Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat sich mit Vergleich vom 24.1.1997, GZ 42 Cgs 145/96g des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht verpflichtet, der Klägerin mit Stichtag 1.8.1995 das Pflegegeld der Stufe 5 im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Dieser Vergleich wurde sachwalterschaftsgerichtlich genehmigt. Die Betroffene beantragt, weil die Sozialversicherungsanstalt ihren Verpflichtungen im Vergleich nicht nachkam, die gerichtliche Genehmigung der Klage auf Zahlung von Teilbeträgen des Pflegegeldes von monatlich S 5.901,-- für die Monate August 1995 bis Februar 1997 im Gesamtbetrag von S 106.218,-- mit der Behauptung, daß der Vergleich nicht exekutionsfähig sei, weil in Erwartung der baldigen Leistung kein Ausspruch gemäß § 89 Abs 2 ASGG aufgenommen wurde.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß der Vergleich ein tauglicher Exekutionstitel sei und den Bestimmtheitserfordernissen des § 7 Abs 1 EO genüge. Der Betrag des schuldigen Pflegegeldes errechne sich aus § 5 BPGG in der jeweils gültigen Fassung und sei sohin gesetzlich der Höhe nach bestimmt.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs bei dem 50.000 S übersteigenden Entscheidungsgegenstand nicht zulässig sei. Es führte rechtlich aus, daß die von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu erbringende Leistung fällig und eindeutig in § 5 BPGG bestimmt sei. Durch einfache Rechenoperation und entsprechend dem Grundsatz iura novit curia ergebe sich das Ausmaß der schuldigen Leistung, weil der Pflegegeldbetrag sich durch einfache Multiplikation des in § 5 BPGG völlig klar angeführten Betrages ergebe.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Betroffenen, der im Hinblick auf die noch nicht entschiedene Frage, ob ein im Sozialrechtsverfahren entstandener Vergleich auf Zahlung des Pflegegeldes einer bestimmten Stufe im gesetzlichen Ausmaß den Bestimmtheitserfordernissen des § 7 EO entspricht, von erheblicher über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung ist.
Ein auf Leistungen im "gesetzlichen Ausmaß" gerichtetes Klagebegehren ist nach § 82 Abs 2 Z 1 ASGG hinreichend bestimmt (SSV-NF 6/116). Während für Urteile in Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 1, 6 oder 8 ASGG nach § 89 Abs 2 ASGG vorgesehen ist, daß bei nicht zahlenmäßig bestimmbarer Höhe die Erledigung dahingehend erfolgen kann, daß das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt wird und dem Versicherungsträger aufgetragen wird, eine ziffernmäßig bestimmte vorläufige Leistung zu erbringen, enthält das ASGG für Vergleiche keine bestimmten Inhaltsvorschriften. Deren Vollstreckbarkeit ist daher anhand der Bestimmung des § 7 EO zu prüfen.
Bei der Exekutionsführung aufgrund jedes Vergleiches kommt es auf den Wortlaut des Titels an. Ist die Leistungsverpflichtung darin ungenügend umschrieben, so kann nicht eine Ergänzung des Exekutionstitel erfolgen, ein solcher ist vielmehr erst zu schaffen (3 Ob 114/90 mwN). Exekutionstitel auf Geldleistungen, die nicht auf einen bestimmten Betrag lauten, sind nach § 7 Abs 1 EO nicht vollstreckbar (SZ 58/46; 3 Ob 48/92).
Nach einhelliger Auffassung entspricht ein auf eine Geldforderung lautender Exekutionstitel nur dann der Bestimmung des § 7 Abs 1 EO, wenn sich der zu zahlende Betrag aus dem Titel selbst ergibt. Er ist bei bloßer Bestimmbarkeit mangels ausdrücklicher Sonderregelung keine deutliche Exekutionsgrundlage. Dies gilt selbst in jenen Fällen, in welchen die Betragshöhe durch Heranziehung gesetzlicher Vorschriften bestimmbar wäre (SZ 47/2; JBl 1985, 551; 2 Ob 196/79; 1 Ob 2191/96d). Diese Rechtsprechung erging zu Begehren auf Unterhalt zuzüglich Familienbeihilfe in gesetzlicher Höhe (SZ 47/2), Unterhalt in einem Prozentsatz des beiderseitigen jeweiligen Gesamtnettoeinkommen abzüglich der eigenen Verdienste der Frau (SZ 58/46); Rentenleistungen, erhöht nach dem Anpassungsfaktor gemäß § 108f ASVG (JBl 1985, 551); Wertsicherung fälliger und künftig fällig werdender Rentenbeträge (2 Ob 196/79); Rente im Ausmaß des Differenzbetrages zwischen fiktivem Aktivbezug und tatsächlicher Pension laut einem bestimmten Bescheid sowie zwischen tatsächlicher Pension und fiktiver Pension nach Erreichung der Altersgrenze von 65 Lebensjahren (1 Ob 2191/96d).
In diesen Fällen genügt es aber nicht, daß eine Leistung bestimmbar ist, insbesondere wenn die Feststellung dritten Personen oder Körperschaften überlassen wird oder sich ihre Höhe aus beizubringenden Urkunden ergibt. Die Exekution soll ohne Zwischenverfahren bewilligt werden können (SZ 25/224). Bei Titeln über Geldforderungen wird daher eine jede objektive Ungewißheit und jeden Zweifel ausschließende Präzisierung der geschuldeten Leistung verlangt (Pichler, Familienbeihilfe - Kinderbeihilfe und der Unterhaltstitel, RZ 1968, 126; JBl 1993, 193).
In dieser Allgemeinheit ist jedoch der Rechtsatz, daß die Bestimmtheit des Exekutionstitels selbst dann fehlt, wenn die Betragshöhe durch Heranziehung gesetzlicher Vorschriften bestimmbar ist, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar:
Ein Begehren auf Pflegegeld ist nämlich schon dann hinreichend bestimmt und nicht nur in einem Zwischenverfahren bestimmbar, wenn sich im Vergleich ohne die geringsten Unklarheiten durch Anführung der Stufe, des Beginnes des Anspruches und des Titels Pflegegeld die Höhe des Betrages eindeutig aus § 5 BPGG in Verbindung mit den Anpassungsverordnungen ergibt. Es bedarf dann nicht einmal einer einfachen Rechenoperation, die selbst nach der oben dargestellten Rechtsprechung für die Erfüllung der Bestimmtheitserfordernisse genügt (MietSlg 21.896/23). Daß nur Pflegegeld nach dem BPGG nach dem Vergleich geschuldet wird, ergibt sich eindeutig daraus, daß die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sich im Vergleich zur Zahlung des Pflegegeldes verpflichtet hat, die für die zum Personenkreis der nach dem GSVG Versicherten zählende Betroffene (§ 3 Abs 1 Z 1 lit b BPGG) der zuständige zum Vergleich berechtigte Entscheidungsträger war (§ 22 Abs 1 Z 1 BPGG).
Im vorliegenden Fall ist nicht einmal die genaue Höhe der bei der Stufe 5 seit August 1995 bis Februar 1997 ohnehin nicht erfolgten Anpassung entscheidend weil der in der Klage geltend gemachte und in Exekution zu ziehende Teilbetrag jedenfalls unter dem in § 5 BPGG angeführten Pflegegeld der Stufe 5 liegt.
Den Vorinstanzen ist daher zuzubilligen, daß "Pflegegeld der Stufe 5 im gesetzlichen Ausmaß" die Bestimmtheitserfordernisse des § 7 Abs 1 EO nicht verletzt.
Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.
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