OGH 14Os135/97

OGH14Os135/9721.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann N***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 30.April 1997, GZ 13 Vr 176/96-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, und des Verteidigers Dr.Stögerer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Johann N***** wird für die ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen nach §§ 28 Abs 1, 207 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Bezirksgerichtes Lambach vom 1. Feber 1996, AZ 4 U 124/95, sowie des Bezirksgerichtes Wels vom 10. Jänner 1996, AZ 15 U 53/96, und vom 11.Juni 1996, AZ 15 U 439/96, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann N***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster Fall StGB (1.) und des Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (erster Fall) StGB (2.) schuldig erkannt.

Darnach hat er im Herbst 1995 in S*****

1.) eine unmündige Person, nämlich seine am 9.Juli 1993 unehelich geborene Tochter Yvonne Claudia B***** wiederholt dadurch, daß er einen Finger in deren Scheide einführte, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht; sowie

2.) in Tateinheit zu den unter 1. angeführten Handlungen unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber der seiner Aufsicht unterstehenden unmündigen Yvonne Claudia B***** diese zur Unzucht mißbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen allein aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist unberechtigt, weil das Erstgericht zutreffend das Vorliegen einer ungleichartigen Idealkonkurrenz zwischen dem Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster Fall StGB und dem Vergehen nach § 212 Abs 1 StGB angenommen hat, stehen doch jene Tatbestände zueinander weder im Verhältnis der Spezialität noch in dem der Subsidiarität und es kommt auch Konsumtion nicht in Betracht, wenn durch das Verhalten eines Täters beide Tatbestände verwirklicht werden (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 207 E 22).

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine achtzehnmonatige Freiheitsstrafe, wobei es trotz Verlesung der schon aktuellen Strafregisterauskunft ON 27 (S 180) irrtümlich nicht auf die im Spruch zitierten Urteile Bedacht nahm, mit denen der Angeklagte zu 50 Tagessätzen wegen § 83 Abs 1 StGB, 90 Tagessätzen wegen §§ 88 Abs 1 und Abs 3 (81 Z 2), 89 (81 Z 2) StGB und 50 Tagessätzen wegen § 146 StGB verurteilt worden war.

Diese unrichtige Anwendung des Gesetzes wirkte sich insofern zum Nachteil des Angeklagten aus, als eine der der Bedachtnahme unterliegenden Sanktionen eine ein Monat übersteigende Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht und somit zu einer Verlängerung der Tilgungsfrist führen würde (§ 4 Abs 3 TilgG). Hingegen gelten Verurteilungen, die zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehen, für die Tilgung nicht als gesonderte Verurteilungen (§ 4 Abs 4 TilgG).

Da sich nach der Änderung des § 281 Abs 1 Z 11 StPO durch das StRÄG 1987 die rechtsirrige Anwendung oder Nichtanwendung des § 31 StGB als eine offenbar unrichtige Beurteilung für die Strafbemessung entscheidender Tatsachen darstellt (ÖJZ-LSK 1996/110, 14 Os 22/95, 13 Os 104/96, 15 Os 11/96, 15 Os 84/97 ua), war der bezeichnete materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund von Amts wegen aufzugreifen (§ 290 Abs 1 StPO) und der Strafausspruch aufzuheben.

Bei der nunmehr unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die erwähnten früheren Verurteilungen vorgenommenen Neubemessung der Strafe war erschwerend, daß der Angeklagte mehrere strafbare Handlungen teils durch längere Zeit fortgesetzt hatte, sowie die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe; mildernd hingegen kein Umstand.

Im Hinblick auf das durch achtzehn überwiegend wegen Gewalttaten, einmal aber auch spezifisch einschlägig wegen eines (wenngleich länger zurückliegenden) Sittlichkeitsdeliktes massiv getrübte Vorleben des Angeklagten und die durch mehrfache, eine Defloration (!) bewirkende Übergriffe bedingte Traumatisierung der zweijährigen (!) Tochter erweist sich die vom Erstgericht gewählte Sanktion als äußerst moderat und schon aus spezialpräventiven Gründen weder einer Herabsetzung noch der vom Angeklagten angestrebten Gewährung teilweise bedingter Nachsicht zugänglich. Da auch Rücksichten der Generalprävention bei der notorischen Häufung derartiger im Familienkreis begangener Sexualdelikte eine wirksame Abschreckung potentieller Täter gebieten, wäre - auch unter der Annahme, daß alle Straftaten in einem Verfahren abgeurteilt worden wären - keine mildere als die vom Erstgericht ausgesprochene Strafe zu verhängen gewesen.

Der Angeklagte war mit seiner Berufung auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht ist in § 390 a StPO begründet.

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