OGH 10ObS235/97z

OGH10ObS235/97z19.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Divr.Mag.Dr.Gerhard Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Ernst Löwe (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Charlotte A*****, vertreten durch Dr.Jörg Hobmeyer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8.April 1997, GZ 25 Rs 40/97m-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 18.Dezember 1996, GZ 45 Cgs 226/96s-5 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 31.Jänner 1997, GZ 45 Cgs 226/96s-8), abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der am 16.9.1940 geborenen Klägerin mit Harald A***** wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 18.1.1984 gemäß § 55 a EheG geschieden. Im Rahmen der getroffenen Scheidungsvereinbarung verpflichtete sich der Mann zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 3.500,-- (zuzüglich Wertsicherung) an die Klägerin ab 1.1.1984. Bis einschließlich April 1991 wurden die Unterhaltszahlungen regelmäßig geleistet; ab Mai 1991 wurden sie eingestellt. Im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens zu 29 C 1/91f ebenfalls des Bezirksgerichtes Innsbruck kam es im August 1992 zwischen den geschiedenen Eheleuten zu einer außergerichtlichen Einigung dahingehend, daß der geschiedene Gatte der Klägerin mit einer Zahlung von S 400.000,-- alle Unterhaltsansprüche abgilt, wobei diese Abschlagzahlung im Dezember 1992 erfolgte. Damals dachte die Klägerin noch nicht daran, in Pension zu gehen.

Tatsächlich bezieht die Klägerin nunmehr von der beklagten Partei seit 1.12.1995 eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit im Sinne des § 253 a ASVG, und zwar ab 1.12.1995 in monatlicher Höhe von S 2.445,60, seit 1.1.1996 in monatlicher Höhe von S 2.512,10. Ein 1994 gestellter Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension war abschlägig beschieden worden. Vor Erlangung der vorzeitigen Alterspension bezog die Klägerin ein Jahr lang Arbeitslosenentgelt. Die Klägerin hat den Vergleich, mit welchem sie sich ihren vertraglichen Unterhaltsanspruch mit einer einmaligen Zahlung von S 400.000,-- abfinden ließ, nicht in der Absicht oder im Bewußtsein geschlossen, die beklagte Partei zu schädigen. Zum Zeitpunkt ihres Pensionsantrittes im Dezember 1995 (im Ersturteil unrichtig: 1992) hatte sie den Abfindungsbetrag bereits verbraucht, und zwar für die Anschaffung eines PKW's, die Begleichung von Rechtsanwaltsrechnungen, die Durchführung einer Dachsanierung sowie im verbleibenden Restbetrag für ihren Lebensunterhalt.

Mit dem bekämpften Bescheid anerkannte die beklagte Partei den Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage ab 1.12.1995, wobei diese ab 1.12.1995 mit monatlich S 3.516,50 und ab 1.1.1996 mit monatlich S 3.637,-- festgesetzt wurde.

In ihrer Klage stellte die Klägerin das Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr zur vorzeitigen Alterspension ab 1.12.1995 die Ausgleichszulage ohne Anrechnung der Abschlagszahlung von S 400.000,-- bzw ohne deren Umrechnung auf monatliche Unterhaltsleistungen in der gesetzlichen Höhe zu gewähren.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei mit seinem durch einen späteren Berichtigungsbeschluß korrigierten Urteil, der Klägerin für den Zeitraum vom 1.12.1995 bis 31.12.1995 eine Ausgleichszulage in Höhe von S 5.254,40 und ab 1.1.1996 eine solche in Höhe von S 5.374,90 zu gewähren. Es beurteilte den eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahingehend, daß mangels eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches nur tatsächlich geleisteter Unterhalt gemäß § 292 Abs 3 ASVG als Nettoeinkommen zu berücksichtigen sei. Wenn schon ein Verzicht auf derartige Einkommensbestandteile, welcher ohne Schädigungsabsicht abgegeben werde, für die Berechnung der Ausgleichszulage unberücksichtigt zu bleiben habe, so müsse dies umsomehr für die Kapitalisierung laufender Einkünfte gelten, deren Einbringlichmachung in voller Höhe dem Versicherten unmöglich oder unzumutbar sei. Ansonsten müßte die beklagte Partei in all jenen Fällen, in denen Ehegatten im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung wechselseitig auf Unterhalt verzichteten, einen fiktiven Unterhaltsanspruch gemessen an den damaligen Einkommensverhältnissen der Ehegatten und unter Berücksichtigung eines allfälligen Verschuldens errechnen. Außerdem habe die Klägerin ihre Abschlagszahlung zum Zeitpunkt des Pensionsantrittes bereits gutgläubig verbraucht gehabt.

Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei erhobenen Berufung dahingehend Folge, daß es in Wiederherstellung des bekämpften Bescheides die beklagte Partei schuldig erkannte, der Klägerin ab 1.12.1995 zu ihrer vorzeitigen Alterspension im Jahre 1995 eine monatliche Ausgleichszulage von S 3.516,50 und ab 1.1.1996 eine solche von S 3.637,-- zu bezahlen, und wies das Mehrbegehren ab.

Es führte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus, daß der geleistete Unterhaltsabfindungsbetrag nicht anders behandelt werden dürfe als diverse sonstige, vom Obersten Gerichtshof bereits als anrechnungsfähig erkannte Abfindungsbeträge, handle es sich doch hiebei immer nur um eine Zusammenfassung zeitlich länger laufender regelmäßiger Leistungen zu einer einzigen und unter einmal bezahlten Geldleistung. Dies gelte auch für Unterhaltsgewährungen nach einer Scheidung im Sinne des § 70 EheG. Pensionisten mit abgefertigten Rentenansprüchen dürften gegenüber jenen mit gleichwertigen laufenden Rentenansprüchen ausgleichszulagenrechtlich nicht besser gestellt werden. Aufgrund aller Umstände habe die Klägerin davon ausgehen müssen, daß die ihr geleistete Kapitalabfindung für eine unbestimmte Zeit in der Zukunft gedacht gewesen sei und somit auch in Zukunft eintretende Umstände immer unter dem Gesichtspunkt dieser in die Zukunft wirkenden Abschlagszahlung zu betrachten seien. Da sie eine ihr vereinbarungsgemäß gebührende und nicht eine etwa irrtümlich zugekommene Leistung erhalten und verbraucht habe, sei der Einwand des gutgläubigen Verbrauchs nicht zielführend. Gleiches gelte auch für den Einwand des teilweisen Verbrauches für Prozeß- und Anwaltskosten bzw eine Dachreparatur.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die ausführliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend (§ 48 ASGG). Im Sinne der Entscheidungen SSV-NF 5/119 und 10 ObS 2345/96t = infas 1997 S 20 waren - mangels eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches der Klägerin nach ihrer Scheidung gemäß § 55 a EheG - nur die tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen gemäß § 292 Abs 3 ASVG (zufolge des entscheidungsrelevanten Zeitraumes ab 1.12.1995 idF der 52. Novelle BGBl 1994/20) zu berücksichtigen. Nach Einstellung dieser Zahlungen (von zunächst monatlich S 3.500,--) ab Mai 1991 kam es - nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen - im August 1992 zu der zwischen den (geschiedenen) Eheleuten neu geschlossenen Vereinbarung über eine Pauschalzahlung von S 400.000,-- per Dezember 1992 für alle Unterhaltsansprüche. Damit ist aber auf den gesamten Betrag im Sinne des § 292 Abs 3 ASVG nach der zitierten Gesetzesstelle Bedacht zu nehmen. Gegen die von der beklagten Partei vorgenommene Anrechnung wird in der Revision auch nur ins Treffen geführt, daß die Klägerin hievon eine Hausreparatur sowie Anwaltskosten habe zahlen müssen (in der Klage sowie im Ersturteil war außerdem noch von einer PKW-Anschaffung [um S 160.000,--] die Rede); wie sie jedoch diese ihr ausdrücklich und ausschließlich als Unterhaltsbetrag gewidmete Abfindungssumme tatsächlich verwendet hat, ist damit völlig unerheblich und können somit nicht als Unterhalt verbrauchte Teilbeträge keineswegs zu Lasten der Beklagten in Anrechnung gebracht werden. Auf eine allfällige (von den Vorinstanzen ohnedies verneinte) Schädigungsabsicht der Klägerin kommt es ebenfalls nicht an. Der der Klägerin (auch für die Zukunft mit unbestimmter Dauer) vom geschiedenen Mann zugewendete Unterhaltsabfindungsbetrag wurde daher von der beklagten Partei und ihr folgend vom Berufungsgericht, welches deren Bescheid wiederherstellte, zutreffend der Pension zugerechnet. Die Klägerin wendet sich nur dagegen, daß die Abfindungszahlung ihres geschiedenen Gatten überhaupt auf die Ausgleichszulage angerechnet wird, bekämpft aber die Form der Anrechnung (Aufteilung des Betrages in der von der beklagten Partei vorgenommenen Weise) nicht. Diese Frage war daher nicht zu prüfen. Es geht hier auch nicht darum, ob ein Pensionsberechtigter auf Ansprüche mit Einkommenscharakter verzichten darf (SSV-NF 7/19), sondern ausschließlich darum, ob und in welcher Form tatsächlich zugeflossene Unterhaltsleistungen als einkommenswerte Leistungen zuzurechnen sind.

Aus all diesen Erwägungen war der Revision daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte