OGH 1Ob234/97m

OGH1Ob234/97m14.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch DDr.Elisabeth Steiner und Dr.Daniela Witt-Dörring, Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Ing.Bernhard *****S*****, vertreten durch Dr.Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 864.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsstreitwert S 576.000,- -), gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7.Mai 1997, GZ 17 R 68/97p-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29.November 1996, GZ 14 Cg 50/96t-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Teilabweisung von S 288.000,-- sA als nicht in Beschwerde gezogen unberührt blieben, werden dahin abgeändert, daß auch das restliche Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 576.000,-- samt 14,4 % Zinsen seit 1.April 1995 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 190.084,72 (darin S 23.929,12 Umsatzsteuer und S 46.510,-- Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war zu zwei Dritteln Miteigentümer einer Liegenschaft. Am 20.11.1992 erteilten er und die Miteigentümerin (zu einem Drittel) der klagenden Partei einen bis 30.11.1993 befristeten Alleinvermittlungsauftrag zum Verkauf dieser Liegenschaft.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei Vermittlungsprovision von S 864.000 samt 14,4 % Zinsen seit 1.4.1995, weil sie den Verkauf der Liegenschaft zu einem Kaufpreis von 24 Mio S vermittelt habe. Der Beklagte hafte gemeinsam mit der Miteigentümerin aufgrund des Vermittlungsauftrags zur ungeteilten Hand. Trotz Fälligstellung und Einmahnung der Provision sei diese nicht beglichen worden. Ein Verzicht auf die Provision sei nie erfolgt; für den Fall der Annahme eines Verzichts werde das Klagebegehren auf den Titel der unrechtmäßigen Bereicherung gestützt.

Die beklagte Partei wendete ein, der Kaufvertrag sei erst am 18.7.1994, also erst nach Ablauf der Befristung des Alleinvermittlungsauftrags, geschlossen worden. Die klagende Partei sei nicht verdienstlich gewesen, ein anderer - von der klagenden Partei beigezogener - Realitätenvermittler habe die Vermittlungstätigkeit entfaltet. Sowohl dieser wie auch die klagende Partei hätten auf die Verkäuferprovision verzichtet. Eine Solidarhaftung des Beklagten gemeinsam mit der weiteren Miteigentümerin bestehe nicht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 576.000 samt 4 % Zinsen seit 1.4.1995 statt und wies das Mehrbegehren von S 288.000 sA sowie das 4 % übersteigende Zinsenmehrbegehren ab.

Es stellte fest, der Geschäftsführer der klagenden Partei habe bei einer Konferenz im November 1992 klargestellt, daß diese nur aufgrund eines Vermittlungsauftrags und gegen Provision tätig sein werde. Dementsprechend hätten die Eigentümer der Liegenschaft die klagende Partei mit der Vermittlung des Verkaufs, befristet mit 30.11.1993, betraut. Im Vermittlungsauftrag hätten sich die Eigentümer für den Fall, daß mit einem von der klagenden Partei oder einem Mitglied der Wiener Immobilienbörse namhaft gemachten Interessenten ein Kaufvertrag geschlossen werde, verpflichtet, eine Vermittlungsprovison von 3 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % Umsatzsteuer zu bezahlen. Weiters sei vereinbart worden, daß die Pflicht zur Provisionszahlung auch dann bestehe, wenn der Kaufvertrag nach Ablauf der Frist zustandekäme, dem Vertragspartner das Objekt aber noch innerhalb der Frist von der klagenden Partei angeboten worden sei. Den Verkäufern sei freigestellt geblieben, die Liegenschaft - etwa wegen zu geringen Kaufpreises - nicht zu verkaufen. Ein Kaufpreis sei im Vermittlungsauftrag nicht genannt worden, seine Festlegung sollte vielmehr „nach gemeinsamer Absprache“ erfolgen. Die klagende Partei habe einen weiteren Immobilienmakler beigezogen, um die Bebauungsmöglichkeiten besser abschätzen zu können, und mit diesem eine Provisionsteilung für den Fall vereinbart, daß unter dessen Mitwirkung zu einem von den Verkäufern akzeptierten Preis verkauft werde. In der Folge hätten die Auftraggeber mehrere Kaufanbote wegen zu geringen Kaufpreises abgelehnt. Bereits im Juni 1993 hätten diese der klagenden Partei mitgeteilt, sie seien zum Verkauf der Liegenschaft nur bereit, wenn ihnen ein Kaufpreis von 27 Mio S netto nach Abzug der Provision verbleibe. Im November 1993 sei ein Kaufanbot von 24 Mio S erstellt worden. Der Rechtsvertreter der Auftraggeber habe der klagenden Partei mit Schreiben vom 29.11.1993 erklärt, dieses Anbot unter der Bedingung anzunehmen, daß seinen Mandanten der Kaufpreis ungeschmälert, also ohne Abzug einer Provision, verbleibe. Dies sei dem Geschäftsführer der klagenden Partei telefonisch schon einige Tage zuvor angekündigt worden. Dieser habe dagegen remonstriert und gefragt, wo dann seine Provision bleibe. Dem habe der Rechtsvertreter der Auftraggeber entgegnet, die klagende Partei könne sich entscheiden, entweder die Käuferprovision oder überhaupt keine Provision zu erhalten, weil die Verkäufer nicht verkaufen müßten. Darauf habe der Geschäftsführer der klagenden Partei nichts mehr erwidert. Er habe das Schreiben vom 29.11.1993 an den von ihm beigezogenen weiteren Realitätenvermittler weitergeleitet; dieser sei damit, daß er und die klagende Partei keine Verkäuferprovision erhalten sollten, nicht einverstanden gewesen. Der Kaufvertrag sei schließlich am 18.7.1994 mit einem Kaufpreis von 24 Mio S zustandegekommen; die Verkäufer hätten den Kaufpreis auch erhalten. Weder die klagende Partei noch der von ihr beigezogene Realitätenvermittler hätten ausdrücklich auf ihnen zustehende Provisionsansprüche verzichtet.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Aktivlegitimation der klagenden Partei, weil der von ihr beigezogene Makler in keiner Vertragsbeziehung zu den Verkäufern gestanden sei. Es liege weder ein ausdrücklicher noch ein konkludenter Verzicht auf die Verkäuferprovision vor. Allerdings bestehe eine Solidarhaftung des Beklagten (mit der Miteigentümerin) für die Verkäuferprovision mangels Vereinbarung nicht, weshalb er nur zwei Drittel der Provision zu bezahlen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte die nur im Umfang der Klagsstattgebung vom Beklagten angefochtene Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es sei gleichgültig, ob die klagende Partei mit dem von ihr beigezogenen Realitätenvermittler einen Meta-Vertrag geschlossen habe oder ob ein Subauftrag vorliege, denn in beiden Fällen sei die klagende Partei Vertragspartnerin des Beklagten geblieben und als solche zur Geltendmachung des Provisionsanspruchs berechtigt. Aus der Weiterleitung der Annahmeerklärung der Verkäufer, die Liegenschaft um 24 Mio S zu veräußern, durch die klagende Partei könne kein schlüssiger Verzicht auf die Verkäuferprovision abgeleitet werden. Die Verpflichtung zur Zahlung der Provision ergebe sich schon daraus, daß der Vertrag zu dem von der klagenden Partei vermittelten Kaufpreis von 24 Mio S geschlossen worden sei. Es widerspräche Treu und Glauben, würde man den Verkäufern zugestehen, die Verpflichtung zur Zahlung der Provision einseitig zurückzuweisen, denn die klagende Partei habe ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt und einen Käufer zu einem von den Verkäufern akzeptierten Preis vermittelt.

Die Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Beklagten behauptete (stillschweigende) Verzicht der klagenden Partei auf die Vermittlungsprovision liegt in der Tat vor. Anders kann das Verhalten der klagenden Partei nicht gedeutet werden, der der Beklagte erklärt hatte, er würde das Anbot, die Liegenschaft um den Preis von 24 Mio S zu kaufen, dann annehmen, wenn ihm der Kaufpreis „ungeschmälert“ (demnach ohne Abzug einer Provision) zukomme, und die daraufhin, ohne auch nur nachhaltig zu widersprechen, der Offerentin die Annahme deren Anbots zum genannten Kaufpreis übermittelte. Dieses Verhalten kann nur als Verzicht auf die Verkäuferprovision beurteilt werden, weil der Beklagte als Erklärungsempfänger daraus bloß diesen Schluß ziehen konnte (SZ 68/105; 1 Ob 1725/95; SZ 68/22; SZ 47/104; 7 Ob 254/74). Die Ansicht des Berufungsgerichts, die klagende Partei habe den Liegenschaftsverkauf zu einem von den Verkäufern akzeptierten Preis vermittelt, trifft nur insoweit zu, als die Verkäufer diesen Kaufpreis ungeschmälert erhalten wollten und eine den Kaufpreis mindernde Provisionszahlung für sie nicht in Frage kam; anders wären sie nicht bereit gewesen, mit der Anbieterin zu kontrahieren.

Der rechtsgeschäftliche Verkehr darf nicht dazu mißbraucht werden, einen anderen „hineinzulegen“ (JBl 1988, 38). Die Verkäufer waren nicht verpflichtet, zu einem bestimmten Kaufpreis abzuschließen, vielmehr wurde der Kaufpreis einer „gemeinsamen Absprache“ vorbehalten. Soweit sie einen Verkauf mit einem Kaufpreis unter 24 Mio S netto ablehnten, haben sie damit den Geschäftsabschluß keineswegs entgegen Treu und Glauben verhindert (MietSlg 40.730; 1 Ob 627/81; vgl JBl 1970, 41). Vielmehr handelte die klagende Partei insoweit gegen Treu und Glauben, als sie den Vertragsabschluß herbeiführte und aus diesem Abschluß Provision auch von den Verkäufern begehrte, wiewohl ihr aus deren unmißverständlichen Äußerung klar sein mußte, daß diese 24 Mio S erhalten und hievon keine Provision zahlen wollten. Hätte die klagende Partei auch die Abgeberprovision lukrieren wollen, hätte sie angesichts der unzweideutigen Erklärung der Verkäufer entweder die Käuferin zu einem auch diese Provision einschließenden Preisangebot bewegen oder einen anderen Kaufinteressenten ausfindig machen müssen, der zu einem solchen Angebot bereit gewesen wäre. Die klagende Partei hat die Bedingung für die (grundsätzliche) Provisionspflicht der Verkäufer, nämlich den Abschluß des Kaufvertrags, wider Treu und Glauben herbeigeführt. Aus der Verletzung einer Treuepflicht kann die klagende Partei aber keine Rechte (auf Provisionszahlung) herleiten (EvBl 1977/230; JBl 1973, 470). Das Klagebegehren aus dem Titel der Vereinbarung einer Vermittlungsprovision ist demnach nicht berechtigt.

Die Inanspruchnahme des Beklagten aus dem Titel der unrechtmäßigen Bereicherung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil zwischen den Streitteilen ein Vertragsverhältnis (Alleinvermittlungsauftrag mit Verpflichtung zur Provisionszahlung; später Verzicht auf diesen Provisionsanspruch) bestand (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 34 vor § 1431 mwN).

Ob zwischen der klagenden Partei und einem weiteren Immobilienmakler ein Meta-Geschäft geschlossen wurde oder ob ein Sub-Auftrag vorliegt, kann dahingestellt bleiben, weil beides nur im Innenverhältnis zwischen den beiden wirkt (SZ 55/76) und die klagende Partei jedenfalls anspruchsberechtigt bliebe.

Der Revision ist Folge zu geben und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Stichworte