; daß solche etwaigen Erträgnisse mit Verlusten aus anderen Tätigkeiten des Roten Kreuzes aufgerechnet werden, verstehe sich von selbst; der Kläger habe jedenfalls nichts Gegenteiliges behauptet. Im übrigen biete er nach seinem Standpunkt das Notruftelefonsystem (wesentlich) günstiger als die Beklagte an, so daß bei Erbringung gleicher Leistungen ein mündiger Verbraucher sich ohnehin des Unternehmens des Klägers bedienen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung auf einer wesentlichen Verkennung der verfahrensrechtlichen Lage beruht; sie ist auch teilweise berechtigt.

Dem diesmal im Haupt- und im Sicherungsverfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch steht nicht das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache (§ 240 Abs 3, § 411 ZPO) entgegen. Zwar sind die Parteien des hier zu beurteilenden Verfahrens mit denjenigen des vorangegangenen Prozesses identisch; auch die Begehren beider Verfahren decken sich zum Teil. Dennoch fehlt es an der Identität des Anspruches. Diese liegt nämlich nur dann vor, wenn nicht nur das neu gestellte Begehren dieselbe Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung (oder ein bloß quantitatives Minus davon) zum Gegenstand hat wie die rechtskräftige Entscheidung; vielmehr müssen auch die zur Begründung des neuen Begehrens vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen dieselben sein, auf die sich auch die rechtskräftige Entscheidung gründet, so daß sie auch zwangsläufig dieselbe rechtliche Beurteilung zur Folge haben müssen (Fasching, LB2 Rz 1515; Rechberger in Rechberger ZPO Rz 7 zu § 411). Die Rechtskraftwirkung setzt also Identität der Parteien, des geltend gemachten Anspruches und des rechtserzeugenden Sachverhalts voraus (RZ 1995/58 uva).

Von einer solchen Identität kann aber im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. In der seinerzeit erhobenen vorbeugenden Unterlassungsklage hatte sich der Kläger darauf berufen, daß die Beklagte beabsichtige, in Absprache mit dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung und dem Magistrat Graz ein flächendeckendes Notruftelefonsystem für das gesamte Bundesland Steiermark zu installieren. Dazu wurde dann im Provisorialverfahren festgestellt, daß die Beklagte bereit sei, gegen Zahlung eines Spesenersatzes in diesem Bereich für die Stadt Graz tätig zu sein, wobei sie daraus keinen Gewinn erzielen werde. Teilnehmer des Notrufsystems seien durchwegs Personen, bei welchen die Gefahr bestehe, daß sie das rettende Telefon nicht mehr erreichen und einen Arzt, die Rettung oder auch nur Nachbarn nicht verständigen könnten.

Im vorliegenden Fall macht der Kläger hingegen geltend, daß die Beklagte das Notruftelefonsystem von F***** aus betreibe und dafür - insbesondere auf der Paracelsus-Messe - werbe. Sein Begehren ist daher auf einen anderen Sachverhalt gestützt als das im vorangegangenen Verfahren rechtskräftig abgewiesene. Die sich aus § 411 ZPO ergebende Einmaligkeitswirkung kommt somit dieser rechtskräftigen Entscheidung gegenüber dem neuen Begehren nicht zu.

Die im Vorprozeß ergangene Entscheidung entfaltet hier aber auch keine Bindungswirkung. Diese hätte zur Voraussetzung, daß eine Vorfrage des nunmehrigen Prozesses im früheren Prozeß als Hauptfrage rechtskräftig entschieden wurde (Fasching aaO Rz 1518 mwN aus der Rechtsprechung; Rechberger aaO Rz 3; ecolex 1996, 600 [Oberhammer]). Entgegen der Meinung der Vorinstanzen wurde im früheren Prozeß nicht rechtskräftig - für alle Zeiten unter allen Umständen bindend - rechtskräftig ausgesprochen, daß der Beklagten die Ausübung eines Notruftelefonsystems im Land Steiermark auch ohne gewerbliche Deckung gestattet sei. Vielmehr waren die Gerichte auf der Grundlage der damaligen Feststellungen zum rechtlichen Ergebnis gelangt, daß der Beklagten bei dem in Aussicht genommenen Vorhaben die Wettbewerbsabsicht fehle(n werde). Daß diese Schlußfolgerung nicht für ein Verfahren bindend sein kann, in welchem ein anderer Sachverhalt geltend gemacht wird, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen.

Zu prüfen ist daher, ob die Beklagte - wie der Kläger geltend macht - das Gewerbe des Betriebs einer Notrufzentrale im Sinn des § 254 Abs 1 GewO ohne entsprechende gewerbebehördliche Bewilligung betreibt und dabei in Wettbewerbsabsicht handelt. Dazu war zu erwägen:

Zunächst kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Beklagte beim Betrieb des Notruftelefonsystems im "geschäftlichen Verkehr" handelt. Unter den Begriff des "geschäftlichen Verkehrs" fällt nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre jede selbständige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit - im Gegensatz zu rein privater oder amtlicher Tätigkeit - , also jede geschäftliche Betätigung im weitesten Sinn, ohne daß Gewinnabsicht notwendig wäre; vielmehr genügt eine selbständige, zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt (Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 17 f; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht 494 f § 23 Rz 2 ff; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht2 19, Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 198 f Rz 208 EinlUWG; Köhler/Piper, UWG, 101 Rz 156 Einf; SZ 61/193 - Camel; ÖBl 1991, 237 - Ski-Kindergarten; ÖBl 1996, 191 - Cliniclowns uva). Auch wohltätige und gemeinnützige Unternehmungen sowie Vereine, deren satzungsmäßiger Zweck an sich nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, können sich in dieser Weise betätigen (Koppensteiner aaO 495 Rz 5; Fitz/Gamerith aaO; Baumbach/Hefermehl aaO 200 Rz 210; Köhler/Piper aaO Rz 157; ÖBl 1996, 191 - Cliniclowns mwN).

§ 1 UWG setzt auch ein "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs" voraus. Dieses erfordert in objektiver Hinsicht das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Beteiligten, will doch das Wettbewerbsrecht nur dasjenige geschäftliche Tun erfassen, das die Wettbewerbslage in irgendeiner Form beeinflussen kann (ÖBl 1991, 237 - Ski-Kindergarten; Koppensteiner aaO 498 § 23 Rz 10; Fitz/Gamerith aaO 20; Baumbach/Hefermehl aaO 203 f Rz 216). Daß zwischen den Streitteilen in Ansehung des Notruftelefonsystems ein Wettbewerbsverhältnis besteht, ist offenkundig, wenden sich doch beide Parteien insoweit an den gleichen Kundenkreis.

Das Verhalten der Beklagten - der Betrieb einer Notrufzentrale ohne gewerbliche Deckung sowie die Werbung für ihr Angebot - ist auch objektiv geeignet, ihren Absatz auf diesem Gebiet auf Kosten der Mitbewerber - insbesondere also auch des Klägers - zu fördern. Dieses geschäftliche Handeln der Beklagten bedeutet demnach jedenfalls objektiv eine Wettbewerbshandlung (Koppensteiner aaO; Baumbach/Hefermehl aaO 203 Rz 215; Köhler/Piper aaO 104 Rz 163; ÖBl 1991, 13 - Gerhard Berger mwN). Unterstellt man nämlich zunächst, daß der Betrieb einer Notrufzentrale durch die Beklagten einer gewerbebehördlichen Bewilligung bedürfte, dann zieht die Beklagte aus dem Betrieb ohne entsprechende Bewilligung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern Vorteile, spart sie sich doch nicht nur die mit dem Ansuchen bei der Gewerbebehörde verbundenen Kosten, sondern auch jene, die mit der im Fall der Gewerbeausübung notwendig gewordenen Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer verbunden sind.

Für die Lösung der Frage, ob die Beklagte der Gewerbeordnung unterliegt, kommt es zwar nicht darauf an, ob der Betrieb eines Notruftelefonsystems dem in § 254 Abs 1 GewO gebrauchten Begriff des Betriebs einer Notrufzentrale entspricht, also ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe (§ 127 GewO) ist, oder - mangels besonderer Regelung - ein freies Gewerbe (§ 5 Abs 2 Z 3 GewO) ist, das nur der Anmeldung bedarf (§ 339 GewO). Bemerkt sei jedoch, daß nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter den im Gesetz verwendeten Begriff der Notrufzentrale jedenfalls auch ein Notruftelefonsystem der Art fällt, wie es die Streitteile betreiben. Daß dieser Betrieb durch die Gewerberechtsnovelle 1988 in eine Reihe mit Bewachungsgewerben gestellt wurde, welche dem Objektschutz dienen, hindert nicht die Auslegung, daß eine Notrufzentrale, die zum Zweck des Personenschutzes eingerichtet wird, gleichfalls als bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe nach § 254 GewO einzustufen ist.

Nach § 1 Abs 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden kann.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß sie deshalb das Notruftelefonsystem nicht gewerbsmäßig ausübe, weil sie nicht die Absicht verfolge, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH erweist die Entgeltlichkeit der erbrachten Leistungen noch nicht, daß mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden solle; im besonderen werde dies dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die bestehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen (VwGH Slg 11.400A; VwGH Zl 88/04/0218 ua).

Zur Frage, ob das von der Beklagten verrechnete Entgelt von S 15 am Tag nur dazu dient, die Kosten der Beklagten (ganz oder teilweise) zu decken oder doch so hoch angesetzt ist, daß die Beklagte daraus - zumindest in Zukunft - einen Ertrag schöpfen kann, fehlen Feststellungen. Ganz abgesehen davon, daß die Feststellung des Erstgerichtes, wonach die Beklagte die Leistungen "nicht gewinnbringend" tätige und keinen Gewinn erzielen wolle, zu allgemein gehalten ist, hat sich das Rekursgericht mit den im Rekurs des Klägers dagegen vorgebrachten Argumenten gar nicht auseinandergesetzt.

Nach § 1 Abs 6 GewO liegt bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 - wie der Beklagten - die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebs aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein solcher Verein eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, daß die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Bei der Beurteilung, ob die Tätigkeit des Vereins das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebs aufweist, kommt es nicht auf die gesamten Aktivitäten des Vereins an, sondern - nach der insoweit eindeutig erklärten Absicht des Gesetzgebers (".....wie sich der Verein hinsichtlich der üblicherweise von Gewerbebetrieben ausgeübten Tätigkeiten dem Publikum gegenüber präsentiert": 690 BlgNR 17.GP 3) - nur auf das Bild an, das der Verein bei der einschlägigen Tätigkeit macht (ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde). Im vorliegenden Fall ist also nur das Erscheinungsbild der Beklagten beim Betrieb ihres Notruftelefonsystems maßgebend. In diesem Belang unterscheidet sie sich jedoch nicht von einem sonstigen Gewerbetreibenden. Sie unterhält eine Notrufzentrale, wirbt Kunden an, liefert diesen Geräte, verrechnet dafür ein Entgelt udgl.

Soweit die Beklagte § 1 Abs 6 GewO deshalb für unanwendbar hält, weil das Notruftelefonsystem nicht zur Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder betrieben werde, kommt dem keine entscheidende Bedeutung zu. Ganz abgesehen davon, daß von einem Verein - und sei es nur zur Deckung von Unkosten - erzielte Erträge einen mittelbaren Vermögensvorteil für die Mitglieder bedeuten (VwGH ZfVB 1992/579 ua), ist bei Vorliegen der Absicht, einen Gewinn unmittelbar für den Verein zu erwirtschaften, ohnehin schon der Tatbestand des § 1 Abs 2 GewO erfüllt. Die gesetzliche Vermutung nach § 1 Abs 6 letzter Satz GewO bezieht sich aber auch auf den Tatbestand der Ertragsabsicht nach § 1 Abs 2 GewO (Schulev-Steindl, Idealvereine und Gewerberecht, ecolex 1994, 8 ff [11]).

Da die Beklagte ihre Tätigkeit laufend ausübt - nach den Feststellungen empfängt sie im Tagesdurchschnitt acht Anrufe - ist nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut zunächst ihre Absicht zu vermuten, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Freilich steht es den Vereinen frei, die Vermutung zu entkräften (Schulev-Steindl aaO).

Nach dem Bericht des Handelsausschusses (876 BlgNR 18.GP, 3) soll die - widerlegliche - Rechtsvermutung des § 1 Abs 6 GewO bei Vereinen nicht anzuwenden sein, bei denen amtsbekannt ist, daß sie nicht in Ertragsabsicht handeln, weil sie wohltätigen, sozialen Zwecken udgl dienen. Das hat freilich im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden. Dennoch wird es bisweilen offenkundig sein, daß einem solchen Verein die Ertragsabsicht fehlt (Schulev-Steindl aaO FN 28); dies wird zweifellos für den Kernbereich der Tätigkeit eines gemeinnützigen Vereines gelten, so etwa für die Krankentransporte udgl des Roten Kreuzes. Das Notruftelefonsystem der Beklagten liegt im Grenzbereich des Tätigkeitsfeldes der Beklagten, dient es doch in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht der Krankenversorgung oder gesundheitlichen Betreuung von Menschen.

Die Beklagte hat sich aber darauf berufen, daß sie sämtliche ihrer Aufgaben, und damit auch das Notruftelefonsystem, ausschließlich gemeinnützig und ohne Ertragsabsicht zur Unterstützung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben (wie Rettungsdienst, Hauskrankenpflege, Fachdienst und freiwillige Hilfeleistung auf allen Gebieten der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege) wahrnehme (S.26). Der Kläger hat hingegen unter Hinweis auf die Vorgangsweise der Beklagten, vor allem ihre Werbetätigkeit, ihre Ertragsabsicht behauptet. Der Erstrichter hat dazu nur als bescheinigt angenommen, daß eine Gewinnerzielung (bei Erbringung der beanstandeten Leistungen) nicht im Interesse der Beklagten liege (S.39). Der Kläger hat diese Feststellung in seinem Rekurs ausdrücklich bekämpft (S.62 ff).

Das Rekursgericht hat die Überprüfung dieser Feststellung im Hinblick auf seine vom Obersten Gerichtshof aber nun nicht gebilligte Rechtsansicht unterlassen. Mit seinen Ausführungen, wonach der Betrieb des Notruftelefonsystems durch die Satzung der Beklagten gedeckt sei, hat es die gerügte Feststellung nicht übernommen; es hat vielmehr ausdrücklich die Möglichkeit offengelassen, daß die Beklagte in Wahrheit Gewinne erziele und nur gemeint, daß auch das nicht den Betrieb des Notruftelefonsystems satzungswidrig machte (S.101).

Der Frage, ob die Beklagte das Notruftelefonsystem in der Absicht betreibt, daraus einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ob also die Vermutung des § 1 Abs 6 GewO zu widerlegen ist, kommt somit rechtliche Bedeutung zu. Sollte der Beklagten nämlich im Provisorialverfahren nicht die Bescheinigung gelingen, daß sie nicht in Ertragsabsicht handle, müßte vom Betrieb eines Gewerbes ausgegangen werden.

In diesem Fall könnte sich die Beklagte nicht darauf berufen, daß sie in Erfüllung ihrer Aufgaben als Organisation des allgemeinen Rettungsdienstes im Sinn des § 3 des steiermärkischen Rettungsdienstgesetzes tätig sei. Ganz abgesehen davon, daß dann insoweit die Voraussetzungen des § 3 Abs 2 Z 4 dieses Gesetzes fehlten, fällt der Betrieb des Notruftelefonsystems nicht unter den Begriff des allgemeinen Rettungsdienstes nach § 2 dieses Gesetzes. Danach ist es Aufgabe des allgemeinen Rettungsdienstes, in gewissen Fällen Erste Hilfe sowie Sanitätshilfe zu leisten und die gefährdeten Personen ärztlicher Versorgung zuzuführen (§ 2 Abs 1 Z 1 des Gesetzes); den Transport mit geeigneten Sanitätskraftfahrzeugen durchzuführen (§ 1 Abs 1 Z 2 des Gesetzes) und in manchen Fällen für Erste Hilfe bereit zu sein oder sie anzubieten (§ 1 Abs 1 Z 3 und 4 des Gesetzes). Mit Hilfe des Notruftelefonsystems kann die Beklagte zwar eher in die Lage geraten, eine ihr obliegende Rettungsaufgabe wahrzunehmen; eine Verpflichtung zur Unterhaltung eines solchen Systems besteht für sie aber nicht, zumal nach ihrem eigenen Vorbringen dieses System im weitaus überwiegenden Teil der Fälle (93 %) für andere Zwecke gebraucht wird.

Sofern das Rekursgericht zur Auffassung gelangen sollte, daß eine Ertragsabsicht der Beklagten bestehe, läge nach dem Gesagten im Betrieb eines Gewerbes ohne Gewerbeberechtigung eine Handlung wettbewerbsrechtlichen Charakters; in einem solchen Fall ist aber die Wettbewerbsabsicht zu vermuten (ÖBl 1991, 21 - I Arch II mwN; ÖBl 1995, 219 - Klasse statt Masse uva; Fitz/Gamerith aaO 21; Baumbach/Hefermehl aaO 213 Rz 235; Köhler/Piper aaO 105 Rz 168). Diese Vermutung ist zwar widerlegbar, doch hat sich die Beklagte zum Beweis ihrer Behauptung der fehlenden Wettbewerbsabsicht nur auf gerichtliche Entscheidungen im vorangegangenen Verfahren berufen (S.28), die keine entsprechenden Tatsachenfeststellungen - schon gar nicht in bezug auf den nunmehr maßgeblichen Sachverhalt - enthalten.

Daß sich das Sicherungsbegehren mit dem Urteilsbegehren deckt, stünde entgegen der Meinung der Beklagten der Bewilligung der einstweiligen Verfügung nicht entgegen, weil mit einem zeitlich befristeten Verbot der endgültigen Entscheidung nicht vorgegriffen wird (SZ 61/9).

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufzutragen. Das Gericht zweiter Instanz wird die Beweisrüge des Klägers zu erledigen, eine Feststellung zur Frage der Ertragsabsicht zu treffen und auf der dann gewonnenen Sachverhaltsgrundlage über den Sicherungsanspruch neuerlich abzusprechen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO.

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