OGH 8Ob243/97m

OGH8Ob243/97m28.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Konkurssache der Schuldnerin Marion Liselotte Hilde B*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Schwarzkogler und Mag.Norbert Stiefmüller, Rechtsanwälte in Lambach, infolge Revisionsrekurses der Schuldnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 11.Juni 1997, GZ 22 R 174/97p-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Lambach vom 30.April 1997, GZ 7 N 2/97v-4, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Die 1948 geborene Schuldnerin ist Hausfrau und erhält von ihrem geschiedenen Ehegatten einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 8.000,--. Die Summe ihrer Verbindlichkeiten beträgt ca 2,5 Mio S aus Bürgschaften für ihren (geschiedenen) Ehegatten, über dessen Unternehmen das Konkursverfahren eröffnet und im Zuge dessen ein Zwangsausgleich abgeschlossen wurde. Ein außergerichtlicher Ausgleich sei gescheitert, sie beantrage die Annahme eines Zahlungsplanes mit einer Quote von 9 % durch monatliche Zahlung von S 2.730,-- in 48 Monatsteilbeträgen (S 229.320,--). Diesen Zahlungsplan könne sie erfüllen und sie beantrage die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung. In dem Vermögensverzeichnis werden die monatlichen Ausgaben mit S 5.770,-- angegeben, Vermögenswerte seien nicht vorhanden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens ab. Es begründete, die Erfüllbarkeit des Zahlungsplanes sei nicht ausreichend und tauglich bescheinigt, weil nicht davon ausgegangen werden könne, die Schuldnerin werde von einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 8.000,--, der sich am Existenzminimum orientiere, monatlich S 2.730,-- an die Konkursgläubiger zahlen.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Schuldnerin Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Konkurssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Setzung einer Frist zum Erlag eines Kostenvorschusses zurück. Weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Aus dem von der Schuldnerin vorgelegten Vermögensverzeichnis ergebe sich, daß jedenfalls ein die Kosten des Verfahrens deckendes Vermögen nicht vorhanden sei. Es komme daher die Vorschrift des § 183 Abs 1 KO zur Anwendung, wonach bei Fehlen eines kostendeckenden Vermögens der Konkursantrag aus diesem Grunde nicht abzuweisen sei, wenn der Schuldner 1. ein genaues, eigenhändig unterschriebenen Vermögensverzeichnis vorlege und sich bereit erkläre, dieses vor dem Konkursgericht durch seine Unterschrift zu bestätigen, 2. einen zulässigen Zahlungsplan vorlege, dessen Annahme beantrage und bescheinige, daß er den Zahlungsplan erfüllen werde und 3. die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantrage und bescheinige, daß die Erteilung einer Restschuldbefreiung zu erwarten sei, und offenkundig kein Einleitungshindernis vorliege. Die Erfüllbarkeit des Zahlungsplanes durch die Schuldnerin sei nicht bescheinigt. Im Zahlungsplan sei fehlerhaft eine Rate von S 2.730,-- monatlich angegeben, während nach Abzug der angegebenen monatlichen Fixkosten von S 5.770,-- vom monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 8.000,-- nur ein Rest von S 2.230,-- verbleibe. Auch wenn an die Bescheinigung der Erfüllbarkeit des Zahlungsplanes nicht allzu strenge Anforderungen zu stellen seien, sei offensichtlich, daß jede auch nur kleine unvorhergesehene Ausgabe den Zahlungsplan unerfüllbar mache. Die Schuldnerin habe im Vermögensverzeichnis die Frage nach einem Fahrzeug verneint, in der Aufstellung über ihre wiederkehrenden Verpflichtungen aber eine Kfz-Haftpflichtversicherung (S 1.700,-- vierteljährlich) und S 800,-- für Benzin angeführt, sodaß anzunehmen sei, sie sei Halterin eines Kraftfahrzeuges, für das jederzeit mit zusätzlichen Ausgaben zu rechnen sei. Auch ohne besondere Aufwendungen für ein Kraftfahrzeug sei nicht damit zu rechnen, daß die Schuldnerin ihren Aufwand auf wöchentlich ca S 570,-- einschränken könne, fielen doch in jedem durchschnittlichen Haushalt immer wieder unvorhergesehene Kosten (Reparatur oder Neuanschaffung eines Haushaltsgerätes) an. Derartige Ausgaben könnten aber von der Schuldnerin bei Erfüllung des Zahlungsplanes keinesfalls getragen werden und eine allfällige Finanzierung solcher unvorgesehener Kosten durch Dritte sei weder behauptet, noch bescheinigt worden. Es sei also nach menschlichem Ermessen kaum damit zu rechnen, daß die Schuldnerin den von ihr vorgelegten Zahlungsplan erfüllen werden könne.

Dieser Umstand könne aber erst dann zur Abweisung eines Antrages auf Einleitung des Konkurs- bzw Schuldenregulierungsverfahrens führen, wenn zuvor dem Schuldner die Möglichkeit zum Erlag eines Kostenvorschusses gegeben worden sei, wobei darauf hingewiesen werde, daß ein solcher auch von dritter Seite erlegt werden könne. Es sei somit die Schuldnerin zur Vorlage eines Kostenvorschusses innerhalb einer vom Erstgericht zu bestimmenden Frist aufzufordern. Erst wenn sie einem solchen Auftrag nicht nachkommen sollte, werde der Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens abzuweisen sein. Der Revisionsrekurs sei zulässig, da eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den Kriterien der Bescheinigung der Erfüllbarkeit eines Zahlungsplanes nicht vorliege.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Schuldnerin mit dem Antrag, ihn abzuändern und ihrem Antrag auf Eröffnung des Schuldenrregulierungsverfahrens verbunden mit dem Antrag auf Annahme ihres Zahlungsplanes sowie der Einleitung eines Anschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Zur Beurteilung der Erfüllbarkeit des Antrages (§ 183 Abs 1 Z 3 KO) hat der erkennende Senat in der Entscheidung vom 23.5.1997, 8 Ob 121/97w, ausgeführt, daß nur durch eine einigermaßen realistische Erwartung der Erfüllbarkeit die Antragsvoraussetzungen erfüllt werden, die im Anlaßfall wegen einer erheblichen Diskrepanz zwischen dem Einkommen des Schuldners (von monatlich rund S 10.000,-- aus einer Teilzeitbeschäftigung) und dem Haushaltsaufwand für den Schuldner und zwei heranwachsende Kinder (von monatlich S 18.500,--) verneint wurden. Selbst wenn Beträge aus dem Existenzminimum zur Abdeckung eines Teiles der Schulden herangezogen werden sollten und diese Behauptung glaubwürdig wäre (Mohr, Privatkonkurs 7 mwN), ist die Erwartung der Restschuldbefreiung unter solchen Voraussetzungen unrealistisch (8 Ob 121/97w). In einer weiteren Entscheidung vom selben Tag (8 Ob 2325/96m) hat der erkennende Senat - im Zusammenhang mit der Bescheinigung gemäß § 183 Abs 2 KO - ausgesprochen, daß an diese strenge Anforderungen zu stellen seien.

Wenn daher das Rekursgericht die Erwartung der Erfüllbarkeit des Zahlungsplanes (§ 183 Abs 1 Z 2 KO) als nicht ausreichend bescheinigt ansah, kann dem der Oberste Gerichtshof als Rechtsinstanz nicht entgegentreten.

Die vom Rekursgericht angenommene Möglichkeit, dem Schuldner die Einleitung des Konkurs- und Schuldenregulierungsverfahrens gemäß den §§ 181 ff KO mit den festgelegten Besonderheiten dadurch hilfsweise zu eröffnen, daß er einen Kostenvorschuß erlegen könne, ist hingegen unzutreffend. Fehlt es an einem zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögen, so ist nach dieser Bestimmung (§ 183 Abs 1 KO) dennoch - auch ohne Erlag eines Kostenvorschusses - eine Konkurseröffnung möglich (Regierungsvorlage zur KO-Novelle 1993, 19 f zitiert nach Fink, Der neue Privatkonkurs, 42 f).

Aus den Besonderheiten des "Privatkonkurses" für natürliche Personen gemäß § 183 Abs 1 KO, insbesondere dem Fehlen des Erfordernisses eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens, und der Bestimmung des § 184 Abs 1 KO, wonach die Verfahrenskosten subsidiär aus Amtsgeldern zu bevorschussen sind, folgt, daß ein Konkurshindernis im Sinne des § 72 KO, das durch Erlag eines Kostenvorschusses behoben werden könnte (§ 72 Abs 2 KO), für den Privatkonkurs nicht besteht. Dies wird überdies durch die Bestimmung des § 184 Abs 3 KO bestätigt, wonach die vom Bund bevorschußten Beträge durch den Schuldner in einer dem § 71 Abs 1 ZPO für die Verfahrenshilfe vergleichbaren Weise nur nach Maßgabe der sozialen Leistungsfähigkeit des Schuldners (der die Verfahrenshilfe genießenden Partei) hereinzubringen sind. Schließlich ist die Einleitung des "ordentlichen" Konkursverfahrens ohne die sich aus den §§ 182 bis 216 KO ergebenden Besonderheiten vom Antrag der Schuldnerin nicht umfaßt, so daß im Falle der als unzureichend angesehenen Bescheinigung der Erfüllbarkeit des Zahlungsplanes nur die Abweisung des Antrages erfolgen kann; der Schuldnerin bleibt es unbenommen, einen "nachgebesserten" Antrag zu stellen.

Aus diesen Erwägungen ist daher der Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen (siehe Kodek in Rechberger ZPO § 527 Rz 4).

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