OGH 5Ob116/97p

OGH5Ob116/97p16.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Adamovic, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der Antragsteller 1. Prof.Rene H*****, 2. Dr.Karl H*****, 3. Alice W*****, alle vertreten durch Dr.Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegner 1. Mag.Walter B*****, 2. Dr.Walter G*****, 3. Dorothea C*****, Zweit- und Drittantragsgegner vertreten durch Dr.Gerald Kleinschuster und Dr.Gert Kleinschuster, Rechtsanwälte in Graz, 4. Dr.Anna S*****, vertreten durch Dr.Hella Ranner, Rechtsanwältin in Graz, 5. Ing.Hubert G*****, 6. Dr.Dimitros S*****, vertreten durch Dr.Peter Kolar, Rechtsanwalt in Graz, 7. Dr.Hermann S*****, 8. Marietta K*****, 9. Alexander O*****, und 10. Mag.Georg G***** (42 Msch 7/96p, 42 Msch 9/96g und 42 Msch 10/96w des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), wegen Erhöhung der Hauptmietzinse (§§ 18 ff, 37 Abs 1 Z 10 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 31. Jänner 1997, GZ 3 R 300/96a-14, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 18.April 1996, GZ 42 Msch 7/96p-7, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im drittinstanzlichen Verfahren selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufene Erstgericht erkannte die Erhöhung der Hauptmietzinse für die Mietgegenstände des Hauses Parkstraße 17 in der Zeit vom 1.1.1996 bis 31.12.2005 in jeweils ziffernmäßig bestimmter Höhe als zulässig. Es trug den Antragstellern weiters gemäß § 19 Abs 2 MRG die Vornahme der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erhaltungsarbeiten, deren Kosten im Gesamterfordernis veranschlagt sind, binnen einer Frist von einem Jahr auf. Was den einzigen verbliebenen Streitpunkt der Einbeziehung von Finanzierungskosten der vor dem Jahr 1985 getätigten Erhaltungsarbeiten, die ohne Erhöhung der Hauptmietzinse gemäß den §§ 18 ff MRG in den zu erwartenden, künftigen Mietzinseinnahmen im Sinne des § 3 Abs 3 Z 1 MRG Deckung fanden, angehe, schließe sich das Gericht der Meinung Würths an, wonach die Mietzinsreserve/der Mietzinsabgang lediglich eine Rechnungsgröße darstelle, die eine Grundlage für Entscheidungen nach den §§ 18 ff MRG bilde. Für die Ermittlung dieser Rechnungsgröße bilde jedes Jahr eine Abrechnungseinheit, sodaß für jedes Jahr eine neue Mietzinsreserve (ein Mietzinsabgang) zu errechnen sei. Diese Rechnungsgröße (Mietzinsreserve/Mietzinsabgang) müsse zehn Jahre lang rechnerisch zur Verwendung für Erhaltungs- bzw Verbesserungsarbeiten zur Verfügung gehalten werden. Ergebe ein Abrechnungsjahr aber ein Mietzinspassivum - wie im vorliegenden Fall die Kalenderjahre vor 1985 - könne dieser Abgang spätestens im zehnten darauffolgenden Jahr verrechnet werden; nach diesem Zeitraum verbleibe ein Mietzinspassivum endgültig dem Vermieter, ohne daß er es auf spätere Mietzinsreserven verrechnen könne. Die Entscheidung sei daher ohne Einbeziehung der aus den Kalenderjahren vor 1985 resultierenden Mietzinspassiva zu treffen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs - mangels Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung - nicht zulässig sei. Es führte ua folgendes aus:

Bei einem Antrag nach den §§ 18 ff MRG sei die Summe der sich in den vorausgegangenen zehn Kalenderjahren - beginnend mit dem zehnten vollen Kalenderjahr vor dem Jahr der Antragstellung - ergebenden Mietzinsreserven oder Mietzinsabgänge maßgebend. Eine Saldierung zwischen Mietzinsreserven und -passiva könne daher nur innerhalb dieses Zeitraumes erfolgen, nicht jedoch mit vorher entstandenen Reserven oder Abgängen. Zu Recht habe daher das Erstgericht etwaige Mietzinsabgänge vor 1985 nicht berücksichtigt.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß dahin abzuändern, daß der Abgang aus den Jahren 1981 bis 1984 mit S 553.816,63 als die Mietzinsreserve der Jahre 1985 bis einschließlich 1994 reduzierend bei der Berechnung des Erhöhungserfordernisses berücksichtigt werde.

Der Zweitantragsgegner und die Drittantragsgegnerin haben von der ihnen freigestellten Möglichkeit, eine Revisionsrekursbeantwortung zu erstatten, Gebrauch gemacht; sie beantragen darin, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Berücksichtigung von unter Vorgriff auf künftige Mietzinseingänge getätigten Ausgaben für Erhaltungsarbeiten vor Beginn des Verrechnungszeitraumes in einem Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse gemäß den §§ 18 ff MRG fehlt; er ist im Sinne des im gestellten Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber machen im wesentlichen geltend, die Auslegung der Vorinstanzen führe zu einem Widerspruch der Regelungen der §§ 3 und 18 MRG. § 3 Abs 3 Z 1 MRG sehe bei der Finanzierung von Erhaltungsarbeiten einen Vorgriff auf die Mietzinse des Verteilungszeitraumes vor. Der Abgang aus den Erhaltungsarbeiten könne nicht ersatzlos den Antragstellern zugewiesen werden. Die auf den Verteilungszeitraum aufgeteilten Abdeckungszahlungen stellten entsprechend dem Jahresanteil in den Jahren der Abstattung Erhaltungsaufwand dar. In diesem Sinne sei auch die Abrechnung vorgenommen worden.

Hiezu wurde erwogen:

Im Falle einer Mietzinserhöhung gemäß den §§ 18 ff MRG umfaßt der Verrechnungszeitraum zehn volle Kalenderjahre vor dem Jahr der Antragstellung sowie den daran anschließenden Zeitraum bis zum Beginn des Verteilungszeitraumes als Stichtag (MietSlg 46.287; Würth in Rummel2 §§ 18 bis 19 MRG Rz 5 mwN). Innerhalb dieses Zeitraumes sind die Mietzinsreserven und -abgänge zu saldieren. Ansonsten ist die Mietzinsreserve eines Jahres nach zehn weiteren Jahren nicht mehr verrechenbar; allerdings verbleibt auch ein Mietzinspassivum nach diesem Zeitraum endgültig dem Vermieter, ohne daß er es auf spätere Mietzinsreserven verrechnen kann (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 20 MRG Rz 12, welche die gegenteilige Ansicht über eine laufende Saldierung nicht mehr aufrechterhalten; Würth in Rummel2 § 20 MRG Rz 8). Die Vorinstanzen haben daher Mietzinsabgänge aus Jahren vor 1985 (Beginn des Verrechnungszeitraumes) zu Recht nicht berücksichtigt. Soweit die Rechtsmittelwerber mit ihren undeutlichen Ausführungen immer noch anstreben, die Mietzinsabgänge aus den Jahren vor 1985 als solche in die Berechnung einzubeziehen, ist ihnen nicht zu folgen; eine Verlängerung des gesetzlichen Verrechnungszeitraumes kommt nicht in Frage.

Dies heißt aber nicht, daß Ausgaben der Jahre vor 1985 in späteren, in den Verrechnungszeitraum fallenden Hauptmietzinsabrechnungen keinen Niederschlag finden können. Zwar sind die Kosten der Erhaltung grundsätzlich jenem Kalenderjahr zuzurechnen, in dem sie - nach Fälligkeit - bezahlt wurden, im Falle der Vorfinanzierung nach § 3 Abs 3 Z 1 MRG entsprechen sie aber den jeweiligen Tilgungsbeträgen im Kalenderjahr (Würth in Rummel2 § 3 MRG Rz 8). Wenn also Erhaltungskosten durch unverbrauchte Mietzinsreserven der letzten zehn Kalenderjahre (vgl hiezu die Übergangsregelung des § 51 MRG), die Hauptmietzinse des laufenden Jahres und unverbrauchte Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nicht gedeckt sind und die Finanzierung durch Vorgriff auf die während der voraussichtlichen technischen Lebensdauer der Arbeiten zu erwartenden Hauptmietzinseingänge durch Einsatz eigenen oder fremden Kapitals erfolgt (vgl Würth in Rummel2 § 3 MRG Rz 9), sind die jeweiligen Raten für Kapitaltilgung und Verzinsung in den Jahren des hiefür anzunehmenden Verteilungszeitraumes, der analog § 18 Abs 1 Z 3 MRG mit zehn Jahren zu begrenzen ist, anzusetzen. Soweit solche Raten (in der Regel Zehntel) in den Verrechnungszeitraum fallen und daher in die Hauptmietzinsabrechnungen des (hier 1985 beginnenden) Verrechnungszeitraumes aufzunehmen sind, kann sich (gemäß § 3 Abs 3 Z 1 MRG vorfinanzierter) Erhaltungsaufwand der Vorjahre (vor 1985) bei der Berechnung der Hauptmietzinserhöhung (ab 1996) auswirken.

Die Rechtsmittelwerber verweisen nun auf ihre Eingabe an die Schlichtungsstelle vom 2.11.1995. Die damalige Berechnung entspricht den oben dargelegten Grundsätzen nicht, weil darin offenbar bloß die Fehlbeträge der Jahre seit 1981 fortgeschrieben werden, dh eine unzulässige Verlängerung des Verrechnungszeitraumes erfolgt. In ihrer vorangegangenen Eingabe vom 12.9.1995 haben die Antragsteller aber ausgeführt, in den dort beiliegenden Berechnungen die aus eingehenden Mieten nicht abgedeckten Reparaturen der Jahre 1981 bis 1984 auf die kommenden zehn Jahre aufgeteilt zu haben. Ob dies im Einklang mit den obigen Grundsätzen tatsächlich geschehen ist, kann der erkennende Senat nicht nachvollziehen.

Es ist zwar Sache der Antragsteller, ihrem Antrag auf Mietzinserhöhung ordnungsgemäße Hauptmietzinsabrechnungen beizulegen (§ 19 Abs 1 Z 2 MRG). Auch endet die Pflicht des Gerichtes zur amtswegigen Prüfung des Sachverhaltes dort, wo ein erstinstanzliches Vorbringen der Parteien überhaupt nicht vorliegt oder trotz richterlicher Anleitung nicht so konkretisiert wird, daß eine Überprüfung möglich ist (5 Ob 151/95 mwN). Im Hinblick auf das Vorbringen in der Eingabe der Antragsteller vom 12.9.1995 ist ihnen allerdings Gelegenheit zu geben, ihre Berechnungen zu erläutern und die maßgeblichen Hauptmietzinsabrechnungen ab 1985 entsprechend der vom erkennenden Senat vertretenen Rechtsansicht zu korrigieren.

Die Rechtssache war daher unter Aufhebung der vorinstanzlichen Sachbeschlüsse an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG, auf welche Bestimmung die Antragsteller bereitsvom Rekursgericht hingewiesen wurden.

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