OGH 14Os127/97

OGH14Os127/9721.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter M***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 24.April 1997, GZ 13 Vr 341/95-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr.Resch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

Hingegen ist die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes begründet und es wird ausgesprochen, daß das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 24.April 1997, GZ 13 Vr 341/95-38, das Gesetz in der Bestimmung des § 267 StPO insoweit verletzt, als der Angeklagte des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB auch für den Zeitraum vom 19.November 1996 bis 24.April 1997 schuldig erkannt wurde.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in diesem Teil des Schuldspruches sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Walter M***** wird für das ihm nach den unberührt gebliebenen Teilen des Schuldspruches weiter zur Last liegende Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB sowie das Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB (Tatzeitraum Anfang 1991 bis 18.November 1996) nach §§ 28 Abs 1, 147 Abs 3 StGB zu 18 (achtzehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 260 Abs 2 StPO wird ausgesprochen, daß auf das Verbrechen des schweren Betruges keine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter M***** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB (A) und des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (B) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Mariazell

A) von Anfang des Jahres 1991 "bis dato" als Schuldner mehrerer

Gläubiger in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung seiner Gläubiger dadurch vereitelt bzw geschmälert, daß er übermäßig Kredit benutzte (Ankauf der "Liegenschaft Feischl" im August bzw September 1991 mit Fremdmitteln von 3,7 Mio S), weitere neue Verbindlichkeiten einging, einen aufwendigen Lebenswandel, etwa durch die fremdfinanzierte Anschaffung einer Großwohnung, führte und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu keiner Zeit beantragte; sowie

B) am 26.März 1994 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Rudolf

H***** durch die Vorgabe, ein redlicher Vertragspartner sowie willens und in der Lage zu sein, ihm die im Hause 8630 Mariazell, Pater-Heinrich-Abel-Platz Nr. 2, gelegene Wohnung top.Nr. 9 gegen die Bezahlung eines Kaufpreises von 2,815.150 S lastenfrei zu verkaufen, insbesondere durch die listige Vorspiegelung, daß der von jenem zu leistende Teilkaufpreis von 1,522.950 S auf ein vom Rechtsanwalt Dr.Franz W***** verwaltetes Treuhandkonto zu bezahlen sei und im Sinne des Käufers verwendet werde, wobei er sein Vorhaben, diesen Teilkaufpreis widmungswidrig für die Überbrückung seiner Zahlungsengpässe zu verwenden, verschwieg, zur Überweisung eines Betrages von 1,522.950 S auf sein Konto Nr. 12.010.260 bei der RZB Wien verleitet, die Rudolf H***** um den genannten, 500.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist unbegründet.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedeutete die Abweisung des Antrages auf Beischaffung des beim Landesgericht für Strafsachen Wien gegen den Rechtsanwalt Dr.Franz W***** anhängigen Strafaktes zum Beweis dafür, daß der Angeklagte auf Grund dessen Malversationen in eine Notlage geraten und dieser über die Mariazeller Geschäfte informiert gewesen sei (S 267 f/II), keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsinteressen. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, die Verwendung der bei ihm eingegangenen Gelder zur Abdeckung eigener Verpflichtungen geplant, einschlägige Verfügungen im Widerspruch zu der Treuhandvereinbarung mit Rudolf H***** getroffen und sich dabei seines Privatkontos bedient zu haben (S 251 f/II). Im Zusammenhalt damit, daß die Tatrichter - mit denkmöglicher Begründung - davon ausgingen, daß der Angeklagte bereits zum Zeitpunkt des Erwerbes der gegenständlichen Liegenschaft zahlungsunfähig gewesen war und dennoch in Kenntnis dieses Umstandes das Geschäft mit Rudolf H***** abgeschlossen hat, vermag die Verlesung des Dr.W***** betreffenden Strafaktes die bereits durch die Gesamtheit der vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage nicht maßgebend zu verändern (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 63), zumal der Angeklagte auch deponiert hatte, daß das Bauprojekt Mariazell "schiefgegangen" sei, hänge mit den Veruntreuungshandlungen Dris.W***** direkt nicht zusammen (S 249/II).

Soweit sich der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) darauf beruft, die - am 19.Dezember 1994 (!) getätigte - Überweisung von 1,443.478,30 S habe den gegenständlichen Anzahlungsbetrag betroffen, ist ihm seine Einlassung in der Hauptverhandlung, dieser Betrag stamme aus einem Vermittlungsgeschäft, das die A*****- GmbH im Jahre 1994 abgeschlossen habe (S 253/II), entgegenzuhalten. Insoweit er sohin von einem verfahrensfremden Sachverhalt ausgeht, bringt er die Mängelrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Auf das bezügliche Vorbringen wird im Rahmen der Ausführungen zur Berufung noch einzugehen sein.

Die bekämpfte Urteilsfeststellung über das auch vom Tatvorsatz (insbesondere der Wissenskomponente) umfaßte Unvermögen des Angeklagten zur Einhaltung der mit Rudolf H***** vereinbarten Übertragung von Wohnungseigentum wurde vom Erstgericht formal einwandfrei nicht mit bloßen zivilrechtlichen Schwierigkeiten, sondern mit dem gesamten tatrelevanten Verhalten des Angeklagten (einschließlich des mangelnden Willens; US 2) und dessen aussichtsloser wirtschaftlicher Lage begründet.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt eine gesetzeskonforme Darstellung, indem sie, anstatt die vom Erstgericht in subjektiver und objektiver Hinsicht getroffenen Feststellungen mit der darauf anzuwendenden Strafnorm zu vergleichen, ein betrügerisches Handeln des Angeklagten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Abrede stellt und die Unmöglichkeit der Begründung des gegenständlichen Wohnungseigentums auf erst nachträglich aufgetretene Umstände zurückführt, hiedurch aber in unzulässiger Bekämpfung der kollegialgerichtlichen Beweiswürdigung die gegenteiligen Urteilsannahmen (US 8 f) übergeht.

Wie der Generalprokurator in seiner beim Gerichtstag mündlich erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, wurde hinsichtlich des Faktums A) durch anklagekonforme Übernahme der Beendigung des Tatzeitraumes mit "bis dato" im Urteil, ohne daß in der Hauptverhandlung die Anklage ausgedehnt worden war (der Staatsanwalt trug lediglich die Anklageschrift vor; S 237/II), hinsichtlich der Zeit vom 19.November 1996 (Anklagedatum war der 18. November 1996) bis 24.April 1997 (Urteilsdatum) die Anklage überschritten (vgl 12 Os 51/92) und hiedurch nicht der amtswegig gemäß § 290 Abs 1 StPO zu relevierende materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO (das durch einen weit längeren Zeitraum fortgesetzte Delikt der fahrlässigen Krida bleibt in diesem Umfang strafbar), sondern der formelle nach Z 8 verwirklicht (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 8 E 17 und Z 9 lit c E 10, § 290 E 13 a).

Bei der zufolge Kassation des von der Anklageüberschreitung betroffenen Teiles des Schuldspruchs wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida (§ 292 letzter Satz StPO) erforderlichen Neubemessung der Strafe war erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und der länger dauernde Zeitraum beim Delikt der fahrlässigen Krida, mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel und die teilweise (versuchte) Schadensgutmachung.

Mangels gegenteiliger Urteilskonstatierungen war nämlich im Zweifel zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, daß die am 19.Dezember 1994 an Dr.W***** getätigte Überweisung von 1,443.478,30 S tatsächlich als nachträgliche Schadensgutmachung in bezug auf das Faktum B) gewidmet war und - sich der Ingerenz des Rechtsmittelwerbers entziehend - nicht zweckgebunden verwendet wurde.

Berücksichtigt man weiters, daß der hohe Kridaschaden von ca 41 Mio S (US 7; richtig aber Mai 1995, S 35 in ON 4) durch Zwangsversteigerung der Liegenschaft ebenfalls zu einem Teil gutgemacht wurde, und der Angeklagte zuvor mehrfache Sanierungsversuche durch Vermittlung von beträchtliche Kaufpreisangebote stellenden Interessenten unternommen hatte, die aber von der betreibenden Bank, welche sodann den Zuschlag im Versteigerungsverfahren erhielt, nicht akzeptiert wurden, so erweist sich eine achtzehnmonatige Freiheitsstrafe als der unrechtsbezogenen Schuld des Täters angemessen. Den gewichtigen Milderungsumständen Rechnung tragend, insbesondere jenen, daß der Rechtsmittelwerber bislang mit dem Gesetz nicht in Konflikt gekommen ist und selbst ersichtlich durch Malversationen anderer einen beträchtlichen Schaden erlitt, konnte ihm die bedingte Nachsicht der Strafe gewährt werden.

Der die Relation des Vorsatz- zum Fahrlässigkeitsdelikt betreffende Ausspruch nach § 260 Abs 2 StPO findet im zitierten hohen Kridaschaden und der in die Wege geleiteten, wenngleich erfolglosen Schadensgutmachung beim Verbrechen des Betruges seine Begründung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte