Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen, und zwar
1) die erst- und die siebentbeklagte Partei der erst- und der siebentklagenden Partei je S 960,75 (darin enthalten S 160, 12 Ust);
2) die zweit-, dritt-, viert-, fünft- und sechstbeklagten Parteien den zweit-, dritt-, viert-, fünft- und sechstklagenden Parteien je S 3.458,70 (darin S 576,45 Ust).
Text
Entscheidungsgründe:
Bis zur mit 1.1.1988 erfolgten gesellschaftsrechtlichen Ausgliederung der Beklagten waren die Kläger Dienstnehmer der VOEST Alpine AG. Im Zuge der Ausgliederung wurden die Dienstverhältnisse der Kläger von den Beklagten unter Aufrechterhaltung der bisherigen Arbeitsvertragsbedingungen übernommen. Sämtliche Kläger bewohnen sogenannte "2 Promille-Wohnungen" der GIWOG, einem gemeinnützigen Wohnbauunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH, an dem die VOEST Alpine AG zu 99% beteiligt ist. Der VOEST Alpine AG steht für die der GIWOG gehörigen Wohnungen ein Einweisungsrecht zu, das seit der Ausgliederung der Beklagten von letzteren ausgeübt wird. Bis Ende 1989 wurden den aktiven Arbeitnehmern der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin), denen "2 Promille-Wohnungen" zugewiesen worden waren, 2 Promille der geschätzten Hauserrichtungskosten als Mietzins vom Lohn abgezogen. Die Differenz auf kostendeckende Mietzinse wurde der GIWOG von den Beklagten (bzw. deren Rechtsvorgängerin) seit den 50er Jahren aufgrund eines Garantievertrages und einer Rahmenvereinbarung ersetzt.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Kläger aufgrund des allgemeinen Wissensstandes redlicherweise darauf vertrauen konnten, daß iS der dargestellten betrieblichen Übung für die Dauer ihres Aktivstandes Zuschüsse des Arbeitgebers in Höhe des maßgebenden Unterschiedsbetrages an die GIWOG geleistet werden; allerdings könne dem Verhalten der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) ein Verpflichtungswille nur für Zuschüsse zur Deckung des bis zum 31. 12. 1989 kostendeckenden Mietzinses entnommen werden. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodaß es insofern genügt, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die von den Revisionswerbern gewünschten Feststellungen sind - abgesehen davon, daß es sich bei den dazu erstatteten umfangreichen Ausführungen zumindest teilweise um eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen handelt - für die Entscheidung ohne Bedeutung. Soweit die Revisionswerber daraus ableiten wollen, daß ihre Leistungen als betriebliche Wohlfahrtseinrichtung iS § 95 ArbVG zu qualifizieren sind, braucht auf ihre Ausführungen nicht näher eingegangen zu werden, weil diese Frage dahingestellt bleiben kann:
Zwar können Arbeitnehmer auf eine Wohlfahrtseinrichtung als solche nicht vertrauen, weil deren Errichtung bzw deren Bestehen für sich allein noch keine Leistung des Arbeitgebers darstellt, die Inhalt der Einzelverträge werden könnte. Vom Arbeitgeber im Rahmen einer Wohlfahrtseinrichtung erbrachte entgeltwerte Leistungen, die keinen eindeutigen kollektiven Charakter in dem Sinne haben, daß sie von jedermann (objektiv) erkennbar ungeeignet sind, als individuelle Ansprüche Bestandteil der betroffenen Einzelarbeitsverträge zu werden (zB. Betriebsausflug, Werkskindergarten), können aber - sofern die einzelnen Arbeitnehmer aufgrund der gegebenen Umstände auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen des Arbeitgebers vertrauen können - einzelvertragliche Verpflichtungen des Arbeitgebers für die Zukunft auslösen (Eypeltauer, Die Mitwirkung des Betriebsrates an betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen, DRdA 1986, 102ff, 194ff [200ff]; Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht II3 354; vgl. auch die Glossen von Klein und Mosler zu den Entscheidungen DRdA 1989/13 und DRdA 1991/38; auch den Entscheidungen DRdA 1989/13 und 9 ObA 288/88, in denen trotz der Bejahung einer Wohlfahrtseinrichtung das Bestehen einzelvertraglicher Ansprüche geprüft, unter den dort gegebenen Umständen aber verneint wurde, lag diese Auffassung zugrunde; ebenso der im Vorprozeß ergangenen Entscheidung 9 ObA 212/91 = Arb 10.980).
Im vorliegenden Fall wurden die in Rede stehenden geldwerten Leistungen der Beklagten (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) über Jahrzehnte vorbehaltlos erbracht. Dazu kommt, daß sie erst nach mehrjähriger Betriebszugehörigkeit und (nur) für die Dauer des Dienstverhältnisses gewährt wurden und daß sie - wie die Revisionswerber selbst in ihrer Berufung vorgebracht haben - eine Leistungsbeschreibung durch den jeweiligen Vorgesetzten zur Voraussetzung hatten. Daraus hat das Berufungsgericht zu Recht den Schluß gezogen, daß die betroffenen Arbeitnehmer ohne "vernünftigen Grund, daran zu zweifeln" (§ 863 ABGB) auf einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers auch für die Zukunft vertrauen konnten. Unter dieser Voraussetzung führt aber die vom Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen begründete betriebliche Übung durch die - schlüssige - Zustimmung der Arbeitnehmer zur schlüssigen Ergänzung des Einzelvertrages jedes begünstigten Arbeitnehmers und damit zu einzelvertraglichen Ansprüchen (Arb 10.434; Arb 10.609; Ris-Justiz RS0014539). Auf das tatsächliche Vorhandensein eines Erklärungswillen des Arbeitgebers kommt es dabei nicht an; entscheidend ist, was die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Würdigung seinem Erklärungsverhalten entnehmen können bzw. welchen Eindruck sie von seinem schlüssigen Verhalten haben mußten (Arb 10.493; Arb 9.786; Ris-Justiz RS0014154). Von wem die Kläger von der betrieblichen Übung erfuhren, ist ebensowenig von Bedeutung, wie der Umstand, daß die Zuschüsse der Beklagten (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) nicht unmittelbar an die Kläger, sondern in Form von direkt der GIWOG erbrachten Leistungen erfolgten, daß sie nicht allen Arbeitnehmern (wohl aber allen, denen vergleichbare Wohnungen zugewiesen wurden) gewährt wurden und daß sie je nach Wohnung unterschiedlich hoch waren. Auch auf die Frage, ob die von den Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) geführten Listen nach den Namen der Arbeitnehmer oder nach Wohnungen geführt wurden, kommt es nicht an, weil die in Rede stehenden Leistungen im Ergebnis jedenfalls Zuwendungen an die betroffenen Arbeitnehmer und auch als solche beabsichtigt waren. Schließlich ist auch irrelevant, in welcher Form die Beklagten (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) die Zuschußleistungen abwickelte.
Daß sich die Beklagten zur Begründung der Einstellung des Mietzinszuschusses nicht auf die in den Mietverträgen der Arbeitnehmer mit der GIWOG enthaltenen Bestimmungen über die Möglichkeit einer Mietzinserhöhung berufen können, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der im Vorverfahren ergangenen Entscheidung 9 ObA 212/91 klargestellt. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt weicht zwar vom hier zu beurteilenden aufgrund von im Revisionsverfahren erfolgten Außerstreitstellungen der damaligen Parteien ab; ihre wesentlichen Aussagen haben aber auch für den hier zu beurteilenden Sachverhalt Gültigkeit.
Zur teilweisen Abweisung der Feststellungsbegehren und zu der damit verbundenen Umformulierung war das Berufungsgericht berechtigt, zumal der nunmehrige Zuspruch gegenüber den Begehren der Kläger kein aliud sondern ein minus darstellt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die von den Klägern ihrem Kostenverzeichnis zugrunde gelegte Bewertung der Feststellungsbegehren war im Hinblick auf die teilweise Abweisung dieser Begehren durch das Berufungsgericht um ein Drittel zu reduzieren. Der auf dieser Grundlage errechnete Kostenbetrag war auf die Kläger im schon vom Berufungsgericht zutreffend ermittelten Verhältnis der Streitwerte aufzuteilen.
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