OGH 11Os124/97

OGH11Os124/9728.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rossmeisel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Tomislav S***** wegen der Verbrechen des teils versuchten gewerbsmäßig schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 erster Satz zweiter Fall sowie zweiter Satz und 15 StGB sowie der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23.Mai 1997, GZ 5 Vr 2759/96-121, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Tomislav S***** der Verbrechen des teils versuchten gewerbsmäßig schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 erster Satz zweiter Fall sowie zweiter Satz und 15 StGB sowie der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er (hier zusammengefaßt wiedergegeben)

zu I. in der Zeit zwischen 30.Juni 1984 und 3.Oktober 1987 in verschiedenen Orten Österreichs als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung anderer Bandenmitglieder in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, anderen (im Urteil genannten) Personen durch Geschäftseinbrüche mittels Abdrehen der Schließzylinder der Eingangstüren in insgesamt 17 Angriffen Bekleidung und andere Waren sowie Bargeld in einem insgesamt 500.000 S übersteigenden Wert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (Urteilsfakten 1 bis 4, 6 bis 7 a und b, 8 bis 14) oder wegzunehmen versucht (Urteilsfakten 5, 7 c und d) sowie

zu II. gewerbsmäßig von Zeljko D***** und Ankica B***** durch gewerbsmäßig schwere Einbruchsdiebstähle erlangte Waren in einem 500.000 S übersteigenden Wert gekauft oder zu in Wien ansässigen Hehlern gebracht, wobei ihm die Umstände, die eine fünf Jahre überschreitende Strafdrohung bedingen, bekannt waren.

Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5 a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Mit seinem Vorbringen zur Z 3 wendet der Beschwerdeführer ein, das Erstgericht habe in der Hauptverhandlung vom 23.Mai 1997 gegen seinen Widerspruch die Aussagen von sechs Zeugen gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesen und diese als Grundlage von Urteilsfeststellungen zu seinem Nachteil verwertet. Die Verlesungen seien - mit Ausnahme der Angaben eines inzwischen verstorbenen Zeugen - nichtig, weil der Aufenthalt der anderen beantragten Personen keineswegs unbekannt sei.

Die Beschwerde räumt aber selbst ein, daß diese fünf Zeugen an ihren letzten aktuellen Adressen in Kroatien sowohl mit Rechtshilfeersuchen als auch mit internationalem Rückschein geladen wurden (vgl Verfügung vom 26.März 1997, ON 1 S 3 rr). Ein weiteres Zuwarten auf das Einlangen von Rückscheinen bzw Erledigungsmitteilungen der Rechtshilfeersuchen über die Hauptverhandlung vom 23.Mai 1997 hinaus war allerdings - der Beschwerde zuwider - fallbezogen nicht geboten, mangelt es doch an der Durchsetzbarkeit inländischer Zwangsmaßnahmen gegenüber den ausgebliebenen ausländischen Zeugen. Einem nochmaligen Ladungsversuch hinwiederum steht auch das Gebot dringlicher Erledigung von Haftsachen entgegen. Eine Nichtigkeit begründende Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes liegt somit durch die bekämpfte Verlesung der betreffenden Zeugenvernehmungsprotokolle nicht vor.

Die Behauptung eines mit einer Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte verbundenen Verfahrensmangels (Z 4) durch Abweisung der vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanträge in der Hauptverhandlung vom 23.Mai 1997 trifft nicht zu, weil bereits die Anträge den formellen Voraussetzungen nicht gerecht werden.

Denn um einen Beweisantrag im Sinne des angezogenen Nichtigkeitsgrundes als rechtserheblich darzutun, genügt die bloße Bezeichnung von Beweismittel und Beweisthema im allgemeinen nicht. Es ist vielmehr (soweit sich dies nicht schon aus der Sachlage ergibt) anzugeben, inwieweit das bei Durchführung der beantragten Beweise nach Ansicht des Antragstellers zu erwartende Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nur für die Schuldfrage von Bedeutung ist, sondern auch aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19), wobei die Begründung umso eingehender sein muß, je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschrittes im Lichte der übrigen Verfahrensergebnisse ist (Mayerhofer aaO E 19 c, k; 13 Os 119/96).

Abgesehen von der (bereits zuvor behandelten) Unerreichbarkeit der im Ausland aufhältigen Personen entbehrt der Antrag auf deren Vernehmung sowie von zwei weiteren (ausländischen) Zeugen allenfalls im Rechtshilfeweg unter Gegenüberstellung des Angeklagten vor dem Rechts- hilfegericht oder zumindest unter Vorlage eines aktuellen Lichtbildes des Genannten zum Beweise seiner Nicht- täterschaft (S 363/IV) einer den obigen Anforderungen entsprechenden Begründung, aus welcher hervorgeht, worauf sich die behauptete Verwechslung des Beschwerdeführers gründet und inwieweit diese Zeugenvernehmungen über eine bloße unzulässige Erkundung hinaus entgegen der bisherigen Identifikation auf Grund von Lichtbildern ein anderes Ergebnis erwarten lassen. Eine solche Präzisierung der Beweisanträge wäre vorliegend gerade deshalb geboten, weil der Angeklagte selbst zugibt, auf dem Foto der Kriminalpolizei Zagreb abgebildet zu sein (S 357/IV) und einen Bruder namens Marijan zu haben (S 441 d/III, 247/IV), der ebenfalls von mehreren Personen als Mitglied derselben Diebsbande bezeichnet wird.

Die dargelegten formellen Begründungsanforderungen hat der Beschwerdeführer auch bei seinem (ebenfalls Erkundungscharakter aufweisenden) Erhebungsantrag, ob im Zeitraum von 1984 bis 1987 mehrere Personen namens Tomislav S***** auf dem Gebiet des damaligen Jugoslawien aufhältig waren, "zum Beweise des Vorliegens eines Verwechslung" (S 363/IV) nicht erfüllt.

Sämtliche Beweisanträge sind somit zu Recht der Abweisung verfallen, wobei sich das Erstgericht zur Prüfung ihrer Relevanz zulässig unter anderem auf die Gesamtheit der bereits vorliegenden Verfahrensergebnisse beziehen konnte (Mayerhofer aaO E 83).

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Nichtigkeitswerber keine sich aus den Akten ergebende Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Denn die erfolgreiche Geltendmachung formeller Nichtigkeitsgründe setzt unabdingbar voraus, daß sich die Beschwerdeaus- führungen auf entscheidende - also entweder für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes maßgebende - Umstände beziehen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 a E 2, 4, 18 und 19). Die Urteilsfeststellungen müssen zudem in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden, weshalb Einwendungen, die nur auf einzelne, isoliert betrachtete Gesichtspunkte abstellen, von vorneherein kein Erfolg beschieden sein kann (Mayerhofer aaO E 16).

Unter diesem Aspekt versagt demnach die Beschwerdekritik, die sich nur mit aus dem Gesamtzusammenhang gelösten bzw nicht entscheidungsrelevanten Punkten, wie mit Verfahrensausgang gegen andere Mittäter und eines Hehlers, Mutmaßungen zur (belastenden) Aussage des Zeugen Zeljko D***** sowie mit (teilweise sogar unrichtiger) Zitierung aus den Angaben des Damir T***** und der Verica T*****, nunmehrige L*****, auseinandersetzt.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 11) ist zu erwidern, daß Fehler in der (Vorhaftanrechnung und) Einrechnung einer Auslandsstrafe nach § 66 StGB seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 nicht mehr den angezogenen Nichtigkeitsgrund bewirken, sondern mit Beschluß gemäß § 400 Abs 2 StPO vom Erstgericht richtigzustellen oder gemäß § 283 Abs 2 StPO in einer (auch aus anderen Anlaß ergriffenen) Berufung geltend zu machen sind (Foregger/Kodek StPO6 § 281 S 405; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 36 j). Die Rechtsmittelausführungen zeigen im übrigen selbst auf, daß derzeit die näheren Umstände (Dauer und Grundlage) der in Zagreb erlittenen Haft ungeklärt sind, sodaß noch keine verläßliche Entscheidungsbasis vorliegt (s ua ON 1 S 3 nn).

Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß der in der Berufung relevierte Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot durch die wegen Gewerbsmäßigkeit erfolgte Verurteilung und die gleichzeitige Annahme des Erschwerungsgrundes des langen Deliktszeitraumes auch aus dem Gesichtspunkt des der Sache nach behaupteten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO nicht gegeben ist, weil die längere Dauer eines strafbaren Verhaltens nicht von den Merkmalen des § 70 StGB umfaßt ist. Gewerbsmäßig handelt nämlich auch der Täter, der eine einzige strafbare Handlung verübt, wenn er sie in der Absicht begeht, sich selbst durch wiederholte Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen.

Insgesamt war daher die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a Abs 1 StPO begründet.

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