OGH 9Ob97/97y

OGH9Ob97/97y27.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Danzl, Dr.Steinbauer, Dr.Spenling und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Hule & Heinke Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagte Partei Gertraud R*****, Private, ***** vertreten durch Dr.Ronald Hubinger ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15.Jänner 1997, GZ 41 R 664/96t-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24.Mai 1996, GZ 54 C 53/94h-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.248,64 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 541,44 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses ***** W*****, *****gasse 1-3, die Beklagte Mieterin der darin gelegenen Wohnung top Nr 9 im Ausmaß von 73 m2. Die Beklagte zahlt für diese Wohnung einen Mietzins von S 2.511,56 (Hauptmietzins S 73,33; Wohnhaus-Wiederaufbaufonds S 9,53; Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag S 997,50; Betriebskosten S 1.195,60; Umsatzsteuer S 227,60; EDV-Gebühr S 8,--). Bis Dezember 1988 war die Beklagte Miteigentümerin der Liegenschaft. Anläßlich des Verkaufes ihrer Miteigentumsanteile an die Klägerin wurde ihr gestattet, die Wohnung top Nr 9 ganz oder teilweise unterzuvermieten. Über die Höhe des Untermietzinses wurde dabei nicht gesprochen. 1990 ließ die Beklagte die Wohnung auf ihre Kosten renovieren. Sie ließ ua ein Badezimmer einrichten, die Parkettböden abschleifen und versiegeln, die Toilette erneuern, die Elektroleitungen neu installieren, eine Heiztherme einrichten sowie eine Gasetagenheizung einbauen. Sodann untervermietete sie die Wohnung - in gepflegtem Zustand und komplett möbliert mit Bettzeug, Geschirr, Vorhängen, Teppichen, Beleuchtungskörpern und den auf den S 5 bis 8 des Ersturteiles angeführten Einrichtungsgegenständen - gegen einen Untermietzins von S 4.500,-- monatlich an Anette M***** und Stefan S*****. Am 6.3.1994 - also während des Rechtsstreites - wurde zwischen der Beklagten und den Untermietern vereinbart, daß sich nunmehr der nach wie vor zu zahlende Betrag von S 4.500,-- monatlich aus S 2.560,-- Untermietzins und einem "Standardanhebungsbetrag" von S 1.940,-- zusammensetze.

Die Klägerin kündigte der Beklagten mit ihrer am 24.2.1994 überreichten und am 11.3.1994 zugestellten Aufkündigung die Wohnung aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG - die weiter geltend gemachten Kündigungsgründe sind im Revisionsverfahren nicht mehr von Interesse - für den 30.9.1994 auf. Sie brachte vor, die Beklagte habe die aufgekündigte Wohnung gegen eine im Vergleich zu dem von ihr zu entrichtenden Mietzins unverhältnismäßig hohe Gegenleistung untervermietet.

Die Beklagte erhob rechtzeitig Einwendungen und brachte vor, daß ihr die Untervermietung vertraglich gestattet worden sei. Wegen einer von ihr vorgenommenen Standardanhebung auf die Kategorie A sei der von ihr erzielte Untermietzins auch nicht unverhältnismäßig hoch.

In der Tagsatzung vom 24.5.1996 beantragte die Klägerin zum Beweis dafür, "daß das angemessene Entgelt für die Beistellung beweglicher Einrichtungsgegenstände monatlich S 1.000,-- nicht übersteige", die Einholung von Befund und Gutachten eines Schätzmeisters.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und zog daraus den Schluß, daß die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über die Untervermietung als gänzlicher Verzicht der Beklagten auf den geltend gemachten Kündigungsgrund zu werten sei. Dazu komme, daß die Klägerin mit ihrem Beweisantrag in der Tagsatzung vom 24.5.1996 zugestanden habe, daß das angemessene Entgelt für die Beistellung beweglicher Einrichtungsgegenstände jedenfalls S 1.000,-- betrage. Der Untermietzins von S 4.500,-- übersteige den um dieses Entgelt erhöhten Mietzins nur um 30 % und sei daher nicht unverhältnismäßig hoch. Dabei seien die Investitionen der Beklagten durch Einbau von Bad und Etagenheizung noch gar nicht berücksichtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, teilte aber die Schlußfolgerung des Erstgerichtes nicht, daß die Klägerin auf den geltend gemachten Kündigungsgrund verzichtet habe. Richtig sei aber, daß der von der Beklagten erzielte Untermietzins nicht unverhältnismäßig hoch sei. Nach der Rechtsprechung seien nämlich auch die dem Untermieter zugute kommenden Investitionen des Hauptmieters und auch der Wert der beigestellten Einrichtungsgegenstände zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Leistungen des Hauptmieters sei von der Höhe des sämtliche Mietzinsbestandteile umfassenden Bruttomietzinses auszugehen. Damit übersteige aber der von der Beklagten lukrierte Untermietzins den von ihr zu zahlenden Hauptmietzins selbst ohne Bedachtnahme auf Investitionen und Einrichtungsgegenstände lediglich um 80 %. Berücksichtige man überdies den von der Klägerin zugestandenen Betrag von S 1.000,-- für die den Untermietern zur Verfügung gestellten Einrichtungsgegenstände, so reduziere sich die Überschreitung auf rund 40 %. Selbst unter der Annahme einer 80 %igen Überschreitung wäre der geltend gemachte Kündigungsgrund nach der Rechtsprechung nicht verwirklicht. § 26 MRG idF des 3.WÄG sei entgegen der Meinung der Klägerin auf vor dem 1.3.1994 geschlossene Untermietverträge nicht anwendbar, sodaß auch nicht gesagt werden könne, daß der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG in bezug auf vor diesem Zeitpunkt verwirklichte Fallgestaltungen verschärft worden wäre.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Aufkündigung für rechtswirksam erklärt und dem Räumungsbegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anwendung des § 26 MRG idF des 3.WÄG auf vor dem 1.3.1994 abgeschlossene Vereinbarungen uneinheitlich ist. Sie ist aber nicht berechtigt.

Für das Vorliegen des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG ist auf den Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung abzustellen (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 28 zu § 30 MRG; MietSlg 22.376; MietSlg 39.438; MietSlg 42.324; zuletzt 4 Ob 2302/96z). Unter Hinweis auf den Umstand, daß hier die Aufkündigung zwar vor dem 1.3.1994 - dem Tag des Inkrafttretens des 3.WÄG - eingebracht, aber erst nach diesem Zeitpunkt der Beklagten zugestellt wurde, vertritt daher die Klägerin die Auffassung, daß die Frage der Zulässigkeit des von der Beklagten lukrierten Untermietzinses im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage des gegenüber seiner Vorgängerbestimmung verschärften § 26 MRG idF des 3.WÄG zu beurteilen sei. Da auch § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG iS der neuen Rechtslage auszulegen sei, sei daher der angezogene Kündigungsgrund gegeben.

Das Berufungsgericht bezieht sich mit seiner gegenteiligen Meinung auf Würth/Zingher (Wohnrecht 94, Anm 5 zu § 26 MRG), die den Standpunkt vertreten, daß "der Gesetzgeber auf die erforderlichen Übergangsregelungen vergessen" habe. Z 5 des Art II Abschnitt II des

3. WÄG sei insoferne nicht unmittelbar anwendbar, als darin auf die "Rechts(un)wirksamkeit" der vor 1.3.1994 abgeschlossenen Vereinbarungen abgestellt werde, § 26 Abs 2 aF MRG aber lediglich ein Mäßigungsrecht vorgesehen habe. Aus dem Sinn dieser Übergangsbestimmung iVm mit anderen Regelungen des Abschnittes II des Art II ergebe sich aber - zumindest kraft Analogie - daß für Vereinbarungen und Vorgänge vor Inkrafttreten des 3.WÄG möglichst die bisherige Regelung aufrecht erhalten worden sei. Dies bedeute also, daß auf vor dem 1.3.1994 geschlossene Untermietverträge § 26 idF vor dem 3.WÄG anzuwenden sei.

Demgegenüber ging der Oberste Gerichtshof in 6 Ob 2094/96a (= WoBl 1997, 11) im Ergebnis von der Anwendbarkeit des § 26 MRG idF des

3. WÄG auf vor dem 1.3.1994 geschlossene Untermietverträge aus. In dieser Entscheidung wurde ausgeführt, daß es im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen des Art II Abschnitt II Z 5 des 3.WÄG für die Rechtswirksamkeit von Untermietzinsvereinbarungen auf das im Abschlußzeitpunkt geltende Recht ankomme. Allerdings sei die Einschränkung zu machen, daß zwar die Beurteilung anspruchsbegründender Tatbstände, die bereits vollständig verwirklicht seien, prinzipiell nach der im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches geltenden Rechtslage zu erfolgen habe, daß aber - mangels entgegenstehender Übergangsbestimmungen - der weiterhin andauernde Zustand nach den Vorschriften des neuen Gesetzes zu beurteilen sei.

In der Entscheidung 5 Ob 243/97i wird hingegen die Anwendung des § 26 MRG idF des 3.WÄG auf vor dem 1.3.1994 abgeschlossene Untermietverträge unter ausdrücklicher Ablehnung der Entscheidung WoBl 1997, 11 verneint. Dies folge aus der Übergangsbestimmung des Art II Abschnitt II Z 5 des 3.WÄG, nach der eine vor Inkrafttreten des 3.WÄG abgeschlossene und nach den damaligen Bestimmungen rechtswirksame Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses ihre Rechtswirksamkeit behalte, eine rechtsunwirksame hingegen rechtsunwirksam bleibe. Ob diese Übergangsbestimmung unmittelbar anzuwenden sei oder - wie Würth/Zingher meinen - kraft Analogie, könne auf sich beruhen.

Dieser zuletzt dargestellten, im übrigen auch in 4 Ob 157/97k vertretenen Auffassung schließt sich auch der erkennende Senat an. Sie entspricht jedenfalls der aus Art II Abschnitt II Z 5 des 3.WÄG hervorleuchtenden Intention des Gesetzgebers und steht auch - worauf ebenfalls bereits der 5.Senat verwiesen hat - mit der Behandlung der entsprechenden Übergangsproblematik anläßlich des Inkrafttretens des MRG in Einklang: § 26 MRG (idF vor dem 3.WÄG) gilt nur für Untermietzinse, die nach dem 31.12.1981 vereinbart wurden; für ältere Untermietzinsvereinbarungen ist weiterhin der strengere § 14 Abs 1 MG (iVm § 43 MRG) maßgebend, auch was die Folgen der Überschreitung anlangt. Auch hier wird allein auf den Zeitpunkt der Untermietzinsvereinbarung abgestellt (5 Ob 243/97i mwN).

Damit ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß § 26 MRG idF des

3. WÄG auf den hier zu beurteilenden Untermietvertrag nicht zur Anwendung kommt, weshalb Erörterungen darüber, welche Auswirkungen die mit dem 3.WÄG erfolgte Neufassung des § 26 MRG auf die Auslegung des (unverändert gebliebenen) § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG zeitigt, unterbleiben können.

Nach der bisherigen und hier jedenfalls anwendbaren Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Frage, ob eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung iS § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG vorliegt, der Untermietzins den auf die untervermieteten Räume entfallenden Leistungen des Hauptmieters an den Hauseigentümer und dem Wert der übrigen vom Hauptmieter dem Untermieter erbrachten Leistungen gegenüberzustellen (MietSlg 42.324 mwN; RIS-Justiz RS 0068242 und RS 0070593). Zu den vom Hauptmieter dem Untermieter erbrachten Leistungen zählt auch das Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände (MietSlg 45.401; Würth in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 26 MRG). Der Oberste Gerichtshof hat Überschreitungen des vom Hauptmieter zu leistenden Mietzinses um 65 % (MietSlg 41.335/30), um 70 % (MietSlg 25.313) und um 73 % (MietSlg 27.380) als nicht überhöht, eine an 100 % heranreichende Überschreitung jedoch als überhöht beurteilt (MietSlg 42.324 ua).

Der erkennende Senat teilt die Meinung der Vorinstanzen, daß das oben wiedergegebene Vorbringen der Klägerin in der Tagsatzung vom 24.5.1996 als Zugeständnis zu werten ist, daß das angemessene Entgelt für die von der Klägerin den Untermietern überlassenen Einrichtungsgegenstände S 1.000,-- beträgt. Um diesen Betrag sind daher bei der im dargestellten Sinn vorzunehmenden Gegenüberstellung die von der Beklagten der Klägerin erbrachten monatlichen Leistungen zu erhöhen. Damit übersteigt aber der Untermietzins die Leistungen der Klägerin nur um ca. 30 %, sodaß iS der dargestellten Rechtslage der Kündigungsgrund nicht verwirklicht ist.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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