Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem einstimmigen Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurden Günter Erwin R***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A/I./1. des Urteilssatzes), des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 (Abs 1 und) Abs 2 StGB (A/II.), des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B), des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls, teils durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 und 15 StGB (C) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffG (D) und Alfred L***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A/I./2.) und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 (Abs 1 und) Abs 2 StGB (A/II.) schuldig erkannt.
Darnach haben
"A/ Günter Erwin R***** und Alfred L***** am 1.Oktober 1996 in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken
I. in P***** die Postbediensteten Manfred M***** und Leopold P***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Tresor mit einem Bargeldbetrag von S 2,700.000 mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Tat unter Verwendung einer Waffe verübten, indem
1. Günter Erwin R***** mit einem von ihm gelenkten PKW Ford Escort Cabrio den Postbus (Geldtransporter) VW, PT-21112, in dem sich die Postbediensteten Manfred M***** als Lenker und Leopold P***** als Beifahrer befanden, seitlich rammte, überholte und durch plötzliches (Spur-)Wechseln und Anhalten auf dem rechten Fahrstreifen zu einer Vollbremsung zwang, in der Folge die Tür des Postbusses aufriß und mit dem Wort: "außa" gegen Manfred M***** eine Pistole der Marke ""Dreyse"", Kaliber 7,65 mm, richtete und diesen mit der Hand am Oberkörper erfaßte, aus dem Wagen zerrte und zu Boden warf;
2. Alfred L***** ursprünglich den PKW Ford Escort Cabrio lenkte und die Verfolgung des Postbusses aufnahm, worauf es anschließend - nachdem Alfred L***** den PKW verlassen und dem Günter Erwin R***** überlassen hatte - zu den unter 1. angeführten Handlungen des Günter Erwin R***** kam, wobei es bei Alfred L***** beim Versuch geblieben ist;
II. in H***** ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich einen PKW der Marke Ford Escort, Cabrio, ohne Kennzeichen, der Firma Johann K***** GesmbH ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei sie sich die Gewalt über das Fahrzeug durch Eindringen mit einem Fahrzeugschlüssel, den Günter Erwin R***** etwa Mitte August 1996 durch Wegnahme aus dem Fahrzeug widerrechtlich erlangt hatte, sohin durch eine im § 129 StGB geschilderte Handlung, verschafften;
B) Günter Erwin R***** am 1.Oktober 1996 in P***** durch seitliches
Touchieren den unter Punkt A/I./1. angeführten Postbus, sohin eine fremde Sache, beschädigt;
C) Günter Erwin R***** nachgenannten Personen fremde bewegliche
Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch die Zueignung dieser Gegenstände unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:
I. durch Einbruch bzw Einsteigen in ein Gebäude bzw Aufbrechen eines Behältnisses:
1. am 15.Februar 1996 in A***** durch Aufbrechen eines Fensters Mitgliedern des Sparvereines der R***** einen Bargeldbetrag von S 2.290;
2. in der Nacht zum 29.August 1996 in A***** der Lagerhausgenossenschaft ***** durch Aufbrechen eines Fensters, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;
II.1. im März oder April 1996 in A***** der Lagerhausgenossenschaft ***** einen Flachmeißel im Wert von ca S 125;
D) Günter Erwin R***** seit einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bis 1. Oktober 1996 unbefugt die unter Punkt A/I./1. angeführte Pistole der Marke ""Dreyse"", Kaliber 7,65 mm, besessen."
Die Geschworenen bejahten - zufolge Vollendung der Tat rechtsrichtig - die hinsichtlich des Angeklagten R***** nach dem Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB gestellte Hauptfrage 1, verneinten hingegen - trotz Annahme einer Mittäterschaft mit R***** und solcherart rechtsirrig - die für den Angeklagten L***** nach dem selben Verbrechen gerichtete Hauptfrage 2 und bejahten hinsichtlich dieses Angeklagten die nach dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB gestellte Eventualfrage 10 jeweils stimmeneinhellig.
Rechtliche Beurteilung
Der der Sache nach allein dagegen vom Angeklagten L***** aus § 345 Abs 1 Z 8, 9 und 10 a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Entgegen der Instruktionsrüge (Z 8) ist die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung nicht mit einem einer Unrichtigkeit gleichzusetzenden Mangel behaftet. Der Beschwerdeführer verkennt, daß die Rechtsbelehrung von den Geschworenen als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen und daher als Einheit und nicht nach ihren Teilstücken zu betrachten ist. Auch wenn sie für jede Frage gesondert zu erfolgen hat, können allgemeine Begriffe doch zusammenfassend erläutert werden, wenn dies für die Beantwortung mehrerer Fragen an die Geschworenen von Bedeutung ist, zumal die Rechtsbelehrung leicht faßlich und übersichtlich zu gestalten ist.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen konnten sich die Ausführungen zur Eventualfrage 10 daher - ohne jedwede Beirrung der Geschworenen und entgegen den Beschwerdeausführungen - darauf beschränken, auf die zur Hauptfrage 1 dargelegten erschöpfenden Ausführungen zum schweren Raub und auf die im allgemeinen Teil der Rechtsbelehrung enthaltene Instruktion zum Versuch eines Deliktes - im Rahmen derer auch die subjektiven Tatbestandserfordernisse ausreichend erörtert wurden (137 ff II) - zu verweisen.
Der weitere Einwand, es wäre "deutlicher zu belehren gewesen, daß ein Versuch neben dem vollendeten Delikt des Mittäters nach ständiger Rechtsprechung nicht möglich ist, ....", ist mangels hinreichender - für den Beschwerdeführer vorteilhafter - Substantiierung einer sachbe- zogenen Erörterung nicht zugänglich.
Die Beschwerdeargumentation, der Wahrspruch sei widersprüchlich und undeutlich (Z 9), weil die Geschworenen hinsichtlich des Mittäters Günter Erwin R***** sowohl die nach dem Verbrechen des vollendeten schweren Raubes gestellte Hauptfrage 1 als auch hinsichtlich des Beschwerdeführers - nach Verneinung der nach dem selben Verbrechen gestellten Hauptfrage 2 - die Eventualfrage 10 bejahten, verkennt das Wesen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, der nur dann vorliegt, wenn der Wahrspruch zufolge seiner Undeutlichkeit, seiner Unvollständigkeit oder seines inneren logischen Widerspruches überhaupt kein verläßliches Bild von der Meinung der Geschworenen abgibt und als Basis für ein Urteil unbrauchbar ist (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 9 E 3, § 332 E 14).
Vorliegend haben die Geschworenen aber durch die Verneinung der Hauptfrage 2 und die Bejahung der - mangels Vorliegens entsprechender Tatsachenprämissen entgegen der Bestimmung des § 314 Abs 1 StPO gestellten - Eventualfrage 10 unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, daß der Beschwerdeführer die Raubtat (bloß) versucht habe, sodaß der Wahrspruch eine eindeutige Grundlage für den bekämpften Schuldspruch bot. Daß die Geschworenen dabei - trotz entsprechender Rechtsbelehrung - verkannten, daß sich mehrere an einer Tat Beteiligte regelmäßig im selben Deliktsstadium befinden, vermag somit den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen. Da sich dieser - an sich nach § 345 Abs 1 Z 12 StPO faßbare - Rechtsirrtum zum Vorteil des Beschwerdeführers auswirkte, bestand für den Obersten Gerichtshof kein Anlaß für ein Vorgehen gemäß §§ 290 Abs 1, 344 StPO.
Die die Annahme der subjektiven Tatbestandserfordernisse in Frage stellenden Ausführungen der Tatsachenrüge (Z 10 a) vermögen erhebliche, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen nicht zu erwecken. Soweit der Beschwerdeführer die Niederschrift der Geschworenen über die Erwägungen, von denen sie sich bei Beantwortung der ihnen gestellten Fragen leiten ließen (§ 331 Abs 3 StPO), einer Kritik unterzieht, ist ihm zu entgegnen, daß es auf die Stichhaltigkeit dieser Erwägungen - die im Rechtsmittelverfahren nur in hier nicht aktuellen Ausnahmefällen (EvBl 1992/170) problematisiert werden können - nicht ankommt. Die Niederschrift soll den Geschworenen lediglich ihre Bindung an das Gesetz während des Abstimmungsvorganges nachhaltig zu Bewußtsein bringen, um eine das Gesetz nicht beachtende Fragebeantwortung zu vermeiden, und gegebenenfalls (hier nicht vorgelegene) Anhaltspunkte für eine allfällige Einleitung des Moniturverfahrens (§ 332 Abs 4 StPO) oder für eine gebotene Aussetzung der Entscheidung (§ 334 Abs 1 StPO) aufdecken (Mayerhofer StPO4 § 331 E 11).
Abgesehen davon macht die Niederschrift der Geschworenen vorliegend - entgegen dem Beschwerdevorbringen, das sich dazu nach Inhalt und Zielsetzung in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Geschworenen nach Art einer Schuldberufung erschöpft - deutlich, daß sich die Laienrichter eingehend mit den subjektiven Tatbestandserfordernissen auseinandergesetzt haben.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte jeweils gemäß §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB über Günter Erwin R***** eine Freiheitsstrafe von acht Jahren, über Alfred L***** eine solche von fünf Jahren. Dabei wertete es
bei R***** als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit drei Vergehen sowie die hohe Schadenssumme, als mildernd hingegen die Unbscholtenheit, das Geständnis, die vollständige Schadensgutmachung sowie den Umstand, daß es bei einem Diebstahlsfaktum (C/I./2.) beim Versuch blieb;
beim Angeklagten L***** die hohe Schadenssumme beim Raubversuch, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, als mildernd hingegen sein teilweises Geständnis sowie die Tatsache, daß das Verbrechen des schweren Raubes in der Entwicklungsstufe des Versuches blieb und den - Strafaufhebung nicht bewirkenden - "Rücktritt vom Raubversuch".
Die jeweils eine Strafreduktion anstrebenden Berufungen der Angeklagten sind nicht berechtigt.
Soweit der Antrag des Angeklagten L***** auf außerordentliche Strafmilderung mit der angeblichen Bemühung, die Begehung der Straftat des Mitangeklagten zu verhindern, begründet wird, findet dieses Vorbringen in den Verfahrensergebnissen keine Deckung. Die verhängte Freiheitsstrafe trägt vielmehr - selbst unter Berücksichtigung des vom Erstgericht vernachlässigten Milderungsumstandes der Verübung der Tat unter Einwirkung des Angeklagten R***** (§ 34 Z 4 StGB) - in ihrem auf die Untergrenze der gesetzlichen Strafdrohung (Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren) beschränkten Ausmaß den konkreten Straferfordernissen, insbesondere im Hinblick auf das massiv durch sechzehn einschlägige Vorverurteilungen getrübte Vorleben des Berufungswerbers, in angemessener Weise Rechnung.
Entgegen den den Erschwerungsgrund des hohen Schadens in Frage stellenden Berufungsausführungen des Angeklagten R***** ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung ist, die der Täter verschuldet hat (§ 32 Abs 3 StGB); da das Erstgericht die Verwendung der Faustfeuerwaffe nicht als erschwerend wertete, liegt auch der behauptete Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nicht vor. Dieser Angeklagte kann sich im übrigen schon deshalb nicht für beschwert erachten, weil der Erschwerungsgrund, daß er den Angeklagten L***** zu den strafbaren Handlungen verführt hat (§ 33 Z 3 StGB), bei der Strafbemessung unberücksichtigt blieb.
Bewaffnete Raubüberfälle der in Rede stehenden Art, die noch dazu wie hier durch mehrere Monate im Detail und professionell geplant und unter Einsatz brutaler Gewalt durchgeführt werden, zählen zu den gravierendsten Formen kapitaler Delinquenz mit seit geraumer Zeit alarmierend permanenter Aktualität. Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, daß die Erreichung des Strafzwecks in diesem Kriminalitätsbereich aus general- wie auch spezialpräventiver Sicht den Ausspruch von Sanktionen erforderlich macht, die dem besonderen Tatunrecht und dem damit verbundenen akzentuierten gesellschaftlichen Störwert entsprechend Rechnung tragen. Die über den Angeklagten R***** verhängte Freiheitsstrafe erfüllt dieses Erfordernis sachgerecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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